Besserwisser raus!
Manager statt MBAs - das neue Buch von Henry Mintzberg.
Von Nina Hesse
Mit einem MBA, diesem Adelsprädikat der High Potentials, ist die gutbezahlte Karriere fast schon garantiert. Doch Kritiker wie Mintzberg beobachten besorgt, wie die beliebte Ausbildung Managementkultur und Wirtschaft verändert: Die jungen Absolventen, die oft ohne jede Führungserfahrung ins Management einsteigen, haben den Ruf, arrogant und buchhalterisch zu agieren.
Rücksichtslos, einzig mit dem Profit im Blick und trotzdem oft nicht erfolgreich, wie spektakuläre Missmanagementfälle zeigen - zurzeit macht sich die Wirtschaft nicht besonders beliebt. Könnte die Art, wie viele Manager ausgebildet werden, für die derzeitige Managementkultur und damit die Misere verantwortlich sein? Mintzberg beantwortet das mit einem klaren Ja. Er ist schon lange nicht nur ein profilierter Autor, Strategieexperte und Managementprofessor, sondern auch ein bissiger Kritiker der MBA-Ausbildung. Als Insider, der die Seiten gewechselt hat (früher unterrichtete er selbst an einer Business School), hat er dafür die nötige Glaubwürdigkeit. Sein hervorragend recherchiertes und geschriebenes Buch könnte die Diskussion auch in Deutschland ein gutes Stück voranbringen.

Voll auf dem Holzweg.


Mintzbergs Hauptargumente: Herkömmliche MBA-Programme richten sich an die falschen Leute und verwenden die falschen Methoden - mit schädlichen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft. Bislang ist der MBA meist ein Vollzeitstudium für junge Leute ohne Führungserfahrung. Nach der Ausbildung gelten die Absolventen als qualifiziert für die Leitung eines Unternehmens und steigen oft gleich in der Chefetage ins Geschehen ein. "Das vorgebliche Formen von Managern aus Menschen, die noch nie geführt haben, muss als grober Schwindel bezeichnet werden", urteilt Mintzberg kühl. Zudem sieht er es als Problem, dass sich für die MBA-Programme vor allem ehrgeizige, aggressive Persönlichkeiten bewerben, deren Motiv meist die Gehaltssteigerung durch die zusätzliche Ausbildung ist. Was herauskommt, sind, so legt er nahe, Söldner in der Chefetage, die oft arrogant und praxisfern agieren. Langfristiges Denken? Fehlanzeige! Nach durchschnittlich zwei, drei Jahren ziehen sie weiter, zum nächsten Top-Job, zum nächsten Schritt auf der Karriereleiter.
Mintzberg plädiert dafür, in Zukunft engagierte und verantwortungsbewusste Teilnehmer aus dem Pool der praktizierenden Manager auszuwählen - auf der Grundlage ihres nachweisbaren Erfolgs in dieser Funktion. Zudem sollte das Programm berufsbegleitend sein, damit die Teilnehmer in die Praxis eingebettet bleiben. Bisher steht Führungspraxis - eine der späteren Hauptaufgaben des Managementalltags! - in den Business Schools kaum auf dem Programm. Dort wird Management als eine Wissenschaft gesehen, unterrichtet wird mit Hilfe von Fallstudien, was, so Mintzberg, vor allem die Analysefähigkeiten schult. Ergebnis: Der MBA begünstige einen "buchhalterischen" oder "heroischen" Managementstil. Detailliert hat er recherchiert, wie sich ein Jahrgang von Top-MBA-Absolventen einer Elite-Business School in der Praxis bewährt hat - es ist eine Liste von Pleiten, Pech und Pannen. Die MBAler sind, so scheint's, schlechter als ihr Ruf. Und das trotz der aufwendigen Ausleseverfahren, die sicherstellen sollen, dass nur die hellsten Köpfe zu den Programmen zugelassen werden.

Fakten, Fakten, Fakten.


Auch die bisherigen Reformen der MBA-Studiengänge finden keine Gnade vor Mintzbergs Augen, nur die komplette Neuerfindung könnte seinen Ansprüchen genügen. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass jede Menge Geschütze auf ihn in Stellung gebracht werden. Vermutlich ist sein Buch auch deswegen so umfangreich geworden: Mintzberg untermauert seine Argumente detailliert und geradezu akribisch, sein Buch birst fast vor Fakten und Beispielen.
Glücklicherweise ist er keiner der Kritiker, die keinen Schimmer haben, wie man es besser machen könnte. Er geizt nicht mit konstruktiven Vorschlägen: Allein drei Kapitel sind Anregungen und neuen Konzepten gewidmet, wie man die MBA-Programme neu gestalten könnte. Sogar mit gutem Beispiel vorangegangen ist er, im Buch berichtet er von der internationalen Business School neuen Typs, die er mit angeregt hat. Allerdings bleibt ein Rest von Zweifel, wie umsetzbar seine an sich sehr sinnvollen Ideen sind: Manager, die im Berufsalltag stehen, sind üblicherweise schwer beschäftigt - wie viele würden einen anstrengenden berufsbegleitenden MBA packen? Und wie sollen sie überhaupt vorher, zu Anfang ihrer Karriere, in die Führung und ins Management einsteigen? Wenn sie schon erfolgreich führen, brauchen sie einen MBA vermutlich nicht mehr.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Henry Mintzberg:
Manager statt MBAs.
Eine kritische Analyse,

Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
416 Seiten, 49.90 Euro
ISBN 3-593-37681-4
www.campus.de

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: Manager statt MBAs. . Eine kritische Analyse. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 416 Seiten, ISBN 3-593-37681-4

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