Bloß nicht nerven!
Professionelles Direkt- und Dialogmarketing per E-Mail - das neue Buch von Martin Aschoff.
Von Nina Hesse
Gekonntes E-Mail-Marketing ist ein Gang auf dem Drahtseil. Die neuen Medien bieten hervorragende Möglichkeiten, aber wer Grenzen überschreitet, der macht sich beim Kunden (und bei den Behörden) gnadenlos unbeliebt. Martin Aschoffs Grundlagenwerk bietet nicht nur alle wichtigen Tipps zu Möglichkeiten, Design und Technik, sondern auch jede Menge rechtliche Hinweise.
Papier war gestern. Modernes Marketing setzt auf ein Medium, das sich innerhalb von wenigen Jahren zum Standard aufgeschwungen hat: E-Mail. Die neuen Möglichkeiten, Newsletter elektronisch zu versenden oder sogar ganze Kampagnen durchzuführen, sind fast zu schön, um wahr zu sein. Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Mail-Rundbriefen ist unschlagbar: Mails kosten praktisch nichts, der Versand an Tausende von Kunden ist mit einem Knopfdruck erledigt. Die Antworten lassen sich vollautomatisch auswerten, man weiß also sehr genau, welche Maßnahmen welche "Response" gebracht haben. Arbeitssparend sind die technischen Möglichkeiten in jeder Hinsicht: Aschoff schwärmt von vollautomatischen, dialogorientierten E-Mail-Kampagnen auf Basis datenbankgestützter Empfängerprofile: Anmeldung mit Dateneingabe, Begrüßungsmail, Newsletterversand, Follow-up und so weiter ... alle Nachrichten können direkt vom Computer aufgenommen beziehungsweise generiert werden, ohne dass ein Mitarbeiter Hand anlegen muss. Auch die neuen Möglichkeiten der Marktforschung hätte man sich vor kurzer Zeit noch nicht träumen lassen.
Alles in allem heißt das: Kundenbeziehungen werden in Zukunft viel direkter gemanagt. Im Dialog. Per Mail. "Direktmarketing ist der Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung, weil sich nur durch eine kontinuierliche Kommunikation die Kundenbeziehung steuern lässt", ist Martin Aschoff überzeugt.

Bloß nicht nerven.


Doch auf diesem Weg lauern zahlreiche Fallstricke. Eine kleine Geschichtsstunde im Zeitraffer: In den Jahren 2000/2001 stießen Mail-Kampagnen noch auf Grenzen, weil viele Kunden noch keine eigene Adresse hatten. Das änderte sich in den nächsten zwei Jahren, das Internet setzte sich auf breiter Front durch - aber viele Programme konnten noch keine HTML-Mails anzeigen, oft kam das sorgfältig erstellte bunte Layout nur völlig verhackstückt an. Im Jahr 2003 dann konnten die meisten Browser endlich etwas mit der Web-Programmiersprache anfangen, man konnte hübsche Gesamtkunstwerke verschicken und konzentrierte sich auf immer ausgefeiltere Inhalte. Doch seit 2004 haben die Marketingspezialisten neue Probleme: Die Quote der Mails, die sich nicht zustellen lassen, wächst rapide. Im Kampf gegen die Spam-Flut schotten sich die Kunden ab und blocken dabei oft eigentlich erwünschte Nachrichten ab. Zum Beispiel Newsletter, die sie explizit bestellt haben. Oft beträgt der Anteil der "False Positives" - der unverschuldet unter Spam-Verdacht geratenen Nachrichten - bis zu 20 Prozent.
Dass die Kunden "dichtmachen", hat natürlich einen guten Grund: Wer einen Mail-Account hat, der weiß, wie ärgerlich die Nachrichtenflut sein kann. Hat man zu viele Newsletter abonniert oder besitzen zu viele Unternehmen die Adresse, dann hat man auch ohne die anscheinend unvermeidlichen Angebote zur Penisverlängerung oder zu heißem Cyber-Sex sehr schnell die Grenze erreicht, an dem die ständigen Botschaften einem auf den Wecker fallen. Deswegen sollte man Aschoffs Empfehlung, sich dem Kunden ständig wieder ins Gedächtnis zu bringen und möglichst einen wöchentlichen Newsletter zu schicken, damit der Anbieter beim Leser nie in Vergessenheit gerät, nur unter größter Vorsicht befolgen. Und möglichst nur dann, wenn man auch jede Woche etwas Interessantes zu sagen hat. Denn Kunden, die sich genervt fühlen, werden sicher wenig Lust haben, Geld auszugeben. Ist die Kampagne zudem noch voll automatisiert, stellt sich womöglich das Gefühl ein, auch vollautomatisch abgefertigt zu werden. Von Mensch zu Mensch ist nix.

Wenn die Blacklist droht.


Doch wer alles richtig macht beim E-Mail-Marketing - und alle wichtigen Tipps hat Aschoff en détail parat -, der vermeidet eine verärgerte Kundschaft und nutzt das Potenzial der Mail voll aus. Der Autor berät kompetent und praxisorientiert, wie man die Mail im Marketing-Mix einsetzt, Ziele und Zielgruppen definiert, einen Mailverteiler aufbaut, Inhalte, Design und Layout entwickelt, die Technik in den Griff bekommt, so dass Zustellung und Rücklauf optimal automatisiert sind, und wie man die Kosten refinanziert, zum Beispiel durch Kooperationen.
Auch ein eigenes Kapitel zum Thema Recht gibt es, und rechtliche Hinweise und Ratschläge ziehen sich durch das gesamte Buch. Denn in Deutschland ist das Einverständnis des Empfängers rechtliche Voraussetzung dafür, ihm eine Mail schicken zu dürfen. Das heißt, wer Marketing per Mail betreiben will, muss erst einmal E-Mail-Adressen von Interessenten besitzen plus die Erlaubnis, denjenigen anzuschreiben. Aschoff warnt davor, einfach einen Verteiler einzukaufen - denn selbst wenn der Verkäufer die Erlaubnis hatte, die Kunden anzumailen, ist diese Erlaubnis nicht ohne weiteres auf andere übertragbar. Kauft man Adressen aus Quellen, deren Seriosität nicht absolut verbürgt ist, kann man unangenehme und teure Überraschungen erleben.
Erkundigen Sie sich also genau, wie und wofür die Kunden ihr Einverständnis erteilt haben - oder gewinnen Sie Adressen von Interessenten am besten selbst, über Ihre eigene Homepage und eigene Aktionen. Nach Lektüre von Aschoffs Buch kennt man die Unterschiede zwischen Single-, Confirmed- und Double-Opt-in jedenfalls genau. "Anbieter müssen dafür sorgen, dass ihre E-Mail-Verteiler absolut sauber sind", warnt der Autor. "In Blacklists aufgenommen zu werden geht sehr schnell, aus den Listen wieder herauszukommen kann dagegen sehr zeit- und arbeitsaufwändig sein." Für alle Fälle gibt's in seinem Buch ausführliche Infos über Spam-Filter, Blacklists, Whitelists, Tar Pits und wie man möglichst souverän an all diesen Maßnahmen vorbeimanövriert.

Tipps aus der Praxis.


Man merkt, dass Aschoff solide Erfahrungen aus der Praxis mitbringt, er hat viele gute Tipps, Tricks und Erfahrungswerte parat. Daneben gibt es natürlich viele Fallbeispiele, Erklärungen und Checklisten. Zum Beispiel dafür, wie man ein gutes Anmeldeformular entwirft, wie man seinen Newsletter personalisieren und individualisieren kann, wie man HTML und Flash richtig einsetzt, wie man den Versand technisch abwickelt, Datenbänke integriert, mit "Bounces" umgeht und die Resultate per Data Mining analysiert. Es ist sicher kein Zufall, dass Aschoffs Werk inzwischen in der zweiten Auflage vorliegt - es ist sowohl solide als auch umfassend (und in der neuen Auflage natürlich komplett aktualisiert). Nach der Lektüre bleibt keine Frage mehr offen. Der Leser fühlt sich rundum versorgt - und bereit, seine Botschaften kühn in die unendlichen Weiten der Netze zu entsenden.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Martin Aschoff:
Professionelles Direkt- und Dialogmarketing per E-Mail,
2. Auflage, Carl Hanser Verlag, München 2005,
273 Seiten, 34.90 Euro,
ISBN 3-446-40038-9
www.hanser.de

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: Professionelles Direkt- und Dialogmarketing per E-Mail. . Carl Hanser Verlag, München 1900, 273 Seiten, ISBN 3-446-40038-9

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