Gänsehaut der Mutigen
Die Karstadt-Filiale Bochum nimmt als erste an der Initiative "Verantwortung tragen" teil.
Von Sascha Hellmann
Verantwortung ist eine Lebenseinstellung. Man kann sie nicht erzwingen. Doch wer kann es sich schon leisten, keine Verantwortung zu übernehmen? Die Mitarbeiter der Karstadt-Filiale in Bochum nehmen geschlossen an der Initiative "Verantwortung tragen" teil. Vor dem Hintergrund des bedrohten Fortbestands von Arcandor möchten sie damit ein Zeichen setzen: Jeder trägt Verantwortung! / 05.06.09
Bianca Kroos, Filialgeschäftsführerin Karstadt Bochum. Foto: Peter StumpfBochum, Karstadt, Herrenabteilung: "Darf ich Ihnen die Bügel abnehmen und Ihnen dafür die Verantwortung übergeben?" Der Mitarbeiter mit den Kleiderbügeln in der Hand, den die Filialgeschäftsführerin Bianca Kroos so anspricht, hat sie schon erwartet. Zusammen mit einem Fotografen und dem kleinen Teddy, dem Symbol der Initiative "Verantwortung tragen", ist Kroos heute im Haus von Mitarbeiter zu Mitarbeiter unterwegs. Jeder, der möchte, wird mit dem Bären in den Händen fotografiert und dokumentiert damit auf ganz persönliche Weise, Verantwortung zu übernehmen. Der Mitarbeiter nimmt den Bären mit den schwarzen Knopfaugen in beide Hände, wird abgelichtet und sagt: "Die Initiative ist klasse! Wir stehen voll hinter der Aktion. Wir stehen für Qualität in der Kundenberatung. Der Teddy ist niedlich und transportiert das optimal!" So geht es für den kleinen Bären mit dem großen Wort der Verantwortung von Abteilung zu Abteilung. "Verantwortung ist immer gut", sagt ein Kunde, der die Situation beobachtet. Gerade in diesen Zeiten.
Vor zwei Tagen demonstrierten 8.000 Arcandor-Mitarbeiter vor dem Bundeswirtschaftsministerium in Berlin für eine Staatsbürgschaft und damit für einen Fortbestand des Unternehmens. Auch die Karstadt-Filiale Bochum möchte ein Zeichen setzen und hat sich als erste der Initiative "Verantwortung tragen" angeschlossen. "Verantwortung kann man ja nicht erzwingen. Das ist eine Lebenseinstellung. Allerdings: Wer kann es sich schon leisten, keine Verantwortung zu übernehmen?", sagt Filialgeschäftsführerin Kroos. Doch Karstadt in Bochum ist einzigartig. Keine hängenden Gesichter. Beherzt ergreifen die Mitarbeiter, einer nach dem anderen, den Teddy der Verantwortung. Sie sind engagiert, trotzen der Krise. Kroos berichtet: "Als ich den Mitarbeitern von der Initiative erzählte, spürte ich ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Den Willen und Mut, gemeinsam für eine Sache einzustehen. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut!" ("Verantwortung kann man ja nicht erzwingen. Das ist eine Lebenseinstellung." (Bild: Bianca Kroos, Filialgeschäftsführerin Karstadt Bochum. Foto: Peter Stumpf.)

Moralische Qualitäten sichtbar machen.


Filialgeschäftsführerin Bianca Kroos mit einer Mitarbeiterin. Foto: Achim HalfmanEin Teddy mobilisiert. In einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren, in Handarbeit hergestellt von der Hermann Teddy GmbH. Initiiert hat das global ausgerichtete Projekt "Verantwortung tragen" Alexandra Hildebrandt, Leiterin Gesellschaftspolitik der Arcandor AG, die das Besondere der Initiative in ihrer "Unternehmensunabhängigkeit" sieht: "Es ist nicht entscheidend, dass der Name eines Unternehmens in die Welt getragen wird, sondern der Inhalt einer nachhaltigen Aktion, die allen zugutekommt." Die Aktion selbst ist verblüffend einfach: Menschen auf der ganzen Welt beantworten die Frage, was "Verantwortung tragen" für sie konkret bedeutet, und werden mit dem kleinen Teddy fotografiert. Der erste, der sich mit dem Stoffbären fotografieren ließ, war der damalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein. Seitdem ist das Interesse sprunghaft angestiegen und die Initiative ist mittlerweile zu einem Selbstläufer geworden. Behalten darf den Teddy allerdings nur, wer an diesem Procedere teilnimmt und damit zeigt, dass er bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. "Denn wer etwas kommuniziert, trägt auch Verantwortung für das Wort, durch das moralische Qualitäten sichtbar werden", sagt Hildebrandt. Und sichtbar werden die Verantwortungsträger spätestens im Juni, wenn die Kampagne "Verantwortung tragen" in dem gleichnamigen Buch dokumentiert wird (Bild: Filialgeschäftsführerin Bianca Kroos mit einer Mitarbeiterin. Foto: Achim Halfman).

Ein leiser Mahner.


Beteiligt haben sich an der Initiative bisher Prominente, Manager, Künstler, Medienvertreter, Kulturschaffende, Mitarbeiter von NGOs, Sportler, Geistliche, Wissenschaftler und Menschen des Alltags, die auf ihre Weise verantwortlich handeln. Und nun auch alle Mitarbeiter der Karstadt-Filiale in Bochum. Sie alle haben den kleinen Bären aus Mohair und damit symbolisch Verantwortung in ihren eigenen Händen gehalten. Mit seinen kleinen Knopfaugen wird er weiterhin ein leiser Mahner für seine Botschaft sein: Verantwortung tragen!

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Arcandor AG
Dr. Alexandra Hildebrandt
Leiterin Gesellschaftspolitik
Theodor-Althoff-Straße 2
D-45133 Essen
Tel.: +49 (0)201/ 727-96 62
Fax: +49 (0)201/ 727-69 96 62
alexandra.hildebrandt@arcandor.com
www.arcandor.com

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Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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