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Ersthilfe via Crowdfunding

Ideen für Geflüchtete 9: Crowdfunding als Finanzierungsform für Flüchtlingssoforthilfe
Text: Winfried Kretschmer

Die Aufnahme und Integration zahlreicher Geflüchteter verlangt neue Ideen, neue Lösungen und neue Wege. Kurz: soziale Innovationen. changeX trägt die besten Ideen zusammen. Folge 9: Pack a Bag stellt eine Soforthilfe für geflüchtete Menschen bereit und finanziert das mittels Crowdfunding.

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Das Problem: Eines der zentralen Probleme in der Flüchtlingsfrage ist die Erstversorgung der Geflohenen, die oftmals erschöpft und traumatisiert in Deutschland ankommen. Ihnen fehlt es am Nötigsten. Staatliche Hilfe greift aber erst mit der Registrierung der Flüchtlinge. Ein Fall für unbürokratische, pragmatische Hilfe durch Freiwilligenorganisationen. 


Die Idee: Pack a Bag verbindet schnelle und unbürokratische Ersthilfe für Geflohene mit Crowdfunding als innovativer Finanzierungsform für Spenden. Die Freiwilligeninitiative packt und verteilt Willkommensrucksäcke mit Artikeln des aktuellen Bedarfs und finanziert dies mittels Crowdfunding. 


Konzept und Umsetzung: "Ich habe kurzerhand entschieden, es muss etwas passieren", erinnert sich Insa Höppner. Das war Anfang August, als sich auf dem Gelände des Berliner Landesamts für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) die ersten Flüchtlingsschlangen aufstauten. Die junge Frau startete einen spontanen Einkauf, um die Geflohenen zu unterstützen. "Doch das war weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein", erinnert sie sich, "das muss größer ablaufen." Höppner warb im Bekanntenkreis um Spenden und überlegte zusammen mit der Flüchtlingshilfe Moabit hilft!, was eine Erstausstattung für ankommende Flüchtlinge enthalten sollte: Wasser, etwas zu essen, Hygieneartikel, ein Handtuch, eine warme Decke vielleicht. Höppners Idee: Warum packen wir diese Artikel nicht in ein Transportbehältnis, einen Rucksack - einen Willkommensrucksack? Pack a Bag, die Idee war geboren.  

Und wie das finanzieren? Es war Christian Stollwerk, dessen Frau beim Neuköllner Kulturverein aktiv ist, der die zündende Idee hatte: mittels Crowdfunding. Die dem Kulturverein angegliederte kleine Initiative setzte eine Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform Startnext auf. Finanzierungsziel 12.000 Euro. Laufzeit sechs Wochen. Am Ende waren es über 20.000 Euro, die zusammenkamen. "Es hat einen größeren Anreiz für die Leute, zu spenden, wenn sie täglich mitverfolgen können, wie sich die Summe erhöht", erklärt Insa Höppner den Erfolg. "Es ist sehr viel motivierender, wenn man sieht, wie die Summe wächst." 1.540 Rucksäcke hat Pack a Bag Stand Mitte Januar schon gepackt und Moabit hilft! zur Verteilung an die Geflüchteten übergeben. "Die Willkommensrucksäcke verteilen wir an Menschen, bevor sie registriert sind - also in einem Zeitraum, in dem hauptamtliche Hilfe oft noch gar nicht greifen kann oder darf", schreibt die Initiative auf Startnext. Der Inhalt wird nach dem aktuellen Bedarf zusammen mit der Moabiter Flüchtlingshilfe festgelegt. Rund 30 Euro kostet ein gefüllter Rucksack.  

Rund 30 Menschen beteiligen sich mittlerweile an der Aktion, kaufen ein und packen Rucksäcke. "Wir sind inzwischen ein so gut eingespieltes Team, dass wir innerhalb von eineinhalb Stunden 300 Rucksäcke packen", erzählt Insa Höppner stolz. Derzeit läuft die zweite Crowdfunding-Kampagne. Finanzierungsziel wieder 12.000 Euro. Stand zwei Tage vor Ende des Fundingzeitraums: 223 Unterstützer zeichneten 13.600 Euro.  


Potenzial und Perspektiven: Es sind zwei zündende Ideen, die Pack a Bag ausmachen: einmal die Idee, die Artikel für den Bedarf der ersten Tage zu einem Willkommensrucksack zu packen, zum anderen die Nutzung des eigentlich für die Unternehmensfinanzierung entwickelten Instruments des Crowdfunding für die Akquirierung von Spenden. Beide Ideen lassen sich auch anderswo umsetzen. Der Erfolg von Pack a Bag dürfte sich jedoch nur schwer kopieren lassen. Denn der Initiative ist es zweifellos gelungen, mit der professionellen Umsetzung der beiden Ideen ein eigenständiges, unverwechselbares Profil zu entwickeln. Und gerade am LaGeSo tritt der Kontrast zwischen Amtsversagen und erfolgreicher Freiwilligenarbeit besonders eklatant zutage. 

Screenshot YouTube-Video: Insa Höppner mit dem Inhalt eines Willkommens-Rucksacks. 


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changeX 15.01.2016. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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