E-Hockey mit Freunden

Wie die Regio Kliniken Schwerstbehinderten ermöglichen, Sport zu treiben.
Text: Sascha Hellmann

Oft können sie nur noch eine Hand oder einzelne Finger bewegen. Doch damit steuern sie Elektro-Rollstühle. Bilden eine Mannschaft, trainieren, bestreiten Turniere. Für viele Schwerstbehinderte ist E-Hockey die letzte Chance, Sport zu treiben. Und ein Gewinn an Lebensqualität.

Schwerstbehinderte beim E-Hockey

Vier gegen vier. Zwei Tore, kein Torwart. Die Feldspieler sind frei. Eine schnelle Spielvariante. Denn jeder kann auf dem Feld jede Position einnehmen. Die meisten Spieler jedoch können nur die Hand oder einzelne Finger bewegen. Damit steuern sie ihre Elektro-Rollstühle, an denen Schläger befestigt sind. Gespielt wird mit einem Golfball. Das Spiel heißt E-Hockey. Trainer Torben Eick spricht in der Sporthalle des Kurt-Tucholsky-Gymnasiums in Hamburg mit der Mannschaft den letzten Spielzug noch einmal durch: Alles klar! Die Spieler nehmen Aufstellung. Zwei positionieren sich in der Mitte des Feldes zum Anstoß. Eick pfeift das Spiel an. Kurz darauf ein metallisches Krachen. Die zwei Spieler sind mit ihren Rollstühlen ineinandergerasselt. „Wenn du das beim Turnier machst“, ermahnt Eick den offensiven Spieler, „fliegst du gleich raus!“ Spielerin Natascha, die das Geschehen vom Spielfeldrand beobachtet, sagt: „Alle sind eben angespannt. Vor dem Turnier ist das ganz normal.“ Es ist die letzte Trainingseinheit vor „dem Turnier“. Einmal im Jahr nimmt die Mannschaft „Fast Lane“ an einem überregionalen Wettbewerb teil, der dieses Jahr in Kiel stattfindet. „Für die Spieler ist das der Höhepunkt des Jahres. Sie reisen zusammen in eine andere Stadt, treffen andere Spieler und können sich austauschen“, sagt Steffen Mohnke, der zusammen mit Eick die Mannschaft einmal pro Woche trainiert. 30 Spieler, der jüngste ist neun Jahre, der älteste 42 Jahre alt. Alle Spieler sind mehrfach behindert, haben jedoch unterschiedliche Potenziale. „Es kann nicht jeder alles, aber zusammen ergänzen sie sich. Als Trainer versuche ich die Schwächen und Stärken auszuloten und die Spieler aufeinander abzustimmen“, sagt Mohnke, der als Orthopädietechniker im Sanitätshaus Pinneberg arbeitet.


Gewinn an Lebensqualität.


Schwerstbehinderte beim E-Hockey

Für seine Trainertätigkeit stellt ihn das Sanitätshaus, das mittlerweile zu den Regio Kliniken gehört, frei. Neben der Orthopädietechnik, Sanitätshausartikeln und der Versorgung mit Standardhilfsmitteln wie Rollstuhl, Pflegebett oder Rollator hat das Sanitätshaus Pinneberg in der Reha-Abteilung den Bereich „Sonderbau“. „Es ist ein kleines und hoch spezialisiertes Team, das sich dort den besonderen Anforderungen von mehrfach Behinderten, von Kindern und Sportlern annimmt, die auf einen speziellen Rollstuhl angewiesen sind“, erklärt Sascha Feustel, der als Leiter die Trainertätigkeit von Mohnke unterstützt. Als Orthopädietechniker verfügt Mohnke über das technische Wissen, das für die Einrichtung von Sportrollstühlen nötig ist – und ist so der ideale Ansprechpartner für die Spieler der Mannschaft. Darüber hinaus berät er die Spieler bei Verhandlungen mit den Krankenkassen. Sonderverträge mit Herstellern von Elektro-Rollstühlen machen es den Spielern möglich, ihr Hobby auszuüben, das für sie sonst nicht so leicht zu finanzieren wäre. Denn die Kosten für einen technisch hoch entwickelten Elektro-Rollstuhl sind mit bis zu 30.000 Euro beträchtlich. Mohnke, dessen Lebenspartnerin ebenfalls schwerbehindert und Spielerin der Mannschaft ist, liegt die Unterstützung der Spieler am Herzen: „E-Hockey ist die letzte Sportart, die Menschen mit Schwerstbehinderung noch ausüben können. Der Gewinn an Lebensqualität durch diese Sportmöglichkeit ist für die Spieler daher gar nicht hoch genug einzuschätzen.“


An sich arbeiten.


Der 23-jährige Ismail Cetinkaya, der aufgrund einer spastischen Erkrankung seit seinem siebten Lebensjahr auf den Rollstuhl angewiesen ist, erinnert sich: „Vor einigen Jahren konnte ich noch Rollstuhl-Basketball spielen. Aber dann ist die Erkrankung fortgeschritten. E-Hockey ist nun der einzige Sport, der mir möglich ist.“ In der Mannschaft spielt er seit vier Jahren, hat mittlerweile sogar einen Trainerschein erworben und genießt die Arbeit mit den Spielern: „Es macht tierisch Spaß, die Spieler zu unterrichten.“ Die wiederum schätzen Cetinkaya als Trainer, weil er aufgrund seiner eigenen Behinderung ihre Probleme aus eigener Erfahrung kennt. Aber Cetinkaya bleibt selbstkritisch: „Manchmal bin ich zu ungeduldig. Da muss ich noch an mir arbeiten.“ Im Team arbeitet jeder an sich, feilt an seiner Technik, um mit der Mannschaft beim Turnier gut abzuschneiden. Allerdings ist der sportliche Ehrgeiz beim E-Hockey nicht alles. Cetinkaya drückt das so aus: „Das Wichtigste ist mir das Miteinander in der Mannschaft, die Menschen, die im Laufe der Jahre zu Freunden geworden sind. Mit ihnen reden, sich austauschen und lachen zu können, das bedeutet mir einfach sehr viel.“ Zu dem Teamgeist der Mannschaft kommt nun auch noch der Erfolg: So erreichte „Fast Lane“ auf dem Turnier in Kiel den ersten Platz.

Kontakt:
Susanne Eyrich
Pressesprecher
Regio Kliniken gGmbH
Bleekerstr. 5
25436 Uetersen
Telefon 04122/469-1764
Telefax 04122/469-1822
Susanne.Eyrich@regiokliniken.de
www.regiokliniken.de


changeX 15.09.2009. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Sascha Hellmann
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Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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