Wie teamig ist Ihr Team?

Einführung in die Teamarbeit - das neue Buch von Cornelia Edding und Karl Schattenhofer
Rezension: Jost Burger

Teams sind schön. Machen aber viel Arbeit. Ein neues Buch lotst durch die anstrengende, aber lohnenswerte Arbeitsform der Teamarbeit. Nicht mit ratgeberhafter Macherattitüde, sondern geleitet von der Erkenntnis, dass Teamarbeit kontinuierliche, durchaus harte und intellektuell anspruchsvolle Arbeit ist.

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"Mit Teamarbeit beschäftigt man sich, wenn sie nicht (mehr) klappt" - ausnahmsweise sei hier ein Satz aus dem Buch vorangestellt, der auch den Klappentext einleitet. Nicht umsonst, denn er beschreibt so treffend, was bei der Teamarbeit - und hier ist das Wort auch in dem Sinne von Teamentwicklung gemeint - Sache ist: Solange alles gut geht, macht sich niemand Gedanken darüber, warum das so ist. Erst wenn Verdruss herrscht, wird der Ruf nach "guter Teamarbeit" laut. Cornelia Edding und Karl Schattenhofer, beides erfahrene Berater in Sachen Teamarbeit und Gruppendynamik, wollen mit ihrer Einführung in die Teamarbeit eben dabei unterstützen, diese in die Praxis umzusetzen. 

Drei Anforderungen gebe es an ein Team, so die Autoren: die Arbeitsaufgabe gut verrichten, die Mitglieder zufriedenstellen und das System (also das Team an sich) erhalten. Das ist ein kniffliger Balanceakt: "Wie leicht kann da etwas aus dem Gleichgewicht geraten, wie schnell kann es passieren, dass die Mitglieder zwar zufrieden sind, die Qualität der Arbeit aber leidet - oder umgekehrt."


Die Teamigkeit der Teams


Gleichgewicht kann man auch als Ordnung verstehen. Entsprechenden Wert legen die Autoren auf diesen Begriff: "Um ein Team erfolgreich zu beraten, es gut zu leiten oder produktiv in ihm zu arbeiten, muss man seine Ordnung kennen." Diese Ordnung besteht aus Regeln und Normen, aus Rangordnungen, und nicht zuletzt auch aus Eigenbild und Selbstverständnis des Teams, aber auch seiner Umwelt.  

Kommt Unordnung ins Team, geht es zunächst immer darum, die Situation zu verstehen - ob als externer Berater oder als Teil des Teams. Man muss beschreiben und erkennen können, um handeln zu können. Es fängt damit an, dass es unterschiedliche Arten von Teams gibt, die unterschiedliche Anforderungen stellen, um ihre Balance zu halten. Hat man es mit einer Crew zu tun (etwa eine Flugzeugbesatzung oder ein kleines Orchester), mit einem Projektteam (etwa kurzfristige Arbeitsgruppen mit einer spezifischen Aufgabe) oder vielleicht mit einem "Workteam" (zum Beispiel ein Managementteam)?  

Kriterien sind hier die Länge der Zusammenarbeit, die Heterogenität der Mitglieder und auch die Teamgröße. Die Autoren sprechen von der "Teamigkeit", die Teams haben können. Dauerhafte Aufgaben mit immer wieder neuen Herausforderungen, vier bis acht Mitglieder, eine heterogene Zusammensetzung und viel Selbstbestimmung etwa machen ein Team sehr "teamig". Flugzeugcrews zum Beispiel. Nicht umsonst stecken gerade Fluggesellschaften traditionell viel Aufwand in die Teamarbeit. Es geht ja um teure Maschinen und um Menschenleben. Grundsätzlich gilt aber immer, was die Autoren schreiben: "Je ‚teamiger‘ [ein Team] ist, desto mehr Aufmerksamkeit sollte auf die Gestaltung und Entwicklung der Teamarbeit gerichtet werden, desto mehr Teampflege braucht es!"


Folien des Verstehens


Wie das geht, das kann sich der Leser anhand eines umfangreichen Praxiskapitels mit sieben konkreten Fallbeispielen vor Augen führen. Immer geht es darum, die Ordnung eines Teams zu verstehen und sie positiv zu verändern. Etwa im Fall "Der Neue macht nicht mit". Da nimmt ein neuer Kollege nicht an Besprechungen eines seit Jahren eingespielten Teams teil, weil er sie für sinnlos hält. Der Teamchef schafft es nicht, ihn auf Linie zu bringen, und schwächt damit auch die eigene Position. Edding und Schattenhofer breiten hier zunächst sogenannte "Folien des Verstehens" aus. Das sind letztendlich Muster, die Vorgänge erklären können. Zum Beispiel: lockere versus strenge Regeln. Teams müssen hier die Balance halten, um zu überleben. Oder: Neue stellen Überkommenes infrage. Hat man vielleicht bisher nicht gut gearbeitet?  

Das Angenehme an dem Buch ist, dass es keine einfachen Lösungen nach Schema F vorgibt, sondern Möglichkeiten der Analyse und der Handlung darstellt. Das ist der anspruchsvollere Weg, aber der einzige der zu einer wirklichen Lösung des Problems führt.  

Externe Berater etwa stünden im Beispielfall vor der Aufgabe, zunächst einmal die Verbitterung und den Ärger zu erkennen und aufzulösen, dann aber auch, den Teamleiter wieder in eine als aktiv empfundene Rolle zu bringen - oder aber auf eine Ablösung zu drängen. Der Teamleiter kann je nach Prüfung seines Selbstverständnisses versuchen, zwischen den Teammitgliedern zu vermitteln, er kann sich für einen autoritären Kurs entscheiden oder schlicht seine Aufgabe abgeben. Die Mitglieder müssen sich fragen, ob sie auf Entfernung des Kollegen und den Erhalt des Status quo drängen sollen - oder ob sie den Kollegen nicht doch als Sonderling, aber auch Teil des Teams akzeptieren wollen.


Kontinuierliche, durchaus harte und intellektuell anspruchsvolle Arbeit


Das Buch setzt stark auf die Unterstützung von Erkenntnisprozessen. Doch bietet es auch einen Methodenkasten für die Praxis an. Wie bringe ich eine Sache zur Sprache (zum Beispiel, indem ich erst einmal zuhöre und eine klare Meinung habe)? Wie finde ich heraus, wer hier welche Rolle in unserem Team spielt? Wie schaffen wir eine Veränderung im Team (etwa, indem wir uns klarmachen, dass gute Teamarbeit ein kontinuierlicher Prozess ist, in dem oft dieselben Probleme unter jedes Mal veränderten Vorzeichen bearbeitet werden)?  

Kurzum: Ein Buch mit Anspruch, kein vordergründiger Ratgeber, der salopp und mit aufgesetztem Macherlächeln die "zehn besten Tipps zur Teamarbeit" zum Besten gibt. Im Vordergrund steht immer die Erkenntnis, dass Teamarbeit kontinuierliche, durchaus harte und intellektuell anspruchsvolle Arbeit ist. Teamleiter, Teammitglieder und externe Berater finden hier eine hervorragende konzeptionelle Basis, die zugleich klug durch den Teamalltag führt.  

PS: Das Video, das der Verlag auf die Seite zum Buch gestellt hat, sollte man nicht versäumen (Link rechte Spalte).


changeX 23.11.2012. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Einführung in die Teamarbeit. Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2012, 127 Seiten, 13.95 Euro, ISBN 978-3-89670-762-8

Einführung in die Teamarbeit

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Autor

Jost Burger
Burger

Jost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.

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