Gut mit Kotler

Good works! - das neue Buch von Philip Kotler
Rezension: Jost Burger

CSR - Corporate Social Responsibility - wird heutzutage von jedem Unternehmen erwartet. Akzeptiert ist mittlerweile, dass diese nicht bloß selbstlos handeln, sondern mit ihrem Engagement auch unternehmerische Ziele verfolgen. Wie beides zusammengeht, zeigt Philip Kotler in seinem neuen Marketingbuch.

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Wenn Kotler draufsteht, ist geballtes Marketingwissen drin, darauf verlassen sich Generationen von Marketing-, Vertriebs- und Kommunikationsverantwortlichen. Umso schöner, dass sich Philip Kotler in Good works! (zusammen mit den CSR-Spezialisten David Hessekiel und Nancy R. Lee) dem widmet, was hierzulande als gesellschaftliches Engagement von Unternehmen bekannt ist. Denn es hat sich zwar herumgesprochen, dass gute Absichten und ein paar Schecks nicht ausreichen, um den Ansprüchen von Corporate Social Responsibility zu genügen. Wie aber genau dieses gesellschaftliche Engagement "geht", und vor allem: wie sich das auch für das Unternehmen auszahlt, dazu gibt es wenige Bücher. 

Zum Glück also der neue Kotler, der zum einen eine wahre Flut von Fallbeispielen, Best Practices und Praxisanleitungen bietet. Und zum anderen zunächst einmal ganz klar darstellt, was unter gesellschaftlichem Engagement eines Unternehmens in unserer Zeit zu verstehen ist. Nämlich, so der Untertitel Wie Sie mit dem richtigen Marketing die Welt - und Ihre Bilanzen - verbessern. Oder, wie es in der Einleitung heißt: "Das vorliegende Buch versteht sich als praktischer Leitfaden für Führungskräfte, deren Aufgabe es ist, mit beschränkten Ressourcen Strategien und Programme zu entwerfen, von denen am Ende Unternehmen und Allgemeinheit gleichermaßen profitieren."


Warum Gutes tun?


Dass dies so deutlich ausgesprochen wird, ist laut Kotler ein relatives junges Phänomen. Erst in den 1990er-Jahren habe man - zumindest in den USA, auf dessen Märkte sich die meisten seiner Zahlen und Beispiele beziehen - damit begonnen, nach dem Grundsatz "Tue Gutes und rede darüber" zu handeln. Mittlerweile verfährt man strategisch. Unternehmen suchen sich Initiativen und Handlungsfelder aus, die zum Unternehmensziel passen, und wenden idealerweise alle von Kotler identifizierten "Social Initiatives" an. Und zwar dauerhaft, mit Beteiligung des ganzen Unternehmens und unter ständiger Auswertung der Ergebnisse.  

Um es auf den Punkt zu bringen: Nicht nach dem Gießkannenprinzip und sozusagen "ohne hinzuschauen" irgendwelche Schecks verteilen. Sondern: Sich eine "gute Sache", einen "cause" aussuchen, der zum Unternehmen passt (ganz recht: Umweltschutz passt zu Energieerzeugern oder der Nahrungsmittelindustrie, Bildungsförderung etwa zu Unternehmen, die Spielzeug oder Kinderklamotten herstellen). Diesen dann über möglichst viele Tätigkeitsfelder und Kanäle verfolgen. Regelmäßig herausfinden, wie die Sache bei den Kunden ankommt. Und die effektiven Instrumente anwenden, die Kotler beschreibt.  

Dass sich das lohnt, zeigt Kotler in einem Extra-Unterkapitel, in dem er jüngste Untersuchungen und Zahlen aufführt, die die Frage beantworten: "Warum Gutes tun?" Weil Umsätze und Marktanteile steigen etwa, weil mit etwas Glück der Marketingetat kleiner werden darf (dann, wenn die "guten Taten" die Werbung übernehmen). Weil Unternehmen mit gutem Ruf leichter Mitarbeiter finden und binden. Und weil sogar die Betriebskosten sinken können - schönes Beispiel: AT&T unterstützt die Arbor Day Foundation, die in Amerika Bäume pflanzt. Diese Unterstützung verbindet das Unternehmen mit einer Kampagne zur elektronischen Rechnungsstellung - wer auf papierlos umstellt, löst eine Spende von AT&T an die Foundation aus. Und AT&T spart furchtbar viel Geld, weil die elektronische Abrechnung viel günstiger ist.


Praktische Umsetzung gesellschaftlichen Verantwortungsgefühls


Und die Social Initiatives? Sie sind die praktische Umsetzung des gesellschaftlichen Verantwortungsgefühls, das ein Unternehmen in seiner CSR-Philosophie zum Ausdruck bringt. Kotler führt sechs verschiedene auf. Drei gibt es, die den Kunden einbinden: Cause Promotion (für die Unterstützung einer guten Sache werben), Cause-Related Marketing (Unterstützung etwa an den Produktverkauf binden) und Social Marketing (definiert als groß angelegte Kampagnen, die eine Verhaltensänderung beim Einzelnen herbeiführen sollen). Und es gibt drei, die ohne unmittelbare Kundenbeteiligung auskommen: Corporate Philanthropy (zum Beispiel die direkte Unterstützung einer guten Sache durch Geld), Community Volunteering (Mitarbeiter setzen Zeit und Fähigkeiten für eine gute Sache ein) und Socially Responsible Business Practices (also eine Unternehmenspraxis, die soziale Interessen berücksichtigt).  

Das Schöne: Diese ja nicht alle auf Anhieb verständlichen Konzepte (und das liegt nicht nur an der durchgängigen Verwendung der englischen Begriffe) werden schon in den Einleitungskapiteln immer gleich durch Beispiele erläutert. Um dann in einzelnen Kapiteln zu jeder "Social Initiative" mit zahlreichen weiteren Beispielen illustriert zu werden. Also: Die Kaffeehauskette Starbucks zum Beispiel hat sich den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen als Betätigungsfeld ausgesucht. Das passt strategisch, weil das Unternehmen sehr ressourcenintensiv arbeitet - all der Kaffee, all das Wasser, all die Pappbecher! Als Cause Promotion sponsert Starbucks unter anderem Projekte, die sich mit Recycling beschäftigen. Cause-Related Marketing findet seinen Ausdruck im Verkauf von Wasser, mit dessen Erlös Projekte für die Reinhaltung von Wasserressourcen unterstützt werden. Ein Beispiel für Social Marketing ist die Starbucks-Kampagne für den Betrieb von Komposthaufen im eigenen Garten (Kaffeesatz dafür gibt’s kostenlos in der Filiale). Im Rahmen der Corporate Philanthropy gehen direkte Geldspenden an Projekte zur Umwelterziehung, ein "Global Month of Service" ermuntert die Mitarbeiter, sich in der Gemeinde an Umweltprojekten zu beteiligen (Community Volunteering), und ein Beispiel für die Berücksichtigung gesellschaftlicher Interessen in der Unternehmenspraxis ist die Selbstverpflichtung, neue Filialen nach den globalen LEED-Kriterien für nachhaltiges Bauen zu errichten.  

So anschaulich dargestellt füllen sich die zunächst etwas hohl klingenden Begriffe schnell mit Leben. Ein ganz großes Plus des Buches ist es eben, nicht theoretisch daherzukommen. Das zeigt auch der Umgang mit Social Media: Statt ellenlanger Abhandlungen, wie diese die Welt und unser Denken verändern, gibt es alle paar Seiten einen Kasten, in dem besonders gelungene Online-Elemente bestehender Kampagnen schlicht beschrieben werden.


Keine zynische Anleitung zum Greenwashing


Pragmatisch und ohne viel Firlefanz auch die beiden letzten Kapitel, deren erstes ganz praktische Anleitungen bietet, wie ein Unternehmen den richtigen "cause" findet, welche Instrumente sich wie auswirken und wie man von Anfang an das ganze Unternehmen mitnimmt.  

Und das zweite der Schlusskapitel wendet sich dann explizit nicht an Firmen, sondern an Mitarbeiter von Non-Profit-Organisationen. Die haben ja die "gute Sache", brauchen aber Unternehmen als Partner. Wie sie strategische Partner identifizieren und sie für ihre Sache begeistern können, erfahren sie hier. Wiederum mit vielen Beispielen, Praxisfällen und Step-by-Step-Anleitungen - von der Empfehlung, erst einmal Firmen mit potenziellen strategischen Übereinstimmungen zu finden, bis hin zu dem Rat, diesen möglichst viel von der Implementierung und dem administrativen Aufwand eines Programms abzunehmen.  

Fazit: Das Buch hält genau, was es eingangs verspricht. Kotler besticht - fast möchte man sagen: wie immer - mit seiner große Praxisorientierung, seinem pragmatischen Ansatz und einem zugleich angenehm hohen Niveau der Darstellung (zumal die deutsche Ausgabe sehr sorgfältig und gut übersetzt ist). Kein sozialromantischer Firlefanz, aber auch keine zynische Anleitung zum Greenwashing, sondern einfach überzeugend. Müsste eigentlich zum Standardwerk werden.  



Zitate


"Das vorliegende Buch versteht sich als praktischer Leitfaden für Führungskräfte, deren Aufgabe es ist, mit beschränkten Ressourcen Strategien und Programme zu entwerfen, von denen am Ende Unternehmen und Allgemeinheit gleichermaßen profitieren." Philip Kotler: Good works!

 

changeX 30.04.2013. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Good works!. Wie Sie mit dem richtigen Marketing die Welt - und Ihre Bilanzen - verbessern. GABAL Verlag, Offenbach 2013, 352 Seiten, ISBN 978-3-86936-471-1

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Autor

Jost Burger
Burger

Jost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.

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