Fragen über Fragen

30 Minuten Fragetechnik - ein prägnanter Ratgeber von Hermann Scherer
Rezension: Ute Wielandt

Ohne Fragen und Zuhören keine Kommunikation. Und keine Lösungen. Wie man mit strategischer Fragetechnik die nötigen Informationen erlangt, Probleme und Bedürfnisse seines Gegenübers klärt und Entscheidungen beschleunigt, erläutert kurz und prägnant ein Ratgeber aus der 30-Minuten-Reihe.

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Gibt es eine wichtigere Kulturtechnik als das Fragen? Fragen eröffnen Gespräche, legen die Grundlage für Beziehungen, verschaffen Informationen, geben dem Denken eine Richtung, drücken bewusst oder unbewusst Meinung und Emotionen des Fragenden aus und beeinflussen diejenigen des Befragten. Fragen können manipulieren, in die Irre führen, aber auch geistige Scheuklappen durchbrechen und Lösungswege eröffnen. Die richtige(n) Frage(n) zu finden ist eine zentrale Fähigkeit sowohl für den Beruf wie auch fürs Privatleben.  

Nicht um die großen philosophischen Fragen, um Selbsterkenntnis oder Beziehungsarbeit, sondern um rein praktische Anwendungen geht es in Hermann Scherers Ratgeber 30 Minuten Fragetechnik, der bereits in achter Auflage vorliegt. "Nur wer fragt, kann etwas herausfinden, jemanden überzeugen, Lösungen finden", schreibt Scherer. Und Lösungen, das sind bei ihm die Lösungen für konkrete, sachliche Probleme. Zum Beispiel, dass die Geräte einer Firma zu kompliziert zu bedienen sind oder eine Familie in ihrer neuen Wohnung keinen Platz für die alte, große Waschmaschine hat. Dem ist nur mit Fragen beizukommen. "Die Lösung eines Problems ist die Hauptfunktion einer zielgerichteten Fragestrategie." Nur systematisches Fragen und Nachhaken kann sicherstellen, dass die gefundene Lösung auch tatsächlich die für das Kernproblem ist und nicht nur für einen Nebenaspekt. Wie eine solche Fragestrategie situationsabhängig aufgebaut wird, zeigt Scherer in seinem knappen, anschaulichen Ratgeber.


Erfolgreiches Fragen


"Fragen helfen uns, ein Gespräch in eine bestimmte Richtung zu steuern", schreibt Scherer; wer fragt, ist daher die leitende Figur im Gespräch, die sich fürs Ergebnis verantwortlich fühlt.  

Interessanterweise beginnt er seinen Band aber nicht mit Erläuterungen zum Fragen, sondern spricht erst einmal über das aktive Zuhören - ein Zuhören, bei dem der Gesprächspartner durch Gesten und kleine zustimmende Zwischenbemerkungen zum Weitersprechen animiert wird. Dieses aktive Zuhören, so Scherer, ist nämlich die Grundvoraussetzung für erfolgreiches Fragen. Es signalisiert dem Gegenüber Verständnis für seine Situation, schafft eine Vertrauensbasis und erschließt Informationen, die für Ihre Fragestrategie von Bedeutung sein können.  

Dann geht es ums Fragen. Zunächst fasst Scherer die bereits existierenden Systematiken zu Fragetypen zusammen und erstellt eine Abstufung von ganz öffnenden Fragen bis hin zu schließenden Fragen, jeweils mit ihren Untertypen wie hinführende Frage, motivierende Frage oder fokussierende Frage. Zu jedem Fragetyp beschreibt Scherer Funktion, Nutzen und Risiken. "Schließende Fragen erleichtern die Kommunikation in Situationen, in denen ein Sachverhalt zielgerichtet bestätigt werden muss oder wenn ein Verhandlungsziel angestrebt wird", zum Beispiel. Oder: "Ganz öffnende Fragen sind W-Fragen, mit denen Informationen gesammelt werden können und mit deren Hilfe man dem Gesprächspartner umfassende und individuelle Aussagen entlockt."


Strategisches Fragen


Nach dieser grundsätzlichen Einordnung geht es zum Gesprächsaufbau. Diesem Teil merkt man an, dass Scherer beim ersten Erscheinen des Büchleins noch in erster Linie Verkäufertrainer war: Er erklärt die Technik durchgängig anhand der Sondersituation "beratendes Verkaufsgespräch", wobei er stark dafür plädiert, dass Verkäufer sich als Lösungsfinder für ihre Kunden verstehen, nicht als Warenumsetzer. Daher ist seine Fragestrategie problemlos auf jedes lösungsorientierte Gespräch übertragbar.  

Die grobe Gesprächsstruktur bleibt dabei immer gleich: Mit Fragen nach dem Ist-Zustand erschließt der Frager erst einmal grundsätzliche Informationen über die gegenwärtige Situation seines Gesprächspartners. Daraus leitet er Problemfragen ab, mit denen er sein Gegenüber auf mögliche Probleme aufmerksam machen kann und erfährt, ob diese tatsächlich vorliegen. Mit Auswirkungsfragen lenkt er den Blick auf mögliche negative Folgen des Problems. Und mit Zusammenfassungsfragen hilft er seinem Gegenüber, ein Gegenbild zu entwerfen: Wie könnte die Zukunft aussehen, wenn das Problem gelöst wäre? So wird zugleich die Lösung umrissen und Motivation geschaffen, sie auch tatsächlich anzugehen.  

Etwas schade ist, dass in diesem Teil auf die eingangs gezeigte Fragensystematik kaum noch eingegangen wird. Jedoch lässt sich leicht erkennen, dass jeder Gesprächsabschnitt mit öffnenden Fragen beginnt und die Fragen dann immer konkreter und somit "schließender" werden, bevor dann erneut mit einer öffnenden Frage zum nächsten Gesprächsabschnitt übergeleitet wird.


Praxisorientiert und übersichtlich


Scherers Tipps sind sofort und umstandslos einsetzbar. Auch wer nur zu bestimmten Fragen Informationen sucht, hat sie hier blitzschnell gefunden. Für den knappen Platz recht ausführlich gehaltene Beispielgespräche erleichtern die Umsetzung. Ein kleiner, übersichtlicher, extrem praxisorientierter Ratgeber, der hilft, für jedes lösungsorientierte Gespräch die richtigen Fragen zu finden.  


Zitate


"Die Lösung eines Problems ist die Hauptfunktion einer zielgerichteten Fragestrategie." Hermann Scherer: 30 Minuten Fragetechnik

"Nur wer fragt, kann etwas herausfinden, jemanden überzeugen, Lösungen finden." Hermann Scherer: 30 Minuten Fragetechnik

"Fragen helfen uns, ein Gespräch in eine bestimmte Richtung zu steuern." Hermann Scherer: 30 Minuten Fragetechnik

 

changeX 23.01.2015. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: 30 Minuten Fragetechnik. GABAL Verlag, Offenbach 2013, 96 Seiten, 7.99 Euro, ISBN 978-3-86200-647-2

30 Minuten Fragetechnik

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Autorin

Ute Wielandt
Wielandt

Ute Wielandt ist freie Texterin in Ingolstadt. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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