Sind Nebeneinkünfte von Politikern unmoralisch?
Eine Stellungnahme des Deutschen Ethikverbands.
Von Ulf D. Posé
Zurzeit schlagen die Wogen hoch. Es ist Zeit, einen nüchternen Blick darauf zu werfen, wo wir neue ethische Kriterien brauchen und wo eine Hexenjagd beginnt.
Vier Fragen sind bei der Beurteilung der Moral von Nebeneinkünften aus Sicht des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft e. V. entscheidend.
1. Wir wollen keine Beamtendemokratie!
Wir haben uns für eine repräsentative Demokratie entschieden. Das bedeutet, wir wollen Arbeitnehmer, Angestellte, freie Berufe, Unternehmer, Beamte et cetera in unseren Parlamenten. Daraus folgt, ein Politiker muss neben seiner politischen Arbeit Geld verdienen dürfen. Das ist weder unmoralisch noch unethisch oder unredlich. Sonst müssen wir eine Beamtendemokratie einführen.
2. Die Hexenjagd muss aufhören!
Jeder Politiker, der seine berufliche Arbeit einem Unternehmen zur Verfügung stellt, hat Anspruch auf angemessene Entlohnung. Darin liegt nichts Verwerfliches oder gar Anrüchiges. Unmoralisch ist eine Entlohnung nur dann, wenn ein Politiker für seine politische Arbeit von einem Unternehmen Geld bekommt oder entlohnt wird, ohne dafür zu arbeiten. Diese Unterscheidung wird in der öffentlichen Diskussion nicht deutlich genug. Die Hysterie, mit der selbst die Politiker diffamiert werden, die auf redliche Art und Weise ihren Lebensunterhalt verdienen, muss aufhören. Es kann nicht sein, dass wir eine moderne Hexenjagd betreiben.
3. Politiker sind per Gesetz leider keine normalen Bürger!
Jeder Politiker, der sich bezahlen lässt für nichts, handelt insofern unmoralisch, als er damit rechnen muss, dass diese "Geldgeschenke" ihn in die Verlegenheit bringen können, dem zahlenden Unternehmen einen politischen Gefallen tun zu müssen. Das ist Bestechung. Auch der Unternehmer handelt in diesem Fall aus Sicht des EVW unethisch. Leider sind in der Bundesrepublik Politiker durch unsere Gesetze keine normalen Bürger. Der Paragraph 108 e regelt die Bestechung von Politikern. Leider ist es nun so, dass ein Politiker nur dann als bestochen gilt, wenn er vor einer politischen Entscheidung für diese Entscheidung Geld bekommt. Erhält er jedoch eine Zuwendung nach einer politischen Entscheidung, dann gilt er vor dem Gesetz als nicht bestochen. Der Ethikverband der Wirtschaft fordert, dass dieser unsäglich unmoralische und unethische Zustand beendet wird.
4. Mehr Transparenz zu fordern ist ein politisches Armutszeugnis!
Politiker fordern jetzt mehr Transparenz über die Art und Höhe der Nebeneinkünfte. Schon 1975 (vor 30 Jahren!) hat das Bundesverfassungsgericht die Regierungen in unserem Land aufgefordert, eine verfassungsgemäße Form bei der Behandlung von Nebeneinkünften zu etablieren. Das sind bis auf Niedersachsen (und hier auch unzureichend) alle Regierungen im Landtag und Bundestag bis heute schuldig geblieben. Jetzt mehr Transparenz zu fordern ist Heuchelei. Politiker stellen sich damit selbst ein unerträgliches Armutszeugnis aus. Sie dokumentieren durch diese Forderung ihre eigene Unfähigkeit, eine wirkungsvolle Regelung einzuführen. Für den Ethikverband ist es beschämend, wenn Politiker ihrer Verantwortung rund 30 Jahre lang nicht gerecht geworden sind und diese Verantwortung nun an den Wähler zurückdelegieren, indem sie sagen: Soll doch der Bürger kontrollieren, wer redlich und unredlich handelt.
Ulf D. Posé ist Präsident des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft e. V.
Kontakt:
Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e. V.
c/o Pallasky & Partner
Goethestr. 31-33
60313 Frankfurt am Main
Tel.: 069 90029414
Mobil: 0171 8549321
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