Ein Sizilianer in Rom
Europäer beraten Europäer.
| Folge 25: Pietro Barrile von Pleon Rom. |
Von Gundula Englisch
Pleon ist ein neues europäisches Beratungsunternehmen. Seine Vision ist ungewöhnlich: Die Intelligenz der einzelnen Länder und Regionen für eine gemeinsame Netzökonomie nutzen. In den nächsten Monaten begleiten wir diese einmalige Mission mit Reportagen und Essays. Aus einem Europa, in dem zusammenwächst, was zusammengehört. Heute: Pietro Barrile von Pleon Italia.
Pietro Barrile
Pietro Barrile leitet das römische
Büro von Pleon Italia.
Alle Wege führen nach Rom. Auch die Via Cassia. Sie zählt sogar zu jenem legendären Straßenstern, der vor gut 2.000 Jahren vom damaligen "Zentrum der Welt" in alle Richtungen des Imperiums ausstrahlte. Stadtauswärts geht die Fahrt vorbei an der theatralischen Kulisse des Kolosseums, den mächtigen Triumphbögen, Säulenhallen und Tempeln des Forum Romanum, den zahllosen Heldenstatuen, Obelisken und Palazzi des Zentrums und über den Tiber hinweg, hinauf in die römische Hügellandschaft. Die Hausnummer Via Cassia 1081 liegt etwas abseits des antiken Highways - ein Businesscenter, das weniger nach Geschäftigkeit denn nach "dolce fa niente" aussieht: Eine Hand voll flacher unscheinbarer Häuser verteilt sich locker in einer wahrhaft bacchantischen Landschaft. Sanft geschwungene sattgrüne Hügel, dekoriert mit Pinienhainen und Zypressenhecken, hier und da eine Bilderbuch-Palme, ein paar Oleanderbüsche und Zitronenbäumchen und über allem ein tiefblauer Himmel mit milde strahlender Märzsonne. Jetzt ein Liegestuhl - und der Urlaub könnte beginnen ...

Klein, aber fein.


"Ein perfekter Platz zum Arbeiten", sagt Pietro Barrile, der schon draußen gewartet hat. Er schmunzelt und begleitet den leicht entrückten Besucher mit sanftem Nachdruck in den Konferenzraum. Pietro Barrile sieht genau so aus, wie man sich einen italienischen Geschäftsmann vorstellt: brauner, lässig eleganter Anzug, perfekt abgestimmte Krawatte auf blütenweißem Hemd, korrekt geschnittene schwarze Locken und immer ein verbindliches Lächeln auf den Lippen. Der 35-Jährige leitet das römische Büro von Pleon Italia - eine kleine, aber feine Agentur mit fünf Beratern, von denen zwei in Mailand ansässig sind.
"Wir sind nicht groß, aber wir betreuen gewichtige Kunden", sagt er und erklärt, dass die großen Konzerne der Telekommunikationsindustrie in Rom angesiedelt sind und dass die Nähe zu diesen Big Playern der Grund für die Existenz seines Büros ist. Eine dieser Branchengrößen heißt Datamat und ist der zweitgrößte Kunde von Pleon Italia. Pietro Barrile und sein Team kümmern sich um die komplette PR- und Kommunikationsarbeit des Softwarekonzerns, der Systemlösungen für Rüstung, Raumfahrt, Verwaltung, Banken, Versicherungen und Medien anbietet. "Ein breiter Aufgabenbereich - deswegen sind wir eher Generalisten als Spezialisten", meint der Berater und schildert jene Dinge, die ihn auf dem idyllischen Hügel über Rom täglich auf Trab halten. Pressemeldungen und Artikel schreiben, Pressekonferenzen, Interviews und Events planen und organisieren, Marketingaktivitäten koordinieren, Medientrainings und Medienanalysen durchführen, Firmenvideos produzieren - und seit kurzem auch der Aufbau eines eigenen Pressebüros für den Direktor von Datamat. "Delicato", sagt Pietro Barrile und zieht vielsagend die Augenbrauen hoch. "Eine heikle Aufgabe, denn der Chef des Konzerns hat bisher den Kontakt mit der Öffentlichkeit eher vermieden."

Vielfalt als Stärke.


Doch die größeren Herausforderungen sieht er in jenen Projekten, die in der Zukunft auf ihn warten. Neue Kundenkreise erschließen, die Aufgabenfelder auf neue Bereiche wie etwa Healthcare oder Finanzwirtschaft ausdehnen, das seien seine wichtigsten Ziele. Und seit sein Unternehmen Pleon heißt, hätten sich diese Zukunftspotenziale enorm erweitert. "Die Vielfalt der Kulturen und des Wissens, die in einer europäischen Firma wie Pleon gebündelt ist, verspricht einen großen Marktvorteil", sagt Pietro Barrile. "Die Stärke Europas liegt darin, dass wir eine gemeinsame Basis haben, aber unterschiedliche Kulturen."
Und was ist das Spezielle an der italienischen Unternehmenskultur? Der smarte PR-Mann lächelt. "Wir sind flexibel und pragmatisch, haben keine großen Prinzipien, sondern bevorzugen die praktische Lösung. Und wir sind empathisch - sind sehr daran interessiert, Menschen zu verstehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Wir Italiener reden eben gerne und viel - dafür sind wir ja bekannt." Der kommunikative und freundschaftliche Umgang mit den Mitarbeitern sei ihm im Job besonders wichtig, sagt Pietro Barrile und erzählt, dass er auch zu vielen ehemaligen Kollegen noch immer guten Kontakt hält.

Von Haaren zu High-Tech.


Als er vor acht Jahren seine Tätigkeit als Juniorberater bei Pleon in Mailand antrat, hieß die Firma noch ImageTime. Nach einem Trainingsprogramm für Führungskräfte steigt er zum Accountmanager auf und ist für die Kundenbetreuung von Großkunden wie IBM, Atlanet oder Saritel zuständig. Für Ernst & Young organisiert er den "Entrepreneur of the Year Award", für einen Bildschirmhersteller ein großes Festival, bei dem Kurzfilme von Filmstudenten prämiert wurden. "Gewonnen hat eine junge Filmemacherin, ausgerechnet mit einem Film über Palermo - meine Heimatstadt", sagt Pietro Barrile und erzählt von seiner Jugend in der berühmt-berüchtigten Hauptstadt von Sizilien. Dort ist er geboren und aufgewachsen, hat Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Verwaltung studiert und nach dem Examen einen Job als Bankangestellter angetreten. "Es ist nicht einfach, in Sizilien eine Arbeit zu finden. Die meisten Stellen gibt es in der öffentlichen Verwaltung und natürlich freuten sich alle meine Verwandten und Freunde, dass ich diesen raren Job bei der Bank bekommen hatte."
Nur er selbst ist nicht recht glücklich damit. Deswegen sattelt Pietro Barrile eine PR-Masterausbildung drauf und geht danach zu Wella, wo er in verschiedenen Kommunikationsabteilungen seinen ersten "Selbst-Check" in Sachen PR absolviert. Als er dann die Gelegenheit bekommt, von seiner Arbeitsstelle in einem kleinen Ort am Gardasee zu ImageTime nach Mailand zu wechseln, greift er zu. "Von Haarkosmetik zu High-Tech - das war schon ein großer Schritt", sagt Pietro Barrile. "Aber ich bin ein echter Großstädter, der dem Landleben nicht viel abgewinnen kann. Und ich lerne ausgesprochen gerne und wollte in der PR-Branche weiterkommen."
Was "Public Relations" für ihn bedeutet? Pietro Barille denkt einen Moment nach. "Eine Firma ist wie eine Insel in einem großen Meer, die von vielen anderen Inseln umgeben ist. PR hat die Aufgabe, die richtigen Transportwege zwischen diesen Inseln zu finden und sie kommunikativ miteinander zu verbinden."

Politik und Fußball.


Sein Faible für die Kommunikationsbranche hat der Sizilianer entdeckt, als er noch als Bankangestellter in Palermo eine Wahlkampagne verfolgt hatte. Er habe beobachtet, mit welchen Strategien die verschiedenen Parteien ihre Ziele zu erreichen suchten und sei fasziniert gewesen von den verschiedenen Kommunikationstechniken, die für die große Politshow eingesetzt wurden. Politik ist übrigens immer noch sein Hobby. Pietro Barille liest mit Begeisterung politische Essays - vom Machtstrategen Machiavelli bis zu Gramsci.
Außerdem begeistert er sich für modernes Autorenkino und - "wie jeder italienische Mann" - für Fußball. Wenn er nicht gerade seine Lieblingsmannschaft aus Palermo im Stadion oder vor dem Fernsehen anfeuert, kickt er mit seinem zweijährigen Sohn Matteo im kleinen Stadtpark unweit seines Appartements. Die Familie wohnt im Zentrum von Rom, nicht weit vom Vatikan entfernt, und wann immer es die Zeit erlaubt, verbringt man einige Urlaubstage in Palermo. Drängt sich natürlich die Frage nach der Mafia auf. "Das Schlechte ist leider immer das Berühmteste", sagt Pietro Barrile und zuckt mit den Schultern. "Sicher ist die Cosa Nostra immer noch ein großes Problem und wir Sizilianer bekämpfen sie täglich. Das sind Kriminelle, die die wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes schamlos ausnutzen. Aber Palermo ist eine wunderschöne Stadt und Besucher haben nichts zu befürchten. Denn in Sizilien gilt der eherne Grundsatz, dass Gäste heilig sind." Ein moralisches Gebot übrigens, das auch dem vereinigten Europa gut stehen würde, meint Pietro Barrile und schwärmt beim Abschied noch ein bisschen von "Felicissima Palermo" - der glücklichsten aller Städte, die man unbedingt gesehen haben sollte. Die Via Cassia aber führt den Besucher erst einmal schnurstracks in die Ewige Stadt. Und dort sollte man schnell noch eine Münze in den Trevi-Brunnen werfen - rückwärts über die linke Schulter - um die Rückkehr nach Rom zu sichern. Spätere Weiterreise nach Palermo nicht ausgeschlossen.

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Pietro Barrile leitet das römische Büro von Pleon Italia.

Gundula Englisch arbeitet als freie Redakteurin für changeX.

Weitere Informationen:
www.pleon.com

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Gundula Englisch, Journalistin, Autorin und Filmemacherin, arbeitet als freie Autorin und Redakteurin für changeX.

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