Loben lohnt
Einfach führen - das neue Buch von Jochen Gabrisch und Claudia Krüger.
Von Nina Hesse
Echte Mitarbeitermotivation hat wenig mit teuren Incentives zu tun: Aufmerksamkeit, Anerkennung und Anregung - das sind die Zutaten, aus denen man als Führungskraft ein angenehmes Arbeitsumfeld für seine Leute schaffen kann. Das geht mit erstaunlich wenig Aufwand, wenn man sich jeden Tag ein wenig Zeit dafür nimmt.
Noch scheint es, als habe der Siegeszug des Simplify-Trends bislang vor den Toren der Firmen Halt gemacht. Viele Führungskräfte kommen vor lauter Forecasts, Kennzahlen und Überlegungen zum Shareholder-Value noch immer kaum dazu, sich mit ihren Mitarbeitern zu beschäftigen. Einmal im Jahr gibt's das obligatorische Zielvereinbarungsgespräch, den Rest des Jahres heißt es: Keine Zeit für solche Dinge! Doch inzwischen erscheinen immer mehr Bücher, die auch in den Unternehmen Einfachheit fordern, neue Prinzipien in der Führung propagieren. Erfolg haben werden sie dann, wenn auch - was wahrscheinlich ist - in Managern die Sehnsucht nach Komplexitätsreduzierung schlummert. Und wenn irgendjemand an der Spitze einsieht, dass neue Prioritäten gar nicht so übel wären.
Besonders Unternehmen, die auf Wissensarbeiter angewiesen sind, sollten diesen Wandel tunlichst bald vollziehen. Denn Mitarbeiter erwarten mehr als nur ihr Gehalt: Den meisten Menschen ist das Umfeld ihres Arbeitsplatzes - also herausfordernde und interessante Aufgaben, Anerkennung, Lernchancen und eine positive Teamkultur - fast genauso wichtig. Und diese (Gegen-)Leistungen zu erbringen ist Aufgabe der Führungskraft. Wenn sie dabei versagt, dann sinkt schlicht und ergreifend die Leistung des Unternehmens, weil gute Mitarbeiter sich wegbewerben, der Rest sich in die innere Kündigung oder in die Krankmeldung flüchtet. Doch das muss nicht sein, die frohe Nachricht der Autoren ist: Ja, Mitarbeiter lassen sich motivieren - und man braucht dafür nicht mal teure Incentives! Konstruktive Kulturen und ein fördernder Führungsstil dagegen wirken sich schon bald positiv aus.

Das Prinzip des steten Tropfens.


Dieses positive Umfeld zu schaffen nennen Jochen Gabrisch und Claudia Krüger "Personalentwicklung", und der Begriff klingt für gestresste Manager wahrscheinlich so, als solle man sich jetzt auch noch die Aufgaben der Personalabteilung ans Bein binden. Doch weit gefehlt. Die beiden Berater haben ein praxisorientiertes und ausgesprochen überzeugendes Programm entwickelt, wie man seine Mitarbeiter quasi nebenbei fördern kann. "Triple A" haben sie ihr Konzept genannt - es basiert auf den Faktoren Aufmerksamkeit, Anerkennung und Anregung. Seine Elemente sind bestechend einfach und funktionieren nach dem Prinzip des steten Tropfens: hier mal ein lobendes Wort, dort ein interessiertes Nachfragen, dazu improvisierte Brainstormings, Feedbackrunden oder gemeinsame Überlegungen. Eine Umgewöhnung ist für manche Führungskräfte, dass zum Triple-A-Programm eine gehörige Portion Lob gehört; damit tun sich viele erst einmal schwer. "Die Folgen dieser Anerkennungslücke: Mitarbeiter nehmen an, dass es ihrer Führungskraft eigentlich ziemlich egal ist, was und wie sie etwas tun." Anerkennung dagegen vermittelt Klarheit und Orientierung in Bezug auf Zielerreichung und den Weg dahin. Gabrisch und Krüger leiten dazu an, richtig Feedback zu geben, aber auch, dem Mitarbeiter das Leben interessanter zu machen, indem man beispielsweise ganzheitliche Aufgaben vergibt und zum Lernen anregt.
Ausführlich erklären die Autoren, wie man die drei "As" anwendet und einen kontinuierlichen Kommunikationsfluss mit seinen Mitarbeitern aufbaut. Je besser man den Mitarbeiter kennen lernt - seine Stärken, seine Tagesform, seine Persönlichkeitsmerkmale und Rolle im Team -, desto besser kann man ihn führen, und im Idealfall wächst das Vertrauen zwischen beiden Seiten. Um dieses Programm erfolgreich umsetzen zu können, muss sich der Leser, angeleitet von den Autoren, allerdings erst einmal selbst unter die Lupe nehmen. Um herauszufinden, wie andere einen sehen, um die eigenen Stärken und Schwächen kennen zu lernen. Wie reagiert man selbst auf Fehler? Vertraut man seinen Mitarbeitern? "Wer führen will, muss sich zuvorderst selbst führen können", so die Autoren. "‚Erkenne dich selbst', dieses antike Motto hat bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren."
Gabrisch und Krüger wissen, wie es um die Arbeitsüberlastung im Management bestellt ist, hartnäckig leisten sie Überzeugungsarbeit für ihr Programm, immer wieder müssen sie betonen, wie gering der tägliche Aufwand dafür ist und wie groß der Return on Investment. Eigentlich ist das fast ein Armutszeugnis für moderne Unternehmen - und ein dringender Hinweis, dass es Zeit ist, die Unternehmenskultur insgesamt zu überdenken und zu entrümpeln.

Kompetenzen fördern.


Äußerst praktisch ist auch der dritte Teil des Buches, der es erlaubt, in seinem Team zielgerichtet 14 bestimmte Kompetenzen zu fördern. Zum Beispiel Konfliktfähigkeit, Initiative, Organisation und Planung, Teamfähigkeit und Entscheidungskompetenz. In jedem Abschnitt gibt es eine kleine Fallstudie zum Idealfall, danach eine Liste der Warnsignale, die verraten, dass es mit der Kompetenz nicht so hinhaut, und Beispielfragen, mit denen man mit dem entsprechenden Mitarbeiter oder Team ins Gespräch kommt. Anschließend gibt's Tipps, wie man jedes der drei "As" zielgerichtet einsetzt, um die jeweilige Kompetenz zu fördern.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Jochen Gabrisch / Claudia Krüger:
Einfach führen. Wie sich
Personalentwicklung in den Alltag integrieren lässt,

Campus Verlag, Frankfurt/New York 2005,
227 Seiten, 24.90 Euro,
ISBN 3-593-37689-X
www.campus.de
© changeX [09.11.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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: Einfach führen. . Wie sich Personalentwicklung in den Alltag integrieren lässt. . Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 227 Seiten, ISBN 3-593-37689-X

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