Ungestört abhängen
Die Faultier-Strategie. Clever durch den Arbeitsalltag. Das neue Buch von Susanne Reinker.
Von Sascha Hellmann
Dass nur die Besten, Leistungsfähigsten und -willigsten im Job reüssieren, ist eine weitverbreitete Vorstellung. Falsch!, sagt eine Bestsellerautorin. Ihre Empfehlung: Wenn der Fleißige der Dumme ist, sich Arbeitsfreude zunehmend verflüchtigt und Dauerstress den Arbeitsalltag bestimmt, ist Müßiggang die geeignete Überlebensstrategie: der Lebensstil des Faultiers. / 13.03.09
Cover Susanne ReinkerArbeit erfüllt und macht glücklich. Das haben Studien belegt. Allerdings nur, wenn sie den Fähigkeiten und Interessen des Arbeiters entspricht. Glück hat also, wer unter diesen Bedingungen arbeiten kann! Doch das können leider nicht viele. Zudem herrscht noch immer die Meinung, dass nur die Besten es nach ganz oben schaffen. Nach dem Motto: Ohne Fleiß kein Preis. Doch die Arbeitswelt hat sich verändert: "Wer heutzutage im Job sein Bestes gibt, wird nur noch selten mit einer Beförderung oder wenigstens mit einem anständigen Gehalt oder einem sicheren Arbeitsplatz belohnt", schreibt Susanne Reinker in ihrem neuen Buch Die Faultier-Strategie. Clever durch den Arbeitsalltag. Für die gegenwärtigen Arbeitsszenarien, in denen der Fleißige als der Dumme erscheint, sich Arbeitsfreude immer mehr verflüchtigt und im Gegenzug von krankheitsförderndem Dauerstress ersetzt wird, hat sie eine neue Überlebensstrategie ins Auge gefasst. Verkörpert wird diese vom Faultier. Denn das lebt gemütlich und gesund nach dem Motto: "Lieber unterschätzt als überfordert." In ihrem überaus witzig geschriebenen Buch schildert die Autorin praxisnah, wie sich die Faultierstrategie im Berufsalltag erfolgreich gegen Ausbeutung, Selbstausbeutung und Überforderung einsetzen lässt. Der Fundus, aus dem die Autorin zur Umsetzung dieses verdeckten Müßiggangs schöpft, besteht nicht nur aus "Erkenntnissen der Faultierforschung": Seriös flankiert von Studien, aktuellen Trends und Karrieretheorien erschafft sie aus dem unterschätzten Faultiertypus einen mit allen Wassern gewaschenen Überlebenskünstler.

Legitime Selbstverteidigung.


Die Frage, die sich beim propagierten Nichtstun am Arbeitsplatz natürlich stellt, ist die, ob das Faultier nicht auf Kosten der Kollegen gemütlich abhängt. Hierzu grenzt die Autorin das kollegial orientierte vom "gemeinen" Faultier ab: Während letzteres seit Urzeiten "bräsig am Schreibtisch hockt", später kommt, früher geht, jede Mittagspause überzieht und sich nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht mit fremden Federn schmückt, beugt das Muster-Faultier schlicht der Ausbeutung von oben vor: "Schauspielerei im Job als legitime Selbstverteidigung: Wer nicht von vornherein so tut, als ob er überarbeitet sei, aus dem wird der Chef auch noch das letzte Quäntchen herausquetschen." Ihren Einsatz schrauben Faultiere einfach so weit herunter, bis sie das Gefühl haben, dass die Bilanz zwischen Einsatz und Entgelt wieder stimmt. Neben der damit einhergehenden "Re-Humanisierung der Arbeitswelt" sieht die Autorin darüber hinaus das Faultier als verantwortungsvoll handelnden Bürger: "Als Mitglieder der Faultierpopulation können Sie im Kollektiv Rationalisierungsmaßnahmen wenn schon nicht verhindern, so doch immerhin erheblich hinauszögern." Faultiere sichern somit Jobs, sorgen dafür, "dass der Arbeitsmarkt stabil bleibt, und unterstützen so Nachfrage, Konsum und Binnenkonjunktur". Nicht zu vergessen, dass sich die zurückgelehnte Haltung dem Vormarsch von Stresskrankheiten entgegenstemmt und somit noch nebenbei die Krankenkassen vor dem Kollaps schützt.

Vom Kraftakt zum Kalkül.


Die besondere Grundhaltung des Faultiers zur Arbeit ist allerdings Voraussetzung für eine gelungene Karriere als Müßiggänger: So gilt die Arbeit schlicht dem Broterwerb. Karrieredenken: weit gefehlt! Zudem sorgt neben der Arbeit ein ausgeklügeltes Freizeit- und Sozialprogramm für Ausgleich und seelische Gesundheit. Im Bewusstsein neuer Arbeitsweltweisheiten, dass ein gern gesehener Mitarbeiter eben nicht über seine Leistung, sondern vielmehr über Sympathie definiert wird, kann der Faultierstratege seine Haltung umstellen: vom Kraftakt zum Kalkül. Dazu gehören Schauspielerei, Cleverness, aber eben auch Fairness den Kollegen gegenüber. Denn es gilt vornehmlich den ungezügelten Druck von oben abzufedern. Bei entsprechendem Grad von Meisterschaft gelingt dies dann auch am besten aus der Hängematte.

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Susanne Reinker:
Die Faultier-Strategie.
Clever durch den Arbeitsalltag.

Econ Verlag, Berlin 2009,
224 Seiten, 16.90 Euro.
ISBN 3-430-20060-1
www.ullsteinbuchverlage.de

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: Die Faultier-Strategie. . Clever durch den Arbeitsalltag. . Econ Verlag, Berlin 2009, 224 Seiten, ISBN 3-430-20060-1

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Sascha Hellmann
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Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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