Anziehende Technik

"Wearable Electronics" und "Smart Clothes" sind keine Zukunftsmusik mehr.

Gut auszusehen reicht bald nicht mehr. Zumindest nicht bei Kleidung. In jahrelanger Arbeit hat Infineon die Grundlagentechnologie für Textilien entwickelt, in denen Chips und Leiterbahnen vielfältige Funktionen übernehmen können. Ein neuartiger Thermogenerator erzeugt den Strom für die intelligente Kleidung aus Körperwärme.

Auch Ideen weiterzuverfolgen, die erst mal verrückt klingen. Der Phantasie freien Lauf zu lassen und ganz neue Grundlagentechnologien zu entwickeln. Das ist die Aufgabe des sechsköpfigen Teams von Corporate Research, Emerging Technologies, beim Halbleiterunternehmen Infineon. Im Hinterkopf haben die Entwickler immer die Frage: Wie kann man das tägliche Leben noch bequemer gestalten? Gerade hat Infineon vorgestellt, was jüngst aus dieser Ideenschmiede hervorgegangen ist: Eine funktionierende Verbindung aus Hightech und Textilien. "Wearable Electronics", Elektronik zum Anziehen. Oder andersherum gesagt: "Smart Clothes", Kleidung, die durch ihre eingenähten oder eingewebten elektronischen Komponenten eine ganze Menge mehr kann als nur hübsch aussehen.
Kleidung bietet sich an für Experimente mit Chip-Technologie: Sie ist wie unsere zweite Haut, jeder hat sie, jeder braucht sie - fast rund um die Uhr. Kleidung verkörpert Mode und Spaß, Kleidung bedeutet aber auch Schutz und Sicherheit für seinen Träger. Diese Eigenschaften mit den technischen Möglichkeiten noch zu unterstreichen verspricht dem Nutzer einen deutlichen Mehrwert.

Elektronik, die man mitwaschen kann.


Auf der Textil-Messe Avantex Mitte Mai in Frankfurt präsentiert Infineon nun einen Prototypen dieser neuen Technologie: Einen MP3-Player, fest integriert in eine schicke Jacke. Bedient wird das Gerät über ein Tastenfeld im Ärmel, gesteuert wird es von einem eingenähten Chip. Will man den Player benutzen, steckt man einfach Akku und Speicherkarte in die im Stoff eingearbeiteten Behälter. Einige Stunden Betriebsdauer hält der gerade mal 50 Gramm schwere Akku ohne Probleme durch. Neue Musik "nachzuladen" ist auch kein Problem, man spielt sie einfach per PC auf die 64-Megabyte-Speicherkarte auf. In Kragennähe findet sich die Buchse für die Ohrhörer.
Ist die Jacke dreckig geworden, kann sie in der Maschine gewaschen und anschließend gebügelt werden wie jedes andere Kleidungsstück - das macht der robusten Elektronik nichts aus. Genauso wichtig: Die hochgerüsteten Klamotten tragen sich ebenso bequem wie gewöhnliche. Schülerinnen der Deutschen Meisterschule für Mode in München haben die Kollektion für die ersten MP3-"Wearables" entworfen, nachdem das Emerging Technologies-Team von Infineon zwei Jahre lang nach Antworten auf viele Fragen gesucht und gefunden hat: Wie verpackt man zum Beispiel Chips, damit sie wiederholtes Waschen überstehen? Wie webt man feine Drähte in Stoff ein, damit sie unspürbar und dennoch leitfähig bleiben? Wie realisiert man kleinste Tastaturen, die sich geschmeidig an den Stoff anpassen? Und wie lässt sich das alles noch mit den Methoden und Prozessen der Textilindustrie vereinen? Diese Probleme sind gelöst - jetzt können Textilhersteller und Modedesigner die neue Technologie für sich entdecken und in visionäre und innovative Produkte umsetzen. Siglinde Zisler, Direktorin der Deutschen Meisterschule für Mode in München, glaubt, dass die intelligenten Textilien sich durchsetzen könnten: "Die Kunden wollen heute Kleidung mit außergewöhnlichem Aussehen und Funktionen. Gerade deshalb nimmt der Textilmarkt Innovationen besonders schnell und begeistert auf." Allerdings darf der Zusatznutzen das Kleidungsstück nicht wesentlich teurer machen.

Neue Möglichkeiten in der Medizin.


Das Prinzip der Smart Clothes ist, dass Chips und sehr kleine Sensoren in speziellen "Gehäusen" auf die textilen Gewebe aufgebracht werden, während in den Stoff eingewebte feine Leiterbahnen für die elektrischen Verbindungen sorgen. Tastaturen, die sich für die intelligente Kleidung eignen, stellen die Entwickler aus metallisierten Folien auf einem leitenden Gewebeband her. Aber auch smarte Textilien mit Sprachsteuerung haben die Infineon-Ingenieure bereits getestet, es gibt bereits eine Variante des MP3-Players, die man mit einfachen gesprochenen Befehlen und ohne Tastendruck steuern kann.
Leitfähige Stoffe und bügelbare Kontaktfelder haben auch Potenzial in der medizinischen Technik. Der große Vorteil dabei ist, dass man die Patienten nicht mehr verkabeln muss. Sensor und Energieversorgung in einem Textilpflaster würden dem Pflegepersonal die Arbeit um einiges leichter machen; die Patienten wären weniger an Apparaturen gefesselt. Ein Arzt oder eine Einsatzstelle könnten alle wichtigen Messwerte aus der Ferne überwachen. Ideen und Visionen gibt es viele, um insbesondere Kranken, Leistungssportlern, Senioren und Eltern den Alltag zu erleichtern: Sturz-Sensoren in Kombination mit dem GSM-Netz (Global System for Mobile Communication) oder Bluetooth könnten Alarm schlagen und eine Einsatzstelle benachrichtigen, wenn hilfsbedürftige Personen auf der Straße oder im Haushalt verunglücken. Für ältere Menschen würde das ein Stück mehr Unabhängigkeit und Selbständigkeit bedeuten. Ein kombinierter GSM/GPS-Chip (Global Positioning System) im Anorak ermöglicht es besorgten Eltern vielleicht einmal, den Aufenthaltsort ihrer Sprösslinge zu orten.

Strom aus Körperwärme.


Noch sind Batterien ein leidiges Thema und allzu schnell leere Akkus ein Ärgernis für den Benutzer moderner Elektronik. Vielleicht nicht mehr lange, jedenfalls bei den Wearable Electronics, die sehr wenig Strom brauchen: Infineon hat Thermogeneratoren entwickelt, die aus Körperwärme Strom erzeugen. So liefert der Prototyp aus dem Infineon-Labor aus der Differenz zwischen der Hautoberflächen- und Außentemperatur schon jetzt genügend Leistung, um eine Digitaluhr oder einen Pulsmesser zu versorgen. Sportler könnten damit ihre Körperwerte während des Trainings kontrollieren. Auch Hörgeräte könnten möglicherweise in Zukunft so betrieben werden.
Dieser Thermogenerator, aber auch die neue Grundlagentechnologie an sich hat Infineon bereits den Avantex-Innovationspreis eingebracht, mit dem Entwicklungen im Bereich Hightech-Textilien ausgezeichnet werden. In der ganzen Branche ist man begeistert über die neuen Möglichkeiten. Doch es gehört noch mehr dazu, dass futuristische Kleider in Zukunft auch tatsächlich "Leute machen". Jede dieser Anwendungen muss ihre Praxistauglichkeit erst noch beweisen. Nur wenn die Technik hält, was sie verspricht und zudem erschwinglich wird, hat sie eine reelle Chance am Markt.

www.wearable-electronics.de
www.infineon.com

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