Den Spagat schaffen

Management im Widerstreit zwischen Geschwindigkeit und langfristigem Denken.

Von Susanne Eyrich

Der Schlüssel zu gutem Management liegt darin, Gegensätze zusammenzubringen: Globalisierung und Individualisierung, Konkurrenz und Kooperation, Geschwindigkeit und Beharrlichkeit. Ausschlaggebend ist letztlich vor allem eins: die innere Haltung.

Wer heute den Begriff Management in Form einer Geschwindigkeitsuhr verwendet, wird gerne als Klischeeträger abgestempelt, als eine Art erfolgshungriger Kannibale, der mit Höchstgeschwindigkeit durch Unternehmensetagen und Märkte fräst, der als Wirbelsturm Mitarbeiter und Kunden verbrennt, um am Schluss als Phönix der Branche zu gelten. Doch das ist Unsinn. Management ist heute eine außerordentlich komplexe Interaktion zwischen Menschen, die sich gegenseitig achten und unterstützen, um gemeinsam die Vision eines Unternehmens zu realisieren. Insofern nutzt Geschwindigkeit nur dann, wenn sie von einer kritischen Beharrlichkeit untermauert ist und von einem Moment höchster Konzentration begleitet wird. Doch was tun? Viele Überzeugungen scheinen unüberwindbare Gegensätze zu sein:

global - lokal,
Konkurrenz - Kooperation,
Technik - Kultur,
Veränderung - Stillstand,
Geschwindigkeit - Beharrlichkeit.

Genau an diesem Punkt beginnt das Management heute interessant zu werden. Es agiert im Sowohl-als-auch. Beide Seiten sind zugelassen und notwendig. Sie sind Conditio sine qua non.

Management braucht Freiräume.


Wie ernst das Problem ist, wird schnell klar, wenn man Menschen in Flugzeugen und ICEs beobachtet. Sie sind gehetzt, jagen von Termin zu Termin. Sie fragen sich ständig: Wie kann ich mich noch schneller bewegen und noch mehr Dinge in immer kürzerer Zeit tun? Alles muss auf die Minute klappen. Jede Störung, jede Verzögerung ist bedrohlich. Der Tag ist genau definiert und vorberechnet. Arbeitsmodul reiht sich an Arbeitsmodul. Freiräume für Entscheidungen auf Momentaufnahmen gibt es nicht. Dieser Mensch bewegt sich zwar schnell, ist aber kein echter Manager. Das Ergebnis: ausgelaugte Führungskräfte - chronisch müde, ohne die Möglichkeit, nach rechts und nach links zu schauen und damit neue, aus heutiger Sicht sicher unkonventionelle Entscheidungen zu treffen. Und zu erschöpft, um noch mit wachen Augen und schnellen Entscheidungen auf die Geschwindigkeit der Märkte und der Unternehmen reagieren zu können.

Eine Frage der Haltung.


Management heute berücksichtigt beide Seiten der Medaille und hat die optimale Entfaltung möglichst vieler Kräfte zum Ziel. Fähigkeiten, Fertigkeiten, Know-how, Wissen, emotionale Intelligenz, Zähigkeit und Ausdauer sind einige. Es geht um die Wachheit und um das Wachsein, auf sich und auf andere zu achten und damit in den globalen "Turbomärkten" erfolgreich zu sein. Es ist eine Frage der Haltung, und keine Frage der Geschwindigkeit. Nur wer beharrlich ist, wird am Schluss auch schnell sein.
Zehn Grundsätze des Managements:

  1. Wir produzieren Technik, die das Leben voranbringt.
  2. Wir handeln als Unternehmer.
  3. Wir verändern uns und das Unternehmen kontinuierlich.
  4. Wir übernehmen Verantwortung.
  5. Wir sind aufeinander angewiesen und kooperieren.
  6. Wir führen Menschen zusammen zu einem Ziel.
  7. Wir arbeiten zusammen und überwinden Grenzen.
  8. Wir respektieren den Einzelnen.
  9. Wir stärken den Einzelnen.
  10. Wir fördern Talente und ermöglichen Spitzenleistungen.

Was dahinter steckt, scheint auf den ersten Blick ziemlich einfach zu sein. Wir wollen - und brauchen - viel, nämlich Globalisierung und Individualisierung in einem Atemzug. Die Produkte von Infineon finden einerseits Absatz und Anwendung in der ganzen Welt, die Mitarbeiter und unsere Kunden verbessern und achten auf sich andererseits an Ort und Stelle. Hier zeigt sich das wahre Machtpotenzial scheinbarer Gegensätze. Nicht das Entweder-oder, sondern das Sowohl-als-auch definiert die globalisierte Wirtschaft. Global produzieren und wirtschaften, lokal auf den Kunden eingehen, individuell sich und die Mitwelt verbessern. Doch wundern Sie sich nicht: Wer so redet, bezieht heute in der Regel viele Prügel. Gewünscht ist - auch, um dem Bedürfnis nach Stabilität nachgeben zu können - deshalb eines nach dem anderen. Zuerst die Globalisierung, dann die Individualisierung. Doch Globalisierung und Individualisierung laufen synchron ab. Und werden gerne als Übel in der Gesellschaft gebrandmarkt. Und der Wandel, den wir zur Zeit erleben, läuft ebenso synchron ab.

New Leadership.


Führungskräfte müssen deshalb in der Lage sein, jenseits der allseits bekannten Strukturen zu blicken. Nach innen und nach außen. Überdies eine persönlich erarbeitete Autorität ausstrahlen und die Wissensströme auf sich bündeln. Diese drei Voraussetzungen sind unabdingbar, um Mitarbeiter zu überzeugen. Man muss in der Lage sein, Wissen und Macht mit anderen zu teilen, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Das zeichnet einen echten "Leader" aus. Diejenigen brauchen im Unternehmen einen weiter gehenden Einfluss, die

  • offen, transparent und klar kommunizieren,
  • den Anforderungen der Märkte und Kunden nachspüren,
  • sich selbst professionalisieren und nie aufhören, sich zu verbessern,
  • die Mitarbeiter und Kollegen motivieren, indem sie ihnen Respekt entgegenbringen.

Im Idealfall entwickelt sich daraus eine Atmosphäre, die jedem das Gefühl gibt, zu einer Elite zu gehören. Mit den nötigen Freiräumen, nachzudenken, und die Ergebnisse einzubringen. Aber es muss auch einen echten Wettbewerb innerhalb des Unternehmens geben. Ergebnisse und Prozesse befinden sich in dauerhafter Konkurrenz - immer und überall. Und wem es nicht gelingt, schnell und flexibel auf die Bedürfnisse der Märkte und Kunden zu reagieren, ist sowieso nicht überlebensfähig.
Auch hier zeigt sich wieder die tiefere Logik von Management heute. Wettbewerb annehmen, die besten Lösungen anstreben, möglichst schnell umsetzen ist die eine Seite. Eine freundliche Atmosphäre selbstbewusster, freiheitsliebender Manager und Mitarbeiter ist die unmittelbare andere Seite der Medaille. Beide gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Eine starke Individualisierung führt deshalb zu Spitzenleistungen.

Dem Wandel immer einen Schritt voraus sein.


Diese Vernetzung der Menschen findet schließlich Ausdruck in der Unternehmenskultur. Sie ist der Handlungsrahmen und muss jeden Tag neu erarbeitet und vielleicht auch ein Stück erkämpft werden. Hier zeigt sich, dass die Firma zwar alles ist, aber nur der Einzelne wirklich zählt. Unternehmenskultur könnte man wie folgt definieren:

  • gemeinsame Werte,
  • Mut, Zuversicht,
  • Selbstverantwortung,
  • Empowerment,
  • Respekt,
  • Vertrauen,
  • Offenheit,
  • freie Kommunikation.

Nur mit einer solchen Unternehmenskultur ist man bereit, die ständig neuen Herausforderungen des Marktes anzunehmen. Der Wandel ist nicht mehr zu stoppen. Abwarten und aussitzen bringt in dieser Situation niemanden weiter. Aufbrechen, schnell sein, Haltung zeigen und dem Wandel immer einen Schritt voraus sein - trotz scheinbarer Siege alter Eliten, trotz vorüberziehender Konjunktur- und Wirtschaftskrisen. Denn notwendig ist heute ein Management, das auf lange Sicht plant, aber schnell wie ein Gepard ist. Räsonierend auf lange Sicht, aber zupackend. Wir sind schnell unterwegs, aber gelassen, gelöst und konzentriert im täglichen Umgang mit Freunden, Kollegen und Kunden. Wir sind rund um den Globus unterwegs und achten auf uns und unsere Mitwelt. Wenn man also dieses Management richtig buchstabiert und es nicht in der Immer-schneller-höher-weiter-Ecke zurücklässt, erhält man das richtige Ideen-Rüstzeug.

Susanne Eyrich ist Senior Manager Public Affairs bei der Infineon Technologies AG.

www.infineon.com
www.campeon.de

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