Hör mir zu!

Seminarbericht: Kommunikation als zentrale Ressource im Management.

In manchen Kommunikationsseminaren lernt man das Reden. Rhetorik hier, Rhetorik da. Doch zur Kommunikation gehören immer mindestens zwei. Und derjenige, der zuhört, kann den Verlauf des Gesprächs mindestens genauso beeinflussen wie derjenige, der spricht.

Josef H. kämpft. Sein Publikum benimmt sich schrecklich. Mal steht einer während seines Kurzvortrags auf, um sich etwas zu Trinken zu holen, dann unterhalten sich zwei Teilnehmer untereinander oder ein Handy klingelt. Josef H. müht sich tapfer, die Zuhörer zur Raison zu bringen. Er versucht, Regeln zu vereinbaren, spricht sofort an, was er als eigenartiges Verhalten empfindet. Dass er keine Chance hatte, erfährt er erst, als der Dozent das Ende der Übung ausruft: Die Teilnehmer hatten die Anweisung, ein sehr unterschiedliches Publikum zu simulieren - beim ersten Vortragenden ein interessiertes, aber stilles, beim zweiten Referenten ein interessiertes, das jede Menge Fragen stellt, und dann bei Josef H. ein ungezogenes.
Amüsiert vergleichen die Teilnehmer ihre Eindrücke. Wie ist Josef H. mit der Situation umgegangen? Mit welchen Strategien hätte man dieses Publikum in den Griff bekommen können? Deutlich wird dabei, welch wichtige Rolle die Zuhörer spielen. Und genau das war auch das Anliegen der beiden Dozenten, dem Kommunikationswissenschaftler Professor Walter Schmitz von der Universität Essen und Dr. Guido Wolf, Leiter des Beratungsunternehmens conex. Sie wollen den Teilnehmern ganzheitliche Kommunikationsstrategien vermitteln.

Gekonnt Zuhören.


Das gekonnte aktive Zuhören und das "hörerorientierte Sprechen" haben beim dreitägigen Seminar "Kommunikation als zentrale Ressource im Management" (RESKO) von Siemens Business Services, Training and Services, einen hohen Stellenwert. Denn Hören und Verstehen sind gelebte Mitarbeiter- und Kundenorientierung. Wer spricht, der muss sich voll auf seinen Kommunikationspartner einstellen. Schließlich will er, dass der Hörer ihn versteht, er will ihn überzeugen und dazu bringen, in seinem Sinne zu handeln. Doch das ist nicht alles. Zu einem großen Teil ist es der Hörer, der das Gespräch steuert. Das können die Teilnehmer gleich selbst testen. Indem sie ganz gezielt die Regeln guten Kommunikationsverhaltens durchbrechen und beobachten, was passiert. Verblüfft stellt Stefan E. beim Ausprobieren in seiner Dreiergruppe fest: "Das ging ja schnell! Ich habe absichtlich nicht zugehört und das auch gezeigt, und zack! - hast du dich deinem Sitznachbarn zugewandt." Für Schmitz nicht überraschend: "Wir sprechen nicht, um gehört zu werden, sondern wir sprechen, weil wir gehört werden."
Es sind Walter Schmitz' neueste eigene Forschungsergebnisse zur Rolle des Hörers, die das Seminar speisen. "Wir wollten auf einer soliden wissenschaftlichen Basis ein Kommunikationsseminar konzipieren und darin grundlegende Ideen vereinfacht und sehr konkret vermitteln", erklärt Schmitz. Neben dem theoretischen Rüstzeug dafür, die unterschiedlichen Kommunikationssituationen zu analysieren und zu verstehen, stehen vor allem zahlreiche Übungen auf dem Programm, die Alltagssituationen der Teilnehmer aufgreifen. Denn die Referenten wissen: Nur wenn der Bezug zur täglichen Arbeit da ist, immer wieder Fragen aus der eigenen Praxis aufgegriffen werden, kann das Gelernte nach der Rückkehr rasch bei den eigenen täglichen Managementaufgaben eingesetzt und damit verankert werden. Die Praxisorientierung ist einer der Gründe, warum RESKO schon seit einem Jahr erfolgreich läuft.

Führung ist Kommunikation.


Die Männer und Frauen, die im Kreis sitzen und mit ruhiger Neugier auf Schmitz' und Wolfs Worte lauschen, haben in ihrem Berufsalltag gemerkt, dass Führungskräfte rund 90 Prozent ihrer Zeit mit Kommunikation verbringen. Deshalb sind sie hier. Sie wollen ihre Stärken und Schwächen bei der Kommunikation kennen lernen, wollen bessere Strategien erproben. Schon am ersten Tag können sie das versuchen. Ran ans Flipchart! Es gilt, Beispiele gelungener oder misslungener Kommunikation aus dem eigenen Berufsalltag zusammenzutragen und daraus Kriterien zu erarbeiten. Stolz präsentieren die Gruppensprecher später, was sie herausgefunden haben.
Doch richtig spannend wird's dann am nächsten Tag, bei den Videoaufzeichnungen. Auf dem Programm steht das hörerorientierte Sprechen. In den Sitzecken haben sich wieder kleine Teams zusammengefunden, sie nehmen einen Text von Heinrich von Kleist förmlich auseinander. Meine Güte, wie soll man denn aus der Kommunikationsmethode, die Kleist in literarisch hochfein gedrechselten Worten schildert, einen fünfminütigen Vortrag für unterschiedliche Zielgruppen machen, für Laien und für Fachleute? Lachend beschließt die eine Gruppe, für ihre Fachleute aus dem Kleist-Text den neuen Management-Trend "Kleisting" zu machen. Nina H. soll den Vortrag halten. Sie ist nervös, bei den ersten Sätzen stockt sie, dann wird's flüssiger. Höreransprache und Gestik waren auch gut, urteilen die Teilnehmer später bei der Feedbackrunde. Auf dem Video zeigt sich aber noch einmal, dass Vortrag und Folien nicht richtig synchronisiert waren. Aber gut war's trotzdem, mit Applaus wird nicht gespart.

Nachbereitung und Peer Coaching.


Die Krönung sind dann am letzten Tag die komplexen Kommunikationsübungen: Konflikte im Team lösen und zu einem Konsens kommen, Mitarbeitergespräche führen, kooperieren, Wissen weitergeben (ohne dass die Informationen verfälscht werden), Entscheidungen vermitteln und begründen. Jeder der Teilnehmer darf sich auf die Probe stellen, darf seine Erkenntnisse aus den ersten beiden Tagen umsetzen. Jede Übung wird ausführlich analysiert und besprochen.
Als das Seminar ausklingt, sind sich alle einig: Das hat wirklich etwas gebracht. "Mir ist zum ersten Mal klar geworden, wie wichtig das Hören und die Rolle des Hörers sind. Ich werde das nun auch öfter in der Praxis anwenden", meint Ralf-Jürgen F. Und Michael K. lobt: "Man wird sich Dingen bewusst, die einem vorher nicht bewusst waren." Andere loben die Ausgewogenheit von Theorie und Praxis, und Claudia M. lächelt: "Bei der Gruppenarbeit ist die Zeit wirklich verflogen, das hat richtig Spaß gemacht!"
Verblüfft sind am Schluss alle vom Angebot der Dozenten, mit jedem Teilnehmer eine einstündige telefonische Nachbereitung zu machen und dabei zu besprechen, welche Kommunikations-Erfahrungen sie nach der Rückkehr aus dem Seminar im Berufsalltag gemacht haben. "Kostenlos?", fragt so mancher skeptisch. Ja, kostenlos! Einige Teilnehmer vereinbaren gleich Termine, andere finden sich auf Anregung von Schmitz und Wolf zu kleinen Teams zusammen, die sich nach dem Seminar gegenseitig coachen und ihre Fortschritte gemeinsam besprechen wollen. Denn eins haben sich alle vorgenommen: Was sie in diesem Seminar gelernt haben, soll im Alltagstrott nicht wieder in Vergessenheit geraten!

Kontakt:
Helge Forster
helge.forster@siemens.com
Das nächste Seminar findet am 25. - 27. Februar in Feldafing bei München statt.
Informationen und Anmeldung unter www.siemens.com/learning.

© changeX Partnerforum [11.02.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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