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Smart mit Komponenten

Smarte Experten denken anders
Von Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg

Das klassische Bild des Unternehmens, die alte Industriedenke, verstellt den Blick auf neue Unternehmensmodelle. Gerade auf dem Feld der Wissensarbeit, wo die sprunghaft gestiegene Zahl von Onlinekomponenten einen Trend zu modular aufgebauten Expertengeschäftsmodellen begründet. Damit verändert sich nicht nur die Art des Arbeitens, sondern die Rolle des Experten dazu. Die Auftragsrichtung kehrt sich um: Aus Experten auf Abruf, die Aufträge abarbeiten, werden Anbieter selbst konfigurierter Leistungen. Aus Freischaffenden strategisch vorausdenkende Unternehmer: Smarte Experten, die gekonnt virtuelle Workflows nutzen.

Sind Sie Experte? Sind Sie dann auch Unternehmer? Unsicher? Dann lohnt es sich, darüber nachzudenken. Denn Experten können sich sehr unterschiedlich aufstellen. Der Trend geht zu modular aufgebauten Expertengeschäftsmodellen. Die aber unterscheiden sich grundlegend von klassischen Konzepten. Und vom klassischen Bild des Unternehmers.


Die Industriedenke blockiert die Sicht auf den Expertentrend


Deutschland hat ein einseitiges Unternehmerbild. Deutschland steht mit Schlagworten wie Industrie 4.0 in einer Denkwelt, in der Unternehmer nach wie vor diejenigen sind, die Fabriken dirigieren - und heute eben Fabriken voller Roboter mit digitalen Datenautobahnen vernetzen. In diesen werden dann selbstfahrende Autos und fliegende Drohnentaxis gebaut. Unternehmen, das sind die VWs, Teslas und die anderen "Großen" dieser Welt. 

Wenn Sie neue Trends sehen wollen, ist es sinnvoll, alte Bilder zu hinterfragen. Gerade wenn Sie Expertin oder Experte sind, lohnt es sich, zu fragen: Was ist für Sie ein Unternehmer? Das "Fabrik"-Bild zum Beispiel stammt aus der klassischen Industriedenke. Es sagt: Unternehmer sind meist Männer, fahren Mercedes, haben große Firmengebäude mit vielen Angestellten. Die meisten herkömmlichen Unternehmerrollen sind stationär. Sie brauchen "unternehmerisch" ein Gebäude oder Produktionsanlagen oder ein Ladengeschäft.
 

Die klassische Sichtweise eines Unternehmers: 

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Aber alte Rollenbilder versperren die Sicht darauf, dass viele Unternehmen in Zukunft smart und wendig sein werden. Und viele dieser neuen, schlanken Unternehmerinnen und Unternehmer werden Expertinnen und Experten sein. Also Personen, deren Wertschöpfung vor allem in ihrem Kopf stattfindet und bei denen die Auslieferung von Inhalten verstärkt oder ganz online erfolgt. 

Kurz gesagt: Die Industriedenke blockiert die Sicht auf den Expertentrend.


Der Trend zum smarten Experten


In den letzten Jahren wächst die Anzahl der Selbständigen, die ihr Wissen digital vermarkten. Möglich wurde das durch eine große Welle von Onlinekomponenten von A wie Amazon bis Z wie Zoom. Gleich ob Onlinekurse über Teachable, Verkauf digitaler Produkte über Elopage oder automatische Audiopostproduktion über Auphonic, Content Producer haben mit unzähligen gut entwickelten Tools und Plattformen die Nase vorne. Allenfalls die Onlinehändler können mit ähnlich ausgereiften Plattformen punkten. Contentproduktion, Vermarktung bis hin zu strukturierten Coaching- oder Beratungsformaten, all das lässt sich bewerkstelligen, ohne eine einzige Zeile Code selbst zu programmieren. Eine Folge dieser neuen Komponenten: Der eigene Standort, das "Büro", wird immer nebensächlicher. Wichtiger werden digitale Prozesse, von denen immer mehr in die Cloud wandern. Die letzten zwei Jahre haben wir uns für unser neues Buch Die Zeit der smarten Experten sehr intensiv mit diesen neuen Expertengeschäftskonzepten auseinandergesetzt, die durch diesen Komponentensprung möglich werden. 

Wie sind Experten produktiv? Wenn man sich die Arbeit von Experten aller Art ansieht, dann gibt es zwei wichtige Bereiche: (A) Wie ist man produktiv (was leistet man)? (B) Wie verkauft man seine Arbeit (das Marketing)? Und hier unterscheiden sich klassische Experten stark von neuen, modularen Geschäftskonzepten.
 

Die klassische Sichtweise eines Expertenberufs: 

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Wer an eine Selbständigkeit als "Expertin" oder "Experte" denkt, dem fallen meist zuerst klassische Arbeitsmuster ein. Als Berater Projekte annehmen - und dafür dann eine Rechnung stellen. Als Coach mit Klienten in Einzelsitzungen arbeiten - und dafür dann eine Rechnung stellen. Als Spezialist einen Auftrag annehmen - und dafür dann eine Rechnung stellen. 

Der Owner des Auftrags, des Projekts, ist hier der Kunde. Die Ausschreibung kommt vom Kunden, die Steuerung der Details erfolgt durch den Kunden, und auch der Zeitplan wird vom Kunden bestimmt. Der Experte ist also für den Kunden produktiv - nicht für sich selbst - und stellt sich individuell auf diesen Kunden ein. Das Marketing ist meist "Visitenkarten-Marketing" und Weiterempfehlung. Digitale Tools werden genutzt, um in der individuellen Arbeit für den Kunden besser erreichbar zu sein.
 

Über neue Softwarekomponenten zur neuen Geschäftspraxis: 

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Smarte Experten denken anders. Sie nutzen ihre Produktivität, um eigene Produkte zu schaffen. Sie gehen bei der Infrastruktur digital eine Etage nach oben und nutzen "moderne" Komponenten, um eigene Angebote so aufzubauen, dass sich die Auftragsrichtung dreht. Das ist eine gewaltige Verschiebung hin zum eigenen Entrepreneurship. 

Smarte Experten bieten Wissens- oder Serviceprodukte mit standardisierten Prozessen. Das fängt beim altbekannten Buch an und geht bis hin zu komplexen digitalen gemischten Lern- und Projektumgebungen. Damit setzt eine Skalierung ein, die in einem klassischen Auftragsverhältnis nicht gelingen kann. Smarte Expertinnen und Experten standardisieren bestimmte Muster oder überführen Wissen in Kurse, Publikationen und strukturiere Formate. Bei strukturierten Formaten werden Content und "productized" Services so zusammengepackt, dass Kunden spezifische Beratungsleistungen per Knopfdruck buchen können. Aus der Kette einzelner Jobs wird ein Portfolio von buchbaren Angeboten.


Mindshift im Denken


Es geht also nicht nur um eine neue Infrastruktur durch Komponenten. Es geht um einen Mindshift. Wer Slack nutzt, ist deshalb noch kein smarter Experte mit eigenen digitalen Produkten. Aber er könnte es sein. So wäre es möglich, feste Beratungsformate über ein Ticketsystem zu verkaufen und die anschließende Durchführung auf Slack in festen Time Slots zu automatisieren. Wenn dann noch anstelle von Einzelmandaten mit Gruppen gearbeitet wird, hat der Experte die Auftragshoheit gedreht. Die Kunden folgen seinem Angebot, nicht mehr er der Zeitvorgabe der Kunden. Diese Veränderung des Arbeitsmusters ist an vielen Stellen über Publikationen, eigene Kursformate und strukturierte Beratungsformate möglich. Aber dazu braucht man einen unternehmerischen Willen. Eine andere Haltung, als "Experte auf Abruf" zu sein. 

Wenn wir auf Kongressen wie dem Entrepreneurship Summit über smarte Expertenmodelle sprechen, geht es uns um diesen Mindshift im Denken: Es geht um eine "Umkehrung der Auftragsrichtung". Hin zum selbstbestimmten Arbeiten. Hin zu New Work beziehungsweise Smart Work. 

Smarte Experten denken anders und verhalten sich anders. Sie sind nicht mehr die klassischen "Freischaffenden", die einen Auftrag nach dem anderen bearbeiten. Sie sind tatsächlich strategisch vorausdenkende Unternehmer. Sie investieren eine gehörige Portion Zeit in die Aufstellung der eigenen technischen Systeme. So gesehen gibt es doch eine kleine Ähnlichkeit zu den am Anfang genannten Fabrikbesitzern. Klassische Unternehmen bauen klassische Produktionslinien auf, smarte Experten virtuelle Workflows.


Das Feld der neuen Experten ist breit


Die neuen Expertenunternehmer haben eine breite Palette an Themen. Wir finden unter den smarten Experten eine ganze Reihe von Fachleuten, die neue Standards (Frameworks) setzen und mit eigenem, smartem Content klassische Aufgabenstellungen lösen bis hinein in Lifestyle- oder Persönlichkeitsthemen. Das Spektrum reicht vom Foodblogger, der gleichzeitig Kochbücher publiziert, bis hin zur Change-Management-Beraterin, die nicht mehr für Einzeltermine zur Verfügung steht, sondern nur noch bestimmte "productized" Kursformate anbietet. Das Spektrum ist breit, aber es gibt eine Gemeinsamkeit: Diese neuen Experten sind keine Freelancer oder freischaffenden Berater mehr, es sind smarte Unternehmen mit eigenen Marken und Produktstrategien. Häufig Solopreneure, aber durchaus mit Wachstumsoptionen. Wir haben mehr als einen smarten Experten kennengelernt, der in Spitzenzeiten Teams mit bis zu 20 Personen bewegt. 

Wir beobachten das Anwachsen der Expertenmodelle seit einiger Zeit. Aber viele sehen solche Konzepte nicht als wirkliche "Unternehmen". Das liegt an den genannten alten Vorstellungen. An der Sprachlosigkeit der Businesswelt. Es mag aber auch daran liegen, dass Online-Marketer an jeder Ecke wilde Träume unter dem Label "Lifestyle Business" anbieten. Der Einstieg in Content-Geschäftsmodelle wird häufig nur auf der Ebene "Baue dir einen Conversion Funnel" abgehandelt. 

Dieser amerikanischen Sichtweise, die auf den reinen Marketing-Aspekt reduziert, wollten wir eine echte Geschäftsmodellsystematik entgegenstellen. Von daher untersuchten wir zwei Jahre lang Geschäftskonzepte von smarten Experten und Expertinnen aus allen Branchen.


Weg von Etiketten hin zu strategischen Businessmodellen


Unsere Sortierung erfolgte mithilfe unserer Produkt-Treppe®, einem Business-Modelling-Tool, das in der Zusammenarbeit mit Solopreneuren entstand, um Produktportfolios schneller strategisch skizzieren zu können. Die Sichtweise auf die Angebote nimmt die alleinige Fixierung von den genutzten Kanälen. Die Reduktion auf Etiketten wie "Blogger" oder "Podcaster" ist so gut wie immer irreführend, weil damit nur ein Reichweitenkanal angesprochen, aber nichts über das eigentliche Geschäftskonzept ausgesagt wird. Es gilt: Weg von Etiketten hin zu strategischen Businessmodellen. 

Wenn wir Expertengeschäftsmodelle daraufhin abklopfen, wie smart sie sind, fragen wir nach den tragenden Produkten beziehungsweise Angebotswelten, mit denen die Kunden erreicht werden. Fünf große smarte Content-Expertengassen identifizieren wir dabei:

  • Die Serienautoren: Geschäftsmodell rund um Publikationen

  • Die Sender: Geschäftsmodell rund um einen starken Sendekanal

  • Die Redner: Geschäftsmodell über eine Reihe von Events

  • Die Programmgestalter: Geschäftsmodell über ein didaktisches Programm

  • Die Community Builder: Geschäftsmodell rund um eine Community

Dazu kommen die strukturierten Services. Diese Typen können kombiniert werden und zeigen mehr als genug Geschäftsmodellmuster, um neue Expertenunternehmen zu denken und zu gestalten.


Im Frühling der digitalen Transformation


Wer als Expertin oder Experte unterwegs ist, kann heute zwischen verschiedenen Aufstellungen wählen. Nach wie vor sind klassische Experten im normalen Auftragsmodus in der Überzahl. Aber wir sehen ein Anwachsen von unternehmerischen Expertenmodellen. In unserem Buch haben wir eine Systematik über die neuen Geschäftsmodelle gelegt, um klassischen Beratern oder Fachleuten Mut zu machen, anders zu denken und sich als Wissens-Entrepreneur zu etablieren. Dafür braucht es nur einen Schuss Willen, systemischer zu denken und sich an neue Komponenten heranzuwagen. Die Frage ist: Wie unternehmerisch wollen Sie als Experte sein? 

Diese neuen smarten Geschäftskonzepte werden in der Diskussion um neue Unternehmen oft übersehen. Und es wird so getan, als ob sie strategisch nicht anspruchsvoll wären. Weit gefehlt, können wir da nur sagen. Die meisten Gründungen erfolgen nach unserer Beobachtung in diesem Segment. Und in Zukunft werden wir immer mehr Firmen haben, die nur noch wenig mit dem alten Bild eines Unternehmens zu tun haben. Wir stehen jetzt schon in einer smarten Expertenblüte. Von Onlinekursen über Blogs, Podcasts, Selfpublishing bis hin zu strukturierten Beratungsangeboten. Experten stehen bereits jetzt im Frühling der digitalen Transformation. Oder anders ausgesprochen: Wir leben in der Zeit der smarten Experten. 


Zitate


"Der Trend geht zu modular aufgebauten Expertengeschäftsmodellen." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Deutschland hat ein einseitiges Unternehmerbild." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Alte Rollenbilder versperren die Sicht darauf, dass viele Unternehmen in Zukunft smart und wendig sein werden." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Die Industriedenke blockiert die Sicht auf den Expertentrend." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Der eigene Standort, das ‚Büro‘, wird immer nebensächlicher. Wichtiger werden digitale Prozesse, von denen immer mehr in die Cloud wandern." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Smarte Experten denken anders." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"In Zukunft werden wir immer mehr Firmen haben, die nur noch wenig mit dem alten Bild eines Unternehmens zu tun haben." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

"Experten stehen bereits jetzt im Frühling der digitalen Transformation." Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg: Smart mit Komponenten

 

changeX 05.10.2018. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Quellenangaben

Zum Buch

: Die Zeit der smarten Experten. Finden Sie das Thema, das Ihr Leben verändert. Smart Business Concepts, Jesteburg 2018, 256 Seiten, 26.90 Euro, ISBN 978-3-943895-79-7

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Autor

Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg
Conta Gromberg

Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg sind ein Solopreneur-Ehepaar. Sie verfügen über 25 Jahre unternehmerischer Erfahrung und haben vier eigene GmbHs gegründet. Sie sind die Initiatoren der Solopreneur Days, bekennende Homeoffice-Fans, coachen Solopreneure und bekannte digitale Nomaden und sind als Business Angels tätig. Sie leben im Süden von Hamburg und interessieren sich für alle Formen von smarten Geschäftsmodellen. Nach ihren beiden Büchern Solopreneur und Smart Business Concepts ist im Herbst 2018 ihr neues Buch Die Zeit der smarten Experten erschienen.

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