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Wenn‘s nervt

Über den Umgang mit Nervensägen.
Text: Gitte Härter

Sie stören die Zusammenarbeit. Nerven mit unangenehmen Gesprächen. Lassen sich nicht abwimmeln. Wie geht man mit Menschen um, die die gemeinsame Arbeit torpedieren? Gitte Härter hat die wichtigsten Tipps für den Umgang mit Nervensägen zusammengestellt.

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Sie fühlen sich bedrängt, sind überzeugt davon, es mit einem Idioten zu tun zu haben, oder Ihr Gegenüber langweilt Sie endlos: Immer wieder werden Sie mit Gesprächen konfrontiert, die Sie als unangenehm empfinden und bei denen Sie am liebsten das Weite suchen möchten. Nervige Gespräche aber wird es immer geben. Was also tun? 

Daher gibt es drei Ziele:
Aktiv werden. Das heißt, niemals Dinge über sich ergehen zu lassen. Wenn Sie nicht danach handeln, was Ihnen guttut, vergeuden Sie Lebenszeit. Im schlechtesten Fall züchten Sie sich ein Magengeschwür, mindern Ihr Selbstwertgefühl oder überwerfen sich mit anderen.
Sich unabhängig machen. Das bedeutet: Ihre Handlungsfähigkeit zu bewahren, damit Ihre Emotionen und Reaktionen nicht vom Verhalten anderer abhängig sind.
Souverän und eindeutig (re)agieren. Wie ich schon betont habe, geht es darum, dass Sie auf gute Weise parieren. Indem Sie ein Gespräch lenken, klar sagen, wenn Ihnen etwas nicht passt, oder sich geschickt aus der Situation „stehlen“.


Die fünf wichtigsten Tipps zum souveränen Umgang mit anderen


1. Perspektivwechsel
Versetzen Sie sich in das Gegenüber. Dabei ist nicht maßgeblich, ob Ihre Annahmen dazu wirklich 100-prozentig zutreffend sind, sondern dass Sie die Situation des anderen nachvollziehen können. Damit schaffen Sie die Grundlage dafür, konstruktiv zu reagieren. Beispiel: Wenn die Kollegin ständig jammert, wie viel Arbeit sie hat, kann das bedeuten, dass sie aufmerksamkeitssüchtig ist, es kann aber auch einfach ein Hilferuf bei tatsächlicher Überforderung sein.
Der Perspektivwechsel bedeutet keineswegs, dass alles hingenommen oder wegerklärt werden soll. Es geht darum, dass Sie sich einen sachlichen Blick bewahren.  

2. Keine Unterstellungen oder (innere) Beleidigungen
Trennen Sie Annahmen von Fakten. „Bestimmt macht er/sie das, weil ...“ „Das ist ja ein Dummschwätzer!“ Sehr häufig sind wir recht ungnädig, wenn wir genervt sind. Es ist ein menschliches Ventil, jemanden mit Schimpfwörtern zu betiteln oder meisten nicht sehr schmeichelhafte Vermutungen anzustellen, warum der andere sich auf genau diese Weise benimmt.
Gehen Sie respektvoll mit anderen um. Mir hilft in schwierigen Situationen der Spruch „Was du nicht willst, dass man dir tu ...“. Ich möchte nicht, dass man über mich spekuliert oder beleidigend über mich denkt. Also halte ich mich in der Pflicht, das selbst ebenfalls nicht zu tun. Ertappe ich mich dabei, korrigiere ich mich.  

3. Eine hilfreiche Einstellung
Bitte vergessen Sie Sprüche wie „Wenn du Krieg haben willst, sollst du Krieg haben“ und „Wie es in den Wald hineinruft, schallt es heraus“. Es ist nicht hilfreich, Ihr eigenes Verhalten von Ihrem Gegenüber abhängig zu machen.
Auch nicht, wenn Sie es mit Härtefällen zu tun haben, also etwa mit wirklich sehr unangenehmen, aufdringlichen oder beleidigenden Menschen.
Das bedeutet nicht, dass Sie klein beigeben oder gar „die andere Wange hinhalten“ sollen, wenn Ihnen jemand ganz dumm kommt. Sich emotional zusätzlich aufzuputschen und sich damit einen Freibrief für Unsachlichkeit auszustellen, schadet Ihnen aber mehr, als es nutzt. Denn es verhindert Souveränität.  

4. Klartext reden – und zwar zu der Person, die es betrifft
Vergessen Sie bitte auch Andeutungen und Durch-die-Blume-Signale. Auch demonstratives Ignorieren oder sarkastische Bemerkungen sind nicht von Erfolg gekrönt – abgesehen davon, dass Sie damit Ihrem Anspruch, respektvoll und sachlich zu bleiben, gegenlaufen. Hoffen Sie nie darauf, dass der andere „es schon merken wird“, sondern sprechen Sie es offen an: Sie sagen unmissverständlich, aber auf konstruktive Weise, was Sie nervt oder wo Sie bestimmte Grenzen haben.
Jeder Mensch, den ich bisher getroffen habe – beruflich und privat –, wünschte sich, dass andere das direkte Gespräch suchen, wenn ihnen etwas nicht passt, und nicht etwa innerlichen Groll hegen oder sich gar bei Dritten beklagen. Bestimmt gehören Sie auch zu diesen Leuten, oder? 

5. Aktiv die Führung übernehmen Wann immer uns eine Situation nervt, neigen wir sehr stark dazu, anderen die Führung zu überlassen – etwa, indem wir auf Durchzug schalten oder uns sagen: „Der ist halt so. Menschen ändern sich nicht“ oder „Mit dem kann man nicht reden.“
Je passiver Sie etwas über sich ergehen lassen, desto nachteiliger: Für Sie, weil Sie sich weiterhin einer nervigen Sache aussetzen. Für die Beziehung, weil selbst die beste Freundschaft untergraben wird, wenn etwas Nerviges unausgesprochen bleibt. Und für den anderen, der vielleicht gar nicht weiß, dass er Sie (oder auch andere Menschen) mit seiner Art nervt.
Behalten Sie immer die Gesprächsführung oder holen Sie sie zurück, wenn Ihnen ein Gespräch auf den Geist geht.
 


changeX 18.06.2010. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Nerv nicht!. Über den Umgang mit Nervensägen, Rechthabern, Langweilern & Co.. GABAL Verlag, Offenbach 2010, 171 Seiten, ISBN 978-3-86936-064-5

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Autorin

Gitte Härter

Gitte Härter arbeitet seit über zehn Jahren als Coach und Trainerin. Sie ist Mitinhaberin des Unternehmens objektiv und der Internetplattform unternehmenskick.de.

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