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Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Es geht darum, uns alle mit Fragen zu bewaffnen und nicht mit Antworten auszustatten" - ein Gespräch mit Dirk Baecker

Digitalisierung ist das Feld der schnellen Antworten. Und so gibt es auf die Frage, was Digitalisierung denn sei, schon x unterschiedliche Antworten, bevor die Frage überhaupt richtig gestellt ist. Was ist das Digitale? Was ist eigentlich das Neue? Warum ist der Computer mehr als ein Instrument? Hilft es weiter, das Digitale als Kommunikationsmedium zu verstehen, nicht bloß als Möglichkeit der Übertragung und Speicherung von Daten? Stellt man Fragen wie diese, tut sich Unschärfe auf. Unscharf sind schon die Fragen, mehr noch die Antworten. Und es zeigt sich: Die Unschärfe, die Uneindeutigkeit, ist ganz wesentlicher Bestandteil unserer Interpretation dieser Welt. Ein Gespräch mit vielen Fragen.

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Was bedeutet eigentlich Digitalisierung? Was macht sie aus? Und wann hat es damit angefangen? In seinem Buch 4.0, oder Die Lücke die der Rechner lässt beschreibt der Soziologe Dirk Baecker die Einführung der elektronischen und digitalen Medien als Beginn einer neuen Epoche der Menschheitsgeschichte: als vierte Medienepoche. Nichts, was sich auf zwei Seiten abhandeln ließe. Ein (längeres) Gespräch. 

Dirk Baecker, deutscher Soziologe, ist Inhaber des Lehrstuhls für Kulturtheorie und Management sowie Vorstand der Fakultät für Kulturreflexion an der Universität Witten/Herdecke. Zudem hält er eine Gastprofessur für Kultursoziologie an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.
 

Herr Baecker, Kommunikationsmedien und Kommunikation sind für Sie so zentral, dass Sie in Ihrem neuen Buch die Menschheitsgeschichte sogar in Medienepochen einteilen, wieso? 

Ich glaube, man kann Kommunikationsmedien als eine der großen Entdeckungen, vielleicht sogar die einzige Entdeckung der Soziologie im 20. Jahrhundert bezeichnen. Talcott Parsons hat gezeigt, dass über Medien eine gesellschaftliche Integration, eine gesellschaftliche Ordnungsfindung stattfindet, die in traditionellen Gesellschaften über soziale Schichtung erfolgte. Insofern ist der strukturelle Wert der Medien nicht zu überschätzen. Inhaltlich, würde ich sagen, sind Medien genau das, was den weitreichendsten Unruhefaktor in der Gesellschaft ausmacht. Wenn wir über Medien sprechen, dann sprechen wir in der Soziologie nicht nur über Buchdruck, Schrift, elektronische Medien, sondern auch über die Erfolgsmedien Liebe, Wahrheit, Recht, Geld. 

Ein Medium ist einerseits für jeden Menschen immer ein anschauliches Bild dessen, was möglich ist. Man kann schreiben, man kann drucken, man kann hören, man kann lieben, man kann zahlen, man kann Befehle ausführen oder auch selbst welche geben. Ein Medium ist andererseits immer auch ein anschauliches Beispiel dessen, was anderen möglich ist: Andere befehlen, andere können sich verlieben, andere nutzen die Schrift, andere setzen Bücher mit Texten in die Welt - möglicherweise mit kritischem Potenzial, denken wir an die Aufklärung, denken wir an jede Art von prononcierter Kritik. Insofern sind Medien der Inbegriff des Möglichkeitsraums einer Gesellschaft.
 

Geht das Bestreben der Menschen dahin, diesen Möglichkeitsraum zu erweitern - immer neue Formen des Austausches und der Kommunikation zu finden? 

Es fällt Soziologen schwer, von einem menschlichen Bestreben zu reden. Das hört sich sehr nach Anthropologie an. Aber Sie haben durchaus recht. Es gibt in der Gesellschaft allein schon dank des Bevölkerungswachstums und der Notwendigkeit, uns alle zu ernähren und einigermaßen friedlich miteinander auszukommen, eine enorme Komplexitätssteigerung auf wirtschaftlicher, politischer, kultureller, künstlerischer, wissenschaftlicher, religiöser Ebene und anderen Ebenen. Medien reagieren auf diese Komplexitätssteigerung, indem sie Kommunikationschancen gleichsam zuschneiden. Wenn ich zahle, dann weiß ich, dass ich nicht gleichzeitig einen Freund gewinnen muss. Wenn ich mich verliebe, dann weiß ich, dass ich nicht gleichzeitig erzogen werden muss. Medien erlauben es, in der Komplexität gesellschaftlicher Möglichkeiten einzelne Sachverhalte herauszulösen und einem genau dort Erfolg zu verschaffen, wo man ihn haben möchte - ohne sich gleichzeitig mit allen anderen sozialen Beziehungen zu belasten. In der Stammesgesellschaft, auch in der antiken Hochkultur, war es nicht möglich, Politik beispielsweise von Religion deutlich zu trennen. Wir tun das - weil wir diese Trennung für die Bewältigung unserer heutigen Komplexität brauchen.
 

Sie sagen, wenn ein neues Kommunikationsmedium auftritt, stellen sich Probleme ein. Sie nennen das Überschussproblem. Warum "Überschuss"? 

Der Überschuss ergibt sich immer im Verhältnis zur vorherigen Medienepoche. Man kann das, glaube ich, für alle Medien zeigen. Nehmen wir den Buchdruck. Zuvor hatten es die Menschen vor allem mit oraler, also mündlicher Kommunikation zu tun, Schriften lagerten in Klosterbibliotheken. Doch dann gab es plötzlich Flugschriften, Geldscheine, Bücher, Zeitungen, Zeitschriften. Darauf war die Gesellschaft nicht vorbereitet. Es entstand quasi über Nacht ein Möglichkeitsraum, der die Gesellschaft strukturell und kulturell überforderte, weil sie (a) nicht mehr kontrollieren konnte: Was schreiben die Leute da alles und was lesen sie? Und auch weil (b) jeder erst einmal selbst überlegen musste: Was bedeutet dieser neue Möglichkeitsraum für mich? Was muss ich tun, was wird von mir erwartet? Kann ich meinen Garten anlegen wie zuvor oder muss ich erst eine Einführungsschrift in die Gartenbaukunst lesen? Mit Überschuss-Sinn ist gemeint, dass ein Möglichkeitsraum auftritt, der mit den Gewohnheiten, Konventionen, Praktiken, auch Erwartungen der vorherigen Gesellschaft noch nicht abgestimmt ist.
 

Das leuchtet mir ein. Wo ich jedoch Verständnisprobleme habe, ist bei der Sprache. Was heißt Referenzüberschuss? 

Ja, bei Sprache haben Sie mit Recht Probleme, weil wir Soziologen nach wie vor unschlüssig sind, ob man Sprache schon als Verbreitungsmedium beschreiben soll - ich habe das mal getan. Letztlich gilt aber auch für die Sprache das Theorem, das ich gerade versucht habe, zu entwickeln: Im Verhältnis zur vorherigen Gesellschaft, in der man keine anderen Kommunikationsmöglichkeiten hatte als die wechselseitige Wahrnehmung, die körperliche Annäherung und Entfernung, die Geste und die Mimik, muss die Einführung von Sprache wie ein Schock gewesen sein. Die Menschen lebten glücklich auf ihren Bäumen und regelten in einem Paradies der Evidenz ihre Sachverhalte - und plötzlich tritt jemand auf und sagt: "Komm mit!" oder: "Lass uns morgen jagen" oder: "Der König hat gesagt" oder: "Die Götter wollen." Man hört etwas, man versteht das Wort auch - ich fasse jetzt eine Jahrtausende währende Entwicklung zusammen -, aber man weiß nicht genau, worauf es sich bezieht: Wer ist dieser König? Wann ist morgen? Was heißt auf die Jagd gehen? Wir sprechen gerne von Klärung der Verhältnisse. Für diejenigen, die damals noch auf Bäumen oder in der Steppe oder sonst wo lebten, war das aber zugleich der Zwang zu fragen: Was für eine Jagd stellst du dir vor? Wieso wendest du dich gerade an mich? Warum morgen und nicht heute? Unter Referenzüberschuss ist schlicht und ergreifend der Umstand gemeint, dass Worte nicht natürlich mit Dingen verbunden sind, sondern dass Worte in den jeweiligen Konventionen einer Gesellschaft mit Dingen verbunden werden müssen, und dass dabei eine ganze Reihe von Unklarheiten, von Unbestimmtheiten, von Rückfragen auftreten, die sich nicht durch das Wort selbst klären lassen, sondern erst, wie Ludwig Wittgenstein so schön sagte, durch seinen Gebrauch.
 

Wenn man die Erfindung der Schrift nimmt - Schrift als "die Sprache des Nichtanwesenden": Liegt darin der Symbolüberschuss, dass ich Referenzen in Symbolen ausdrücken muss? 

Ja. Symbolüberschuss ist ein Begriff, von dem ich noch nicht genau weiß, ob er sich halten lässt. Ich habe ihn gewählt, weil der einzelne Buchstabe in der Tat als Symbol, als Wahrzeichen verwendet werden kann, das es in der vorherigen, oralen Gesellschaft nicht gegeben hat. Das Wort, das ich höre und das an meinen Ohren vorbeifließt und dann schon wieder verklungen ist, ist etwas anderes als das Wort, das an der Wand steht, auf einem Zettel, in einem Buch. Die Griechen haben vermutlich deswegen das Wort Analyse - also Auseinanderlegung, Zerlegung - erfunden, weil sie mit dem schriftlichen Festhalten von Worten, vor allem mithilfe der alphabetischen Schrift, auch Dinge festhalten konnten und in ihren einzelnen Bestandteilen, eben den Buchstaben, analysieren konnten, was die wohl meinen können. Die Schrift bindet in der Zeit, was das mündliche Wort nur vorübergehend erklingen lassen kann. Symbolüberschuss heißt, dass auch dafür die Gesellschaft erst einmal eine Struktur und Kultur entwickeln musste, um mit einer Kommunikation fertigzuwerden, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart ragt und schon jetzt auf eine mögliche Zukunft verweist. 

Ich versuche mir das so plastisch wie möglich vorzustellen: Ein mündliches Gespräch, in dem man zu klären versucht, wer wem warum etwas schuldig ist, ist etwas ganz anderes, als wenn jemand aus seinem Rucksack einen Ziegel herausholt, auf dem eingraviert ist, dass jemand einem anderem fünf Krüge Öl schuldet. Das ist dann sozusagen schwarz auf weiß verfügbar und überhaupt nicht mehr auf diese Weise verhandelbar und interpretierbar und auch aufschiebbar, wie das im Mündlichen der Fall war. Diese Faktizität des schriftlich festgehaltenen Wortes zwingt die Gesellschaft zu einer neuen Form des Umgangs mit ihren eigenen Kommunikationsmöglichkeiten.
 

Und deswegen entstand Schrift auch im Zusammenhang mit ökonomischen Transaktionen? 

Ja, wie immer sind das mehr oder minder zufällige Erfindungen, die man aus irgendwelchen Gründen dann braucht. Die Schrift ist vor etwa 5.000 bis 7.000 Jahren in Babylonien als Quittungswesen entstanden. Der Palast stellte einen Beleg für die Bauern aus, die ihr Korn einlagerten, ihr Vieh unterstellten. Daraus wurde dann sehr schnell eine Form von Geld, weil man mit Quittungen handeln konnte. Erst lange Zeit danach kam der Versuch, Sätze oder Geschichten oder sonst etwas in eine Schriftform zu bringen.
 

Hilft die Einteilung in Medienepochen, Entwicklungen besser zu verstehen - zum Beispiel die Aufklärung als Reaktion auf den Kritiküberschuss? 

Ich möchte Wege finden und aufzeigen, auf den heutigen Sinnüberschuss - also den Sinnüberschuss der kontrollierenden Maschinen gegenüber unseren gesellschaftlichen Möglichkeiten - zu reagieren. Indem wir feststellen: Das passiert zwar mit den elektronischen Medien zum ersten Mal - aber es ist nicht der erste Sinnüberschuss, mit dem die Gesellschaft zurande kommen musste. Konkret: Wie hat die antike Hochkultur auf die Schrift reagiert, wie hat die Moderne auf den Buchdruck reagiert und wie reagieren wir auf die elektronischen Medien? Nicht um zu sagen: Das ist immer dasselbe. Das ist evidenterweise nicht der Fall. Aber um zu sagen, dass es einen bestimmten - wenn ich mal so sagen darf - evolutionären Mechanismus gibt, mit Sinnüberschüssen umzugehen, nämlich durch Annahme und Ablehnung. Das ist sehr wichtig zu sehen. Sobald ein neues Medium angenommen worden ist, bildet es eine evolutionäre Schwelle, hinter die eine Gesellschaft nicht mehr zurückfallen kann. Dann gibt es eine Eigendynamik, die nicht mehr zu stoppen ist. Insofern braucht es zunächst und begleitend auch die kritische Ablehnung, nur durch sie lässt sich der ein oder andere positive Nutzen für eine Gesellschaft herausdestillieren. Eine Annahme kann und sollte man sich nur dort leisten, wo diese sich gegen eine mögliche Ablehnung profiliert. Andernfalls würde man sich einem Zwang unterwerfen.
 

Sie haben jetzt oft den Begriff Sinnüberschuss verwendet, sprechen aber in Bezug auf die elektronischen Medien von Kontrollüberschuss. Ist nicht auch Sinnüberschuss ein Begriff, der sich in Bezug auf die elektronischen Medien und die Angebote, die das Internet bereithält, sehr zutreffend verwenden lässt? Insofern nämlich, als die Zahl an Sinnangeboten, also Interpretationen, Sichtweisen, Theorien, Vermutungen mit den sozialen Medien sprunghaft wächst. 

Unbedingt. Sinnüberschuss ist der allgemeinere Terminus. Und Referenzüberschuss, Symbolüberschuss, Kritiküberschuss und Kontrollüberschuss ist die jeweils auf die jeweilige Medienepoche heruntergebrochene Konkretisierung. Also in der Tat: Kontrollüberschuss ist Sinnüberschuss. Es tritt ein neuer Sinn auf, nämlich derjenige, der von Computern produziert werden kann, von Algorithmen, von künstlicher Intelligenz, von Plattformen, von multimedialen Möglichkeiten des Likens, Postens und Lesens. Dieser Sinnüberschuss verschafft mir als Mitglied der Gesellschaft neue Möglichkeiten - aber eben auch allen anderen sieben Milliarden Menschen auf diesem Globus. Insofern muss ich immer beides versuchen: Einerseits meine eigenen Möglichkeiten sortieren. Andererseits im Blick behalten, was alle anderen damit machen können - unter wirtschaftlichen, politischen, amourösen, religiösen oder pädagogischen Umständen. 

Der Sinn, der mit den neuen Maschinen auftritt, ist ein Sinn, von dem ich noch nicht einmal sagen kann, dass er sehr viel effizienter wäre oder sehr viel rationaler. Das wäre ja schon beruhigend. Sondern es ist ein Sinn, der sehr viel konnektiver ist, der sozusagen mehr miteinander zu kombinieren erlaubt als jemals zuvor. Das sorgt für die momentane Unruhe, auf die wir nun alle gleichermaßen reagieren müssen.
 

Ist das eine vergleichbare Situation zum Buchdruck? Zuvor bürgten die klösterlichen Schreibwerkstätten für den Wahrheitsgehalt ihrer Abschriften - und plötzlich ließ der Buchdruck eine Vielfalt an Medien entstehen, für deren Wahrheitsgehalt niemand einstand. Heute eine ähnliche Situation: Die Massenmedien erfüllten in ihrer Gatekeeper-Funktion eine vergleichbare Funktion, sie bürgten für den Wahrheitsgehalt und die Überprüfbarkeit dessen, was sie berichteten - und plötzlich die Situation, dass jeder publizieren kann. 

Eine gute Frage. In der Zeit der Klosterabschriften ging man davon aus, dass mit jeder neuen Abschrift neue Fehler gemacht werden und deswegen die ältesten Manuskripte die besten sind und die neuesten die schlechtesten. Damit war die Vorstellung verbunden, dass man zu den Quellen zurückgehen musste, um der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen, um den wirklichen Sinn von etwas zu erfahren. Mit dem Buchdruck machte man die gegenteilige Erfahrung: Die Bücher wurden mit jedem neuen Druck nicht schlechter, sondern besser, also fing man an, sich jeweils an der neuesten Einsicht zu orientieren. Eine vollkommen andere Form des Umgangs mit Zeit. 

Etwas Ähnliches scheint sich gegenwärtig zu ereignen. Wieder stehen wir vor der Frage: Erleben wir durch die neuen Möglichkeiten des Publizierens eine Verbesserung oder eine Verschlechterung? Die größte Sorge, die im Moment formuliert wird, betrifft die Verbreitung von Hatetalks, von Hassreden, von Shitstorms. Das Schlimme daran ist, dass sie alle nachlesbar sind. Der Inhalt, die Art und Weise, wie dort formuliert wird, ist hochgradig mündlich, also spontan, rotzig rausgeblasen, aber es bleibt nachlesbar für Tage, Wochen, Monate. Diese Form der Überlastung der Gesellschaft mit nachlesbarem Unfug, mit nachlesbarem Müll ist etwas, was viele beunruhigt. Wir müssen erst eine Form finden, wie wir damit umgehen. Im Moment sagen die einen, das ist letztlich nichts anderes als ein in die Plattform verlängertes Stammtischgerede, nicht wirklich ernst zu nehmen. Die anderen sagen, dass aus all diesem Gerede Erregungszyklen entstehen können, die die Leute irgendwann auf die Straße treiben. Wir wissen im Moment noch nicht, wie wir damit fertigwerden können.
 

Das wäre der Aspekt der Kontrollfähigkeit gegenüber der eigenen Affektivität und gegenüber der eigenen "publizistischen" Aktivität. Aber Kontrollüberschuss meint ja eigentlich etwas anderes. Kontrollüberschuss bezieht sich ja, wenn ich das richtig verstehe, auf das, was in der Maschine passiert. 

Kontrollüberschuss bezieht sich auf das, was die Maschine als Sinn produzieren kann im Verhältnis zu dem, was Menschen als Sinn produzieren können. Beispiel dafür wäre der Börsenmakler, der an seinem Reuters-Bildschirm sitzt und natürlich gerne Kontrolle über seine eigenen Handlungsweisen behalten möchte: In was investiere ich wann wie viel? Gleichzeitig wird er kontrolliert. Algorithmen entscheiden, welche Informationen bei ihm über den Ticker laufen, er muss seine Handelsentscheidungen belegen. Die zentrale Frage ist die des Kontrollüberschusses in beide Richtungen: Wer hat den größeren Überschuss an Kontrolle? Die Maschinen über den Händler oder der Händler über die Maschinen? Solange das in der Schwebe gehalten wird, würde ich sagen, ist die Gesellschaft noch auf einem einigermaßen guten Wege. Wenn das kippt in Richtung Maschine, die den Händler letztlich ersetzt, dann wirft diese Automatisierung die Fragen auf: Von wem wird die Automatisierung eingesetzt und wer kann dies verantworten? Wieder eine Maschine oder doch der Mensch? Wie kommen wir zurück zu einer Balance zwischen Kontrolle der Menschen durch die Maschine auf der einen Seite und Kontrolle der Maschine durch die Menschen auf der anderen Seite?
 

Für Sie ist das Kennzeichen der neuen Kommunikationsepoche, dass sich Maschinen an der Kommunikation beteiligen: Ist das den Menschen bewusst oder verwenden sie den Computer instrumentell? 

Ich glaube, es ist ihnen nicht bewusst im Sinne eines mentalen Bildes des eigenen Handelns und des eigenen Erlebens. Es ist ihnen schon deshalb nicht bewusst, weil sie gar nichts von Kommunikation wissen. Bei Kommunikation denkt man entweder an Öffentlichkeitsarbeiter, die sich mit grundsätzlich verdächtigen, weil manipulativen Informationen an die Öffentlichkeit wenden. Oder an einen schwierigen Begriff aus der mathematischen Kommunikationstheorie des 20. Jahrhunderts, verwendet von Soziologen, Sozialphilosophen, auch Therapeuten, der die Art und Weise beschreibt, wie unabhängige Einheiten, Menschen, zueinander in Abhängigkeitsverhältnisse treten können - beispielsweise in Form eines Gespräches -, ohne ihre Unabhängigkeit zu verlieren. Diese Denkfigur von Abhängigkeiten zwischen unabhängigen Einheiten ist so kontraintuitiv, dass ich gar nicht weiß, ob ich irgendjemanden kenne, der wüsste, dass er oder sie sich an Kommunikation beteiligt. Man weiß nicht, wie zwei Leute eine Situation bewältigen, die Soziologen mit dem Begriff der doppelten Kontingenz beschreiben: Ich tue nur, was ich tue, wenn und weil du tust, was du tust, während ich tue, was ich tue. Hinzu kommt, dass man keinen Blick dafür hat, wie verschiedene Faktoren in diese Kommunikation intervenieren und sie entweder stabilisieren oder destabilisieren. Man hat keinen Blick dafür, weil man nicht weiß, wie sehr die Kommunikation von Strukturen abhängig ist, die sie als gegeben behandelt, während sie sie selbst aufruft (also auch negieren könnte). 

Zum Beispiel: Wie abwesende Schwiegermütter in die Art und Weise intervenieren, wie ein Ehepaar miteinander umgeht. Oder wie Väter in die Art und Weise intervenieren, wie ein Schüler sich in der Schulklasse benimmt. Oder wie Lehrer in die Art und Weise intervenieren, wie jemand sich zu Hause auf irgendwelche Lerninhalte vorzubereiten versucht. Immer wieder neu werden Abhängigkeiten gegenüber Unabhängigkeiten und umgekehrt von denselben Leuten und im selben Atemzug Unabhängigkeiten gegenüber Abhängigkeiten eingefordert und stark gemacht. Diese Art der Strukturierung von Kommunikationschancen, Handlungschancen, Lebenschancen durch Dritte, durch Abwesende, die dank der unmittelbar Beteiligten eine Präsenz in der Situation gewinnen, soll der Kommunikationsbegriff beschreiben. Erst wenn man das wüsste, wie dauernd irgendwelche sogenannte Dritte intervenieren, hätte man einen Blick dafür, dass eben auch die Maschinen - also die Möglichkeit, in den elektronischen Medien zu posten, zu lesen, sich zu informieren, seine Meinung zu verbreiten und so weiter - das eigene Verhalten und das eigene Verhältnis zur Welt beeinflussen.
 

Ist es eine Spielart dieses Kontrollüberschusses, dass Kontrolle auch überschießen kann, also dass Maschinen oder Algorithmen eigentlich etwas kontrollieren, was sie nicht verstehen, und Menschen sich kontrollieren lassen, weil sie Algorithmen nicht verstehen? 

Haben Sie ein Beispiel?
 

Wenn ich ein soziales Medium benutze, gebe ich unter Umständen Informationen von mir preis, von denen ich gar nicht weiß, dass ich sie preisgebe. Zum Beispiel wenn in der Facebook-App standardmäßig die Ortungsfunktion angeschaltet ist, ohne dass dies dem Nutzer bewusst ist. Und die App speichert alle Positions- und Ortsdaten … 

Da wäre meine Antwort eine doppelte. Ich glaube, dass die Verwendung eines Mediums immer von dem Glauben getragen sein muss, dass man dieses Mediums instrumentell kontrolliert. In Ihrem Beispiel: Sie haben gedacht, dass Sie wissen, was Facebook über Sie weiß oder nicht weiß, sonst würden Sie sich auf Facebook gar nicht einlassen. Das ist das eine. 

Das andere ist aber, dass wir es nach wie vor in dieser modernen Gesellschaft - die sich allmählich in die "nächste" Gesellschaft verändert - mit einem enormen Kritikpotenzial zu tun haben. Das heißt, es gibt Dritte, die sich das Verhalten einer Person anschauen und es beurteilen. 

Die Antwort ist deswegen doppelt, weil es wieder dieses Verhältnis von ersten, zweiten und dritten Personen gibt. Als erste Person denke ich immer, ich hätte die Kontrolle. Sonst würde ich mich auf fast nichts einlassen. Als Dritter sehe ich aber dauernd Leute, also Erste und Zweite, die überhaupt keine Ahnung davon haben, welche Informationen sie produzieren, die verwendet werden können, um ihnen Dinge anzubieten oder um ihnen Dinge vorzuenthalten - wobei sie gar nicht wissen, dass sie mit ihren eigenen Handlungen, mit ihren eigenen Daten diese Informationen überhaupt erst in die Welt gebracht haben. 

Genau das macht wiederum Gesellschaft aus, dass wir uns als erste Person dauernd umschauen und schauen: Welcher Dritte weiß über mich etwas, was ich selbst eigentlich auch wissen sollte?
 

Milliarden Menschen hinterlassen unkontrollierbar ihre Bewegungsspuren. Da frage ich mich schon: Überschießt da nicht die Kontrolle? 

Überschießende Kontrolle finde ich einen interessanten Begriff, und ich würde diesem Begriff so weit entgegenkommen, dass ich sage: Das ist ein klarer Fall von einseitiger Kontrolle, von Kontrolle, die nicht mehr wechselseitig ist, die nicht mehr auf ein Bewusstsein dieser Kontrolle und damit auf Gegenkontrollmöglichkeiten stößt. Und die von daher durchaus gefährlich ist.
 

Ich finde den Begriff der Lücke sehr hilfreich: Da ist nicht nur eine Verarbeitung eins zu eins, die in der Maschine stattfindet, sondern da ist etwas - so interpretiere ich den Begriff der Lücke -, das ich nicht durchschauen kann, eine Art Blackbox. Ist das richtig interpretiert? 

Ich glaube, dass Lücke mehrfach interpretierbar ist. Zunächst einmal dachte ich ganz trivial daran, dass jede denkbare Automatisierung an irgendwelchen Schnittstellen auf eine Interaktion mit einem menschlichen Nutzer angewiesen ist. Diese Interaktion mit dem menschlichen Nutzer kann stattfinden oder kann ausbleiben. Das ist die Lücke, die wir ganz trivial nutzen können. Ich kann das Gerät nutzen, ich kann es aber auch ausstellen. 

Die andere Interpretation ist, dass sich der Computer in die Lücken unserer Sinnproduktion einnistet - beispielsweise als attraktive Kommunikationsmaschine, die wir zur Bewältigung unseres Lebens brauchen. Nehmen wir die Messengerdienste, die es uns ermöglichen, Kontakt mit Familie und Freunden zu halten. Ich weiß laufend oder glaube es zu wissen, wer wo gerade ist, was er macht, was ihn bedrückt. Die Maschine nistet sich in die tägliche Gestaltung meines Tagesablaufes ein, indem sie mir ein Bild davon verschafft, was an anderen Orten gerade passiert. Da kann man sich fragen: Wer kontrolliert wen? Einerseits die Maschine mich, ich muss sie füttern mit Daten. Sonst dörrt der Nachrichtenfluss aus und ich bin draußen. Andererseits nutze ich diese Maschine, um kontrolliert Kontakt zu halten. Wieder diese Ambivalenz von Kontrollieren und Kontrolliertwerden. Und nicht zu wissen, wo man gerade steht: Bin ich jetzt mittendrin in der Lücke, bin ich am Rand der Lücke oder bin ich jenseits der Lücke unterwegs, in der Fülle des einigermaßen überschaubaren gesellschaftlichen Raumes?
 

Shoshana Zuboff zitiert in Überwachungskapitalismus den Google-Chefökonomen Hal Varian, der schreibt: "Heute steht im Mittelpunkt praktisch jeder Transaktion ein Computer und wo sie nun mal zur Verfügung stehen, haben diese Computer auch so manch andere Einsatzmöglichkeit." Beschreibt er damit diese Lücke, die sich auftut? 

Das ist, was man so schön auf den Begriff der disruptiven Innovation bringt. Es entsteht ein präzise beschreibbarer, an den Grenzen offener Möglichkeitsraum, der sich gewissermaßen als Folie auf bestimmte Verhältnisse anwenden lässt: Was würde ein Computer, wenn ich ihn dort verwende, alles verändern oder anrichten können? Ich schaue beispielsweise auf eine Behörde, die Führerscheine oder Flüchtlingsbescheide ausstellt, und frage: Wie würde der Computer mit seinen Datenbanken, mit seinen Vernetzungskapazitäten dort eine Effizienzsteigerung, eine Erleichterung, eine Überwachung schaffen, die bisher noch nicht da ist? Und damit zwinge ich mich oder ermögliche es mir - und das ist es, glaube ich, worauf Hal Varian anspielt -, die bisher vertrauten Abläufe in einer Behörde, in einem Unternehmen, in einem Verein, in einer Familie auf ihre Struktur hin zu analysieren und zu sagen: An dieser Stelle, genau an dieser Stelle kann ein Computer einen Gewinn, eine Erleichterung oder eben auch eine Überwachung durch Dritte garantieren, die durchaus gewollt ist. Das Spannende ist dabei dieses Geschäftsmodell-Denken, das wir uns zunehmend alle aneignen. Alles wird unter dem Aspekt betrachtet: Was kann man dort, wo es hakt oder zu langsam ist oder zu intransparent, durch den Einsatz von elektronischen Medien verändern?
 

Sie sagen: Computer ticken anders. Ist das richtig: Computer arbeiten mit Negation, während der Mensch versucht, mit semantischen Widersprüchen umzugehen? 

Das ist ein schwieriger Punkt. Ich glaube nicht, dass Computer mit Negation arbeiten. Das steht ihnen noch bevor. Es geht vielmehr um die Übersetzung von analogen semantischen Einheiten in diskrete Einheiten. Beispiel, der eine sagt: "Das ist blau." Der andere sagt: "Nein, das ist nicht blau." Das wäre eine Übersetzung von einem analogen Eindruck - blau - in eine diskrete Beurteilung dieses Eindrucks - ja/nein. Paul Watzlawick hat das als digitale Sinnverarbeitung - 0/1, ja/nein, oben/unten, rechts/links - beschrieben und dann gesagt: Die Digitalisierung macht die Negation explizit, die im Analogen nur als Widerstand, Widerspruch, Spannung zum Beispiel des Blauen gegenüber einem Blaugrünen mehr oder minder vage erkennbar ist. Die Digitalisierung in diesem Sinne einer sprachlichen Leistung führt eine Negation ein, die zuvor mitschwingt und auch verwendet werden kann, vielleicht sogar subtiler als im Digitalen, aber nicht so auffällt. Das ist zunächst einmal ein anderer Begriff des Digitalen, als wir ihn jetzt verwenden für die Beschreibung elektronischer Medien. Da sehen wir, dass der Verschaltungsmodus, die Binarität des Computercodes, in der Tat eine implizite Negation enthält. Man könnte von 0 zu 1 und von 1 zu 0 nicht switchen, wenn man nicht jeweils die 0 durch die 1 und die 1 durch die 0 negierbar macht. Man könnte das als eine technische Implementation von Negation im Computercode bezeichnen, die aber noch nichts mit diesen Reflexionsleistungen zu tun hat, die wir in der Sprache aus Negationsverhältnissen gewinnen. Wenn ich sage: "Das ist nicht blau", dann kann ich in der Sprache vermuten: Das ist grün oder rot oder gelb, ich eröffne mir durch die Negation einen Raum, in dem ich mir vieles vorstellen kann. Wenn der Computer in seinem Code entscheidet: Das ist nicht 0, sondern 1, dann ist damit nicht viel gewonnen außer dem Umstand, dass er von der einen auf die andere Seite wechselt. Deswegen würde ich hier mit Blick auf den Computer noch nicht von einer ausgebauten Fähigkeit zur Negation sprechen.
 

Ich glaube, ich habe unvollständig zitiert. Sie haben von Negation geschrieben bezogen auf eine Entweder-oder-Unterscheidung, die der Computer trifft, und haben damit kontrastiert, dass wir in menschlicher Wahrnehmung und Artikulation mit Widersprüchlichkeit und Uneindeutigkeit umgehen müssen … 

… und Sowohl-als-auch eher bearbeiten als Entweder-oder. Wir versuchen in vielen kommunikativen Fragestellungen, das Entweder-oder zu vermeiden, weil es Eindeutigkeit schafft und unseren Gesprächspartner unter Umständen in eine unangenehme Lage bringt. Es ist verblüffend, wie ambivalenztauglich menschliche Kommunikationsmöglichkeiten im Umgang mit der Sprache sind. Der Computer ist noch nicht so weit. Der Computer kann, wenn ich das richtig sehe, auf der Ebene von Videospielen Vagheiten, Unsicherheiten, Ungewissheiten schaffen, aber keine Ambivalenzen. Er kann nicht das eine auf das andere beziehen mit dem Ergebnis, dass man beides für möglich hält: also ein Sowohl-als-auch. Das ist beim Computer - ich lasse mich da gerne korrigieren - nicht möglich und zeigt, dass er eine noch relativ triviale Technik ist.
 

Einen Punkt noch ganz kurz. Sie sagen, dass der Epochenbruch nicht klar feststellbar ist, dass er eher unscharf erscheint und uneindeutig. Und daran anschließend die Frage, ob nicht in der Einführung der Elektrizität der eigentliche Ursprung unserer jetzigen Epoche liegt. Es ist eine Uneindeutigkeit, ein Unschärfebereich von hundert Jahren, der sich da auftut. 

Das ist die Konzession, die man Historikern machen muss. Wenn man tatsächlich wie seit Marshall McLuhan üblich die Menschheitsgeschichte in vier und nur vier Epochen einteilt, dann muss man irgendetwas tun, um diese maximale Zumutung wieder aufzufangen. Und zu sagen: Natürlich sind diese Trennungen nicht scharf, natürlich überlagern sich die Epochen. Wenn man über die nächste Gesellschaft nachdenkt, über den Einfluss des Computers auf die gesellschaftlichen Strukturen, dann ist dieses Nachdenken nicht als ein Festzurren und endgültiges Beschreiben dieser Gesellschaft zu verstehen, sondern als eine Heuristik, die erst einmal herausfinden möchte: Worum geht es eigentlich? Was ist eigentlich das Neue? Warum ist der Computer mehr als ein Instrument? Beutet er die Möglichkeiten des Buchdrucks nur raffinierter aus? Das würde Leibniz vermutlich sagen. Oder verdeckt, überlagert und vielleicht sogar verdrängt er sie? Und was sind die gesellschaftlichen Möglichkeiten des Buchdrucks und im Vergleich damit jene der elektronischen Medien. Ich habe als Soziologe ja schon genug damit zu tun, auch nur diese Fragen scharf zu stellen. 

Dabei stellt man unter anderem fest, dass der Computer ein Instrument ist, das die instantanen Kommunikationsmöglichkeiten der Elektrizität ausbeutet - und so formuliert ist nicht der Computer, sondern die Elektrizität der eigentliche Epochenbruch. Und passierte dieser, als die Gesellschaft flächendeckend elektrifiziert wurde, also ab 1880, 1890, als sozusagen Siemens das Zepter in die Hand nahm und dafür sorgte, dass in jeder Stube Licht brennt? Oder muss man noch mal hundert Jahre zurückgehen bis zu Schleiermacher, Novalis, Kant, die über Elektrizität unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit von Plus-minus-Spannungen nachgedacht haben? Wann ereignete sich, wenn man so will, der kulturelle Schock, der darin besteht, Elektrizität als etwas radikal Neues wahrzunehmen? Und neu in welcher Hinsicht? Auf begrifflicher, alltäglicher, kultureller Ebene? 

Als Soziologe kann man nur sagen, dass sich hier eine neue Form des Umgangs der Gesellschaft mit ihrer eigenen Kommunikation, den Möglichkeiten ihres Handelns und Erlebens, in vielen Schüben entwickelt. Mal praktisch, indem die Gesellschaft verändert wird durch das Auftreten des Radios, des Kinos, des Fernsehens. Mal konzeptionell, indem Philosophien und andere Wissenschaften auftreten, die mit neuen Grundkonzepten arbeiten. Für die nächste Gesellschaft, die die moderne ablöst, können wir einen Unschärfebereich von etwa 150 Jahren annehmen, von der Einführung der Elektrizität über jene des Kinos und Fernsehens bis zu jener des Computers und des Internets - und können dann immer noch nicht sagen, ob wir richtigliegen. 

Diese Unschärfe ist ganz dezidiert Teil der These: Liebe Leute, wir halten nicht fest, sondern wir werfen Fragen auf. Es geht darum, uns alle - und auch dich, lieber Leser, oder auch dich, lieber Facebook-Benutzer - mit Fragen zu bewaffnen und nicht mit Antworten auszustatten.
 

Haben wir jetzt irgendetwas Wichtiges nicht gestreift? 

Ganz bestimmt, ja. Aber im Rahmen der Lücke, die Sie aufreißen, fällt mir das gerade nicht ein.
 

Gut. Dann vielen Dank für das Gespräch. 

Das Interview haben wir in einem persönlichen Gespräch an der Universität Witten/Herdecke geführt.
 


Zitate


"Ein Medium ist einerseits für jeden Menschen immer ein anschauliches Bild dessen, was möglich ist. Ein Medium ist andererseits immer auch ein anschauliches Beispiel dessen, was anderen möglich ist." Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Medien sind der Inbegriff des Möglichkeitsraums einer Gesellschaft." Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Die Faktizität des schriftlich festgehaltenen Wortes zwingt die Gesellschaft zu einer neuen Form des Umgangs mit ihren eigenen Kommunikationsmöglichkeiten." Dirk Baecker über die Schrift: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Die Schrift bindet in der Zeit, was das mündliche Wort nur vorübergehend erklingen lassen kann." Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Wie hat die antike Hochkultur auf die Schrift reagiert, wie hat die Moderne auf den Buchdruck reagiert und wie reagieren wir auf die elektronischen Medien?" Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Sobald ein neues Medium angenommen worden ist, bildet es eine evolutionäre Schwelle, hinter die eine Gesellschaft nicht mehr zurückfallen kann." Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Genau das macht Gesellschaft aus, dass wir uns als erste Person dauernd umschauen und schauen: Welcher Dritte weiß über mich etwas, was ich selbst eigentlich auch wissen sollte?" Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

"Es geht darum, uns alle mit Fragen zu bewaffnen und nicht mit Antworten auszustatten." Dirk Baecker: Das Digitale, die Lücke & die Unschärfe

 

changeX 06.06.2019. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Quellenangaben

Zum Buch

: 4.0. oder Die Lücke die der Rechner lässt. Merve Verlag, Leipzig 2018, 240 Seiten, 18 Euro (D), ISBN 978-3-96273-012-3

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Autor

Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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