Ein ganz persönliches Gut

Konferenz für Ideenmanagement am 17. und 18. März in Berlin
Text: Winfried Kretschmer

Neue Wege beschreiten, das will die Konferenz für Ideenmanagement - nicht nur im Ideenmanagement, sondern als Konferenzformat. Was Ideenmanagement mit Mut und Emotionen bedeutet und wie das Motto auf der Konferenz umgesetzt werden soll, erläutern Christiane Kersting und Holger Scholz im Interview.

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Christiane Kersting ist Geschäftsführerin des Zentrums Ideenmanagement im Deutschen Institut für Ideen- und Innovationsmanagement. Holger Scholz ist Gründer und Gesellschafter der Kommunikationslotsen. Er ist Certified Professional Facilitator, Großgruppenexperte und spezialisiert auf Vorbereitung und Begleitung von Wandel und notwendigen Dialogen in großen Organisationen.
 

Frau Kersting, die Konferenz für Ideenmanagement will neue Wege beschreiten. Was sind denn die Ziele dieser Konferenz? 

Christiane Kersting: Das wird schon am Titel der Veranstaltung "Ideenmanagement mit Mut und Emotionen" und am Leitmotiv des Zentrums "Begeisterung schafft Identität" sichtbar. Die Betonung von Emotion zieht sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung und zeigt immer neue Blickwinkel, neue Perspektiven auf. Das beginnt schon bei dem Begriff der Idee selbst. Wir haben daher die Idee in den Mittelpunkt der Konferenz gestellt. Wir möchten die IdeenmanagerInnen für einen neuen Umgang mit Ideen inspirieren.
 

"Ideenmanagement mit Mut und Emotionen" - was hat man sich darunter vorzustellen? 

Christiane Kersting: Mut und Emotionen sind im Ideenmanagement entscheidende Erfolgsfaktoren. Aber wie geht man mit diesen "weichen Faktoren" um? Die Konferenz zeigt auf, wie der bewusstere Umgang mit Ideen als persönliches Gut und emotionale Sache die Unternehmenskultur verändern kann. Dabei wollen wir die TeilnehmerInnen nicht unterhalten, sondern ihnen Impulse und Denkanstöße für ihren Beruf geben. Sie sollen ganz persönlich Mut und Emotionen erleben.
 

Wenn Sie sagen, Ideen sind eine sehr persönliche und sehr emotionale Sache, so klingt das nach einem Kurswechsel, einer Abkehr von einem managementorientierten, rationalen Ansatz des Ideenmanagements? 

Christiane Kersting: Nein, das ist kein Kurswechsel, sondern ein umfassenderer Ansatz. Das Managementorientierte und Rationale wird für das Ideenmanagement in den Unternehmen immer wichtig bleiben, zeigt sich hier doch der Erfolg in Zahlen - und die sind für Vorstände immer noch entscheidend. Aber die weichen Faktoren werden zunehmend eine größere Rolle spielen. Mit diesem umfassenderen Ansatz beziehen wir das Empfinden der Menschen und ihren Wunsch nach einem anderen Umgang mit ihren Ideen mit ein. Langfristig betrachtet - und davon bin ich überzeugt - wird der wertschätzende Umgang mit Ideen Schlüssel dafür sein, ob sich die MitarbeiterInnen überhaupt beteiligen.
 

Welche Bedeutung haben Emotionen denn im Ideenmanagement? 

Christiane Kersting: Eine sehr große. Alles - von der Ideengenerierung über die Ideenbewertung bis zur Ideenumsetzung - hat mit Emotionen zu tun. Ideen sprechen nicht nur unseren Kopf an, sondern auch unser Gefühl. In jeder Idee steckt ganz viel Herzblut. Doch bei der Beurteilung und Umsetzung blenden wir die Gefühle der IdeengeberInnen aus und urteilen nur noch ganz rational. Dabei riskieren wir, dass wir die IdeengeberInnen verletzen und negative Emotionen erzeugen, die sich auf die Akzeptanz des Ideenmanagements auswirken und seinen Erfolg gefährden.
 

Wie kann man Unternehmen dafür sensibilisieren? 

Christiane Kersting: Wir möchten die Konferenz nutzen, um den IdeenmanagerInnen zu zeigen, wie vielschichtig das Thema ist, und hoffen, dass sie dann diese umfassendere Sichtweise in die Unternehmen tragen. Ich bin sicher, viele werden damit bei ihren Vorgesetzten offene Türen einrennen. Die Verantwortlichen spüren schon heute, dass die alten Vorgehensweisen nicht mehr zeitgerecht sind. Doch sind sie zu sehr im Alltag eingebunden, dass sie keine Zeit finden, neue Wege zu beschreiten.  

Holger Scholz: Aus externer Sicht des Facilitators würde ich sagen: Wir wollen nicht sensibilisieren, sondern inspirieren. Das Zentrum Ideenmanagement setzt mit dieser Konferenz eine erste, kleine Intervention. In einem Bild gesprochen: eine Akupunktur. Im nächsten Jahr folgt wieder eine und so weiter. Dabei entsteht eine Community des neuen Ideenmanagements - und ich glaube, dass es genau so eine Community of Practice im Ideenmanagement braucht. Aber eben nicht nur eine, die sich jährlich trifft, sondern hier geht es um etwas Größeres: Es geht darum, den eigenen Berufsstand des Ideenmanagers in den Blick zu nehmen, sich selbst kritisch zu hinterfragen und nicht nur mit dem Finger auf andere zu zeigen. Eine inspirierte Community setzt sich auch mit grundsätzlicheren Fragen auseinander: Was ist eigentlich eine Idee? Wem gehört die? Was ist der eigentliche Wert des gesamten Geburtsprozesses einer Idee? Und wo liegen die Herausforderungen? Es braucht inspirierte IdeenmanagerInnen mit einem gestärkten Beratungskorpus. Die Frage der Sensibilisierung von Unternehmen stellt sich dann gar nicht mehr.
 

Was bedeutet das für die Unternehmenskultur? 

Holger Scholz: Alles, was Führung tut oder nicht tut, sendet eine Botschaft ans System. Wer beispielsweise im Ideenmanagement positiv erlebt, wie Ideen und Einreicher wertgeschätzt und in den Prozess involviert werden, der überträgt das implizit auch auf die Unternehmenskultur - sprich auf alle Unternehmensbereiche. Menschen, die hier allerdings schlechte Erfahrungen machen, überzeugt man auch nicht mit der Kommunikation von Leitbildern und Werten. Das wirkt dann eher grotesk - und der Einzelne distanziert sich von "seinem" Unternehmen. Es geschieht also das Gegenteil von dem, was man eigentlich beabsichtigt. Statt Bindung, Identifikation, Mitmachen erntet man Entkoppelung, Zynismus und eine Lass-die-mal-machen-Haltung. Das ist schade, denn gerade das Ideenmanagement "handelt" ja mit einer sehr emotionalen Sache: der Idee. Da sind Identifikation und Mitmachen normalerweise geradezu vorprogrammiert.
 

Ideenmanagement als Kulturtechnik, das klingt ambitioniert. Wie kann das aussehen? 

Holger Scholz: Etwas Neues ist nicht einfach so zu haben. Man kann es nicht kaufen. Man muss es selbst kreieren - und genau an dieser Stelle kommt für mich der Begriff der Kulturtechnik ins Spiel. Kurz gesagt, denke ich, IdeenmanagerInnen und ihre Vorgesetzten sollten lernen, mit diesem emotionalen Gut (der Idee) und deren Protagonisten (den IdeengeberInnen) umzugehen. Besonders die sozialen Skills dürfen nicht verloren gehen. Deshalb schlage ich vor, dies zu üben. Solche Übungsräume für neues Denken und neues Handeln sind dann wie eine Bresche in den Wald der defensiven Unternehmensroutinen zu schlagen. Das funktioniert. Wenn man es will. Ideenmanagement ist letztlich nur eine Überschrift für eine bestimmte Kultur im Generieren und Umsetzen von Ideen. Viele üben das allerdings nicht mehr, sondern kaufen die nächsten Werkzeuge - Belohnungssysteme und so weiter - ein und hoffen, dass alles gut und neu wird. Das funktioniert aber nicht so.
 

Zurück zur Konferenz: Im Programm finden sich auch die Stichworte "Awards" und "Benchmarks". Welchen Stellenwert wird das Thema Benchmark haben? 

Christiane Kersting: Einen sehr großen! Im letzten Herbst hat eine Expertengruppe dieses Thema auf den Prüfstand gestellt und grundlegend weiterentwickelt. Die Inhalte sind konsequent auf Praxisnutzen strukturiert. Damit wird der Benchmarkreport ist in jeder Hinsicht ein neuer fachlicher Maßstab.
 

Und auf Basis dieser Ergebnisse werden Awards vergeben? 

Christiane Kersting: Ja. Ohne zu viel zu verraten, kann ich schon jetzt sagen, dass die Verleihung der Awards ein ganz besonderes Highlight wird. Denn das Auswahlverfahren basiert zum ersten Mal auch auf qualitativen Faktoren, die von einer unabhängigen, internationalen Jury bewertet wurden. Ausgezeichnet werden also Unternehmen nicht für die meisten Vorschläge, sondern für das in jeder Hinsicht beste Ideenmanagement. Damit wird "Lernen von den Besten" für alle TeilnehmerInnen direkt umsetzbar.
 

Arbeiten Sie mit innovativen Konferenzformaten, die sich vom Frontalvortrag zu lösen versuchen? 

Holger Scholz: Wir arbeiten mit beteiligungs- und dialogorientierten Formaten aus dem Bereich der Großgruppenverfahren und verbinden diese mit Elementen der klassischen Tagung. "Klassisch" heißt dann für uns: Ja, es gibt eine Agenda, und ja, wir haben auch externe Fachexperten und Praxisbeispiele erfolgreicher Unternehmen dabei. Das wird dann ergänzt durch innovative Formate. So sind unsere "Visual Facilitators" dabei. Das heißt, das gesamte Konferenzgeschehen wird live visualisiert, dadurch erleben die Teilnehmenden ein fortlaufendes visuelles Feedback zum Geschehen, was an sich schon zu einer ganz anderen Konferenzerfahrung führt. Doch auch hier gilt: Nicht die Methodenwahl macht den Unterschied. Sie können zum Beispiel auf zwei verschiedene Open-Space-Konferenzen gehen und machen zwei völlig verschiedene Erfahrungen. Wir versuchen, zuallererst gute Gastgeber zu sein. Die Basics müssen stimmen! Die Leute müssen sich wohl und willkommen fühlen! Das ist die primäre Aufgabe des Veranstalters. Im zweiten Schritt geht es uns darum, einen bedeutungsvollen Diskurs zu erzeugen - etwas, das für die Leute wirklich relevant ist. Damit dies gelingt, arbeiten wir im Vorfeld mit einem repräsentativen Querschnitt der erwarteten Teilnehmerschaft. In dieser sogenannten Pilotgruppe sondieren wir die Kernthemen, proben einzelne Interventionen und bekommen ein Gefühl für die passende Gesamtchoreografie. 

Christiane Kersting: Der Frontalvortrag hat im Internetzeitalter viel von seiner Bedeutung verloren. Auf der jetzt bevorstehenden Ideenmanagementkonferenz wird den Teilnehmern daher wesentlich mehr geboten. "Mittendrin statt nur dabei" ist nicht ein leeres Versprechen, sondern wird ein echtes Erlebnis! Das Beispiel der "Open Arena" wird aufzeigen, wie interaktives Einbinden zu einem sichtbaren Gewinn für alle wird!
 

Sie haben die Latte recht hoch gelegt. Wird die Konferenz die Erwartungen erfüllen? 

Christiane Kersting: Davon bin ich überzeugt! Denn die Konferenz wird weit über das hinausgehen, was man normalerweise von einer solchen Veranstaltung erwartet. Die Konferenz bietet nicht nur Antworten und Lösungen für die tägliche Praxis, sondern wird insgesamt dem Ideenmanagement in Deutschland neue Impulse geben. Anerkannte Experten beziehen Stellung und nennen konkrete Maßnahmen, wie aus Stillstand Weiterentwicklung wird.
 


Zitate


"Alles - von der Ideengenerierung über die Ideenbewertung bis zur Ideenumsetzung - hat mit Emotionen zu tun. Ideen sprechen nicht nur unseren Kopf an, sondern auch unser Gefühl. In jeder Idee steckt ganz viel Herzblut." Christiane Kersting Christiane Kersting, Konferenz Ideenmanagement

 

changeX 03.02.2011. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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