Bücherfrühling

Buchempfehlungen im Frühjahr 2018

 

Welches sind die wichtigen Themen der Zeit? Wo zeichnen sich neue Gedanken, Ideen, Konzepte ab? Dazu hält unsere Buchauswahl einige Lektüreanregungen bereit: Hier unsere aktuelle Bücherliste mit wiederum elf Kurzrezensionen aktueller Titel aus den Wirtschafts- und Sachbuchprogrammen der Verlage - querbeet durch Themen und Disziplinen. Auswahl und Texte: Winfried Kretschmer

Die Donut-Ökonomie Eine Wirtschaftsform für das 21. Jahrhundert

Kate Raworth: Die Donut-Ökonomie. Endlich ein Wirtschaftsmodell, das den Planeten nicht zerstört, aus dem Englischen von Hans Freundl und Sigrid Schmid. Hanser Verlag, München 2018, 416 Seiten, 24 Euro (D), ISBN 978-3-446-25845-7

"Die Revolution der Wirtschaftswissenschaften hat tatsächlich begonnen", schreibt die junge Ökonomin Kate Raworth (Jahrgang 1970). Und sie stellt sich dieser Herausforderung. Ihr Anspruch ist es, die Ökonomie "vom Kopf auf die Füße zu stellen". Raworths Buch Die Donut-Ökonomie will die alten Ideen der ökonomischen Lehre durch neue ersetzen. Es will zeigen, "wie wir lernen können, wie Ökonomen des 21. Jahrhunderts zu denken". Ziel ist es, ein neues ökonomisches Narrativ zu entwerfen, in dessen Mittelpunkt die langfristigen Ziele der Menschheit stehen. Diese Ziele hat Raworth in einem Bild ausgedrückt: Es ist der titelgebende Donut, ein Paar konzentrischer Ringe, die den Raum der Ökonomie abbilden. Innerhalb des inneren Rings - Raworth nennt es das gesellschaftliche Fundament - liegen die großen Geißeln und Nöte der Menschheit wie Hunger und Analphabetentum. Außerhalb des äußeren Rings - der ökologischen Decke - liegen die gravierenden planetaren Probleme wie der Klimawandel und der Verlust der Biodiversität. Zwischen den beiden Ringen entfaltet sich dann "jener Raum, in dem wir die Bedürfnisse aller mit den Mitteln des Planeten befriedigen können" - eine regenerative und distributive Ökonomie. Ein Durchbruch zu dieser neuen ökonomischen Lehre könne aber nur gelingen, wenn die unterschiedlichen kritischen Denkschulen ihre Ansätze miteinander verbinden, sagt Raworth. Und geht das auch gleich an. Ihr Buch versucht eine Synthese von Komplexitätsökonomik, ökologischer und feministischer Ökonomie, Institutionenökonomik und Verhaltensökonomie. Ein furioses Buch, das die Entwicklung eines radikal anderen Denkens über die Wirtschaftsform für das 21. Jahrhundert beherzt angeht. (wk)
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Radikal digital Re-Integration des Menschen in die Wertschöpfung

Reinhard K. Sprenger: Radikal digital. Weil der Mensch den Unterschied macht - 111 Führungsrezepte. DVA Sachbuch, München 2018, 271 Seiten, 25 Euro (D), ISBN 978-3-421-04809-7

Radikal Digital, Reinhard K. Sprengers neuer Titel, reiht sich ein in die bemerkenswerte Serie von Büchern dieses Autors, die den Diskurs über Management und Unternehmensführung in Deutschland beeinflusst, ja geprägt haben. Sprenger ist einer der wichtigsten Stichwortgeber im Lande, und auch mit seinem neuen Buch trifft er ins Schwarze. Der Grundgedanke des Buches beschreibt eine paradoxe Entwicklung: Lange wurde die Firma als "gut geölte Maschine" begriffen, der Mensch hingegen wurde im Prozess des modernen Organisierens sukzessive zurückgedrängt. Genau das ändert sich heute grundlegend: "Paradoxerweise ist es gerade die technische Entwicklung, die die Re-Integration des Menschen in die Wertschöpfung erzwingt. Denn die Digitalisierung hat eine unbeabsichtigte Nebenwirkung: die Neu- und Höherbewertung menschlicher Fähigkeiten", schreibt Sprenger. Diese "Wiedereinführung des Menschen in die Unternehmen" erfolgt in drei parallelen Bewegungen: als Wiedereinführung des Kunden, als Wiedereinführung der Kooperation und als Wiedereinführung der Kreativität. Dahinter steht natürlich ein grundlegend anderes Verständnis von Digitalisierung. Diese ist keine technologische Revolution, sondern ein sozialer Umbruch. Sie bedeutet nicht eine ungehinderte Machtentfaltung der Maschinen, sondern - im Gegenteil - eine Rückbesinnung auf das, was nur Menschen mit ihrer Urteilskraft, ihrer Fähigkeit zu Kritik und Widerspruch und auch ihrer Fähigkeit zum Umgang mit Paradoxem leisten können. Eines der wichtigsten Bücher zum Thema Digitalisierung.
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Formen Strenges Denken

Fritz B. Simon: Formen. Zur Kopplung von Organismus, Psyche und sozialen Systemen. Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2018, 317 Seiten, 54 Euro, ISBN 978-3-8497-0225-0

Formen, das neue Buch von Fritz B. Simon, ist ein Werk von exorbitanter formaler Strenge. Es widmet sich der Fundamentierung einer Weltsicht, die sich fundamental vom dominanten Was-der-Fall-ist-Denken unterscheidet: eine Weltsicht, die auf Konstruktivismus und Systemtheorie fußt und nur in dieser Kombination das doppelte Erkenntnis-Schlamassel beschreiben kann, in dem der moderne Mensch gefangen ist: "Das generelle Problem ist ja", schreibt Simon, "dass jeder Mensch es im Alltag mit unterschiedlichen Bereichen der Wirklichkeit zu tun hat, die unterschiedlichen Spielregeln und Logiken folgen und nicht im Sinne geradliniger Ursache-Wirkung-Beziehungen aufeinander zurückgeführt werden können." Hinzu kommt, und das ist die konstruktivistische Perspektive, dass dieser Mensch "als Beobachter durch die Welt geht, der nicht alles gleichzeitig beobachten kann und eine Auswahl treffen muss". Da ist Verwirrung vorprogrammiert. Formen bietet Vergewisserung in einer komplexen, interdependenten Welt. Wer Orientierung sucht, sollte das Buch zur Hand nehmen. Und findet dort auf zwei, drei, vier Seiten die wichtigsten Strukturmerkmale zusammenhängend dargestellt. Das Buch hält fest, was sich sagen lässt. Und es schweigt, wo sich nichts sagen lässt. Über die Zukunft zum Beispiel. Die nächste Gesellschaft: "ungewiss".
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Clusterfuck Panoptikum der Katastrophen und Kalamitäten

Holm Friebe, Detlef Gürtler: Clusterfuck. Warum Katastrophen uns lieben - und eine selten allein kommt. Carl Hanser Verlag, München 2018, 272 Seiten, 22 Euro (D), ISBN 978-3-446-25838-9

Holm Friebe und Detlef Gürtler holen die Katastrophe heraus aus der Schmuddelecke der verleugneten Tatsachen. "Im Universum strebt alles zum größtmöglichen Chaos, zur Entropie, dem Endzustand maximaler Unordnung. Insofern ist es eine Überraschung, wenn überhaupt etwas gelingt." Das gemeinsame Muster hinter dieser Logik des Misslingens nennen die Autoren Clusterfuck. "Ein Clusterfuck ist ein systemisches Problem, das die Lösungskapazität aller Beteiligten unabwendbar übersteigt." Das gleichnamige Buch geht diesem Phänomen auf den Grund. Clusterfuck ist eine schillernde Geschichte der Missgeschicke, Kalamitäten und Katastrophen des Lebens, erkenntnisreich und anregend zu lesen. Und heilsam gegen die grassierende Erfolgsverliebtheit. Nicht zuletzt ist das Buch eine Fundgrube an Anekdoten und Zitaten. Wie zum Beispiel die Beobachtung Friedrich Dürrenmatts: "Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen." Oder der unvergessene Ausspruch des früheren Bayern-Profis Jürgen Wegmann: "Zuerst hatten wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu."
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Mensch und Maschine Kritik der maschinellen Vernunft

Thomas Ramge: Mensch und Maschine. Wie Künstliche Intelligenz und Roboter unser Leben verändern, mit Illustrationen von Dinara Galieva. Reclam Verlag, [Was bedeutet das alles?], Stuttgart 2018, 96 Seiten, 6 Euro (D), ISBN 978-3-15-019499-7

"Wer die Chancen und Risiken einer neuen Technologie erkunden möchte, muss zunächst die Grundlagen verstehen", sagt der Wirtschafts- und Technologiejournalist und Buchautor Thomas Ramge. Eben diese erklärt er in seinem sehr empfehlenswerten kleinen Reclam-Bändchen Mensch und Maschine. Er erläutert, wie Computer das Lernen lernen und warum sie darin immer besser werden. Und er macht klar, worin das disruptive Potenzial künstlicher Intelligenz liegt: "der radikal verändernde Charakter der digitalen Technologie schafft unberechenbare Veränderung". Als neue Querschnitttechnologie schaffen aus Daten lernende Systeme, so die Diagnose, "die Voraussetzung für Innovationen, von denen wir heute noch keine Vorstellung haben können, wie sie aussehen und was sie verändern werden". Das Problem dabei: Unfehlbar ist die Technologie keineswegs. Künstliche Intelligenz unterliegt denselben Erkenntnisbeschränkungen wie die menschliche. Die Antwort des Menschen könne nur die "Rückbesinnung auf den Ausgangspunkt der Aufklärung sein", schreibt Ramge: "Wir müssen alles kritisch hinterfragen, was die Maschine uns sagt." Die Entwicklung der Fähigkeit dazu, wenn man so will, eine Kritik der maschinellen Inteilligenz, ist eine der zentralen Aufgaben der Zukunft. Fazit: "Künstliche Intelligenz kann uns das Denken nicht abnehmen."
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Deutschland neu denken Zukunft für alle

Klaus Burmeister, Alexander Fink, Karlheinz Steinmüller, Beate Schulz-Montag: Deutschland neu denken. Acht Szenarien für unsere Zukunft. oekom verlag, München 2018, 248 Seiten, 24 Euro (D), ISBN 978-3-96238-018-2

Um einen umfassenden Zukunftsdiskurs anzustoßen, hat die Initiative D2030 unter Beteiligung interessierter Bürger und Bürgerinnen und mit Unterstützung von Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft acht Szenarien für Deutschland im Jahr 2030 entworfen. Die Diagnose: Unser Land fährt in turbulenten Zeiten auf Sicht, während wir doch eine Landkarte für eine langfristige zukunftssichere Entwicklung Deutschlands bräuchten. Deutschland neu denken will eine solche Landkarte der Zukunft des Landes entwerfen. Das Fazit: "Die große Herausforderung wird es sein, die Industrienation Deutschland im laufenden Betrieb neu zu erfinden." Die Blaupause oder den Masterplan für die Entwicklung des Landes kann es aber nicht geben. Wohl aber ein Narrativ, eine sinnstiftende Erzählung, die den sich vollziehenden Wandel erklärt. Dieses Narrativ finden die Autoren in der Uneindeutigkeit der Lage. Denn wo der Weg in die Zukunft unklar ist, sind auch die Schritte in diese Richtung suchend und tastend. "Die große Transformation, das neue Narrativ für eine robuste Zukunftsentwicklung entsteht im Prozess - dort, wo gelebt, gearbeitet, gedacht und entschieden wird." Ein wichtiger Anstoß für die längst überfällige Debatte über die Zukunft des Landes.
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Taumelnde Giganten Kontrollierte Selbstzerlegung

Weert Canzler, Andreas Knie: Taumelnde Giganten. Gelingt der Autoindustrie die Neuerfindung?. oekom verlag, München 2018, 160 Seiten, 13 Euro (D), ISBN 978-3-96238-019-9

Ein wichtiger Anstoß für das Nachdenken über die Zukunft ist auch das Buch von Weert Canzler und Andreas Knie. Die beiden Berliner Forscher arbeiten unermüdlich an Konzepten für eine postfossile, postautomobile Mobilität. In ihrem neuen Buch Taumelnde Giganten stellen sie nun die Frage nach der Zukunft der Automobilindustrie. Ihre Diagnose: Das "Versprechen von einem eigenen Auto als wichtiger Teil des privaten Glücks" trage "weder als Idee noch repräsentiert es die praktizierte Verhaltensweise der Mehrheit". Vielmehr zeichne sich ein neues Mobilitätsverständnis ab: "Es entsteht eine urbane Mobilitätskultur mit multimodalen Lösungen, getriggert durch digitale Plattformen, die eine Stadt zu einem großen Fuhrpark voller Optionen verwandeln." Was aber geschieht dann mit der Automobilindustrie? Die Autoren empfehlen "eine proaktiv eingeleitete und kontrollierte Selbstzerlegung". Die Hersteller sollten ihre Produktion unter einem gemeinsamen Dach bündeln, Aufgabe des Staates wäre wiederum, "experimentelle Regulierungsräume" zu eröffnen, in denen gemeinsam mit den Autofirmen neue Mobilitätskonzepte entwickelt und erprobt werden könnten. Klar aber sei, so Canzler/Knie: "Deutschland steht vor einer gesellschaftspolitischen Richtungsentscheidung."
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Future Room Verborgene Zukunft

Harry Gatterer: Future Room. Entdecken Sie die Zukunft Ihres Unternehmens. Murmann Publishers, Hamburg 2018, 192 Seiten, 39.90 Euro (D), ISBN 9783867745956

Tun wir uns als Individuen schon schwer, einen klaren Blick für die Zukunft zu gewinnen, gilt dies in besonderem Maße für Unternehmen. Enorm viele Kategorien überlagern sich, wenn wir an die Zukunft denken, schreibt Harry Gatterer, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts. Und "oft werden Trendwörter verwendet, ohne dass ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge zugrunde liegt." Ergebnis ist ein unklares und verworrenes Bild der Zukunft. Mit seinem Konzept (und Buch) Future Room will Gatterer eine Möglichkeit anbieten, unser Denken und Fühlen für diese neue Realität zu sensibilisieren. Zwei miteinander korrespondierende Zugänge zeichnen den Future Room aus. Erstens Mehrdimensionalität: Zukunft ist eben keine Fortschreibung der Gegenwart. Sondern "sie entfaltet sich in Zyklen, Kaskaden und komplexen Abläufen". Der Future Room ist daher mehrdimensional angelegt. Zweitens implizites Wissen: In jeder Organisation schlummert Wissen über die Zukunft, nur eben nicht in expliziter, sondern in impliziter Form - "vorhandenes oder nicht vorhandenes Wissen, von dem wir gar nicht wissen, dass wir es nicht wissen". Der Future Room soll es Unternehmen ermöglichen, dieser verborgenen Zukunft auf die Spur zu kommen, sie zu entdecken und zu gestalten. So ist es zu verstehen, wenn Gatterer schreibt: "Jedes Unternehmen hat Zukunft, wenn man sie erkennt."
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Digitalisieren mit Hirn Mitarbeitende zu Verbündeten machen

Sebastian Purps-Pardigol, Henrik Kehren: Digitalisieren mit Hirn. Wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter für den Wandel gewinnen. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2018, 224 Seiten, 34 Euro (D), ISBN 978-3-593-50842-9

Gegen die technologiefixierte und technikoptimistische Haltung des Silicon Valley wendet sich auch das neue Buch von Sebastian Purps-Pardigol (zusammen mit Henrik Kehren) Digitalisieren mit Hirn. Die Autoren stellen fest: "Je mehr das Maß der Digitalisierung in einer Organisation steigt, desto mehr braucht auch ein weiterer Aspekt genügend Aufmerksamkeit: die Menschlichkeit." Bei der digitalen Transformation gehe es weniger darum, was man tut, sondern wie man es tut, so die Autoren. Denn das Wie entscheide darüber, ob es gelingt, die Mitarbeitenden zu Verbündeten zu machen, die die Transformation leben und mittragen. Für die Autoren ist das der entscheidende Punkt: die Mitarbeitenden zu gewinnen. Das beginnt mit Verstehbarkeit: "Menschen brauchen ein Warum und Wofür", so die Autoren. In ihrem Buch geben sie, gestützt auf Erkenntnisse von Hirnforschung und Verhaltensökonomie, zahlreiche Hinweise, wie sich die Beschäftigten für Veränderung gewinnen lassen. Das illustrieren die Autoren mit zahlreichen Praxisbeispielen aus zwölf Unternehmen, die die eigene digitale Transformation "vorbildhaft vorantreiben", so das Buch. Lesenswert wie schon das erste Buch von Purps-Pardigol, in dem er die Erkenntnisse der Hirnforschung als Argument für ein menschenzentriertes Unternehmen stark macht.
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Change mich am Arsch Vom Kaputtverändern

Axel Koch: Change mich am Arsch. Wie Unternehmen ihre Mitarbeiter und sich selbst kaputtverändern. Econ Verlag, Berlin 2018, 304 Seiten, 16 Euro (D), ISBN 978-3-430202459

Change Management, das war mal so etwas wie die Königsdisziplin im Management. Das war einmal. Heute verströmt Change in etwa den Sexappeal eines Gantt-Diagramms und ist mit seiner Ausrolllogik tief im alten Prozessdenken verhaftet. Der Bedeutungsverlust der Disziplin lässt sich an dem neuen Buch von Axel Koch ablesen: Change mich am Arsch heißt es. Und handelt davon, "wie Unternehmen ihre Mitarbeiter und sich selbst kaputtverändern". Konsequent schreibt Koch aus der Perspektive der Mitarbeiter, aus der Sicht derer also, über deren Köpfen der ganze Change-Wahnsinn sich in Form immer neuer Restrukturierungs- und Transformationsprogramme zusammenbraut. Kochs Kritik entzündet sich daran, wie viele Unternehmen Change betreiben: über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg. Doch "Change geht immer nur mit den Mitarbeitern". Wenn aber Change über ihre Köpfe hinweg passiert, dann müssen sich die Mitarbeiter wappnen: indem sie auf ihre Intuition vertrauen, gezielt ihre Qualifikation weiterentwickeln und achtsam sind gegenüber Alarmsignalen des eigenen Körpers. Koch geht es um eine "Veränderungsbalance", die die Menschen in die Lage versetzt, schwierige Zeiten zu überstehen, ohne krank zu werden oder auszubrennen. Die sie als Mensch stark macht gegenüber dem machtheischenden System Firma. Ein Hinweis, der gehört werden sollte.
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The Four Wachstum ohne Wohlstand

Scott Galloway: The Four. Die geheime DNA von Amazon, Apple, Facebook und Google. Plassen Verlag, Kulmbach 2017, 320 Seiten, 24.99 Euro (D), ISBN 9783864704871

Was im Silicon Valley zählt, ist der wirtschaftliche Erfolg: das "bigger", die Fähigkeit zur Monopolbildung. Vier Technologiegiganten sind hierbei die leuchtenden Vorbilder: Apple, Amazon, Facebook und Google. Der US-amerikanische Marketingprofessor und Autor Scott Galloway nennt sie die "vier Reiter" - mit einer positiven und einer negativen Konnotation: "Die Vier verkörpern Gott, Liebe, Sex und Konsum und bereichern täglich das Leben von Milliarden Menschen." Das ist die eine Seite. Die andere Seite jedoch erinnert an die vier apokalyptischen Reiter aus der Bibel. Denn "nur verstörend wenige ernten den wirtschaftlichen Nutzen" der Konzernaktivitäten, beklagt Galloway. Die digital ermöglichte Hyperproduktivität erzeuge Wachstum, aber nicht unbedingt Wohlstand. Und sie ist im Begriff, eine neue Form der Herrschaft zu begründen. Eine neue Art von Plattformmonopol: "Letztlich sind die einzigen Konkurrenten der Vier … die anderen drei." Obwohl das Buch manchmal reichlich einfach gestrickt ist und mit einer mitunter anbiedernden und deftigen Sprache aufwartet, bietet es eine fundierte, faktenreiche und mitunter verstörende Analyse der Strategie der vier Technologiegiganten.
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