Die Entfremdung überwinden
Europäer beraten Europäer.
| Folge 6: Detlev Samland über Pleons Mittlerrolle zwischen Wirtschaft und Politik. |
Wirtschaft und Politik haben sich einander entfremdet. Schon längst gibt es kaum noch vertrauensvolle Zusammenarbeit - obwohl beide Seiten nach wie vor voneinander abhängig sind. Der Vermittlungsbedarf zwischen Wirtschaft und Politik ist größer denn je, besonders auf internationaler Ebene. Eine herausfordernde Aufgabe für Pleon.
Pierre-Louis Morin
Detlev Samland, Europäischer Direktor Public Affairs von Pleon.
Politik und Wirtschaft sind einander fremd geworden. Unverständnis, Missachtung und Desinteresse prägen heute das einstmals so leidenschaftliche Kräftespiel zwischen den beiden großen Akteuren des gesellschaftlichen Wandels. Die Gründe dafür sind, wie bei Beziehungskrisen üblich, auf beiden Seiten festzumachen.
In die Chefetagen der Unternehmen zieht eine neue Generation von Führungskräften ein: Sie ist stark am Shareholder-Value orientiert und geht deutlich stärker auf Distanz zur Politik als ihre Vorgänger. Die "alte Führungsgarde" hatte, trotz aller Differenzen, stets das Primat der Politik akzeptiert. Denn schließlich sind die politisch Handelnden mit ihrem Mandat aus freien Wahlen hervorgegangen und müssen sich - anders als ein Unternehmer - diesen Wählern gegenüber kontinuierlich legitimieren.
Aussagen wie: "Wenn sich die Steuerpolitik nicht verändert, verlagern wir den Firmensitz in die Schweiz", sind nicht mehr die Ausnahme. Politische Strukturen und Prozesse sind dieser neuen Generation von Unternehmern suspekt. Die im Topmanagement durchaus verbreitete Meinung, in einer globalisierten Welt seien die vorhandenen Politikstrukturen unfähig, adäquate Antworten auf die Herausforderungen der Wirtschaft zu geben, führen zur Abwendung von politischen Entscheidungsstrukturen - und vergrößern die Distanz zu den politischen Entscheidern.

Feindbild Wirtschaft.


Auf der Seite der Politik hat sich andererseits auch ein Maß an Zurückweisung der Wirtschaftsinteressen entwickelt, das dem gesamten volkswirtschaftlichen Interesse nicht förderlich ist. Der berühmten Frage nach dem "Henne-und-Ei"-Aspekt will ich hier nicht nachgehen. Aber wenn der Aufsichtsratsvorsitzende einer großen deutschen Bank die Möglichkeit in den Raum stellt, den Sitz des Unternehmens ins Ausland zu verlagern, und der stellvertretende Fraktionsvorsitzende einer Regierungspartei ihn daraufhin auffordert, dann auch das Wort "Deutsch" aus dem Unternehmensnamen zu streichen, so zeugt dies nicht von enger oder gar vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik.
Objektiv hat die Abhängigkeit zwischen Wirtschaft und Politik nicht abgenommen, maximal hat sie sich teilweise von der nationalen auf eine internationale Ebene verlagert. Denn Fragen wie Deregulierung, Beihilfe- und Wettbewerbsrecht, Steuer- und Finanzpolitik, Forschungs- und Entwicklungsprozesse, Verbraucherschutz und Kennzeichnungspflichten, Handels- und Währungspolitik sind nur einige Felder, in denen die Unternehmen unmittelbar betroffen sind. Und bei denen die Kenntnis der Wirkung auf die wirtschaftlichen Prozesse für Politikentscheidungen unumstößlich notwendig sind. Wenn allerdings schon die Artikulierung der Interessen der Wirtschaft als Angriff auf die Politik verstanden wird, dann zeigt auch das, welche Distanz zu den ökonomischen Prozessen in der Politik besteht. Wenn etwa die Einführung einer neuen Logistiktechnologie bereits vor der Prüfung ihres innovativen Charakters mit dem Datenschutzrecht politisch abgeschmettert wird, dann ist das eine Einladung für die Verlagerung von Technologien in innovationsfreundlicheres Ausland.

Es gibt Vermittlungsbedarf.


Die Politik steht eben auch vor der Aufgabe, in einer veränderten Welt ihre Rolle neu zu bestimmen. Moderne politische Steuerung setzt voraus, dass der Staat zunehmend die Rolle des aktivierenden, moderierenden und rahmensetzenden Handlungstreibenden übernimmt. Das verlangt auf Seiten der Politik sowohl Reformkompetenz, also zu wissen, wie Prozesse zu gestalten sind, damit das Reformziel erreicht werden kann, als auch Reformkonsistenz, also eine Perspektive, die über das Ende der Maßnahmen hinausreicht. Das wiederum ist nur denkbar und möglich, wenn Politik und Wirtschaft in einem engen Dialog stehen, getragen von gegenseitiger Achtung der jeweiligen Positionen.
Der Vermittlungsbedarf zwischen Wirtschaft und Politik ist also größer denn je - eine kommunikativ-inhaltliche Herausforderung, bei der sich die Politikberatung in der Rolle des Brückenbauers bewähren kann. Allerdings geht diese Aufgabe weit über das klassische Lobbying hinaus, denn eine solche Aufgabe setzt auch ein neues Verständnis für Politikberatung voraus. Die Zukunft der Beraterbranche liegt nach meiner Auffassung darin, die edle Ware der inhaltlichen Kompetenz zu beherrschen. Da tritt die Kontaktpflege in die zweite Reihe zurück. Politikberater müssen mehr wissen als diejenigen, die sie zusammenbringen wollen. Sie müssen die Anliegen der Wirtschaft begreifen und mit der Kenntnis politischer Strukturen auf ihre Durchsetzungsfähigkeit hin überprüfen. Sie müssen die Wirtschaft bereits in der Positionierung beraten und dann mit der Vielzahl der kommunikativen Instrumente rechtzeitig auf politische Prozesse einwirken. Das setzt ein hohes Maß an Qualität im Beratergewerbe voraus. Und, bedingt durch die Verlagerung der politischen Entscheidungsstrukturen auf die europäische Ebene, auch ein hohes Maß an Kenntnis der politischen Prozesse, zum Beispiel in den anderen EU-Ländern. Denn nirgendwo anders ist die Offenheit für Beratung so hoch wie bei der Administration in Brüssel. Entgegen den üblichen Vorurteilen sitzen dort nicht etwa "verrückte Bürokraten", sondern höchst kompetente Fachleute, die sehr wohl daran interessiert sind, zu erfahren, was ihre Gesetze bei den betroffenen Branchen oder Unternehmen bewirken. Erfolgversprechend ist hier nur eine Beratung, die eigene Interessen konstruktiv transparent macht, ganz konkret und glaubwürdig argumentiert und konkrete Vorschläge unterbreitet. Das Lamentieren und Ablehnen von Vorschlägen wird hier nicht zielführend sein.

Beratung im internationalen Kontext.


Eine solche Beratung braucht Verständnis- und Verständigungsprofis, die wirtschaftliche und politische Kenntnis verknüpfen und mit den Instrumenten der Kommunikation transportieren - auf regionaler ebenso wie auf internationaler Ebene. Pleon stellt sich dieser Aufgabe - als europaweit vernetztes Beratungsunternehmen, das Politik und Wirtschaft nicht einfach nur global, sondern multilokal versteht: im jeweiligen Kontext seiner regionalen Standorte und mit der Kompetenz lokaler Spezialistenteams, die eng am Geschehen sind und Entwicklungen frühzeitig aufspüren - von Brüssel bis Berlin, von Amsterdam bis Rom, von London bis Wien und weit über Europa hinaus. Immer noch betrachten Politik, Wirtschaft und Journalismus die Welt durch ihre nationale Brille - im internationalen Kontext kommt man mit diesem Tunnelblick nicht mehr weit. Auch die großen ökonomischen und politischen Themen von heute und morgen sind damit nicht zu bewältigen.
Ein solcher Ansatz des Zusammenspiels von Wirtschaft und Politik ist professioneller, differenzierter und vor allem nachhaltiger. Wirtschaft muss sich auch über die jeweiligen spezifischen Einzelinteressen hinaus als Partner der Politik zur Verfügung stellen. Nachhaltigkeit ist eine Voraussetzung dafür, wieder von Politik ernster genommen zu werden. Und die gesellschaftspolitischen Anforderungen an die Wirtschaft verlangen stärker als in der Vergangenheit über so genannte Corporate Social Responsibility nicht nur Veränderungen von der Politik einzuklagen, sondern Veränderungen selbst zu gestalten. Sich selbst zu engagieren in gesellschaftspolitischen Projekten, den Nachweis zu führen, dass man selbst die Ärmel hochkrempelt und nicht nur lamentiert, sind wichtige Elemente für eine umfassende Strategie der Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse. Auch hier ist die Beraterbranche gefordert.
Ein stärkeres Zusammenwirken zwischen Wirtschaft und Politik kann man nicht wie mit einem Lichtschalter, den man umlegt, bewirken. Der Prozess der Entfremdung kann nur durch einen Prozess der Annäherung umgekehrt werden. Dabei kann ein Unternehmen wie Pleon einen wesentlichen Beitrag leisten.

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Detlev Samland ist Europäischer Direktor Public Affairs von Pleon, eines in Europa führenden PR-Beratungsunternehmens und einer Tochter von BBDO Europe.

Weitere Informationen:
www.pleon.com

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