Design quergedacht

Querdenken - Die Logik des Designs - das neue Buch von Daniel Blahudka
Rezension: Katharina Lehmann

Dem Design kommt heute eine zentrale Rolle zu. Denn das Design der Dinge, die wir täglich benutzen, beeinflusst in hohem Maße unser Denken über sie und unseren Umgang mit ihnen. Zeit also, Design nicht mehr nur als Ästhetik der Form zu verstehen, sondern es in seiner gesamtgesellschaftlichen Bedeutung wahrzunehmen. Und mit wem gelänge das besser als mit Niklas Luhmann?

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Was ist Design? Was Kreativität? Und wie entstehen eigentlich Innovationen? Diesen Fragen nähert sich Daniel Blahudka in seinem Buch Querdenken - Die Logik des Designs von der systemtheoretischen Ebene. Aufbauend auf Niklas Luhmanns Theorie der autopoietischen, sozialen Systeme untersucht Innovationsmanager Blahudka, wie Design "unser Denken über die Dinge des täglichen Lebens" leitet. 

"Über das Design lernen wir, die Objekte unserer Welt zu verstehen und uns entsprechend zu verhalten", konstatiert Blahudka. Denn die Art und Weise, wie wir Dinge benutzen, hänge zu großen Teilen von deren Design ab. Egal, ob wir eine Taste fest drücken oder zärtlich über ein Display streichen; ob wir die Funktion eines Produkts intuitiv verstehen oder langweilige Bedienungsanleitungen lesen; ob wir stolz auf unser neues Mobiltelefon sind und es präsentabel vorzeigen oder es vielleicht lieber in der Tasche lassen, wenn wir es nicht unbedingt benötigen. "Dabei kann man über Design vortrefflich streiten."


Design im gesamtgesellschaftlichen Kontext


Nicht streiten, sondern analysieren will Daniel Blahudka. Und dazu nutzt er die luhmannsche Systemtheorie. "Die neuere Systemtheorie bietet ein elaboriertes Instrumentarium, das es ermöglicht, das Design im gesamtgesellschaftlichen Kontext auf Basis von Kommunikation zu analysieren", erklärt er im Vorwort. "In der Kombination mit der Semiotik als universale Erkenntnistheorie ergibt sich eine Reflexionsebene, auf deren Basis das Design als kreative Disziplin umfassend untersucht werden kann." Dabei ermöglicht gerade die Systemtheorie einen Distanzgewinn, mit dem die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachtet werden können.  

"Vor dem Hintergrund dieses Denkgebäudes wird versucht, die Disziplin des Designs in ihrer Gesamtheit zu analysieren und ihre charakteristischen Operationsweisen herauszuarbeiten", erklärt Blahudka weiter. Im Fokus stehen dabei grundsätzliche Überlegungen zur spezifischen Funktion sowie der Ausdifferenzierung des Designs gegenüber den Systemen Wirtschaft, Kunst und Wissenschaft. Darauf aufbauend versucht sich der Autor an einer möglichen systemspezifischen Codierung des Systems Design, auf deren Basis die Autopoiesis über fortlaufende Kommunikation systemspezifische von systemfremden Elementen trennen kann - und findet diese schließlich in der Philosophie des Pragmatismus nach Charles Sanders Peirce. Abschließend werden die Wechselwirkungen zwischen dem Design und anderen Systemen untersucht.


Querdenken im System


Mit Querdenken - Die Logik des Designs räumt Daniel Blahudka auf mit den gängigen Klischees, Design diene der Ästhetisierung von Alltagsprodukten, der Optimierung technischer Funktionen oder schlicht der Gewinnmaximierung wirtschaftlicher Unternehmen. In seiner umfassenden Analyse fordert der Innovationsmanager, neben den ästhetischen und funktionalen auch die kulturellen und sozialen Aspekte des Designs als kulturbildende und kulturabhängige Disziplin zu betrachten. "Der übergreifende Einfluss des Designs auf die gesamte Kultur, auf die Gesellschaft als Ganzes resultiert aus der Erzeugung von Objektkontingenz und den daraus resultierenden Irritationseffekten." Und eben solche Irritationen braucht es, um Dinge anders zu sehen - eine Voraussetzung für Innovation: "Wenn man immer denkt, wie man schon immer gedacht hat oder wie es der Vernunft genehm erscheint, so kommt man niemals auf neue Ideen. Erst wenn man einmal den Mut zum Querdenken aufbringt und sich traut, die Dinge einmal anders zu sehen, ergibt sich die Möglichkeit, aus dieser veränderten Sicht andere Schlüsse als die gewohnten zu ziehen."  

Kernaussage: Design ist nicht Wirtschaft, nicht Kunst, nicht Technik, ist weder einfach nur chic, noch einfach nur funktional - Design ist viel mehr.  


Zitate


"Über das Design lernen wir, die Objekte unserer Welt zu verstehen und uns entsprechend zu verhalten." Daniel Blahudka: Querdenken - Die Logik des Designs

"Der übergreifende Einfluss des Designs auf die gesamte Kultur, auf die Gesellschaft als Ganzes resultiert aus der Erzeugung von Objektkontingenz und den daraus resultierenden Irritationseffekten." Daniel Blahudka: Querdenken - Die Logik des Designs

"Wenn man immer denkt, wie man schon immer gedacht hat oder wie es der Vernunft genehm erscheint, so kommt man niemals auf neue Ideen. Erst wenn man einmal den Mut zum Querdenken aufbringt und sich traut, die Dinge einmal anders zu sehen, ergibt sich die Möglichkeit, aus dieser veränderten Sicht andere Schlüsse als die gewohnten zu ziehen." Daniel Blahudka: Querdenken - Die Logik des Designs

 

changeX 18.09.2015. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Querdenken. Die Logik des Designs. Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2015, 256 Seiten, 24.95 Euro, ISBN 978-3-89670-993-6

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Autorin

Katharina Lehmann
Lehmann

Katharina Lehmann ist freie Journalistin in Berlin. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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