Artisten der Wirtschaft

Insgesamt 56 Beiträge gingen zwischen dem 20. April und dem 20. Mai zur Blogparade "Mehr Wertschätzung für Solounternehmer" ein. Sie alle sind sehr lesenswert. Viele Beiträge enthalten konkrete und nützliche Tipps für mehr Selbstwertschätzung und mehr Wertschätzung von Kunden und behandeln darüber hinaus noch zahlreiche andere Aspekte, zum Beispiel wissenschaftliche Grundlagen von Wertschätzung, Solounternehmer und Banken, Tipps für Preisgespräche, für Websitegestaltungen und vieles mehr. Zusammengenommen ermöglichen sie einen einzigartigen Einblick in die Lebenswirklichkeit von Solounternehmern. 

Eine Blogparade ist keine wissenschaftliche Studie. Eine Blogparade lebt vom Engagement der Beteiligten: Ein Blogbetreiber ergreift die Initiative, indem er ein Thema nennt und den Zeitraum festlegt, in dem zu diesem Thema Beiträge gesammelt werden. Jeder daran Interessierte kann sich dann beteiligen. Im initiierenden Blog werden alle Artikellinks gesammelt und gebündelt.  

Die Blogparade "Mehr Wertschätzung für Solounternehmer" hat offenbar einen Nerv vieler Selbständiger getroffen. Vom ersten Tag an zeigte sich hohe Resonanz. Die Zahl der Beiträge war ein Gradmesser dafür. Ein anderer war das spürbare emotionale Engagement.

Liebeserklärung für Solounternehmer

Was sehr deutlich wurde: Solounternehmer sind keine Bonsai-Version "richtiger" Unternehmer. Sondern sie erbringen einen eigenständigen Beitrag, der einen eigenständigen Wert hat.  

Die Rede ist dabei vorrangig von solchen Selbständigen, die mit Herzblut bei ihrer Sache sind, die ihre besonderen Talente verwirklichen wollen und echtes Interesse daran haben, gute Lösungen für die Kunden zu finden. Die Mehrheit der Teilnehmer stammt aus dem Dienstleistungsbereich: Berater, Texter, Coachs, Marketing- und PR-Fachleute, Vertriebsspezialisten, Trainer, Webdesigner und andere mehr.  

Sie sind interessant für Kunden: Denn sie bieten neben fachlicher Kompetenz persönliche Betreuung, schnelle Reaktionen, kurze Wege, besondere Perspektiven, einen einzigen Ansprechpartner für den Kunden und oft besonderes Engagement. Auch die eigene unternehmerische Erfahrung kann ein Plus für die Kunden sein, sodass man auf Augenhöhe kommunizieren kann.

Beitrag für die gesamte Wirtschaft

Solounternehmer leisten auch volkswirtschaftlich Erhebliches. In Deutschland sind es rund 2,6 Millionen Selbständige, die ohne feste Mitarbeiter arbeiten. Hinzu kommen circa 238.000 in Österreich und rund 156.000 in der Schweiz.  

Auch wenn sie keine klassischen Arbeitsplätze schaffen, schaffen sie Arbeit. Denn sie kaufen Computer und Schreibtische, beauftragen Dienstleister - Steuerberater, Rechtsanwälte, Marketing- und PR-Berater, Coachs -, mieten Büro- und andere Räume und vieles mehr.  

Darüber hinaus sind sie Vorreiter einer neuen Kultur, in der jeder Einzelne seine Einzigartigkeit verwirklichen kann und gemeinsam mit anderen neue Formen der Zusammenarbeit verwirklicht.

Warum "wir" statt "ich"?

Unabhängig von der jeweiligen Spezialisierung verdienen Solounternehmer schon deshalb Anerkennung, weil sie den Schritt in die Selbständigkeit gewagt haben und sich trotz aller Hindernisse, Frustrationen und Engpässe nicht aufhalten lassen.  

Solounternehmer sind so etwas wie Artisten der Wirtschaft: Ihr Erfolg hängt vom Geschick ab, unablässig mit zahlreichen Rollen zu jonglieren, angefangen vom strategischen Lenker des Unternehmens bis zum Reinigen der Büroräume, und der Kunst, dabei nichts fallen zu lassen.  

Wie kommt es dann, dass viele Solounternehmer nicht selbstbewusst dazu stehen, dass sie eine One-Man- oder One-Woman-Show sind? Dass auf vielen Websites von "wir" die Rede ist statt - wie es zutreffend heißen müsste - von "ich"? Warum also "Wir bieten …" statt "Ich biete …"?  

Die Sorge, als Einzelkämpfer keine interessanten Aufträge zu erhalten, mag eine Rolle spielen. Das gesamtgesellschaftliche Klima, in dem entweder klassische Mittelständler gewürdigt werden oder Technologie-Start-ups, aber nicht der Webdesigner im Homeoffice oder Coworking-Space, mag ebenfalls beitragen.

Zeig dich so, wie du bist - steh selbstbewusst dafür ein!

Doch die Botschaft aus den Beiträgen zur Blogparade ist eine andere. Die Botschaft, die sich wie ein roter Faden durch zahlreiche Beiträge zieht, lautet: Zeig dich so, wie du bist. Sei stolz auf das, was ist. Steh selbstbewusst dafür ein.  

In teilweise sehr persönlichen und berührenden Erfahrungsbeispielen ermutigen Autoren der Blogparade dazu, das Versteckspiel hinter sich zu lassen und stattdessen selbstbewusst und offensiv die Vorteile der eigenen Situation und Leistung für den Kunden herauszustellen.  

Die Erfahrungen damit werden als durchweg erfreulich geschildert. Kunden reagieren positiv. Die Sorge vor dem Entdecktwerden entfällt, weil von vornherein die Karten klar auf dem Tisch liegen. Man kann sogar auf diese Weise besonders attraktiv für Kunden sein.

Selbstwertschätzung, die von innen kommt

Die Art und Weise, wie man sich nach außen präsentiert, ist allerdings nur ein Teil des Gesamtbildes. Es geht auch um die innere Haltung zu sich selbst.  

Aufträge annehmen, weil man das Geld braucht, auch wenn eine innere Stimme warnt; Kundenbeziehungen aufrechterhalten, in denen das Gleichgewicht nicht (mehr) stimmt; zu allen Anforderungen "Ja" sagen - wohl jeder Selbständige hat schon derartige Situationen erlebt. Folge ist häufig, dass diese Aufträge anstrengend sind, wenig Freude machen und man oft genug dem Geld noch hinterherlaufen muss.  

Doch es kann sich ändern. Wer bereit ist, sich innerlich mit sich selbst auseinanderzusetzen, mit den eigenen Wünschen, Ängsten und sonstigen Gefühlen, kann erleben, dass andere Kunden kommen. Dass die Arbeit mit diesen Kunden leichtfällt und Freude macht. Dass höhere Preise akzeptiert werden und Zahlungen pünktlich erfolgen.  

Es sind solche Beispiele, die Mut machen für andere. Die inspirieren und den Rücken stärken.

Die Freiheit, etwas Großartiges zu tun

Selbstwertschätzung hat letztlich viel damit zu tun, ehrlich zu sich selbst zu sein: die eigenen Stärken wahrzunehmen und auch die Punkte, bei denen Verbesserungspotenzial besteht. Sich der eigenen Werte, Wünsche und Bedürfnisse bewusst zu sein und diese auch zu äußern. Achtsam zu sein für Gefühle und sich frei zu machen von der Vorstellung, dass diese im Business nichts verloren hätten.  

Solounternehmer haben wie niemand sonst die Chance, als ganze Menschen aktiv zu sein. Sie können ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen in hohem Maße selbst gestalten. Sie können ihre Talente und Visionen verwirklichen und dabei mit Kopf und Herz bei der Sache sein.  

Sie haben die Freiheit, etwas Großartiges zu tun. Ein Funkeln in den Augen der Kunden zu erzeugen - und Wirkungen, die über die Kundenbeziehung hinausgehen und in die gesamte Wirtschaft ausstrahlen.

Wunsch nach einer Unternehmerbewegung

Je mehr das gelingt, desto mehr werden neue Formen der Zusammenarbeit möglich. Statt sich als Wettbewerber misstrauisch zu beäugen, können Kooperationen verschiedenster Art erprobt werden. Wenn jeder seine eigenen Stärken verwirklicht, entstehen nahezu automatisch Gelegenheiten, ergänzende Leistungen von anderen zu beziehen.  

Eine Blogparade ist bereits eine innovative Form des Miteinanders. Die Einzelnen werden auf andere Weise sichtbar als nur durch Artikel im eigenen Blog. Gemeinsamkeiten und Unterschiede werden erkennbar. Bestehende Beziehungen können sich vertiefen und neue geknüpft werden. Im Entstehen begriffene Visionen können weitere Nahrung erhalten.  

Eine solche Vision zeigte sich auch in der Blogparade: dass nämlich innerlich starke und freie Solounternehmer den Nukleus einer neuen Unternehmerbewegung bilden können. Mehrere Beiträge der Blogparade lassen eine derartige Vision aufscheinen. Und es lohnt sich, weiter daran zu arbeiten.