Im eigenen Takt

Fünfeinhalb Fragen an Eva Brandt

Jeder Mensch tickt anders. Das gilt auch für den Umgang mit der Zeit. Der Takt der Persönlichkeit ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, sagt eine Expertin für Zeitmanagement. Keine Verhaltensweise im Umgang mit der Zeit lässt sich deshalb eins zu eins auf einen anderen übertragen. In vielen Unternehmen ist dieses Wissen aber noch nicht angekommen.

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Zeit lässt sich nicht managen, denn unser Umgang mit ihr folgt unserem ganz persönlichen Takt. Sagt Eva Brandt. 

Dr. Eva Brandt ist Unternehmensberaterin, Trainerin, lizenzierter Businesscoach und Autorin sowie Lehrbeauftragte für Kommunikation an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Sie ist Autorin des Buchs Zeitmanagement im Takt der Persönlichkeit, erschienen bei Beltz.
 

Wie sieht Zeitmanagement im Takt der Persönlichkeit konkret aus? 

Im ersten Schritt ist es hilfreich, seine Zeitpersönlichkeit zu bestimmen. Gesellige Persönlichkeiten schätzen es beispielsweise, nicht unter Zeitdruck gesetzt zu werden. Für sie ist es besonders wichtig, sogenannte "Zeitairbags" in ihre Planung einzubauen, durch die sie den Druck ausgleichen können. Macher hingegen lieben Druck und gewinnen dadurch erst ihr bestes Leistungsniveau. Aus diesem Grund schätzen sie es, die dringenden und wichtigen Aufgaben zuerst zu machen, während sie die wichtigen, nicht dringenden Aufgaben weniger beachten. Allein das Bewusstsein, diese sogenannten B-Aufgaben besonders in den Blick zu nehmen, bringt sehr viel Effektivität.
 

Was bringt es mir eigentlich, zu wissen, was für ein Zeittyp ich bin - vor allem, wenn ich alleine arbeite? 

Wenn ich weiß, welcher Typ ich bin, dann erkenne ich, was meine größten Herausforderungen in der Arbeit sind. Und wenn ich diese Hürden kenne, kann ich meine konkreten Werkzeuge dafür einsetzen, nicht mehr daran hängen zu bleiben. Ein Macher beispielsweise neigt immer dazu, dass er sich zu viel auflädt, weil er weiß, dass er unter Druck die allerbeste Leistung bringt. Wenn aber keiner da ist, der "Stopp!" sagt, dann führt das natürlich irgendwann zu Stress und im schlimmsten Fall zum Burnout. Mit diesem Wissen kann ich als Macher jetzt sagen: Weniger ist mehr. Ich muss nicht immer zwei Projekte parallel machen, ich kann auch erst mal mein aktuelles Projekt abschließen, das ist in Ordnung. 

Der Gesellige neigt, wenn er alleine arbeitet, dazu, die Dinge, die wirklich wichtig, aber unbequem sind, vor sich herzuschieben und einfach nicht zu machen. Macht er sich das bewusst, kann er sich einen festen Termin setzen. Zusätzlich kann er seine Eigenschaften positiv einsetzen und anderen Menschen erzählen: Ich habe mir fest vorgenommen, das jetzt zu machen. Weil er diejenigen nicht enttäuschen möchte, ist er dann eher bemüht, das auch durchzuziehen. 

Analytiker dagegen sollten darauf achten, nicht die Tiefen der Details zu verfolgen und sich nach allen Seiten abzusichern. Weniger ist mehr. So ist es für sie wichtig, den Blick für klare Prioritäten zu schärfen und die wahre Notwendigkeit des Detaillierungsgrads einzuschätzen. Weniger ins Detail zu gehen und sich auf das wirklich Wichtige zu konzentrieren, ist die Devise in Zukunft.
 

Und was bedeutet das für Teams? Wie geht ein Team damit um, wenn die Mitglieder unterschiedlich getaktet sind? 

Ein Geselliger wird im Team wegen seiner Zuverlässigkeit geschätzt. Treu und beständig liefert er Qualität. Seine Verbundenheit zum Team stärkt das Miteinander, weil er mit Feinsinn auf persönliche Belange einzugehen weiß. Seine Entscheidungen trifft er auf der Basis seiner Expertise. 

Ein Macher inspiriert das Team mit seinen Ideen und sorgt so dafür, dass Stillstand unmöglich ist. Entscheidungen trifft er sofort, lieber gestern als heute. Er sucht die Herausforderungen und lässt sich zu spielerischen Wettkämpfen motivieren. 

Ein Analytiker wird als Experte im Team geschätzt. Als Spezialist fühlt er sich verstanden und bringt die Geduld für das Detail mit ins Team. Die Prüfung der Tabellen und Prozesse bereitet ihm Freude. Auf seine Analyse ist Verlass.
 

Was bringt es, auf den Takt der Persönlichkeit zu achten? 

Durch Berücksichtigung des jeweiligen Zeittaktes und der damit verbundenen Potenziale der Mitarbeiter in einem Projekt kann nicht nur die Motivation im Team gesteigert werden, sondern auch der Erfolg des gesamten Teams. Wenn im Team jeder seine Kompetenzen und Herausforderungen im Umgang mit der Zeit identifiziert, beginnt man die Unterschiede zu erkennen: Wo ich meine Zeitdefizite habe, liegt vielleicht die Stärke meiner Kollegin. Und ihre Schwäche ist vielleicht meine besondere Stärke. Beispielsweise kann ich sehr gut unter Druck arbeiten, für sie aber ist Druck etwas ganz Unangenehmes. Unter Druck blockiert sie eher, während sie bei Routinetätigkeiten Geduld und Gelassenheit zeigt, was mir wiederum abgeht, weil es mich langweilt.
 

Ist das Verständnis für den unterschiedlichen Umgang mit Zeit ausreichend entwickelt oder gibt es da Nachholbedarf? 

Das Wissen darüber ist in den Unternehmen tatsächlich wenig vorhanden. Das Bewusstsein dafür, dass der Zeittakt etwas ist, was dir in die Wiege gelegt wird, muss in vielen, vielen Unternehmen erst geschaffen werden.
 

Und das Wichtigste ganz kurz? 

Der Takt der Persönlichkeit ist von Mensch zu Mensch so unterschiedlich, dass sich keine Verhaltensweise im Umgang mit der Zeit eins zu eins auf einen anderen übertragen lässt.
 

Das Interview ist ein Auszug aus einem ausführlichen Interview mit Eva Brandt, das unter dem Titel "Auf meine Art und Weise" erschienen ist.
 


Zitate


"Jeder kommt mit einem anderen Temperament und Energielevel auf die Welt. Macher sind impulsiv und energiegeladen, Gesellige handeln eher aus der Ruhe heraus und schauen auch darauf, wie es den anderen geht, Analytiker schätzen die Planung und durchdenken ihr Handeln im Vorfeld, um mögliche Hindernisse einschätzen zu können und einen Lösungsweg parat zu haben." Eva Brandt: Im eigenen Takt

"Durch Berücksichtigung des jeweiligen Zeittaktes und der damit verbundenen Potenziale der Mitarbeiter in einem Projekt kann nicht nur die Motivation im Team gesteigert werden, sondern auch der Erfolg des gesamten Teams." Eva Brandt: Im eigenen Takt

 

changeX 02.10.2019. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Quellenangaben

Zu den Büchern

: Mit Persönlichkeitsanalyse das Zeitmanagement stärken. 60 Impulskarten, 16-seitiges Booklet und als Online-Material Zeitstrukturanalyse. Beltz Verlag, Weinheim 2019, 29.95 Euro (D), ISBN ASIN B07K1L6GL9

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: Zeitmanagement im Takt der Persönlichkeit. Welche Zeitpersönlichkeit sind Sie? Und wie ticken die anderen?. Beltz Verlag, Weinheim 2017, 199 Seiten, 26.95 Euro (D), ISBN 978-3-407-36616-0

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