Weck den Wolf in dir
Von Wölfen lernen. Effektiv und souverän im Projekt - das neue Buch von Johannes Voss.
Von Sigmar von Blanckenburg
Nicht nur im Märchen kommen Wölfe schlecht weg. Jahrhundertelang diente der Wolf dem Menschen als Projektionsfläche für alles Böse. Ein Buchautor rückt nun das schiefe Bild gerade: Wölfe sind nicht nur erstaunlich lern- und anpassungsfähig, sondern auch unglaublich gute Teamplayer. Und damit ein Vorbild für die Zusammenarbeit in Projekten. Nur das Heulen sollte man besser bleiben lassen. / 29.06.07
Voss CoverWölfe haben kulturell bedingt kein gutes Image. Sie mussten einfach immer als Projektionsfläche für die Ängste des Menschen herhalten. In Märchen wie "Der Wolf und die sieben Geißlein", "Peter und der Wolf" oder "Rotkäppchen" war der Wolf stets die Verkörperung des Bösen, das besiegt werden musste. Wölfe waren die Feinde des Menschen, und diese Konkurrenz prägte das Bild, das der Mensch sich vom Wolf machte. Für den englischen Philosophen Thomas Hobbes war der Wolf gar der Inbegriff des von Konkurrenz geprägten menschlichen Naturzustandes: "Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf."
Zum Glück hat die Biologie dieses Negativbild dorthin verwiesen, wo es hingehört: in die Märchenbücher. Dort geht es meist um einen alten, grauen und ziemlich bösen Wolf, der ganz allein gegen die anderen steht. Abgesehen davon, dass diese Wölfe ziemlich listig sind, entspricht dieses Bild überhaupt nicht dem natürlichen Verhalten der Wölfe. Und es verschweigt ihre besonderen Qualitäten.

Unglaublich gute Teamplayer.


Denn Wölfe sind "sehr anpassungsfähig und sehr lernfähig" und zudem "einfach unglaublich gute Teamplayer". Und in beidem durchaus als Vorbild für den Menschen geeignet. Sagt der Unternehmensberater Johannes Voss. In seinem neuen Buch zeigt er, was wir Menschen von den Wölfen lernen können: die Zusammenarbeit in Projekten. Denn der einsame, einzelgängerische Wolf ist die Ausnahme. Wölfe jagen vor allem in Rudeln.
Gerade die Tatsache, dass Wölfe überlebt haben, obwohl sie jahrtausendelang vom Menschen verfolgt wurden, ist für den Autor ihre Qualität. Denn überleben konnten sie nur, weil sie sehr anpassungs- und lernfähig sind und sich gut auf veränderte Bedingungen einstellen können. Genau darin sieht Voss die Vorbildfunktion des Wolfes für künftige Projektmanager. Zudem ist ihre Anpassungs- und Lernfähigkeit darin begründet, dass Wölfe "einfach unglaublich gute Teamplayer" sind. Für Voss sind sie ein gutes Beispiel, um Mechanismen im Projektmanagement anschaulich zu machen. Jahrelang hat der Autor Wölfe beobachtet und dabei viele Parallelen zwischen ihren Jagdmethoden und der Psychologie des Projektmanagements entdeckt. Es geht ihm sozusagen darum, den Wolf in uns zu zeigen und dabei zu helfen, seine Fähigkeiten zu entfalten.
Einige Fragen interessieren ihn dabei besonders: "Warum jagen Wölfe überhaupt gemeinsam? Was hält das Rudel trotz so mancher Konflikte zusammen? Warum folgen die Wölfe dem Leitwolf, ohne dass er sie bei der Jagd von hinten antreiben müsste?" Dieselben Fragen sind natürlich auch für die Führung eines Projektteams wichtig. Warum im Team arbeiten? Was hält ein Team zusammen? Was sichert dem Projektleiter die Gefolgschaft? Für Voss spielt der Begriff der inneren Motivation eine zentrale Rolle. Die Welpen im Wolfsrudel lernen spielend, ohne dass irgendjemand sie dazu antreiben müsste. Sie kennen keine Faulheit und interessieren sich immer für Neues. Sie können sich austoben, solange sie keinem der älteren Wölfe auf die Nerven gehen. Voss plädiert dafür, einen solchen Spieltrieb auch in Projekten zuzulassen, damit junge Mitarbeiter ihre Fähigkeiten fortbilden und erproben können. Zu viel Kontrolle und auch falsche Leistungsanreize schaden eher der inneren Motivation, statt sie zu verbessern.

Gemeinsames Heulen.


Die Parallelen zwischen Rudel und Projektteam lassen sich noch weiter ziehen. So vergleicht Voss die Genauigkeit, mit der Wölfe ihr Jagdgebiet erforschen, mit der Notwendigkeit, in einem Projekt äußere Einflüsse einzukalkulieren. Während Wölfe Schneefall oder große Hitze bei der Jagd beeinträchtigen oder sie Kojoten, Bären und Pumas von ihrer Beute fernhalten müssen, beziehen Projektmanager politische, rechtliche, organisatorische und technische Faktoren in ihren Plan ein, um im Konfliktfall gerüstet zu sein. Wie ein Wolfsrudel muss auch ein Projektteam solche externen Einflüsse sehr genau überprüfen, bevor es auf die Jagd, respektive an die Arbeit geht. Zahlreiche andere Parallelen versetzen den Leser in Erstaunen über die Vielfalt dessen, was Wölfe alles intuitiv erfassen und verarbeiten können. Aber auch die Komplexität und die Vielfalt des Projektmanagements werden dabei deutlich.
Es ist wohltuend, dass der Autor sich dabei nicht in den Sphären der Biologie verliert, sondern sich darauf konzentriert, am Verhalten der Wölfe die wichtigsten Phasen des Projektmanagements zu erklären. Das Verhalten und die Intelligenz der Wölfe bilden hierfür einen erhellenden Aufhänger. Das bedeutet auch, dass die Lektüre dieses Buch für angehende Manager wesentlich ertragreicher ist, als für Menschen, die etwas über Wölfe erfahren wollen. In einer Sache sollte man dem Wolfsrudel allerdings nicht folgen: Es stellt Bindung untereinander durch gemeinsames Heulen her. Für ein Projektteam wäre dies auf die Dauer nicht zu empfehlen.

Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Johannes Voss:
Von Wölfen lernen.
Effektiv und souverän im Projekt,

Carl Hanser Verlag, München 2007,
237 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3446-40979-8
www.hanser.de

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: Von Wölfen lernen. . Effektiv und souverän im Projekt.. Carl Hanser Verlag, München 1900, 237 Seiten, ISBN 978-3446-40979-8

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Sigmar von Blanckenburg

Sigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.

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