Mehr Öko, weniger Kosten
Was bedeutet Ressourceneffizienz? - Ein Interview mit Oscar Reutter.
Von Helga Hochberger
Städte und Gemeinden haben viele unentdeckte Potenziale zur Einsparung von Ressourcen. Damit wird nicht nur die Umwelt entlastet, sondern auch die öffentlichen Haushalte. Das Wuppertal Institut hat Strategien für die Umsetzung dieser Ressourceneffizienz entwickelt und sie für die Praxis tauglich gemacht. Im Rahmen eines Umweltkongresses werden diese Ansätze und Projekt nun vorgestellt und diskutiert. Er findet am 17. März 2005 in Wuppertal statt.
Oscar ReutterOscar Reutter ist Forschungsmanager im Bereich der wissenschaftlichen Geschäftsführung des Wuppertal Instituts.
Ressourceneffizienz und Nachhaltiges Wirtschaften in Stadt und Region - worum geht es dabei?
Ressourceneffizienz zielt darauf ab, sparsam und gezielt mit natürlichen Ressourcen wie Energie, Wasser, Rohstoffen oder Fläche umzugehen. Wichtig ist, dass mit einer solchen Strategie nicht nur die Umwelt entlastet wird, sondern auch die Kosten gesenkt werden können. Das kann die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und damit Arbeitsplätze sichern oder neu schaffen. Dies ist für Wirtschaftsunternehmen genauso interessant wie für Kommunen. Städte und Gemeinden agieren ja in vielfältiger Weise wie Unternehmen. Sie halten zum Beispiel Gebäude und Fuhrparks, die mit Energie versorgt werden müssen, und da gibt es viele Möglichkeiten zur Einsparung von Ressourcen und Kosten.
Angesichts der leeren öffentlichen Kassen ein vielversprechender Ansatz, aber wird er innerhalb der Kommunen auch in die Praxis umgesetzt?
Das ist noch viel zu selten der Normalfall. Aber es gibt Beispiele, die zeigen, welche Potenziale in der Verbindung von ökologischen Vorteilen und Kostenersparnis zu erschließen sind. Die Stadt Wuppertal etwa unterhält in Kooperation mit der Wasserversorgung ein Projekt, bei dem die Fließenergie, die in Rohrwasserleitungen von Talsperren und Wasserwerken entsteht, zur Energiegewinnung genutzt wird - eine natürliche Ressource, die vorher ungenutzt blieb. Ein weiteres Beispiel ist die Kleinstadt Rhede im Münsterland. Hier wird ein Schulgebäude mit Holzschnitzel beheizt, um Heizkosten und Abgasemissionen zu reduzieren. Mit solchen Projekten können gleichzeitig die Umwelt und die öffentlichen Kassen entlastet werden. Weitere unentdeckte Potenziale liegen auch im Bereich der ökologisch orientierten Wirtschaftsförderung. Bisher konzentriert sie sich auf die ökologische Gestaltung von Gewerbegebieten oder die Förderung von ökologischen Prozessen in Betrieben.
Aber gerade die kommunale Wirtschaftsförderung wird doch eher in ökonomischen als in ökologischen Dimensionen gedacht?
Das muss sich nicht ausschließen. Es gibt Branchen, die ökologisch vorteilhafte Produkte und Dienstleistungen anbieten, und diese Märkte kann die Wirtschaftsförderung als Stärke in ihrer Stadt oder Gemeinde erkennen und unterstützen. Ein Beispiel ist die Modernisierung von Gebäuden unter dem Gesichtspunkt der Energieeffizienz. Das ist eine hochkomplexe Aufgabe, an der sehr viele Akteure beteiligt sind. Speziell für das Handwerk und die Baubranche ist da ein unendlicher Markt an Möglichkeiten. Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass dies ein wichtiges und zu weiten Teilen noch unbeackertes Feld für regionale Wirtschaftsförderung ist. Wenn solche regionalen Märkte gefördert werden, ist das nicht nur ökologisch von Vorteil, sondern es sind auch hohe Arbeitsmarkteffekte für kleine und mittlere Unternehmen in der Region zu erwarten.
Ein weiteres Beispiel für die Perspektiven der ökologisch orientierten Wirtschaftsförderung ist der Bereich Entsorgungswirtschaft. Abfall ist nicht nur eine zu beseitigende Angelegenheit, sondern inzwischen ein Wirtschaftsgut. Die kommunale Abfallwirtschaft steht momentan vor der großen Herausforderung, dass auch für sie in Zukunft das EU-Wettbewerbsrecht gilt. Für die künftige Entwicklung gilt es deshalb zu fragen, ob man das Wirtschaftsgut Abfall einigen wenigen Großunternehmen überlässt oder ob es nicht ökologisch und ökonomisch sinnvoller wäre, die Abfallwirtschaft unter regionalen Einfluss zu stellen und damit die Chancen für ein an Nachhaltigkeit orientiertes Stoffstrommanagement zu nutzen. Das Wirtschaftsgut Abfall ist also ein gutes Beispiel dafür, wie regionale Wirtschaftsförderung Ressourceneffizienz fördern kann.
Wer ist innerhalb der Kommunen üblicherweise verantwortlich für den effizienten Einsatz von Ressourcen?
Da muss jede Gemeinde eine eigene organisatorische Lösung finden. In der Kleinstadt Rhede zum Beispiel macht das der Bürgermeister, anderenorts gibt es Umweltämter oder Umweltbeauftragte. Entscheidend ist, dass Umweltschutz und Ressourceneffizienz immer als Querschnittsaufgabe verstanden und betrieben werden muss. Dass etwa der Kämmerer die Chancen zur Geldeinsparung erkennt, der Wirtschaftsförderer einsieht, wie sinnvoll es ist, umweltorientierte Betriebe zu unterstützen, und die Schuldezernentin versteht, dass es in der Schule nicht nur um Bildung geht, sondern auch um Bildung für Nachhaltigkeit. Das Wuppertal Institut zum Beispiel hat mit zwölf Schulen in Wuppertal Schulpartnerschaften eingerichtet, um Unternehmen und Schulen unter dem Thema Nachhaltigkeit zueinander zu bringen, und das Projekt läuft seit zwei Jahren sehr erfolgreich. Das Beispiel zeigt auch, dass der Umweltgedanke keine singuläre Aufgabe ist, die man auf eine Stelle abschiebt, sondern davon lebt, dass Kommunen, Wirtschaft und Bürger, also ganz unterschiedliche Akteure, miteinander kooperieren.
Was sind Ihrer Einschätzung nach die größten Hindernisse beim nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in den Kommunen?
Ressourceneffizientes Wirtschaften stellt sich nicht von selbst ein und läuft auch nicht von alleine. Es bedarf Anstöße, Aufklärung und Vorbilder, und die will der Kongress bezogen auf die regionale und kommunale Ebene geben. Ein Kommunalmanagement, das wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Anforderungen gerecht wird, muss den Amtsschimmel im Stall lassen und manchmal ungewöhnliche Wege gehen. Zum Beispiel, indem man sehr unterschiedliche Partner an einen Tisch bekommt. Auch die werden sich nicht automatisch finden. Aber es gibt bereits solche innovativen Netzwerke, und die wollen wir bei dem Kongress vorstellen. Wir sind überzeugt, dass es gute Chancen für mehr Ressourceneffizienz gibt und wollen einen Raum schaffen für die Vernetzung von Partnern und für den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis.
Helga Hochberger arbeitet als freie Mitarbeiterin für changeX
Weitere Informationen:
www.wupperinst.org
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Helga Hochberger

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