Lebensraum Arbeitsplatz
Living at Work - das neue Buch von Andreas Grosz und Jochen Witt.
Von Nina Hesse
40 hochkarätige Autoren, Vordenker und Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft, schreiben über die Arbeitswelt von morgen. Über Wissensgemeinschaften, das Überleben im täglichen Information Overload, über Technik und Fantasie, Gender Design, wertebalancierte Unternehmensführung, den Lebensraum Büro - und vieles mehr. Die erfolgreiche changeX-Serie nun als Buch!
Wir leben in einer Zeit des Übergangs. Beinahe jeder hat das schon zu spüren bekommen. Unternehmensorganisation, Management, Beziehungsnetzwerke werden neu ausbuchstabiert. Die Beiträge von Living at Work beleuchten diesen Wandel in vielen Facetten. Jeder Beitrag erforscht Hintergründe, regt zum Nachdenken an. Wer mitreden will beim Thema Zukunft der Wissensarbeit und Trends in der Unternehmensführung, kommt an diesem Buch kaum vorbei. Damit dieser Prozess nicht auf Deutschland beschränkt bleibt, ist der Band praktischerweise zweisprachig, jeder Beitrag ist in gekürzter Form auch in Englisch enthalten.
Unter den Autoren sind viele bekannte Namen: Ulrich Beck warnt vor der "Brasilianisierung" der Arbeit, Klaus Doppler schreibt über Change Management, Werner Tiki Küstenmacher über sein Spezialgebiet "Simplify" (in diesem Fall, des Büros), Matthias Horx über Smart Work und Reinhard K. Sprenger über Vertrauenskultur. Auch viele andere bekannte Vordenker haben Beiträge geliefert.

Denkanstöße gleich im Dutzend.


Der Band ist ein reizvoller Mix aus grundlegenden Essays und Denkanstößen mit praktischem Nutzwert, zum Beispiel Kai Romhardts Beitrag über Knowledge Communitys und Hermann Sottongs Text über Überlebensstrategien im Information Overload. Sottongs These: Nur der aktive Ignorant hat eine Chance, handlungsfähig zu bleiben. Er beachtet den größten Teil der Informationen, die auf ihn einströmen, nicht, und nutzt stattdessen die meist sehr viel wertvolleren Hinweise, die ihm aus seinen informellen Kommunikationsnetzwerken zugetragen werden. Was der bekannte Publizist Bernhard Mutius über wertebalancierte Unternehmensführung zu sagen hat, ist ein wertvoller Beitrag zur momentanen Corporate Citizenship-Debatte, ebenso Markus Huppenbauers Überlegungen zum Thema Ethikkompetenz. Wer zwischen all diesen gewichtigen Themen auch mal schmunzeln möchte, ist bei Uta Brandes' unterhaltsamem historischem Abriss über Geschlechterrollen im Büro richtig.

Menschlichkeit, Vielfalt, Fantasie.


Erfrischend, dass Living at Work auch immer wieder den Mut zur Provokation und zu gegensätzlichen Standpunkten hat - die Herausgeber ergreifen keine Partei. In seinem Plädoyer "Die Wiederentdeckung der Langsamkeit" gibt Franz-Josef Radermacher, bekannt als Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung, zu bedenken, dass es wenig Sinn macht, hochbezahlten Wissensarbeitern die seit Jahrhunderten selbstverständlichen Arbeitsgrundlagen wie einen eigenen Tisch, Stuhl und Ablageflächen wegzurationalisieren. An anderer Stelle dürfen der Organisationsexperte Stefan Zinser und der Architekt Wolfram Fuchs, Befürworter von flexiblen Arbeitswelten, ihre Argumente vortragen.
Reizvolles Gestichel gibt's auch von Mihai Nadin zum Thema Technologie und Fantasie - mit spitzer Feder und brillanten Argumenten legt er, der Informatiker und Philosoph, sich mit der Hightech-Industrie an, die sich für ihre neusten Produkte selbstzufrieden auf die Schulter klopft. Sein Urteil: Das meiste ist langweilig und mittelmäßig: "Ein Kind beweist mehr Fantasie als die 'großen' Designer und Technologen, die hinter den neusten Gadgets stecken." Sein Essay ist ein Loblied auf Vielfalt und Fantasie.

Fast schon literarisch.


Angenehm: Alle Beiträge sind gut geschrieben - niemand versucht, mit Jargon zu glänzen, im Gegenteil, manche Texte sind fast schon literarisch. Zum Beispiel Michael Erhoffs Essay darüber, wie Design und Arbeit sich gegenseitig beeinflussen. Mit wenigen, präzisen und eleganten Sätzen stellt er Ideen in den Raum, die das Gehirn förmlich wachrütteln.
Sein Beitrag leitet über zu einem der Schwerpunkte des Bandes (der schließlich im Rahmen der Orgatec-Messe entstanden ist): Architektur und Design. Denn das Büro ist mehr als nur der Ort, an dem man seine Arbeitsleistung erbringt. Er ist vor allem auch der Ort, wo man sich austauscht und mit Kollegen kommuniziert, wo man sich möglichst wohl fühlen soll (schließlich verbringt man dort einen Großteil seiner wachen Zeit). Einige Highlights: Wilhelm Klümper schreibt über Chefs, die ihre Firmengebäude mitdesignen, Bernhard Kallup über Büroeinrichtung und Mitarbeiterzufriedenheit, Wilhelm Bauer über das Büro der Zukunft und Gottfried Richenhagen über die Rahmenbedingungen von gesundem Arbeiten.
Ihre Texte tragen das ihre dazu bei, Living at Work zu einem Buch mit vielen interessanten Blickwinkeln zu machen, in denen die ganze Vielfalt der Arbeitswelt, dieses Nebeneinander von Stress und Spaß, Lebensqualität und Kostensparen, lebendig wird.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Andreas Grosz / Jochen Witt (Hg.):
Living at Work.
Trendbuch Leben und Arbeiten in der Zukunft,

Hanser Verlag, München 2004,
285 Seiten, 19,90 Euro,
ISBN 3-446-22914-0
www.hanser.de

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: Living at Work. Trendbuch Leben und Arbeiten in der Zukunft. Carl Hanser Verlag, München 2004, 285 Seiten, ISBN 3-446-22914-0

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