Frech führt
"Wir wollen Frauen ermuntern, selbstbewusster aufzutreten" - ein Gespräch mit Edith Karos.
Von Winfried Kretschmer
Wenn Frauen in Führungspositionen noch immer selten sind, dann liegt das nicht an männlich dominierten Managementstrukturen allein. Sondern auch daran, dass Frauen ihre Interessen nicht nachdrücklich genug vertreten. Freche Frauen nehmen sich, was ihnen zusteht, sagt Edith Karos, Programmchefin beim Verlag Redline Wirtschaft. Mit der Buchreihe "für freche Frauen" will der Verlag Frauen zu einem selbstbewussteren Auftreten animieren. Und ihnen Mut machen, sich im Berufsleben zu behaupten. Denn sich nicht unterkriegen lassen und nicht klein beigeben zählt zu den wichtigsten Karrierefaktoren. / 17.08.07
Edith KarosEdith Karos ist Programmchefin beim Verlag Redline Wirtschaft.
Frau Karos, als einziger Wirtschaftsbuchverlag hat Redline Wirtschaft eine Ratgeberreihe speziell für Frauen im Programm - genauer: "für freche Frauen". Wie ist die Idee entstanden?
Die Bücher für freche Frauen gibt es bei uns seit 2002. In diesem Jahr sind dann die "Women@Business Minis" im Kleinformat dazugekommen. Die Idee für die Reihe stammt natürlich von einer Frau, einer Lektorin in unserem Programm. Sie hat sich überlegt, dass immer mehr Frauen berufstätig sind, zunehmend auch in anspruchsvollen Jobs, für sie aber kein spezielles Angebot in der Wirtschaftsliteratur vorhanden ist. Zwar gibt es jede Menge Wirtschafts- und Karrierebücher für unterschiedliche Zielgruppen, von Berufseinsteigern bis hin zu Führungskräften. Aber darunter war bis dahin nichts speziell für Frauen - obwohl Frauen in vielen Berufen bereits an der 50-Prozent-Marke angelangt sind beziehungsweise sie in manchen Berufen, wie zum Beispiel bei den Bankkaufleuten, bereits überschritten haben.
Es gibt kein Angebot, das speziell auf die Interessen und Bedürfnisse von Frauen zugeschnitten ist, weil die Berufswelt männlich dominiert ist?
Ja, die Spielregeln im Beruf sind weitgehend männlich geprägt. Das mag sich in den letzten Jahren vielleicht schon ein klein wenig gewandelt haben, aber im Grundsatz ist das nach wie vor so. Frauen geraten da leicht ins Hintertreffen. Erstens kennen sie diese Spielregeln nicht immer. Den kleinen Jungs werden die ja schon auf dem Spielplatz eingetrichtert; aber die kleinen Mädchen spielen andere Spiele. Das ist der erste Punkt. Zweitens braucht es für Frauen spezielle Tipps. Für sie gelten zwar keine anderen Regeln, aber Frauen denken, handeln, fühlen anders und brauchen deshalb auch anders gearteten Rat. Und indem man diese Unterschiede thematisiert, trägt man auch ein klein wenig dazu bei, dass sich das klassische Karriereumfeld für Männer wandelt. Denn hier sind mittlerweile Themen im Gespräch, die traditionell als weiblich besetzt galten: emotionale Intelligenz, Intuition und andere mehr.
Also sind die Bücher frauenspezifisch angelegt? Inwiefern?
Die Themen sind zunächst mal die, die jeder im Wirtschaftsleben brauchen kann: Karriere, Networking, Rhetorik, Gehaltsverhandlungen - aber immer mit dem Zusatz "für freche Frauen". Mit diesem speziellen Fokus wollen wir den Frauen Mut machen, sich im Berufsleben zu behaupten, sich nicht unterkriegen zu lassen und nicht klein beizugeben, zum Beispiel bei Gehaltsverhandlungen. Unterstützt wird das mit Informationen, ebenfalls speziell für Frauen. Zum Beispiel, dass Frauen statistisch gesehen weniger verdienen als Männer, auch wenn sie die gleiche Position innehaben und die gleiche Arbeit tun. Woran liegt das? Das benennen wir: Weil sie sich nicht so offensiv vermarkten. Weil sie ihre Interessen nicht nachdrücklich genug vertreten. Weil sie schon beim Einstiegsjob nicht hart genug verhandeln. Untersuchungen haben gezeigt, dass Frauen ein besseres Verhandlungsergebnis erzielen, wenn man sie glauben lässt, sie verhandelten für einen Dritten, als wenn sie für sich selbst verhandeln. Wenn man solche Dinge benennt, kann man Frauen gezielt ihre Hemmungen nehmen.
Wie kam es zu dem Untertitel "für freche Frauen"?
Die Reihe wendet sich an Frauen, klar. Aber wir wollen die Frauen auch dazu ermuntern, offensiver aufzutreten und sich für sich und für ihre Belange einzusetzen. Und wir wenden uns dagegen, das als zickig, egoistisch oder ellenbogenhaft abzutun. Genau das sagt dieser Titelzusatz aus.
Er ist also ganz klar programmatisch und appellativ gemeint?
Ja. Wir wollen Frauen ermuntern, selbstbewusster aufzutreten.
Was sind freche Frauen?
Freche Frauen nehmen sich, was ihnen zusteht. Das ist natürlich ein bisschen provozierend. Es gibt heute immer mehr Frauen, die ihre Karriere bewusst gestalten und die nicht nur einen Job machen wollen, sondern einen Beruf haben und eine Berufung darin sehen. Mit dieser Reihe möchten wir Frauen bei der Verwirklichung ihrer Ambitionen unterstützen.
Und dann kam ja die Mini-Reihe. Die Minis sind nun aber nicht für freche Frauen?
Ja, die ersten Titel der Minis kamen in diesem Frühjahr auf den Markt. Die sind ebenfalls für Frauen, wir wollten aber den Zusatz "für freche Frauen" nicht auf alles und jedes ausdehnen. Außerdem meinen wir, dass das mittlerweile auch nicht mehr ganz so dringend ist. Denn das Umfeld hat sich in den letzten Jahren, seit es die Reihe gibt, schon deutlich gewandelt. Nehmen Sie nur die Tatsache, dass Deutschland jetzt von einer Frau regiert wird.
Spiegelt sich das auch im Erfolg der Reihe? Es sind nun doch schon einige Titel zusammengekommen. Verkaufen sich die Bücher gut?
Ja, die Verkaufserfolge sind sehr gut. Das war ja auch der Anlass, warum wir die kleine Reihe dazu ins Programm genommen haben. Die Bändchen bieten komprimiertes Kurzwissen zum Mitnehmen im Zug oder für die kleine Lektüre am Abend. Und auch bei der großen Reihe haben wir immer noch neue Themen zu bieten, wenngleich wir da schon einiges an Themen abgedeckt haben. Und wir werden auch weiter am Ball bleiben - uns gehen die Ideen nicht aus. Also, insgesamt ist die Entwicklung sehr erfreulich.
Sie selbst stehen als Frau in einer Führungsposition. Was empfehlen Sie Frauen, die in der Arbeitswelt vorankommen und an Einfluss gewinnen wollen? Frech sein?
Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich selbst treu bleibt. Man sollte nicht versuchen, sich auf männlich umzustricken oder sich zu verbiegen. Aber man sollte die Tipps erfolgreicher Frauen beherzigen und das nötige Hintergrundwissen im Kopf haben. Also, wie ist das mit Gehaltsverhandlungen, wie war das mit Networking? Wie verbessere ich meine Durchsetzungsfähigkeit oder meine Rhetorik? Dafür bieten unsere Bücher ganz wichtige Basics und Hintergrundinformationen, aber auch direkt umsetzbare Tipps, die einem wirklich weiterhelfen können.
Und wenn die Frauen jetzt weiter auf dem Vormarsch sind im Arbeitsleben, wann kommt die Reihe für freche Männer?
Das bin ich schon öfter gefragt worden. Ich glaube, die kommt dann, wenn die Männer ihr Selbstbild hinreichend geändert haben. Von ihrer Sozialisation her müssen sich Männer ja als Helden sehen. Wenn es aber zunehmend Männer gibt, die bereit sind, dieses Bild zumindest zeitweise in Frage zu stellen, die also sagen, ich weiß auch nicht immer eine Lösung, ich will meinem Team meine Entscheidung nicht aufzwingen, weil es dagegen Widerstand gibt, oder die sagen, darüber muss ich noch mal nachdenken, und dann auch bereit sind, ihre Meinung auch mal zu revidieren - wenn das der Fall ist, dann denke ich, sind auch die Männer reif für eine solche Reihe.
Winfried Kretschmer ist leitender Redakteur und Geschäftsführer bei changeX.
In der Reihe Women@Business sind bisher zehn Titel erschienen, zwei weitere sind in Herstellung. Die Reihe Women@Business Minis umfasst acht Titel. Weitere Informationen unter www.redline-wirtschaft.de, Reihe women@business.
In changeX besprochen:
Rhetorik für freche Frauen von Cornelia Topf >>
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Winfried Kretschmer
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Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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