Mehr als Kaffee
Das Starbucks-Geheimnis. Wie aus Kaffee Gold wird - das neue Buch von Joseph A. Michelli.
Von Annegret Nill
Fünf neue Filialen eröffnet Starbucks jeden Tag. Weltweit. Worauf beruht dieser Erfolg? Was macht die Kaffee-Shops so anziehend? Ein Managementberater entschlüsselt das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens: Sei gut zu deinen Mitarbeitern, überrasche und erfreue deine Kunden, achte auf Details, sieh Kritik als Chance zur Veränderung und nimm deine Verantwortung für die Gesellschaft wahr. Gar nicht so schwer, möchte man meinen. / 18.04.2008
Michelli Cover"Einen vierfachen Ristretto Latte mit zwei Schuss Vanille, anderthalb Schuss zuckerfreier Haselnuss, ein Viertel Sojamilch, zwei Viertel fettfreier Milch, ein Viertel Biomilch, extra heiß, mit drei Eiswürfeln und Sahne" - mit dieser etwas lustigen Bestellung bringt der Organisationspsychologe und Managementberater Joseph A. Michelli auf den Punkt, was Starbucks von anderen Unternehmen unterscheidet: Das Bemühen nämlich, den Kunden auch noch die unmöglichsten Wünsche zu erfüllen. Der Erfolg gibt dem Unternehmen recht: Fünf neue Filialen an jedem Tag im Jahr ist die stolze Bilanz des Global Players. Grenzenloses Wachstum und dazu eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann - wie macht Starbucks das? Dieser Frage geht Michelli in seinem Buch Das Starbucks-Geheimnis nach. Fünf Schlüsselprinzipien identifiziert Michelli dabei als Pfeiler des Erfolgs.

Fünf Pfeiler des Erfolgs.


Prinzip 1: Mache es dir zu eigen. Starbucks organisiert regelmäßige Aus- und Weiterbildungen für seine Mitarbeiter, die auch bezahlt werden. Neben Grundkenntnissen über Kaffee lernen die Mitarbeiter auf spielerische Art, wie sie auch in schwierigen Situationen produktiv und offen mit den Kunden umgehen können. Unterstützung im Alltag finden sie im sogenannten Green Apron Book, das nicht nur die "fünf Elemente der Starbucks-Persönlichkeit" enthält: Sei einladend, authentisch, fürsorglich, kenntnisreich und engagiert. Es erklärt auch, wie man einen persönlichen Zugang zum Kunden finden kann, ohne ein Schema X anzuwenden. Ein Beispiel: Eine amerikanische Mitarbeiterin - bei Starbucks heißen die Mitarbeiter Baristas, und Michelli übernimmt diese Bezeichnung - hat ihren persönlichen Kundenzugang darin entdeckt, sämtliche Kundennamen auswendig zu lernen, um sie persönlich begrüßen zu können. Ein anderer Mitarbeiter merkt sich, wenn möglich, das Lieblingsgetränk seiner Stammkunden. Insgesamt investiert Starbucks mehr in das Training seiner Mitarbeiter als in Werbung. Ziel ist dabei laut Mission Statement, "ein ausgezeichnetes Arbeitsumfeld zu schaffen und die Würde aller Angehörigen des Unternehmens zu respektieren". Der Grundsatz dahinter: Positive Mitarbeiterbindung und gegenseitiger Respekt zahlen sich auch im Umgang mit den Kunden aus.
Prinzip 2: Jedes Detail ist bedeutsam. Von welchen Kriterien hängt der Kaffeegenuss ab? Wichtig sind die Qualität der Kaffeepflanzen auf der Plantage, das Röstungsverfahren, die Frische des Kaffees und der Wohlfühlfaktor in den Filialen. Also verwendet man auf diese Kriterien besonders viel Sorgfalt. Beispielsweise forschte Starbucks jahrelang an einer Verpackung, die den Kaffee länger als sieben Tage frisch hält - eine wesentliche Voraussetzung für seine weltweite Expansion. Und damit sich die Kunden bei Starbucks wohlfühlen, wurde das Konzept des "dritten Ortes" erfunden: Eine warme, entspannte Atmosphäre mit gedämpfter Musik lädt ein zum Verweilen zwischen Arbeitsplatz und trautem Heim.
Prinzip 3: Überrasche und erfreue. Damit die Kunden immer wieder kommen, müssen sie das Unternehmen mit positiven Gefühlen verbinden. Also überlegt sich das Management von Starbucks besondere Aktionen, mit denen es Kunden wie Mitarbeiter überrascht. So verteilten die Mitarbeiter einmal kostenlose Gedichtbände von Autoren, die aus den Ursprungsländern des Kaffees stammten. Sie riefen einen Eiscreme-Monat aus, obwohl Eis normalerweise nicht im Angebot ist. Oder sie stellten Künstler aus der Gegend aus. Die Mitarbeiter werden auch angehalten, die Kunden mit kleinen Gesten positiv zu überraschen. Beispielsweise, indem sie ein vom Kunden verschüttetes Getränk kostenlos ersetzen. Oder sie sind einfach offen für den Moment, für ein lustiges Gespräch oder einen spielerischen Flirt.
Prinzip 4: Freue dich über Widerstand. Hier geht es um den Umgang mit Kritik, negativer Publicity oder auch Widerstand bei der Eröffnung neuer Filialen. Starbucks sieht Kritik grundsätzlich als Chance zur Veränderung. Fehler werden eingestanden und die Kritiker eingeladen, sich an der Problemlösung zu beteiligen. So kam beispielsweise das Programm CAFE (Coffee and Farmer Equity) zustande - soziale Leitlinien im Umgang mit den Kaffeebauern. In einer Gemeinde in New Mexiko bekämpften Einheimische die Niederlassung von Starbucks zunächst. Die Mitarbeiter besuchten ihre Kritiker persönlich und entkräfteten so die Einwände. Manchmal scheitern solche Versuche aber auch. Dann wird eine Filiale nicht eröffnet oder ein neues Produkt wieder vom Markt genommen.
Prinzip 5: Drücke der Welt deinen Stempel auf. Starbucks bekennt sich in einem Wertekodex zu einer sozial verantwortlichen Unternehmertätigkeit. So sichert das Unternehmen seinen Teilzeitmitarbeitern in den USA eine Krankenversicherung zu, obwohl es dazu nicht verpflichtet ist. Es unterstützt weltweit die ehrenamtliche Tätigkeit der Mitarbeiter in ihrer Gemeinde, indem die unternehmenseigene Stiftung Starbucks Foundation Gelder an Organisationen und Initiativen spendet, bei denen ein Mitarbeiter über längere Zeit ehrenamtlich tätig ist. Innerhalb des CAFE-Programms garantiert das Unternehmen Kaffeebauern, die sich an die geforderten Umweltstandards und die sozialen Kriterien halten, Höchstpreise. In einer sogenannten dreifachen Bilanz legt Starbucks jährlich nicht nur Rechenschaft über seine finanziellen Ergebnisse, sondern auch über seine Wirkung auf die Umwelt und sein soziales Engagement ab.

Von Starbucks lernen.


Managementberater Michellis macht kein Geheimnis daraus, wie sehr er Starbucks bewundert. Um mehr Unternehmen für ähnliche Praktiken zu gewinnen, fügt er in jedes Kapitel mehrere kleine braune Boxen mit der Überschrift "Was Sie von Starbucks lernen können" ein. Am Ende eines jeden Kapitels sind die Erkenntnisse, die Michellis aus Starbucks Verhalten zieht, noch einmal als allgemeine Anregungen für alle zusammengefasst. Und damit auch wirklich jeder anfängt darüber nachzudenken, welche der Prinzipien er in seinem eigenen Unternehmen anwenden kann, schließt das Buch mit einem Handlungs- und Fragenkatalog.
"Das Kapital von Starbucks sind seine Menschlichkeit und die Vertrautheit mit der Gemeinde", zitiert Michelli den Starbucks-Manager Howard Schultz. Und was ist Ihr Kapital?

Annegret Nill ist freie Mitarbeiterin bei changeX.

Joseph A. Michelli:
Das Starbucks-Geheimnis.
Wie aus Kaffee Gold wird.

Redline Wirtschaft, München 2008,
208 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-636-01560-0
www.redline-verlag.de/artikel-DasStarbucks-Geheimnis.html
www.redline-wirtschaft.de

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: Das Starbucks-Geheimnis. . Wie aus Kaffee Gold wird. . Redline Wirtschaft, München 1900, 208 Seiten, ISBN 978-3-636-01560-0

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Annegret Nill
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Annegret Nill arbeitet als freie Journalistin, Autorin und Moderatorin in Berlin. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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