Frage und Antwort
Der Stakeholderdialog "Verantwortung tragen": Kunden fragen, Karstadt antwortet.
Von Florian Michl
Früher hatte ein Produkt nur ein Preis-Leistungs-Verhältnis. Heute wollen Kunden nicht nur hochwertige Produkte kaufen, sondern möchten wissen, was hinter einem Produkt steckt. Karstadt Warenhaus nimmt den Stakeholderdialog ernst und antwortet öffentlich auf Fragen seiner Kunden. / 12.05.09
Arcandor "Kunden fragen, Karstadt antwortet."Was steckt hinter einem Produkt: Kinderarbeit? Diskriminierung? Tierquälerei? Umweltzerstörung? Die Verfolgung von Gewerkschaften und Kritikern? Kunden werden immer kritischer und zwingen Unternehmen, zu ihren Fragen Stellung zu nehmen. Selten aber geschieht das offen, wie es die Karstadt Warenhaus GmbH praktiziert. Motto: Stakeholder fragen - Karstadt antwortet. Denn das Sortiment des Warenhauses stand schon immer im Fokus der Öffentlichkeit - so kritisch und bewusst wie heute haben aber noch nie Konsumenten eine Kaufentscheidung getroffen. "Sie haben ein erweitertes Qualitätsverständnis für Waren entwickelt und zeigen eine hohe Bereitschaft, Unternehmen für Fehlverhalten zu sanktionieren. Sie fordern nicht nur sichere Produkte und hochwertige Verarbeitung, sondern wollen mit gutem Gewissen kaufen." Sagt Alexandra Hildebrandt, Leiterin Gesellschaftspolitik bei der Arcandor AG. Die Folge: eine "Vielzahl von Anfragen von Kunden, NGOs und Aktionären zu den Themen Soziales und Ökologie". Was bisher allerdings der Öffentlichkeit vorenthalten war, ist nun über eine Sonderausgabe der Glocalist Medien zugänglich: kritische Stakeholderfragen, die Karstadt Warenhaus nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet. Drei Themen stehen dabei im Zentrum: Soziales, Umwelt und Tierschutz. Zu jedem bezieht Karstadt Stellung und schickt seine Antworten an die angesprochenen Stakeholder retour, die dazu eingeladen sind, erneut nachzufragen, wenn eine Antwort unbefriedigend ausfällt. Das ist Dialogkultur in Augenhöhe.

Nische Fair-Trade-Produkte.


"Welchen Stellenwert hat 'Fairer Handel' in Ihrem Warenhaus?", lautet beispielsweise eine der Stakeholderfragen. Die Antwort: TransFair-gesiegelte Produkte sind eine "Nische". Annähernd 50 dieser Produkte hat das Warenhaus im Sortiment. Von Kaffee bis Kakao, Fruchtsäften, Reis und Nudeln. "Der Anteil bei den vergleichbaren Warengruppen beträgt etwas über ein Prozent. Ziel ist es, den Anteil in den nächsten Jahren auf drei bis fünf Prozent zu erhöhen." Ein weiterer Anstieg erscheine unrealistisch, da es zu wenig TransFair-gesiegelte Produkte gebe. Und andererseits eine zu geringe Nachfrage der Verbraucher. Um deren Akzeptanz zu erhöhen, bietet Karstadt alle zwei Wochen Verkostungsmöglichkeiten an und schult zudem seine Mitarbeiter entsprechend - ein Bemühen, das die Deutsche UNESCO im Rahmen der Bildung für nachhaltige Entwicklung als offizielles Projekt der Weltdekade auszeichnete.
Ein anderer Stakeholder fragt: "Was tun Sie und Ihre Geschäftspartner, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern?" Die Antwort: Lieferanten werden beraten, geschult und auditiert und die festgestellten Mängel dokumentiert und in einer Datenbank gesammelt. Einblick erhalten alle Mitgliedsunternehmen der BSCI (Business Social Compliance Initiative), sodass diese auf einen Blick wissen, ob sie es mit einem "Schwarzen Lieferanten-Schaf" zu tun haben. Drei Jahre ist eine erfolgreiche Auditierung gültig - dann muss jeder Lieferant die Prozedur wiederholen. Dass eine Geschäftsbeziehung beendet wird, ist hingegen die letzte Konsequenz, wenn andere Formen der Überzeugung fehlschlagen.

Reden, wo andere schweigen.


Die Anfragen an Karstadt Warenhaus sind aber nicht alle von so allgemeiner Natur und sie thematisieren, was andere Unternehmen lieber verschweigen. Zum Beispiel dieses Problem: "Wie entkräften Sie die Anfrage eines Kunden nach der Lieferung von Textilien der Firma Codello, die zeitweise (Sommer 2008) mit toxischem Benzinol belastet gewesen sein sollen?" Gleichzeitig zeigt die Antwort, wie schwer eine Kommunikationsöffnung in letzter Konsequenz ist: "Karstadt prüft mit großem Kosten- und Zeitaufwand stichprobenartig alle Lieferungen auf die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen. Darüber hinaus wird konkreten Anfragen detailliert nachgegangen." So knapp fällt die Antwort aus - aber es darf schließlich noch weitergefragt werden: Ziel ist ein offener Dialog zwischen Konzern und Stakeholdern. Dessen Spektrum umfasst genauso die Frage "Plant Ihr Unternehmen Anreize für Vorstände (zum Beispiel Bonuszahlungen), wenn diese vorher festgelegte Ziele beim Klimaschutz erreichen?" bis hin zu "Planen Sie den An- und Verkauf von Emissionszertifikaten?" und "Warum verkauft Karstadt keine Pelzprodukte mehr?"
Mit dem Abdruck dieses Stakeholderdialogs läutet Karstadt eine offene und transparente Dialogkultur ein - das ist ein deutliches Signal in einer Zeit, in der das kriselnde Unternehmen des Vertrauens seiner Mitarbeiter und seiner Kunden bedarf. Dieser Schritt kann nicht genug gewürdigt werden. Allerdings überrascht es doch, dass keine Frage den Fortbestand des Unternehmens thematisiert. Oder die Sicherheit von Arbeitsplätzen.

Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Arcandor AG
Dr. Alexandra Hildebrandt
Leiterin Gesellschaftspolitik
Theodor-Althoff-Straße 2
D-45133 Essen
Tel.: +49 (0)201/727-96 62
Fax: +49 (0)201/727-69 96 62
alexandra.hildebrandt@arcandor.com
www.arcandor.com

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Florian Michl
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Florian Michl schreibt als freier Autor für changeX.

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