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Der immaterielle Kern des Unternehmens.
  Fragt sich, woher dieser Erfolg
  rührt. Die langfristige Orientierung von Familienunternehmen
  wurde als Begründung ins Feld geführt, ebenso die Notwendigkeit,
  zwischen der Welt der Familie und des Unternehmens auszugleichen
  und dabei kreative Lösungen zu finden. Peter May reichen diese
  Begründungen nicht; er spitzt seine These weiter zu:
  "Inhaber-Unternehmen ... beziehen ihre Energie aus der
  nicht-wirtschaftlichen Sphäre", betont er. Oder anders gesagt:
  "Jede inhabergeführte Firma hat einen immateriellen Kern." Es sei
  ihm kaum ein Unternehmer begegnet, der Geldverdienen zu seinem
  einzigen unternehmerischen Ziel erklärt habe, sagt May. "Gewinn
  und Steigerung des Unternehmenswertes sind nicht die einzige
  Antriebskraft des typischen Inhaber-Unternehmers."
  
Es geht um mehr: um sein Lebenswerk, das an die
  nachfolgende Generation weitergegeben wird und von dieser bewahrt
  und fortgeführt werden soll. Dieses Lebenswerk, also das, was ein
  Unternehmer aufgebaut, entwickelt und geschaffen hat,
  verschwindet bei oberflächlicher Betrachtung leicht hinter den
  materiellen Werten, mit denen es zwangsläufig verbunden ist. Denn
  die schöpferische Leistung des Unternehmers äußert sich eben
  nicht in Romanen, Musikstücken oder Bildern, sondern
  materialisiert sich in Werten - und es ist eine Ironie, dass die
  immateriellen Komponenten unternehmerischen Wirkens von jenen
  gesellschaftlichen Strömungen systematisch ignoriert werden, die
  ansonsten den Materialismus des kapitalistischen
  Wirtschaftssystems am heftigsten kritisieren. Aber es ist nur
  logisch: Wer den Wert eines Produkts mit dem Wert der darin
  investierten Arbeit identifiziert und unternehmerisches Handeln
  in der Tradition von Marx nur als die Aneignung des von den
  Arbeitnehmern erwirtschafteten Mehrwerts begreifen kann, dem
  bleibt die schöpferische Dimension dieser Tätigkeit
  notwendigerweise verschlossen. Er erblickt nur angehäufte
  Reichtümer, wo andere auf die Bilanz eines erfolgreichen Lebens
  verweisen.
  
Gleiches gilt für das andere Extrem: Wenn Alfred Rappaport
  postuliert, "in einer Marktwirtschaft, die die Rechte des
  Privateigentums hochhält, besteht die einzige soziale
  Verantwortung des Wirtschaftens darin, Shareholder-Value zu
  schaffen", dann bleibt in dieser Sichtweise der immaterielle
  Anteil der unternehmerischen Leistung ebenso außen vor. Und
  dieser immaterielle Wert ist es, den May als ein entscheidendes
  Charakteristikum des inhabergeführten Unternehmens
  herausarbeitet. "Alte Familienunternehmen denken in ihrer
  Dynastie, die jeweiligen Inhaber wollen das Erbe bewahren und
  gleichzeitig modernisieren." Es geht um bewahren und
  weiterentwickeln, um Langfristigkeit. Während bei DaimlerChrysler
  darunter ein Zeithorizont von drei Jahren verstanden werde, wie
  der Autor spöttisch notiert, denken Familienunternehmen in
  Jahrzehnten und Generationen. Das ist ihr Erfolgsrezept. Ein
  Erfolgsrezept, von dem man lernen kann.
Familie braucht Management.
Peter May weiß, wovon er spricht. Er hat selbst sechs Jahre lang das eigene Familienunternehmen geleitet und dann diese Unternehmensform zu seinem Arbeitsschwerpunkt gemacht. Heute ist er Chef der INTES-Akademie für Familienunternehmen und berät führende Unternehmer und Unternehmerfamilien in Deutschland. INTES steht für Integrierte Eignerstrategie und bezeichnet ein Modell, das den Inhaber-Unternehmer in den unterschiedlichen Facetten seiner Tätigkeit zu begreifen sucht: Der Unternehmer ist Chef, Manager und Privatperson in einem. "Familienunternehmen erfolgreich zu führen, ist keine Geheimwissenschaft", sagt May - wenn man vier grundlegende Strategieregeln beherzigt. Diese sollen helfen, "die besondere Dynamik des Unternehmens mit Familienhintergrund zu managen". Erstens wenden erfolgreiche Inhaber-Unternehmer konsequent eine spezifische Unternehmensstrategie an. Zweitens muss seine persönliche Strategie sicherstellen, "dass seine Schaffenskraft über Jahrzehnte erhalten bleibt", und seine persönlichen Ziele mit denen des Unternehmens verknüpfen und nicht zuletzt auch Arbeitsfreude, Gesundheit und Wohlbefinden pflegen und erhalten. Drittens sichert seine Vermögensstrategie den materiellen Grundstock der Familie. Und nicht zuletzt verfügen erfolgreiche Familienunternehmen auch über eine Familienstrategie, die es ihnen erlaubt, die besondere Kraft der Familie als Wettbewerbsvorteil für die Firma nutzbar zu machen. Dazu gehört nicht nur, inaktive Gesellschafter und den angeheirateten Ehepartner mit einzubinden, sondern auch den Gemeinsinn der Familie zu stärken und rechtzeitig eine Nachfolgeregelung zu treffen. May mahnt, die Familie nicht als Restgröße in einem durchrationalisierten Management gering zu schätzen, sondern ihre Stabilität, Kontinuität und Verlässlichkeit als Vorteil in einer sich schnell wandelnden Welt zu nutzen. Und das, so die wohl wichtigste Empfehlung dieses an praktischen Ratschlägen und Fallbeispielen reichen Buches, müsse der Unternehmer als Managementaufgabe begreifen: "Eine Familie braucht Management. Die Führung des Systems Familie muss ebenso professionell angegangen werden wie die des eigentlichen Geschäfts."
Selbst entscheiden.
Letzten Endes erweist sich die Motivation und Schaffenskraft des Chefs selbst als der entscheidende Motor des inhabergeführten Unternehmens. Sie schöpft aus der Freiheit, zu gestalten und sein Leben selbst zu bestimmen: "Sie sind kein Opfer ... Sie können selbst entscheiden."
  
  Peter May:
  
  Der Unternehmer als Chef, Manager, Privatperson,
  
Campus Verlag, Frankfurt / New York 2006,
  
185 Seiten, 24.90 Euro,
  
ISBN 3-593-38115-X
  
 
  www.campus.de
Winfried Kretschmer ist leitender Redakteur und Co-Geschäftsführer bei changeX.
© changeX Partnerforum [24.11.2006] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
  
  
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Zum Buch
Peter May: Der Unternehmer als ChefManager, Privatperson. . Campus Verlag, Frankfurt / New York 1900, 185 Seiten, ISBN 3-593-38115-X
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Autor
Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.



