Anders sein
Die großen Strategien für den Mittelstand - das neue Buch von Arnold Weissman.
Von Winfried Kretschmer
Ganz gleich ob Big Player oder Mittelständler - sie alle befinden sich inmitten eines harten Überlebenskampfes. Doch während sich die Großen Schützenhilfe holen, stehen die Kleinen alleine da. Ein Regensburger Professor für Betriebswirtschaft hat zahlreiche Unternehmen des Mittelstands besucht und benennt nun die wichtigsten Faktoren, um sich dennoch zu behaupten: klare Positionierung, deutliche Firmenvision, einzigartiges Profil und konsequente Umsetzung.
Was immer der Mittelstand ist, er wird in diesen Zeiten kräftig gebeutelt. Längst betrifft Globalisierung nicht mehr nur Unternehmen, die auf globalen Märkten agieren. Abgeschottete Märkte gibt es nur noch in engen Nischen, ansonsten konkurriert und kooperiert man munter über frühere Grenzen hinweg. Traditionelle Einkaufs- und Vertriebsstrukturen werden aufgebrochen, und mit ihnen die überkommenen Wertschöpfungsketten. Ein fränkischer Metallbauer lässt in Polen produzieren, ein schwäbischer Medaillenhersteller, der sich auf Fastnachtsabzeichen spezialisiert hat, in China - solche Prozesse zu managen wird für Klein- und Mittelbetriebe zur Überlebensfrage. Doch sind sie hinreichend darauf vorbereitet?
Die Antwort ist ein klares Nein. Die Managementgurus schreiben implizit für die Big Player. Die wiederum sind organisatorisch hinreichend differenziert und mit den nötigen Budgets ausgestattet, um externe Beratung einzukaufen. Und sie verfügen über das nötige finanzielle Polster, um auch mal einen Fehlschlag zu überstehen. Anders die Mittelständler, darunter versteht man Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von zehn bis 499. Für sie ist der erste Fehler oft der letzte. Und sie sind in aller Regel auf sich allein gestellt. Beratung? Zu teuer! Strategieplanung? Keine Zeit! Und die Ratgeberliteratur konzentriert sich zumeist auf spezifische Instrumente und berät in Sachen Kalkulation, Finanzplanung, Controlling, Vertrieb und Rechnungswesen. Doch in globalisierten Märkten und bei beschleunigtem Wandel wachsen die Unsicherheiten; und je turbulenter das Umfeld, desto notwendiger ist ein klarer, in die Zukunft orientierter Kurs - eine Strategie.

Veränderung als Chance.


In diese Lücke stößt Arnold Weissman mit seinem Buch Die großen Strategien für den Mittelstand. Es will gerade kleine und mittlere Unternehmen von der Wichtigkeit strategischer Planung überzeugen - und zeigen, wie man sie umsetzt. "Mein Anliegen ist es", schreibt der Autor, der im Alter von 21 Jahren den elterlichen Mittelstandsbetrieb übernehmen musste und heute als Professor für Betriebswirtschaft an der Fachhochschule in Regensburg lehrt, "Unternehmern einen fundierten Ansatz und konkrete Handlungsempfehlungen für die Entwicklung und Steuerung ihres Unternehmens zu bieten." Weissman schreibt also für die Praxis und für den Unternehmenspraktiker - und trifft den richtigen Ton, wenngleich manche Einsichten reichlich plakativ und holzschnittartig geraten. Doch es gibt leichtere Aufgaben als die, auf 20 Seiten den Wandel der Wirtschaft zu erklären und das Bewusstsein zu schärfen, dass Veränderung nicht als Bedrohung, sondern auch als Chance erlebt werden kann.
Kleinere und mittlere Unternehmen fit zu machen für den Wandel, das erfordert, so Weissman, eine klare Analyse sowohl des Umfeldes wie auch der eigenen Potentiale und Fähigkeiten. Und es erfordert, sich klar zu machen, wohin man will. Vision, Werte, Leitbilder sind nicht für Großunternehmen reserviert, sondern geben gerade auch kleinen und mittleren Unternehmen Orientierung; und die wiederum ist wichtig, um die Mitarbeiter "zu herausragenden Leistungen zu beflügeln". Gleiches gilt für die Strategie: Die "ist das Herzstück Ihres Unternehmenserfolgs", mahnt der Autor. "Sie hat die Aufgabe, für nachhaltige Differenzierung zu sorgen, denn in stagnierenden Märkten führen austauschbare Leistungen zwingend zu einer negativen Rendite."

Kreativer Regelbruch als schöpferische Zerstörung.


Differenzierung erreicht man durch Konzentration: Konzentration auf Kernkompetenzen und Kerngeschäftsfelder. Also indem man das identifiziert, was man selbst besser kann als alle anderen. Weil aber nichts so bleibt, wie es ist, weil der Wandel an Tempo gewinnt, ist neues Denken notwendig: Nicht Benchmarking sei gefragt, so Weissman, sondern "Benchbreaking". Denn "erfolgreiche Unternehmen brechen die Logik ihres Marktes". Sie machen es nicht nur besser, sondern anders als alle anderen. Der "kreative Regelbruch" gewinnt vor dem Hintergrund stagnierender Märkte, fortschreitender Globalisierung und augenfälliger Innovationsmüdigkeit und Risikoscheu an Bedeutung, betont Weissman. Joseph Schumpeter würde es freuen, denn gemeint ist nichts anderes als das, was der große Theoretiker des Unternehmertums "schöpferische Zerstörung" genannt hat. Anders gesagt: Neue Wege gehen, ausgetretene Pfade verlassen, so handeln, dass neue Möglichkeiten entstehen, darin liegt der Schlüssel zum Erfolg.

Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

Arnold Weissman:
Die großen Strategien für den Mittelstand.
Die erfolgreichsten Unternehmer verraten ihre Rezepte,

Campus Verlag, Frankfurt am Main 2006,
192 Seiten, 24.90 Euro,
ISBN 3-593-37952-X
www.campus.de

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: Die großen Strategien für den Mittelstand. Die erfolgreichsten Unternehmer verraten ihre Rezepte. Campus Verlag, Frankfurt am Main / New York 2006, 192 Seiten, ISBN 3-593-37952-X

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Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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