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Zirkus Unternehmenskultur

Ein Essay über Wertesysteme im Unternehmen und ihre Auswirkungen.

Von Albert Weber

Eine positive Unternehmenskultur kann viel bewirken. Doch Vorsicht vor Projekten, die diese Kultur auf oberflächliche Weise beeinflussen wollen - zuerst gilt es, ein humaneres Umfeld, ein verantwortetes Miteinander und ein konsequent gelebtes Wertesystem zu schaffen und zu leben. Nur wenn die Führungsriege vorlebt, was sie vermitteln will, haben solche Vorhaben Aussicht auf Erfolg.

Kaum ein Thema wurde in den letzten Jahrzehnten so strapaziert wie das der Unternehmenskultur. Manchmal waren äußere, manchmal innere Gründe dafür verantwortlich, dass sich Unternehmen entschieden, dieses Thema anzupacken. Mühsam setzte sich die Führungselite diesen Lektionen aus und erlangte methodisch maximale Kompetenz. Wie allerdings Unternehmenskultur bewusst zielgerichtet und nachhaltig geprägt werden kann, blieb meist verborgen unter dem Mantel hierarchiegeprägter Strukturen. Die Wenigsten haben sich die Frage gestellt, unter welchen Bedingungen, mit welchem gelebten Wertesystem, die Führung eines Unternehmens attraktiv, glaubwürdig und authentisch wahrgenommen wird. Welche Werte, Erwartungen, Interessen und Bedürfnisse sind maßgeblich, um eine Unternehmenskultur so zu gestalten, dass sie den Unternehmenszielen und dem Zweck am nächsten kommt?

Dressur oder Führung?


Viele Kulturgestaltungsprojekte haben klar gezeigt, dass sich in den Unternehmen die Weltbilder eher reduzierten, dass ergebnisoffene Entscheidungsprozesse und Erkenntnisfortschritte verstärkt Dogmen und Handlungszwängen weichen mussten, dass es für eine Unternehmenskultur außerhalb der reinen Ökonomie scheinbar keine legitime Zukunft gibt. Die Kultur durch Dressurleistung zu verändern gelang in den wenigsten Fällen. Was übrig blieb, sind Worthülsen und Lippenbekenntnisse ("Kundenorientierung, Mitarbeiterorientierung, Fehlertoleranz, soziale Kompetenz und Verantwortung, Kommunikation und Führung"). Unglaubwürdig und kontraproduktiv wird so die Führung des Unternehmens verstanden.
Das Management wird wahrgenommen wie im Zirkus der Löwe. Scheinbar das brave Kätzchen, welches brav seine Dressuraufgabe erledigt, so lange, bis der Hunger (Neid, Missgunst, Besitzstandsangst, Ehrgeiz) aus ihm wieder einen Löwen werden lässt. Ein Raubtier mit wenig sozialer Kompetenz, dessen Handlungsmotto "fressen und gefressen werden" ist. Dies trifft sowohl für die Mitarbeiter im Unternehmen zu, vor allem aber auch im Interaktionsnetzwerk der Mitarbeiter für Kunden und Lieferanten.

Kulturgestaltungsprojekte nicht übereilt starten.


In der zunehmend globalisierten Welt, die zu einem großen Teil von dramatischen Marktdynamiken und reduzierten gesellschaftlichen, wirtschaftspolitischen und politischen Alternativen bestimmt wird, erschallt deutlich der Ruf nach sozialer Kompetenz, nach werteorientierter Führung, nach positiver Sozialbilanz in Unternehmen, nach Unternehmenskultur. Marktschwäche, Umsatzrückgang, Kundenverlust, schlechte Unternehmensperformance - viele Unternehmen haben Schwierigkeiten. Sie sind sich bewusst, dass das Thema Unternehmenskultur eine maßgebliche Rolle spielt. Doch wie nun kann die Unternehmenskultur aktiv gestaltet werden, mit nachhaltiger Wirksamkeit, zielgerichtet auf die Unternehmensziele und den Unternehmenszweck?
Die Antwort ist erstaunlich einfach. Unternehmen können sich Mühe, Aufwand, Ärger und vor allem Kosten für Kulturgestaltungsprojekte sparen, wenn die oberste Unternehmensführung nicht im Bewusstsein auch für sie selbst geltender Veränderung konsequent handelt. Funktional oder operativ orientierte Vorhaben, wie zum Beispiel Reklamationswesen im Sinne einer Fehlerkultur, Kundenbefragungen als Grundlage für Veränderungen im Sinne einer Kundenorientierung, CRM-Projekte im Sinne der Verbesserung von Kundenbeziehungen, Qualitätsprojekte als Grundlage einer lernfähigen Organisation, sollten erst dann gestartet werden, wenn das Thema der Kommunikationskultur und der Führungskultur im Unternehmen geklärt ist. Es kann sich nichts zum Positiven wandeln,

  • wenn die Führungskräfte nicht bereit oder nicht in der Lage sind, klar erkennbarer, anhaltender Inkompetenz im Management entgegenzutreten,
  • wenn das oberste Management die Mitarbeiter nicht mindestens gleichberechtigt und als Menschen wertschätzt,
  • wenn stets reines Profitdenken unternehmerische Entscheidungen bestimmt,
  • wenn die Unternehmensführung soziale Managementkompetenz und personale Performance generell nicht fördert und mit Incentives versieht.

Wer sich dennoch mit Kulturgestaltungsprojekten beschäftigt, wird eher eine Unternehmens-Unkultur erzeugen.

Den Kulturwandel vollziehen.


Wer allerdings bewusst bereit ist, ein humaneres Umfeld, ein verantwortetes Miteinander und ein konsequent gelebtes Wertesystem zu schaffen und zu leben, hat bereits den wichtigsten ersten Schritt zum Kulturwandel im Unternehmen erfolgreich vollzogen.
Nicht Techniken oder Methoden, also rein funktionale Kompetenzen, wie Rhetorik, Zeitmanagement et cetera, bestimmen eine positive Unternehmenskultur, sondern vielmehr die Authentizität der handelnden Menschen und die Qualität beziehungsweise Effizienz der Interaktionen selbst. Die Themen Kommunikation und persönliche Performance des Managements sind notwendige Eckpfeiler einer Unternehmenskultur. Dabei sollte das Unternehmen zwei wichtige Phasen durchlaufen:

Leitbilder erzeugen
In der ersten Phase sollte die Unternehmensführung für Einsicht, ein klares Werteverständnis und verlässliche Commitments sorgen, ein einheitliches Bewusstsein schaffen und dies zielgerichtet kommunizieren sowie das eigene Verhalten danach ausrichten. Eben dieses Verhalten wird von den Mitarbeitern im Unternehmen zu Beginn sehr genau beobachtet: Welche Halbwertszeit haben Entscheidungen ab sofort? Wie glaubwürdig sind also die Aussagen der Führung?

Handlungskompetenz im Führungskreis
In der folgenden Phase gilt es, die personale Kompetenz und soziale Performance des Führungskreises zu fördern. Darunter werden die Überzeugungskraft, der Dialog, konstruktives Miteinander, das dialektische Verständnis, Konfliktfähigkeit sowie Team- und Kooperationsfähigkeit verstanden, um die wichtigsten Themenbausteine zu nennen.

Mit diesen Grundlagen sind operationale Projekte erfolgreich umsetzbar, da die notwendige Arbeitsbasis für ein konstruktives Miteinander geschaffen ist.

Einüben und in den Alltag übernehmen.


Natürlich muss die neue Unternehmenskultur erst einmal "eingeübt" werden. Zielgerichtete Veränderungen empfehlen sich dort, wo für bestehende Systematiken beziehungsweise Interaktionsbausteine im Unternehmen Engpässe feststellbar sind. In kleinen, aber spürbaren Schritten kann so die Vertrauensbasis im Unternehmen weiter ausgebaut werden. Das Gemeingut Unternehmenskultur, insoweit das Wertesystem des Unternehmens wird auf diese Art ganz nebenbei von den Mitarbeitern übernommen. Nicht Leitlinien oder sonstige funktionale beziehungsweise ökonomische Normierungen, sondern vielmehr eine beständige, verantwortete und werteorientierte Führung verändert die Kultur im Unternehmen.

Albert Weber ist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des atunis Instituts.

Kontakt:
atunis GmbH
Institut für angewandte Netzlogik in Unternehmen
Alfred Doll und Albert Weber
Hechtseestr. 16
83022 Rosenheim
Telefon: 08031 2227 612
Fax: 08031 2227 613
Info@atunis.de
www.atunis.de

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Albert Weber

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