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Potenziale auf den Prüfstand!

Ein Essay darüber, was Basel II verspricht und unternehmerische Eigenverantwortung leisten muss.

Von Albert Weber

Der Handlungsspielraum für mittelständische Unternehmen wird enger. Viele fühlen sich durch uneinsichtige Banken und Sparkassen, überzogene Sicherungserwartungen, hohe Zinsen enorm unter Druck gesetzt. Erwartet wird Liquidität im Tagesgeschäft, vor allem aber Investitionsbedarf. Basel II werden die neuen Eigenkapitalrichtlinien kurz und griffig genannt, nach denen in Zukunft Kredite vergeben werden. Auch wenn vielen noch unklar ist, was sich dahinter wirklich verbirgt, breitet sich bereits die Angst vor einem Desaster ohne Perspektive für die Unternehmer aus.

Neue Technologien, Kundenanforderungen, permanenter Wettbewerbsdruck und Mitarbeitererwartungen - die mittelständischen Unternehmen fühlen sich getrieben von Veränderungszwängen. Nun diktiert auch die Finanzwelt neue Regeln: Mit Basel II drohen neue Bewertungsverfahren und -kriterien. Kreditlinien, Finanzmittel für Investitionen und die Unternehmensbewertung selbst sind heute bereits für viele unerreichbar, in den nächsten Jahren aber scheinen sie in unerreichbare Ferne zu rücken.
Verständlich, dass bei vielen erst mal die Einstellung dominiert, dass jetzt der Mittelstand dafür bluten muss, was große Unternehmen und Konzerne in der Vergangenheit verbrochen haben. Finanzskandale an jeder Ecke der großen Wirtschaft, im gesamten Bankenumfeld. Die Folge: Es herrscht ein Zustand höchster Sensibilisierung und Anspannung. Scheinbar übertriebener Bürokratismus, theoretische Konstrukte - so funktionieren halt mittelständische Unternehmen nicht. Oder doch?

"Laissez-faire" war gestern.


Betrachtet man wertfrei die Hiobsbotschaften der regionalen Medien, so sprechen die Zahlen hier eine eindeutige Sprache. Nie zuvor gab es so viele Unternehmensschließungen im Mittelstand. Dies trifft sowohl Neugründungen als auch eingesessene Unternehmen. Kapitalvernichtung, die in der heutigen Zeit niemand mehr bereit ist, hinzunehmen. Selbstverständlich haben auch die Großunternehmen ihren Teil dazu beigetragen, dass die Finanzwelt nicht mehr die Philosophie vom "Laissez-faire" lebt.
Ob Banken oder Investoren - finanziert wird nur dann, wenn der Erfolg überzeugend dargestellt werden kann. Fundierte Planungen, klare Zukunftsperspektiven, reale Einschätzungen der Potenziale eines Unternehmens sind hier unabdingbar. Kein Finanzier leistet Anschubfinanzierung oder Investitionsunterstützung, wenn die Planung nicht tragfähig ist. Das Wirtschaftsroulette gehört der Vergangenheit an.
Öffentliche Fördergelder sind gleichfalls versiegt, obwohl die Politik und die öffentlichen Einrichtungen immer noch den Eindruck erwecken möchten, dass es mehr als nur gute Ratschläge zu holen gibt. Darauf zu hoffen ist heute allerdings unternehmerischer Leichtsinn.

Maximale Transparenz.


Mittelständische Unternehmen müssen sich auf die veränderten Bedingungen einstellen. Auch wenn es ihnen schon in der Vergangenheit schwer gefallen sein dürfte, sich Beratern und Coachs anzuvertrauen, so dürfte die Übung künftig bei der heimischen Bank oder bei Investoren noch viel schmerzhafter sein. Maximale Transparenz der Finanzlage des Unternehmens, meist auch der persönlichen Situation der Gesellschafter, ist angesagt. Das bedeutet auch eine rücksichtslose Bewertung der unternehmerischen Fähigkeiten durch Außenstehende, die schonungslose Einschätzung der Marktchancen und der Potenziale im Unternehmen - der gläserne Mittelstand!
Da gilt es viel Versäumtes der Vergangenheit nachzuholen, vor allem versäumte Selbstreflexion. Welcher Unternehmer ist und war so ehrlich und offen, seine Schwächen und die des Unternehmens einmal unternehmerisch zu bewerten? Und welcher Unternehmer hat dann auch konsequent gegengesteuert?
Unternehmertum setzt dies voraus. Unternehmertum, vor allem in mittelständischen Unternehmen, ist und war zu jeder Zeit geprägt von drei wesentlichen Handlungen:

  • den Markt zu beobachten, rechtzeitig auf Veränderungen zu reagieren, etwas zu unternehmen,
  • die eigenen Fähigkeiten, dazu gehören auch die Finanzkraft, die Führungskompetenz und das Potenzial des Unternehmens, insgesamt zu betrachten und in die Zukunft hineinzuplanen,
  • Mut und Bereitschaft, konsequent Strategien auf Grundlage realer Potenziale zu entwickeln und vor allem umzusetzen.

Drei Themen, die viele vernachlässigen. Wo also bleibt eine tragfähige Perspektive, die reale Einschätzung der Zukunft eines Unternehmens. Nicht der Markt - ob nun Konjunkturflaute oder Hype - bestimmt den Unternehmenserfolg und die Stabilität, sondern das Unternehmertum.

Unternehmen unter der Lupe.


Hier nun greift Basel II. Mit neuen Verfahren und Systematiken prüft die Finanzwelt künftig, welche Potenziale ein Unternehmen tatsächlich besitzt, ob es die Fähigkeit besitzt, eben diese Potenziale geplant und gesteuert erfolgreich freizusetzen.
Die meisten Unternehmen sind daher gezwungen, denn jetzt ist nicht mehr die unternehmerische Freiheit entscheidend, sich mit den bisher vernachlässigten, unliebsamen Unternehmensdisziplinen auseinander zu setzen. Dazu gehören:

  • Planungs- und Bewertungssystematiken,
  • Kennzahlenmanagement,
  • Leistungssteuerung in Bezug auf Produktivität und Qualität,
  • Marktbeobachtung und Chancenbewertung,
  • Führung und Motivation im Unternehmen,
  • Sozialbilanz und Ethik im Unternehmen,
  • Mitarbeiterentwicklung,
  • Tragfähige Ziele und Strategien.

Einige werden den Standpunkt vertreten, dass dies alles viel zu mächtig und komplex und nur für große Unternehmen und Konzerne geeignet sei. Eine klare Fehleinschätzung! Nicht die Größe ist ausschlaggebend, sondern vielmehr die Konsequenz und die Qualität, mit der sich Unternehmen mit diesen Themen auseinander setzen.
Sicher ist die Strategie eines Großunternehmens wesentlich umfangreicher, als dies für ein mittelständisches Unternehmen erforderlich ist. Dennoch haben beide mit der gleichen Sorgfalt und Verantwortung daran zu arbeiten. Es ist egal, ob eine positive Sozialbilanz im Unternehmen durch tausende Mitarbeiter oder lediglich fünf Mitarbeiter geprägt ist. In der Wirkung im Unternehmen und in der Außenwirkung hin zum Kunden ist das Thema gleich wertvoll. Die Aufgabe für Unternehmer ist und bleibt gleich.
Vielleicht schafft Basel II tatsächlich, was Ignoranz und Bequemlichkeit in der Vergangenheit behinderten - nämlich Unternehmertum.

Albert Weber ist einer der beiden Gründer und Geschäftsführer des atunis Instituts. atunis hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit ihren Netzlogik -Methoden Unternehmer und Führungskräfte im Aufbau der Beziehungskompetenz als Managementdisziplin zu unterstützen und ihre Auswirkung in konkreten Kundensituationen zu verifizieren.

www.atunis.de

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Albert Weber

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