Lernstationen inhouse
Europäer beraten Europäer
| Folge 22: Die Traineeausbildung bei Pleon Düsseldorf. |
Von Anja Dilk
Pleon ist ein neues europäisches Beratungsunternehmen. Seine Vision ist ungewöhnlich: Die Intelligenz der einzelnen Länder und Regionen für eine gemeinsame Netzökonomie nutzen. In den nächsten Monaten begleiten wir diese einmalige Mission mit Reportagen und Essays. Aus einem Europa, in dem zusammenwächst, was zusammengehört. Heute: Die Traineeausbildung bei Pleon Düsseldorf.
Pleon-TraineesEiskalt weht der Winter in die Eingangshalle. Die Eintretenden klopfen den Schnee von Mänteln und Jacken, schütteln sich die weißen Flocken aus dem Haar. Gedämpft vom Winterkleid der Stadt, dringt das Stop and Go auf der Königsallee leise in die Flure der Bahnstraße 2. Mitarbeiter und Besucher eilen an den verzerrenden Spiegeln neben den Aufzügen vorbei. Gleich schlägt es neun. Der Arbeitstag bei Pleon Kohtes Klewes in Düsseldorf beginnt.
"Einen Kaffee?" Christiane Schulz lächelt. Röhrend strömt der Latte macchiato in einen Becher. Vorbei an der Schlange der wartenden Kollegen geht Schulz zu ihrem Büro gegenüber der Küche und öffnet die Glastür. "Bitte, setzen Sie sich." Die Ausbildungsverantwortliche ist es gewohnt, zu improvisieren. Das Traineeseminar fällt heute aus. Gleich hätte es beginnen sollen. Doch ein Kunde hatte drängende Wünsche, da ist es selbstverständlich, dass interne Planungen umgestrickt werden. Das Seminar wird eine Woche verschoben. Normaler Agenturalltag.

Traineeausbildung inhouse.


Christiane Schulz lässt sich in ihren schwarzen Drehstuhl gleiten und kramt einige Unterlagen hervor. Traineeprogramm Frühjahr 2005. Die Seniorberaterin sitzt im Managementteam von Pleon Düsseldorf, seit 2003 ist sie auch Ansprechpartnerin für die Aus- und Fortbildung in der Kommunikationsagentur. Das Konzept für die Ausbildung der Trainees hat Schulz selbst entwickelt, die praktische Umsetzung des Programms übernimmt die Personalabteilung. Seit etwa fünf Jahren gibt es die Traineeship bei Pleon, bis vor einem Jahr wurde für den Theorieunterricht ein externer Dienstleister engagiert. "Aber auf Dauer wurde das Angebot unseren Ansprüchen nicht gerecht, weil es nicht auf die spezifischen Anforderungen der Agentur zugeschnitten war", sagt Schulz. In den Kursen der externen Veranstalter saßen Trainees aus verschiedenen Firmen, das war zuweilen schwer unter einen Hut zu bringen. Immer häufiger musste Pleon nachschulen. Schulz zog Konsequenzen und holte die Traineeausbildung ins Unternehmen. Seit einem Jahr läuft das Programm komplett inhouse. Die Seniors, die sich am besten mit einem Thema auskennen, übernehmen die Seminare selbst. Manchmal, wenn sie Profi auf einem Spezialgebiet sind, werden auch Consultants eingespannt. Schulz: "Das Feedback der Trainees ist so positiv, dass wir uns sicher sind: Das war eine richtige Entscheidung."

Drei Monate pauken bis zur Abschlussprüfung.


13 Trainees und drei Volontäre in der Redaktion sind derzeit in der Ausbildung. Ein Jahr lang dauert die Traineeship. In dieser Zeit ist der Nachwuchs einem Team zugeordnet, jeder Auszubildende hat zudem einen Paten, an den er sich bei Problemen wenden kann. Im Traineeplan ist definiert, was ein Trainee können muss. Entsprechend diesem Profil werden die Lernstationen festgelegt. So sollte jeder Trainee in seiner Ausbildungszeit ein Exposé erarbeitet und Kostenkalkulation gemacht haben, er sollte mit Recherche vertraut sein, Kundentermine und Verantwortung für kleine Projekte übernommen haben. Hinzu kommen die Fortbildungsseminare. Drei Monate lang müssen die Trainees Theorie pauken. Von Januar bis März oder von Juli bis September nehmen sie an einem knappen Dutzend Seminaren teil. Viele finden Freitag und Samstag statt, in der Regel dauern sie ein bis drei Tage. Es geht um Grundlagen der PR und PR-Konzeption, um Pressearbeit und EDV-Schulung, um Kundenkorrespondenz und das Einmaleins des richtigen Briefings, um Kreation und Produktion von Kundenpublikationen. Am Ende steht die Abschlussprüfung, für die die Trainees ein PR-Konzept entwickeln und präsentieren müssen.

Stimmen die Basics, zählen die Soft Skills.


Pleon TraineesAber wer hat überhaupt Chancen, an diesem Programm teilzunehmen? Wie finden die Kommunikationsberater den geeigneten Nachwuchs? "Das ist keine leichte Aufgabe", sagt Christiane Schulz. "Natürlich muss eine Bewerbung perfekt und fehlerfrei sein, natürlich sollte ein Bewerber erste Erfahrungen in der PR haben und sich mit den wesentlichen Techniken von PowerPoint bis Excel auskennen. Wenn das stimmt, entscheiden wir letztlich aus dem Bauch." Stimmen die Basics, zählen die Soft Skills: Passt der Bewerber? Wie hat er sich im Vorstellungsgespräch präsentiert? War er gut vorbereitet, gut angezogen? Hat er oder sie eine klare Vorstellung von der Arbeit in der Agentur? Wie sind Umgangsformen, Handschlag, Blickkontakt? Die meisten Trainees haben schon vor ihrer Bewerbung um die Traineeship in der Agentur gearbeitet - als Praktikant oder Student. Die Bewerbungsrunden für diese Jobs sind nicht weniger hart, denn das ist der Pool, aus dem der spätere Nachwuchs geschöpft wird. Wer durchgekommen ist und sich anschließend bewährt, hat deutlich bessere Chancen auf einen Traineeplatz. Trainees, die nie zuvor Kontakt mit Pleon Kohtes Klewes hatten, sind eher die Ausnahme. Schulz: "Wer noch nicht bei uns war, hat oft eine falsche Vorstellung von der Arbeit. Und wenn wir mit den Bewerbern schon vorher zusammengearbeitet haben, können wir eher einschätzen, was wir von ihnen zu erwarten haben."

Sonntag abends auf die Arbeit freuen.


Cornelia, Christian und Thomas haben es geschafft. Entspannt sitzen sie im Konferenzraum gleich neben dem Büro der Ausbildungsverantwortlichen Schulz und erzählen. Eineinhalb Jahre lang hat Cornelia Kusserow als Studentin hier gearbeitet. Nach Jobs in einer Werbeagentur ("spießig und konservativ") und am Flughafen ("schrecklich"), bewarb sie sich über die Praktikumsbörse der Universität bei Kohtes Klewes. Mit Erfolg. Fortan arbeitete die Sozialwissenschaftsstudentin in der PR-Assistenz, verwaltete und dokumentierte Presseartikel, half bei der Vorbereitung von Präsentationen und Recherchen. Nach dem Studienabschluss entschied sie sich für ein Praktikum bei einer Eventagentur. Und war begeistert. Doch Kohtes Klewes lockte sie zurück. "Bewerben Sie sich doch für eine Traineeship", hatte man ihr gesagt. Seit Januar ist sie nun dabei, im Bereich Produkt-PR. "Anfangs habe ich kurz gezweifelt. Aber ich bin mit der Entscheidung sehr zufrieden. Wir bekommen hier eine super PR-Ausbildung." Die 27-Jährige streicht ihren Feinstrickrolli glatt und grinst. "Sonntag abends freue ich mich auf die Arbeit - das ist doch ein gutes Zeichen, oder?"
Trainee werden beim Marktführer, bei der großen, renommierten Agentur - Christian Meyer dagegen hatte das von Anfang an im Blick. Schon neben seinem Theologiestudium hatte er in die PR-Welt reingerochen. In einer kleinen Firma bei Heidelberg. Da wurde ihm klar: Nach dem Studium würde er gerne Einblick in eine große Agentur gewinnen. Dabei hat er schon lange eine klare Vorstellung davon, was ihn an Kommunikation interessierte: Zum einen wollte er mehr darüber lernen, wie Kommunikation eigentlich funktioniert, wie er Reden schreiben, wie er überzeugen kann. Gutes Predigen, das hat ihn schon im Studium beschäftigt. Zum anderen trieben ihn ethische Fragen um. Wie rechtfertigen Unternehmen ihr Handeln? Wie sind Ethik und Wirtschaft vereinbar? Wie gehe ich mit den Bigotterien unserer Gesellschaft um, in der jeder Auto fahren möchte, aber alle Tankstellen verteufeln. "Wie kann man dieses Spannungsfeld auflösen?" Wenn Christian Meyer, schwarze kurze Haare, strenge Brille, schwarz-beige gestreiftes Hemd, mit breitem Lachen und offenem Blick ins Reden kommt, reißt er den Zuhörer unausweichlich mit. Er kann es nicht verbergen: Diese Fragen sind ihm ein Anliegen. Heute ist Christian Meyer Trainee in einem Team mit dem Arbeitsschwerpunkt Corporate Social Responsibility (CSR) von Pleon Kohtes Klewes und arbeitet unter anderem für BP. Fünf Monate lang hat er zuvor als Praktikant Erfahrungen gesammelt.

Vertrauen motiviert.


Auch Thomas Fischer rutschte im Studium in die Kohtes-Klewes-Welt. Der Philosophiestudent übernahm den Posten eines Bekannten. Das war 1999. Damals arbeitete er direkt im Team von Christiane Schulz mit. Vor zwei Jahren wechselte der 29-Jährige in die Redaktion von Pleon Kohtes Klewes. "Ich habe gemerkt, dass mir Texten am meisten Spaß macht." Jetzt ist Thomas Fischer einer von drei Volontären der Redaktion und nimmt wie die Trainees am Seminarprogramm teil.
Cornelia, Christian und Thomas schätzen die Traineeausbildung sehr, wie sie sagen. Die kontroversen Diskussionen, das strukturierte Vorgehen, der weit gefächerte Einblick in die unterschiedlichen Formen der Arbeit im Haus, in der PR allgemein, der hohe Standard. "Wichtig ist, dass man als Trainee deutlich merkt, dass das Unternehmen jetzt ganz anders hinter einem steht als in der Praktikumszeit", sagt Cornelia. "Wir bekommen mehr Verantwortung, mehr Projekte." Christian: "Wenn man sich hier für jemanden entschieden hat, traut man dem auch etwas zu." Das motiviert.

Oft die gleichen Anfängerfehler.


Aus den gläsernen Arbeitswaben im dritten Stock dringt das Geklapper der Tastaturen, Stimmen schwirren über die Gänge, Telefone klingeln. Bis zur Abschlussprüfung der Trainees ist es nicht mehr weit. Ende April müssen die 13 ihre Konzepte entwickeln und präsentieren. Es kann eine öffentliche Kampagne sein, wie 2004, als es in der Abschlussprüfung um das Thema Unverträglichkeit von Kuhmilch ging. Es kann ein Konzept zur Produkt-PR sein wie 2003, als die Trainees das Schnellrestaurant Kochlöffel besser positionieren sollten. Christiane Schulz blickt auf das farbenfrohe Plakat vis-à-vis ihres Schreibtisches. Photos von einer Pommes- und einer OB-Kampagne, von Bebe-sanfte-Milch und lächelnden Gummibären. In der Prüfung müssen die Trainees zeigen, was sie können: Wie habe ich präsentiert, wie auf Kunden und das Managementteam gewirkt, welche Instrumente habe ich verwendet, wie die Idee rübergebracht? Schulz: "Es werden häufig die gleichen Anfängerfehler gemacht. Oft verheddern sich die Trainees beispielsweise in der Analyse und haben kaum noch Zeit für die Konzeption. Deshalb raten wir in den Seminaren immer wieder, sich einen Schlusspunkt zu setzen. Aber das können wir so oft sagen, wie wir wollen - man muss offenbar die Erfahrung selbst machen."
Mit der Theorie ist die Ausbildung noch lange nicht vorbei. Bei der Arbeit in ihren Teams werden die Trainees kontinuierlich weiterentwickelt, so Schulz. Sie sammeln Alltagserfahrungen, müssen das Theoriewissen anwenden, lernen viel über Gesprächsführung, Moderation, Konflikttraining. Einen Monat lang macht der Nachwuchs einen Austausch an einen anderen Standort. Jetzt, europaweit, kann das ungeheuer spannend werden. Vor allem mit internationalen Kunden.
Die Prüfung rückt näher. Christiane Schulz hat einige Überraschungen in der Schublade. Bemerkenswerte Überraschungen. Die Prüfung soll praxisnäher werden, lebendiger. Wie das? Das dürfen die Trainees jetzt leider noch nicht wissen.

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Christiane Schulz ist Business Director bei Pleon Kohtes Klewes in Düsseldorf.

Anja Dilk ist Redakteurin bei changeX.

Weitere Informationen:
www.pleon.com

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Anja Dilk ist Berliner Korrespondentin, Autorin und Redakteurin bei changeX.

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