Freund und Helfer
Co-Aktives Coaching - das neue Buch von Laura Whitworth, Henry Kimsey-House und Phil Sandahl.
Von Nina Hesse
Bei den meisten Menschen klafft zwischen dem, wie sie sind, und dem, wie sie sein wollen, eine mehr oder minder große Lücke. Coachs helfen, sie zu schließen - durch Fragen und geschickt geführte Gespräche lotsen sie den Klienten zur Selbsterkenntnis und zum Handeln. Wie's geht, verrät ein neues Fachbuch im GABAL Verlag.
Sportcoachs sind oft raue Burschen. Sie schinden ihre Schützlinge, bis denen ordentlich der Schweiß runterläuft und Siegeswillen und Leistungen ganz oben am Anschlag sind. Wo's langgeht, bestimmt der Trainer. Ganz anders bei einem beruflichen und privaten Coaching - hier kommt die Agenda vom Klienten, der Coach hat keine Machtposition, sondern ist ein Helfer, der dem Klienten dezent neue Wege aufzeigt und ihn dazu bringt, konstruktiv über sich selbst nachzudenken, einen Plan zu entwickeln und zu handeln. Das Ziel: nichts weniger als ein erfülltes Leben.
Wer Coaching zu seinem Berufsinhalt machen will, für den ist das Buch von Whitworth, Kimsey-House und Sandahl erste Wahl. Es ist ein sehr gut geschriebenes, umfassendes Grundlagenwerk, dessen Tipps sich durch die vielen Beispiele gut umsetzen lassen und das den Leser nie allein lässt. Im Anhang gibt es auch noch die gesamte Grundausstattung, die man als Coach für's Büro braucht - Arbeitsblätter, Checklisten, Formulare.
Im Gegensatz zu manchen amerikanischen Büchern zum Thema ist es dem "sanften", in Europa gängigen Ansatz verpflichtet, der Coaching als eine Zusammenarbeit, als eine Allianz zwischen Coach und Klienten sieht - bei der der Coach sich fast unsichtbar macht neben der Hauptperson, dem Klienten. Grundannahme ist: "Vom Standpunkt des co-aktiven Coachings ist der Klient nicht krank oder gar eine gebrochene Persönlichkeit, es besteht keine Notwendigkeit, ihn zu 'reparieren'. Der Coach liefert keine Antworten, sondern stellt Fragen."

Neugier und Intuition trainieren.


Sinn der Sache ist, dass der Klient seine Erkenntnisse selbst gewinnt und nicht frei Haus geliefert bekommt. Aber wie stellt man die richtigen Fragen, die den Klienten zum Lernen und zum Handeln bringen? Auf dem Weg dorthin gilt es, sich in der Kunst des Zuhörens zu üben (auf drei Ebenen, bis hin zu Rhythmus, Tonfall und Energie). Seine Neugier zu kultivieren, um wirklich interessiert Fragen stellen zu können. Seine Intuition zu nutzen - ein ganzes Kapitel beschäftigt sich allein mit diesem Thema. Gut, denkt sich der skeptische Leser. Zuhören kann man mit diesen Tipps vielleicht lernen. Aber lässt sich Neugier fördern? "Es ist wie Zuhören und Intuition eine Begabung, aber man kann sie auch wie einen Muskel trainieren", beruhigen die Autoren. Auch, sich in die Situation und die Erwartungen des Klienten hineinzuversetzen sollte jeder, der ins Coaching gehen will, ausgiebig erproben. Zufriedene Kunden werden es ihm danken.
Um zu zeigen, wie Coaching-Gespräche aussehen und wie man sie in die richtige Richtung steuert, sind die Beispiel-Dialoge sehr praktisch. Zum Beispiel: Ein Gespräch zu unterbrechen ist normalerweise unhöflich, beim Coaching aber wichtig. Denn ein Dampfplauderer, der von einem Thema zum anderen schweift und nicht auf den Punkt kommt, sabotiert jede Coaching-Session, wenn man nicht gezielt bremst und lenkt. Auch bei anderen Coachees ist es wichtig, an der richtigen Stelle einzuhaken. "Auch wenn es merkwürdig klingen mag - mit seinen Gedanken herauszuplatzen ist eine Technik, die der Coach entwickeln sollte", empfehlen die Autoren. Darüber hinaus gibt es natürlich noch erprobte Methoden und die entsprechenden Übungen dazu. Zum Beispiel Artikulation (der Coach gibt Aussagen des Klienten in eigenen Worten wieder), Metaperspektive (im virtuellen Hubschrauber aufsteigen und aus großer Höhe auf das eigene Leben herabblicken), Metapher oder Anerkennung.

Auch der Coach ist ein Mensch.


Man merkt beim Lesen sofort, dass das Buch sich eng an der Praxis orientiert, dass die Autoren selbst jede Menge Coaching-Erfahrung haben. So können sie zum Beispiel vor dem typischen Durchhänger in der dritten bis achten Coaching-Woche warnen, in dem die Veränderungen nicht schnell genug zu gehen scheinen oder der innere Schweinehund kräftig sabotiert. Auch die Fallstricke, die sein Beruf für den Coach selbst bereithält, kennen sie. Ein ganzes Kapitel beschäftigt sich mit dem Selbstmanagement des Coachs. Denn ein wichtiger Teil des Prozesses ist, sich während der Sessions zurückzunehmen. Das ist nicht immer leicht, denn schließlich ist auch der Coach eine ausgeprägte Persönlichkeit, hat Meinungen, Erfahrungen, kämpft vielleicht sogar selbst mit Konflikten. Wie schafft man das, für jeden Klienten voll konzentriert und für ihn da zu sein? Selbst wenn man durch ein eigenes Problem abgelenkt wird, sich langweilt oder emotional auf das reagiert, was man gehört hat? Wenn man kurz geistig abwesend war, sollte man das zugeben, das baut sogar Vertrauen auf. Hadert man grundsätzlich mit dem eigenen Leben, sollte man selbst einen Coach nehmen - oder den Beruf wechseln: "Beim Selbstmanagement geht es auch darum, zu erkennen, wann man mit dem Coaching aufhören sollte."

Laura Whitworth /
Henry Kimsey-House / Phil Sandahl:

Co-Aktives Coaching.
Neue Coaching-Techniken für
mehr beruflichen und privaten Erfolg,

GABAL management, Offenbach 2005,
327 Seiten, 34.90 Euro,
ISBN 3-89749-507-4
www.gabal-verlag.de

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

© changeX Partnerforum [02.06.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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Zum Buch

: Co-Aktives Coaching. Neue Coaching-Techniken für mehr beruflichen und privaten Erfolg. GABAL management, Offenbach 2005, 327 Seiten, ISBN 3-89749-507-4

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