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Clan Value. So machen Sie aus Ihrer Familie ein Unternehmen und aus Ihrem Unternehmen eine Familie - das neue Buch von Elisabeth Heller.
Von Winfried Kretschmer
Mehr als 90 Prozent der Unternehmen hierzulande sind Familienunternehmen. Sie erwirtschaften knapp zwei Drittel des Bruttosozialprodukts. Eine Erfolgsstory, von der man lernen kann. Zum Beispiel die Erkenntnis: Unternehmen sind erfolgreich, wenn sie wie eine erweiterte Familie, wie ein Clan funktionieren. Ein sehr persönlich gefärbtes Plädoyer für eine Wirtschaft mit menschlichem Antlitz!
Über Jahrtausende hinweg war Wirtschaft gleich Leben und Leben gleich Wirtschaft. Man lebte und wirtschaftete gemeinsam in Gruppen, in die man hineingeboren wurde: Horden, Sippen, Familien, Clans. Hier liegen die Wurzeln der Ökonomie - als oikonomia bezeichnete man im antiken Griechenland die Verwaltung des Haushalts. Bis weit in die Neuzeit hinein blieb Wirtschaften immer eingebunden in Beziehungsgeflechte, in das Zusammenleben der Menschen und umfasste mehr als nur den Austausch von Gütern und Arbeitsleistungen. Erst die kapitalistische industrielle Revolution brach radikal mit diesem Konzept. Nun galt Arbeit gegen Lohn und Ware gegen Geld, rationale Organisationen drängten die tradierten Beziehungsgeflechte in den Hintergrund. Das "eherne Gehäuse" (Max Weber) wurde zum Inbegriff für die rationale, bürokratische Organisation des Wirtschaftslebens.

Familienunternehmen - ein Gegenmodell zum Shareholder-Kapitalismus.


Zwar hat das neue Modell der rational organisierten, gerade von persönlichen Beziehungen abstrahierenden Firma das traditionelle Modell durchdrungen, auch in den Hintergrund gedrängt, aber nie ablösen können. Zwar stehen Großunternehmen in der Wirtschaftsberichterstattung im Vordergrund, auch gilt vielen Ökonomen die börsennotierte Publikumsgesellschaft, die auch auf Seiten der Anteilseigner dem Marktmechanismus gehorcht, als der Unternehmensweisheit letzter Schluss. Familienunternehmen hingegen haftet der Ruch des Antiquierten und Altbackenen an, sie schienen als Auslaufmodell in einer Wirtschaftswelt, in welcher der Börsenkurs als Maß aller Dinge gilt.
Doch die wirtschaftliche Realität sieht anders aus. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen hierzulande sind Familienunternehmen. Sie erwirtschaften annähernd zwei Drittel des Bruttosozialprodukts. Und viele von ihnen sind außerordentlich erfolgreich. Dieser Erfolg und ihre Beständigkeit oftmals über mehrere Generationen hinweg haben zu einem Umdenken geführt. Familienunternehmen sind wieder ein Thema, ja gelten sogar als bodenständiges Gegenmodell zu dem Shareholder-Kapitalismus angelsächsischer Prägung.

Das Ende des alten Deals.


Nicht zuletzt geraten rationale Organisationen in ein Dilemma, wenn ihre Art zu wirtschaften nicht mehr nur eine definierte Arbeitsleistung verlangt, sondern mehr und mehr den ganzen Menschen - und einen nicht geringen Teil seiner Lebenszeit. Dann funktioniert der alte Deal Arbeit gegen Geld nur noch begrenzt. Loyalität schaffen und sichern wird zunehmend schwierig, weil rationale Unternehmen nur beschränkt geben können, was sie zunehmend fordern, ja fordern müssen, weil es die Arbeit so verlangt: Verantwortung, Empathie, Passion. Deshalb waren die Flipperautomaten, Couchecken, die Sport- und Incentive-Programme der New Economy nur ein erster Vorgeschmack auf kommende Veränderungen der Arbeitswelt.

"Clan Value rechnet sich!"


Einen Vorgeschmack liefert auch ein Buch, das in diesem Frühling erschienen ist. Clan Value ist das Gegengift zum Shareholder Value: ein "Sinn stiftender und Arbeit schaffender Ausweg", wo das Shareholder-Denken "immer stärker in die Sackgasse der Arbeitsplatzvernichtung mündet". Ungeachtet verschiedener zweifelhafter Konnotationen des Begriffs ist der Clan für Elisabeth Heller das Gegenmodell zum rational verfassten Unternehmenstypus. Sie empfiehlt: "Machen Sie aus Ihrer Familie ein Unternehmen und aus Ihrem Unternehmen eine Familie."
Denn die beiden sozialen Organisationsformen seien nur zwei Seiten einer Medaille. "Ich habe verstanden, dass mein Unternehmen erfolgreich ist, weil es funktioniert wie eine erweiterte Familie, wie ein Clan eben", schreibt die Wiener Unternehmensberaterin in ihrem Ratgeber. Es ist ein sehr persönlich gefärbtes Plädoyer für eine Wirtschaft mit menschlichem Antlitz, die auf gegenseitigem Geben und Nehmen, auf verantwortungsvollem Miteinander und auf angstfreien Beziehungen zueinander basiert. Heller untermauert mit zahlreichen Beispielen, teils aus archaischen Stammeskulturen, teils aus Familienunternehmen, dass gepflegte und wohl ausgeglichene Beziehungen ein wirtschaftlicher Erfolgsfaktor sind.
Nicht zuletzt auch in finanzieller Hinsicht. "Der Clan Value rechnet sich!", proklamiert die Autorin. Denn höheren Aufwendungen für Arbeitsatmosphäre und Gemeinschaftsaktivitäten stehen etliche positive Effekte gegenüber, die sich in geringeren Kosten niederschlagen: Geringere Ausfallraten infolge von Personalfluktuation, geringere Abwesenheitszeiten der Mitarbeiter, weniger Konkurrenzkampf, weniger Konflikte und Intrigen, mehr Motivation und ein größeres Zusammengehörigkeitsgefühl, nicht zuletzt auch bessere Beziehungen zu Lieferanten und Kunden sind die Aktivposten ausgeglichener und familiärer Arbeitsbeziehungen.

Win-Win, altindisch.


Diese wiederum sind Teil eines Wirtschaftsverständnisses, das den Gewinn aller, nicht nur einzelner Beteiligter im Auge hat. Bei ihren Recherchen ist Elisabeth Heller auf eine wunderbar klare Regel für gute Geschäfte gestoßen. Sie stammt aus dem Arthashastra, einem indischen Politiklehrbuch aus dem 4. Jahrhundert vor Christus: "Das grundlegende Prinzip jeglicher Geschäftstätigkeit besteht darin, dass kein Mensch, mit dem du Geschäfte machst, dabei verliert. Wenn du diesem Prinzip folgst, wirst du auch nicht verlieren."

Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

Elisabeth Heller:
Clan Value.
So machen Sie aus Ihrer Familie ein Unternehmen
und aus Ihrem Unternehmen eine Familie,

Econ Verlag, Berlin 2006,
247 Seiten, 16 Euro,
ISBN 3-430-14258-X
www.econ.de

© changeX [22.06.2006] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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Zum Buch

: Clan Value. . So machen Sie aus Ihrer Familie ein Unternehmen und aus Ihrem Unternehmen eine Familie. . Econ Verlag, Berlin 1900, 247 Seiten, ISBN 3-430-14258-X

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Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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