Von wegen Rippe
Das 21. Jahrhundert ist weiblich - das neue Buch von Susanne Kleinhenz.
Von Anja Dilk
Es begann mit Eva. Mit ihr nahm die zweitrangige Rolle der Frau in der abendländischen Kultur ihren Anfang. Doch ist die Geschichte der Eva nur die halbe Wahrheit. Von Anfang an ist das Frauenbild zerrissen und ambivalent, gespalten zwischen Heiliger und Hure, Heimchen und Amazone. Eine Buchautorin sagt: Frauen müssen diese Spaltung überwinden, wenn sie die großen Chancen nutzen wollen, die ihnen das 21. Jahrhundert bietet. / 26.01.07
Dieses Buch beginnt mit einer Überraschung: Adams erste Frau war Eva? Mitnichten. "Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde ... und schuf sie als Mann und Weib", heißt es in der Genesis I. "Und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer." Oha! Keine Rippe, keine Kopie, stattdessen gemeinsame Herrschaft. Erst wenige Verse später kommt Eva, die Gehilfin, ins Spiel - und mit ihr nimmt die zweitrangige Rolle der Frau in der abendländischen Gesellschaft ihren Anfang. Nur in der hebräischen Mythologie, im heiligen Buch der Kabbala, taucht die namenlose erste Frau wieder auf: als Lilith, eine geheimnisvolle, verführerische und kraftvolle Frau mit feuerrotem Haar, die sich erfolgreich allen Unterwerfungsversuchen ihres Gatten entgegenstemmt.
Eva und Lilith, zwei mythologische Frauengestalten, die bis heute das Selbstverständnis von Frauen in der westlichen Welt prägen: "Die patriarchalische Kultur spaltet hier in brutaler Weise das Frauenbild in die Heilige und die Hure", schreibt Susanne Kleinhenz. Mit weit reichenden Folgen. Denn bis heute seien Frauen zerrissen und ambivalent: Welche Frau will ich sein, welcher Rollenerwartung folgen? In der Frage des Berufs brechen diese Bilder dann endgültig auseinander: hier die treusorgende Ehe- und Hausfrau, dort die erfolgreiche, lustvolle Karrierefrau. Während sich Frauen zu einer Entweder-oder-Entscheidung gezwungen fühlten, so die Autorin, bestätigten Männer die Spaltung des weiblichen Bildes durch ein munteres Sowohl-als-auch: Eva-Ehefrau und Lilith-Geliebte. So weit, so holzschnittartig.

Die Ambivalenz erkennen.


Doch erfreulicherweise benutzt Kleinhenz die Mythologie, um einen differenzierteren Blick zu eröffnen. Einen Blick auf die Traditionen, in denen wir stehen - ob wir wollen oder nicht. Auf die Muster, nach denen wir ticken - ob wir es merken oder nicht. "Mit dem Bewusstsein für die Spaltung des weiblichen Prinzips bekommen Sie die Möglichkeit zur Entscheidung für das eine oder andere Frauenbild oder für die Integration beider."
Zwar ist die Zeit der reinen Evas oder Liliths längst vorbei, doch lebt die Ambivalenz weiter fort. Kleinhenz' Überzeugung: Weil Frauen immer noch nicht diese historisch gewachsene Ambivalenz erkennen, sich mit ihr auseinandersetzen, um sich dann von ihr zu lösen, schaffen sie es so häufig nicht, ihre Chancen wahrzunehmen. Denn noch immer "gibt es Vorbehalte gegen die beruflich erfolgreiche und absolut selbstständige Frau". Diese stecken nicht alleine in den Köpfen von Männern, die ungern ihre gewohnte und bequeme Machtposition aufgeben wollen, "sondern sind auch bei den Frauen selbst zu finden, die sich häufig weniger zutrauen, als sie können." Dabei heißt die Zukunft nicht "entweder - oder". Im Gegenteil: Die Zukunft ermöglicht Frauen das Sowohl-als-auch, ohne ihre Weiblichkeit aufgeben zu müssen. Wenn sie es angehen.
Daher heißt der erste Schritt: Standortbestimmung: Wie viele Prozent Lilith und wie viele Prozent Eva stecken in mir? Mit Tests und einer ordentlichen Portion Selbstreflexion sollen sich Leserinnen dieser Frage nähern. Der Blick in die Mythologie soll ihnen helfen, ihren Standpunkt zu entdecken und erfolgreiche Strategien für das eigene Leben zu entwickeln. "In der Mythologie der Griechen finden Sie weibliche Strategien für Beruf und Privatleben in kraftvollster und lebendigster Form", schreibt Kleinhenz. Typische Frauengestalten mit typisch weiblichen Strategien gibt es dort in Fülle: Die starke Medea, die verführerische Circe, die gewandte Aphrodite, die kreative Muse, die vernunftbetonte Artemis, die mutige Amazone. Indem sie ihre Geschichten erzählt, will Susanne Kleinhenz Frauen mehr über weibliche Muster in der Geschichte des Abendlandes, also mehr über sich selbst offenbaren. So interessant die Reise zu den Wurzeln des Abendlandes auch ist, geraten die Erzählungen auf Dauer doch etwas ermüdend.

Die Chancen des 21. Jahrhunderts.


Gleichwohl, die Grundidee ist richtig. Nur wer einen Standpunkt hat, kann sich behaupten, im privaten wie im Berufsleben. Wer hingegen nicht weiß, wer er ist, was er will und wofür er steht, ist von anderen leichter zu manipulieren. Gerade Frauen fehle es manchmal, so Kleinhenz, an einer Position. Diese aber ist die Voraussetzung dafür, um so aufzutreten, wie es ihren individuellen Interessen und Wünschen entspricht - und damit die großen Chancen zu nutzen, die ihnen das 21. Jahrhundert, das Jahrhundert der Kommunikation, bietet. Denn die, so die Autorin, sind gerade für Frauen besonders groß. "Das Patriarchat hat seine Grenzen erreicht. Wir stehen am Anfang eines Jahrhunderts, in dem Frauen erstmals die gleichen Chancen im Beruf haben werden wie die Männer - wenn sie sie ergreifen."

Susanne Kleinhenz:
Das 21. Jahrhundert ist weiblich.
Weiblich bewegt und erfolgreich in eine neue Zukunft,

GABAL Management, Offenbach 2007,
249 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 978-3-89749-667-5
www.gabal-verlag.de

Anja Dilk ist Redakteurin bei changeX.

© changeX [26.01.2007] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


changeX 26.01.2007. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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: Das 21. Jahrhundert ist weiblich. . Weiblich bewegt und erfolgreich in eine neue Zukunft. . GABAL Management, Offenbach 1900, 249 Seiten, ISBN 978-3-89749-667-5

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Anja Dilk ist Berliner Korrespondentin, Autorin und Redakteurin bei changeX.

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