Es grünt so grün
Greenomics. Wie der grüne Lifestyle Märkte und Konsumenten verändert - das neue Buch von Eike Wenzel, Anja Kirig und Christian Rauch.
Von Florian Michl
Was gestern als konsumfeindliche Spät-Hippie-Bewegung begonnen hat, entwickelt sich heute zum Megatrend. Grün ist in. Und hat nichts mehr zu tun mit Jesuslatschen und Askese. Nichts gegen Konsum - wenn die Produktion ökologisch, fair und nachhaltig ist. Das ist das Motto des Lifestyle of Health and Sustainability. Und längst nicht mehr nur beim Essen. Sondern auch bei Finanzdienstleistungen, Hightech und Design. Ein Trend mit Zukunft, sagt ein Autorentrio. / 25.03.08
Wenzel, Kirig, Rauch CoverAutos verpesten nicht mehr die Luft: Mit Algen durchmischte Karosseriebleche betreiben Fotosynthese und erzeugen Sauerstoff - Abgasschleudern werden so zu "Lufterfrischern". Häuser fressen keine Energie mehr, sondern liefern mehr davon, als sie selbst verbrauchen. Und gegessen wird das, was der Bauer nebenan auf seinem Hof verkauft. Das sind keine Fantastereien. Sondern visionäre Ideen aus dem Umkreis der neuen Ökologiebewegung, die freilich unter einem neuen Vorzeichen segelt: Sie nennen sich Lohas, sind Anhänger des "Lifestyle of Health and Sustainability". Und sie schicken sich an, die Welt zu erobern. Ihr Ansatz: Konsum und nachhaltige, ökologisch saubere und faire Produktion schließen sich nicht aus, sondern gehen in eins. Produkte müssen gesund und ökologisch angebaut sein und fair gehandelt werden, dann steht dem Konsum nichts mehr im Weg - die Wirtschaft aber auf dem Kopf. Und nicht nur sie, schreibt Matthias Horx, Gründer des Zukunftsinstituts, im Vorwort des vorliegenden Buches von Autoren seines Instituts: "Die Ökologie ist auf dem besten Wege, zur großen Leitidee unseres Jahrhunderts zu werden, zum sinnstiftenden Wertesystem, das ALLE Lebensbereiche umfasst." Was das heißt, haben die Autoren Eike Wenzel, Anja Kirig und Christian Rauch penibel recherchiert. Sie haben sich die Entwicklungen auf unseren Märkten und in unseren Lebenswelten angeschaut. Herausgekommen ist kein Datenberg, sondern ein Blick in die Zukunft, die schon gestern begonnen hat: als Synthese zwischen Ökologie und Ökonomie.

Die Lohas sind überall.


Die Anfänge, das waren "Körnerfreaks und biodynamische Missionierer", die von einem Aussteigerleben abseits der Gesellschaft träumten. Heute heißen die Ökos nicht nur anders - Lohas -, sie sind auch eine Massenbewegung geworden, so die These der Autoren. "Sie bringen Gesundheit und Genuss, Lebensstil und Verantwortung in Einklang, sie sind eine neue Konsumavantgarde, die auf mittlere Sicht ein Drittel der deutschen Bevölkerung ausmachen wird." Und sie sorgen dafür, dass unsere Ökonomie nachhaltig ergrünt. "Greenomics" lautet denn auch das Stichwort, unter dem der Paradigmenwechsel stattfindet - ausgelöst durch den Klimawandel, schreiben Wenzel, Kirig und Rauch.
Die Lebensmittelbranche hat es vorgemacht. Sie hat gezeigt, dass sich die Maßstäbe von Gesundheit, Genuss, Lebensqualität, Ökologie und Nachhaltigkeit in geschäftlichen Erfolg ummünzen lassen. So verzeichnen beispielsweise die Bio-Supermärkte Alnatura und Basic Jahr für Jahr neue Umsatzrekorde im zweistelligen Bereich: Alnatura wuchs 2006 um 26 Prozent gegenüber 2005 auf 182 Millionen Euro. Basic gar um 37 Prozent auf insgesamt 72,6 Millionen Euro. Doch ist der Trend viel umfassender, so die Autoren: "Dieselben Kriterien werden künftig auch Märkte wie Finanzdienstleistungen, Hightech oder die Automobilbranche in Lohas-Märkte transformieren und maßgeblich über den Erfolg von Wirtschaftsstandorten im globalen Wettbewerb entscheiden."

Gutes tun.


Stimmen muss dabei vor allem die Qualität - egal in welcher Branche, egal für welches Bedürfnis: "Handwerkliches, Ursprüngliches, Elementares, mit einem Wort: Authentizität ist für die Lohas wichtiger als Ablenkung und Zerstreuung." Das beginnt bei der Produktgestaltung. Beispiel Google: Das Tor ins Internet ist reine Funktion, lediglich sechs Services erwarten den Nutzer - bei MSN sind es rund 50, bei Yahoo mehr als 60. "Feature-Hedonismus, die Anhäufung von Optionen auf dem Handy, im Netz, am Herd, auf dem Fahrrad, alles das gehört der industriellen Welt von gestern an", sagen die Autoren. Design habe heute die Aufgabe, uns zu dem vordringen zu lassen, was wirklich wichtig ist: zur Natur der Dinge. Und zum Raum, Natur im Besonderen. Auf deren Bewahrung richtet sich das ganze Augenmerk der Lohas.
Wenn sie beispielsweise auf Reisen gehen: Mit dem Online-Emissionsrechner von atmosfair.com können sie berechnen, wie stark der eigene Flug die Umwelt belastet und wie viel Euro es kosten würde, eine vergleichbare Menge in Klimaschutzprojekten einzusparen. Wenn sie ihr Geld an der Börse anlegen, dann nur in umwelt- und nachhaltigkeitsorientierte Fonds, die neben ökologischen auch soziale und ethische Aspekte berücksichtigen. Oder wenn sie den eigenen Körper in den Mittelpunkt stellen: Statt zu synthetischen Produkten greifen Lohas zu Naturkosmetik, die nicht in dem Verdacht stehen, allergieauslösende, krebserregende oder an Tieren getestete Stoffe zu enthalten.
Greenomics, die neue Lohas-Ökonomie, würzt nicht nur das Essen mit Nachhaltigkeit, sondern beeinflusst auch die Mode und Freizeit, den Tourismus sowie das Bauen und Wohnen. Über Umfang und Form gibt dieses grüne Büchlein Auskunft - und liefert nebenher ein Who's who der Öko-Unternehmen, -Ideen und -Zukunftsvisionen. Und die Botschaft, dass die Welt in Händen der Lohas gut aufgehoben ist.

Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Eike Wenzel / Anja Kirig / Christian Rauch:
Greenomics.
Wie der grüne Lifestyle Märkte und Konsumenten verändert.

Redline Wirtschaft, München 2008,
220 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-636-01556-3
www.redline-wirtschaft.de

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: Greenomics. . Wie der grüne Lifestyle Märkte und Konsumenten verändert. . Redline Wirtschaft, München 1900, 220 Seiten, ISBN 978-3-636-01556-3

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Florian Michl
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Florian Michl schreibt als freier Autor für changeX.

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