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Auf dem Weg zum Wandel

changeX berichtet vom Vision Summit in Berlin. Unser vierter Bericht.
Text: Anja Dilk

Der Vision Summit. Eine Konferenz glaubt an die Kraft einer großen Idee: Social Business kann die Welt verändern. Ermutigend sind die ersten Ansätze der Umsetzung, doch bleiben Hindernisse, Widerstände und Grenzen unausgesprochen. Der Schritt zum wirklichen Wandel muss erst noch gelingen.

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Zweite Runde auf dem Vision Summit 2009. Blick in die Praxis. Da ist zum Beispiel BASF. Als Partner des Social Joint Ventures „BASF Grameen“ produziert und verkauft das Unternehmen Moskitonetze an die Armen in Bangladesch – für einen Minimalpreis. Im März 2009 startete die Kooperation mit Grameen, die 200.000 Euro Startkapital zahlen sich aus. Die Partnership macht sogar Profit – der wieder investiert wird. Man nimmt es BASF-CEO Jürgen Hambrecht ab, dass das Ganze für ihn mehr als „irgendein PR-Gimmick“ ist. „Wir müssen noch viel ändern und viel voneinander lernen. Wir machen Social Business, weil wir es wichtig finden, weil wir es lieben, weil wir handeln wollen.“
Dass, trotz aufrechtem Engagement, BASF damit nicht rundherum zum Sozialunternehmen wird, wird bei der Nachfrage von FU-Professor Günter Faltin deutlich: Ob man – theoretisch – solche günstig produzierten Produkte (neben Moskitonetzen gibt es auch Vitamintabletten) nicht auch an Arme in Deutschland verteilen könnte? „Dafür müssen andere sorgen, Menschen, die sich hierzulande verantwortlich fühlen“, erwidert Hambrecht. „Es braucht auch Märkte für uns, auf denen wir Profit machen.“


Mehr reden über Hindernisse, Hürden, Widerstände – und Grenzen.


So ermutigend die einzelnen Projekte im neuen Unternehmensformat sind – von der nachhaltigen Baumwollwirtschaft der Otto-Group bis zum Trinkwasser für Arme von Veolia Water, Partner des Social Joint Venture „Grameen Veolia“ – gerne würde man noch mehr erfahren über die Grenzen und Hindernisse im Social Business. Ja, man kann es auch einem wie Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto-Group, abnehmen, wenn er sagt: „Wir müssen von Charity wegkommen und mit Social Business anfangen. Die Menschen brauchen keine wohltätige Hilfe, sie brauchen die Bedingungen, um ihre eigenen Sachen machen zu können. Das ist eine Frage der Würde.“
Doch gerne würde man noch mehr erfahren über den Alltag des Social Business. Die Widerstände in Unternehmen. Die Grenzen dieses Unternehmensformates. Die Hindernisse, Bedenken, Schwierigkeiten in der Umsetzung. Das Gefühl beschleicht auch eine junge Studentin der European Business School, die am Ende der Diskussion von Moderator Hans Reitz, CEO der Agentur circ, auf die Bühne gebeten wird: „Auf Veranstaltungen, auf denen sich alle einig sind, alle begeistert zustimmen und mit einem guten Gefühl zufrieden nach Hause gehen, bin ich immer skeptisch“, sagt sie. „Wir müssen mehr über die Punkte reden, an denen Social Business wehtut. Über die Hindernisse, die Hürden, die Widerstände – und die Grenzen.“
Schade, dass nicht auch Bedenkenträger und scharfzüngige Kritiker zu Wort kommen. Gerade um die Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten bei der Realisierung von Social Business anzuregen, wäre das eine bereichernde, in jedem Fall wirklichkeitsnahe Perspektive gewesen. Zu glatt, manchmal zu oberflächlich angerissen erscheinen so zuweilen die insgesamt nichtsdestotrotz ermutigenden Ansätze. Trotzdem hat Muhammad Yunus recht: „Wir müssen mit den Schuldzuweisungen aufhören. Und handeln. Natürlich gibt es Frust, aber es ist wichtig, dass wir es trotzdem versuchen.“


Zu den wirklichen Veränderungen.


Es wird noch viel Kraft brauchen, um das Social Business zu einer Bewegung zu machen, die tatsächlich verändert. „Wenn wir Social Business wirklich zu einer Idee machen wollen“, sagt circ-Mann Reitz, „dann brauchen wir die Unternehmen, die NGOs, die Universitäten, die Social Entrepreneurs, den Public Sector und nicht zuletzt auch die Musik und die Kunst.“ Ein Anzeichen dafür, dass Social Business auf dem besten Weg ist, wirklich etwas zu verändern, dass es seine Fühler immer erfolgreicher in die Gesellschaft ausstreckt, hat Rosi Gollmann, die Gründerin der Andheri-Hilfe, auf dem Vision Summit ausgemacht: „Ein anderer Geist ist eingezogen auf dem Summit. Im vergangenen Jahr hätte man sich noch geschämt, das Wort Liebe im Zusammenhang mit Wirtschaft zu nennen.“ ä- Dennoch, die Frage, wie man zu wirklichen Veränderungen kommt, war am Rande der Konferenz von einigen Teilnehmern zu hören. Und sie mag manchen auf dem Nachhauseweg begleitet haben.


changeX 08.11.2009. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Anja Dilk
Dilk

Anja Dilk ist Berliner Korrespondentin, Autorin und Redakteurin bei changeX.

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