Generation überall

Was wollt ihr eigentlich? Die schöne neue Welt der Generation Y - das neue Buch von Michael Haller
Rezension: Katharina Lehmann

Was wird aus der Generation Y, die gerade in die Unternehmen drängt? Können die jungen Erwachsenen ihre hochgepriesenen Ideale von Work-Life-Balance und Selbstverwirklichung wirklich halten? Oder passen sie sich an, wenn der Ernst des Lebens sie ereilt? Ein Buch geht diesen Fragen auf den Grund.

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Generation Y - seit Jahren halten sich die Klischees und Vorurteile über diese neue Generation hartnäckig. Viel zu verspielt seien sie, Glück sei ihnen mehr wert als Geld. Zudem legten sie viel Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, einige drehten gar der klassischen Karriere den Rücken. Ansprüche hätten die Ypsiloner aber trotzdem.  

Doch wie sehen das die jungen Erwachsenen selbst - übrigens die erste Generation, die mit den digitalen Medien aufgewachsen ist? Wie denken, handeln und kommunizieren sie? Was bewegt diese Digital Natives? Und wie müssen potenzielle Arbeitgeber Menschen ansprechen, die praktisch nur den Monitor als Kommunikationsfläche kennen?  

Diese Fragen stellte sich auch Michael Haller, Gesamtleiter Forschung an der Hamburg Media School sowie Leiter des dort beheimateten Forscherteams "Digital Natives 2015". Zur Beantwortung hat Haller in einer groß angelegten Studie die Eigenheiten der Lebens- und Arbeitsrealität der Ypsiloner empirisch erforscht. Seine Ergebnisse veröffentlicht er nun in seinem Buch. In seinem Werk Was wollt ihr eigentlich? Die schöne neue Welt der Generation Y stellen sich die Digital Natives der Analyse. Haller untersucht, was die Generation von ihren Eltern unterscheidet, wie sie Medien und das allgegenwärtige Internet nutzen und was sie sich von ihrem Arbeitgeber erwarten.


Generation Y, empirisch erforscht


Die zentralen Fragen, die Michael Haller umtrieben, waren: "Stammen die Eigenheiten dieser ‚Digital Natives‘ aus deren Jugendzeit und werden sich verflüchtigen, weil sie - soziologisch formuliert - das Phänomen einer Alterskohorte sind? Oder kommt im Anderssein eine tiefgreifende Neuartigkeit zum Vorschein, die für die Digitals charakteristisch bleiben wird? Findet gar ein nachhaltiger Wertewandel statt, den wir als Bruch erleben?" 

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, nimmt Haller, der sich im Vorwort selbst als "älterer Zeitgenosse" darstellt, die Position des Wissenschaftlers ein, der das Forschungsthema erörtert und anschließend die empirischen Untersuchungsergebnisse diskutiert. Doch "lässt sich der Generationenwandel nur dann glaubhaft beschreiben, wenn auch diejenigen zu Wort kommen, um die es hier geht", erklärt der emeritierte Journalismusprofessor. Aus diesem Grund kommen zum Ende jedes Buchteils auch die Digital Natives in Form von Kommentaren, Essays und Schilderungen selbst zu Wort. Dabei berichten sie schonungslos offen von ihren Sorgen und Nöten, aber auch von ihren Wünschen und Hoffnungen.  

Bei der Darstellung seiner Untersuchungsergebnisse indes ist Haller ganz Wissenschaftler: klar, analytisch, strukturiert. So klärt er im ersten Teil die Etiketten: Was sind Digital Natives? Wer gehört zur Generation Y? Und wer schon zur Generation Z? Im zweiten Teil untersucht er deren deutlich anderes Informationsverhalten mit besonderem Augenmerk auf die Mediennutzung im digitalen Zeitalter. Im dritten Teil nimmt er die Werteorientierung und politische Haltung der jungen Generation unter die Lupe, und im vierten Buchteil dann die sich verändernden Anforderungen an die Arbeitswelt - auch anhand von Best-Practice-Beispielen aus der deutschen Wirtschaft. Durchbrochen wird seine Analyse nicht nur von den Statements der Jungen, die lebhaft ihre Lebensrealität schildern, sondern auch von Experteninterviews mit Wirtschaftsakteuren älteren Semesters.  

Lesenswert sind vor allem die Selbstzeugnisse der Jungen. Beispiel: "Wir sind also die Generation Wir sind nicht hier, wir sind überall - immer flexibel, permanent online und verfügbar. Es gibt kaum einen Kontinent, auf dem wir keine Freunde haben, immer ist irgendwer gerade unterwegs in ein neues Leben und ständig zeigt die Timeline Lebensortwechsel an. Heimat und Zuhause sind deshalb für uns viel schwerer definierbare Begriffe geworden. Heimat ist für uns meistens dort, wo wir einen Internetanschluss, Freunde und eine Skypeverbindung haben - in anderen Worten - (fast) überall."


Balance jenseits des Work-Life-Klischees


So zeichnet Michael Haller das Bild einer Gesellschaft zwischen Karriere und Selbstverwirklichung, zwischen finanzieller Freiheit und prekärem Beschäftigungsverhältnis, zwischen Zeitung und Smartphone-Display. Einer Gesellschaft, in der die Kluft zwischen Jung und Alt groß ist; in der diese Kluft aber auch überwunden werden kann, wie die Best-Practice-Beispiele zeigen. Balance ist denn auch ein wichtiges Stichwort. Haller: "Dabei geht es weniger um das Work-Life-Klischee, als darum, die verschiedenen Wünsche, Bedürfnisse und Interessen anzuerkennen und organisatorisch zu synchronisieren. Dies wäre wohl auch die Bedingung der Möglichkeit für Kreativität." 

Kernaussage: Was wird aus der Generation Y? Passt sie sich der Gesellschaft und vor allem der Arbeitswelt an - oder müssen die Unternehmen sich wandeln?  


Zitate


"Was wird aus diesen privilegierten Digital Natives, wenn sie erwachsen geworden sind und sich in ihrem Berufsleben stabil einrichten, eine Paarbeziehung aufbauen und vielleicht eine Familie gründen? Verflüchtigt sich im Laufe dieser Etablierungsphase das neue Denken, verlieren die Social Media ihre prägende Kraft?" Michael Haller: Was wollt ihr eigentlich?

"In einem Qualitätsmerkmal aber sind sich alle - Junge wie Ältere, Frauen wie Männer - einig: Der Sinngehalt ist der Topwert." Michael Haller: Was wollt ihr eigentlich?

 

changeX 02.10.2015. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zum Buch

: Was wollt ihr eigentlich?. Die schöne neue Welt der Generation Y. Murmann Publishers, Hamburg 2015, 304 Seiten, 20 Euro, ISBN 9783867744713

Was wollt ihr eigentlich?

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Autorin

Katharina Lehmann
Lehmann

Katharina Lehmann ist freie Journalistin in Berlin. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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