Intelligent gegen den Stau

Autos, die mitdenken - bald vielleicht keine Zukunftsmusik mehr.

Von Winfried Kretschmer

Im Forschungsverbund INVENT forscht die MAN Nutzfahrzeuge AG an einem elektronischen Stauassistenten, der den Fahrer bei Stop-and-Go und bei dichtem Verkehr entlasten soll. Ein Schritt zum intelligenten Fahrzeug der Zukunft, das Fehler und damit Unfälle von vornherein vermeiden hilft.

Ein MAN-Truck dient als
Versuchsfahrzeug für die
neuen Fahrerassistenz-
systeme, die MAN Nutz-
fahrzeuge im Rahmen des
Forschungsprojekts INVENT
entwickelt. Sensoren in
Kabine und Fahrgestell
scannen die Umgebung; die ermittelten Daten steuern
den Stau- und Ausweich-
assistenten.
Sommerzeit ist Stauzeit. Wenn sich die Urlauber auf den Weg in den Süden machen oder zum Ferienende nach Hause zurückfahren, dann wird es eng auf Deutschlands Autobahnen. Staus kosten nicht nur Zeit und Nerven, sondern auch eine Menge Geld. Täglich (!) verursachen Staus nach Berechnungen des ADAC einen volkswirtschaftlichen Schaden in Höhe von 250 Millionen Euro. Den größten Anteil an dieser Summe haben Massenkarambolagen. Ursache ist meist menschliches Fehlverhalten. Überhöhte Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit nach langer Fahrtzeit, eine kurze Ablenkung - und schon ist es passiert. Schwachstelle Mensch: In neun von zehn Fällen ist ein Fehler des Fahrers die Unfallursache.

Gemeinsam zum intelligenten Auto.


Doch gibt es neue Sicherheitskonzepte, an denen die führenden deutschen Fahrzeug- und Elektronikhersteller derzeit tüfteln. ABS, ESP, Airbag und Seitenaufprallschutz haben viel dazu beigetragen, das Auto sicherer zu machen. Die nächste Sicherheitsstufe werden Systeme sein, die nicht nur auf Gefahren reagieren, sondern gewissermaßen vorausschauend agieren. Ziel ist das intelligente Auto, ausgestattet mit Sensoren, die die Verkehrssituation ständig überwachen, andere Fahrzeuge, Fußgänger, Fahrradfahrer, Ampeln und Stoppschilder selbstständig erkennen und bei Gefahr automatisch reagieren. Die eingebaute Elektronik warnt den Fahrer und bremst das Fahrzeug vollautomatisch ab, wenn er nicht reagiert.
23 deutsche Unternehmen, darunter die MAN Nutzfahrzeuge AG, haben sich in der Forschungsinitiative INVENT zusammengeschlossen, um gemeinsam intelligente Sicherheitssysteme zu entwickeln, die den Verkehr sicherer und flüssiger machen sollen. INVENT steht für "Intelligenter Verkehr und nutzergerechte Technik" und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Acht Teilprojekte beschäftigen sich mit unterschiedlichen Lösungsansätzen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von so genannten intelligenten Fahrerassistenzsystemen: "Diese Systeme sollen den Fahrer unterstützen, ihn informieren, ihn warnen und bei Gefahr auch in das Fahrzeug eingreifen. Aber sie sind nicht dazu da, den Fahrer zu ersetzen", erklärt Eberhard Hipp, Sprecher der Forschungsinitiative und Leiter der Vorentwicklung bei MAN Nutzfahrzeuge.

Mehr Fahrkomfort und beschleunigter Verkehrsfluss.


MAN Nutzfahrzeuge forscht im Rahmen von INVENT an einem Stau- und Ausweichassistenten, der den Fahrer bei Stau und dichtem Verkehr in der Spurhaltung unterstützen soll. Dazu ist das Fahrzeug mit Sensoren ausgerüstet, die die Verkehrssituation fortlaufend erfassen und auswerten. Ein Ausweichassistent informiert den Fahrer darüber, ob er gefahrlos ausweichen oder die Spur wechseln kann. Das verringert das Risiko einer Kollision. Ein Stauassistent sorgt bei Stop-and-Go vollautomatisch für den richtigen Abstand. "Das System übernimmt im Stau die Fahraufgabe, also Gas geben und bremsen. Zusätzlich zu der Funktion des ACC (Adaptive Cruise Control) kann der Stauassistent im niedrigen Geschwindigkeitsbereich automatisch anhalten und auf Fahrerwunsch hin anfahren", so ein MAN-Entwicklungsingenieur. Das bedeutet nicht nur mehr Fahrkomfort und weniger Stress, sondern beschleunigt auch den Verkehrsfluss und hilft so einem künftigen Verkehrsmanagement. "Der Stau kann sich schneller auflösen und das Risiko von Auffahrunfällen sinkt", sagt Melanie Barbei von MAN Nutzfahrzeuge. Während dieses System im Demonstrationsfahrzeug bereits funktioniert, ist der nächste Schritt noch Zukunftsmusik: Mittels Datenkommunikation sollen sich die intelligenten Autos der Zukunft gegenseitig über das Verkehrsgeschehen informieren und ihre Reaktionen abstimmen. Dass dies funktionieren kann, zeigt ein Blick ins Tierreich: In Bienen- oder Vogelschwärmen gibt es schließlich auch keine Massenkarambolagen.

www.man.de
www.man-nutzfahrzeuge.de
www.invent-online.de

Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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Winfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.

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