Lobbying pur
Europäer beraten Europäer.
| Folge 7: Markus Schindler, Chef von Pleon Österreich. |
Von Peter Felixberger
Pleon ist ein neues europäisches Beratungsunternehmen. Seine Vision ist ungewöhnlich: Die Intelligenz der einzelnen Länder und Regionen für eine gemeinsame Netzökonomie nutzen. In den nächsten Monaten begleiten wir diese einmalige Mission mit Reportagen und Essays. Aus einem Europa, in dem zusammenwächst, was zusammengehört. Heute: In der Pleon-Niederlassung in Wien sitzt einer der besten Networker des Landes.
Markus Schindler
Markus Schindler, Chef
von Pleon Österreich.
Markus Schindler ist ein typischer Wiener. Denn er ist halb Kärntner und halb Grieche. Klingt für einen echten Wiener paradox, ist es aber nicht. "Ein typischer Wiener ist immer eine Mixtur", lächelt der 35-Jährige. Und Schindler ist seinem Wien immer treu geblieben. Er ist dort geboren und aufgewachsen, zur Schule und Universität gegangen. Er hat Publizistik, Politik und Geschichte studiert. Dann hat er richtig Karriere gemacht. Heute gehört er zu den Großen der Branche, ist Herr über ein weit verzweigtes, filigranes Netzwerk in Politik, Wirtschaft und Medien. Ein Kraftpaket.
Schon nach dem Händeschütteln im großzügigen Dachbüro ahnt man, warum. Schindler ist ein Turborhetoriker. Er redet schnell, jedoch immer punktgenau in der Wortwahl. Manchmal so lange, bis er Luft holen muss. Kein Zweifel: Dieser Mann hat keine Zeit, um den heißen Brei herumzureden. Immer in Aktion, per Express unterwegs auf der Karriereleiter. Und immer der Jüngste. Mit 21 Jahren war er Vorsitzender der österreichischen Hochschülerschaft, mit 27 bereits Agenturchef und heute, gerade mal 35, ist er ganz oben in der österreichischen PR-Szene. Stellt sich die Frage, wohin dieser Höhenflug noch führen wird.
Seit 1997 ist er Geschäftsführer der ECC Publico Wien, die ab jetzt die Pleon-Farben in der Donaumetropole hochhalten soll. Seit 2000 ist Schindler Miteigentümer. Die älteste und größte PR-Agentur wurde 1965 gegründet, ihr Stern ging so richtig aber erst Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre auf. 1994 stieß Schindler zur Agentur. Seine Sporen hatte er sich zuvor an der Universität verdient. Als Vorsitzender der österreichischen Hochschülerschaft regierte er über ein Jahresbudget von sechs Millionen Euro. "Ein sehr guter Sandkasten, um Mechanismen in der Politik kennen zu lernen", resümiert er diese Zeit. Vor allem, weil er seine Fähigkeiten in kraftzehrenden Wahlkämpfen und in Scharmützeln der Hochschulgesetzgebung erproben konnte. Wo er beispielsweise die Einführung von Studiengebühren verhindern konnte.

Kurze Wege. Networking pur.


Mit Schindler nahm der Erfolg zu. Seither hat sich der Umsatz verdreifacht. Einer der Gründe: "Wir waren die Ersten, die Lobbying und Public Affairs hoffähig gemacht haben", so Schindler. Er hat die beiden Begriffe sogar im Firmennamen verankert. "Was war das für ein Aufschrei am Markt. Die Mitbewerber waren der Ansicht: Lobbying macht man, da redet man nicht drüber. Das aber ist grundfalsch. Lobbying gehört raus aus der Schmuddelecke." Ein Ansatz, der ihm heute Recht gibt. Die weiteren Schwerpunkte der Agentur sind Corporate Communications, Risk Management sowie Financial und Investor Relations.
Sensible Tätigkeitsfelder, die einen neuen Typus von Berater verlangen. Schindler sieht sich und seine Mitarbeiter "als kommunikative Strategieberater, einer Unternehmensberatung ähnlicher als einer Werbeagentur". Heute, sagt Schindler, berate man direkt Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte. Viel mehr als früher. "Wir sind mehr Sparringspartner und Coach geworden."
Was natürlich viel Vertrauen bei den Kunden voraussetzt. Vertrauen, das Schindler sich in jahrelangem Networking erarbeitet hat. Beispiel Kundenbindung: "Über die Hälfte der Kunden sind über fünf Jahre, ein Viertel über zehn Jahre dabei", sagt er nicht ohne Stolz. Netzwerken gehört für Schindler so selbstverständlich dazu wie die Spanische Reitschule zu Wien. Um seine Klientel in Politik, Wirtschaft und Medien auch standesgemäß zu pflegen, findet jeden Montagabend ein Treffen in einem Zigarrenklub statt, der unmittelbar neben Schindlers Büroräumen eingerichtet wurde. Schwere Teppichböden verbinden holzgetäfelte Wände. Ledermöbel stehen lässig im Raum herum. Dort trifft sich handverlesene Kundschaft, um sich auszutauschen, sich besser kennen zu lernen und Geschäftskontakte zu knüpfen. Medienherausgeber treffen Firmenchefs. Topmanager treffen Spitzenpolitiker. Und dabei wird so mancher ehemalige Publico-Mitarbeiter gesichtet, der längst an den Schalthebeln der Macht sitzt. "Etwa die Pressesprecher des Bundeskanzlers und der Bildungsministerin. Wir sind extrem vernetzt." Man kennt sich. Die Wege sind kurz.

Neue Märkte erschließen, die es vorher nicht gab.


Pleon Wien verfügt über ein junges Team. Der Altersdurchschnitt beträgt Mitte, Ende 30. Man schwimme von der Mentalität her auf einer Wellenlänge, umschreibt Schindler die Unternehmenskultur. Es ist eine mit flachen Hierarchien. Und eine mit einem starken unternehmerischen Selbstverständnis. "Wir wollen so viele Mitarbeiter wie möglich zu Unternehmern machen", sagt Schindler. Und deshalb legt er viel Wert auf die Festlegung des Gehalts. Das Prinzip: ein Drittel fix, zwei Drittel als Bonus für erfolgreiche Arbeit. Ansporn bieten oder Druck ausüben? Für Schindler keine Frage.
Deshalb ist der Erfolg Pflicht für alle. Mit Pleon soll er nun weiter ausgebaut werden. Auch und besonders für viele österreichische Kunden, die durch die Europäisierung zu Pleon einen internationalen Möglichkeitsraum geboten bekommen. In dem sie sich weiter entfalten können. Expansion ist das Ziel. Weshalb Schindler sein Augenmerk neben dem Brüsseler Public-Affairs-Office nun auch verstärkt auf Zentral- und Osteuropa legt. "Dort kann man zusammen mit Kunden neue Märkte erschließen", lautet die Geschäftsstrategie, "Markt machen, den es vorher nicht gab." Slowenien, Ungarn, Slowakei und Tschechien stehen in den Businessplänen ganz oben.
Das Interview geht zu Ende. Markus Schindler muss weiter. Draußen herrscht ruhiges, trübes Novemberwetter, drinnen sitzt Markus Schindler wie eine gespannte Feder. Man merkt, der bevorstehende Geschäftstermin lässt Adrenalin in seine Adern pumpen. Das Kraftpaket lädt sich wieder auf. Vor der Tür des Bürohauses im dritten Wiener Bezirk dreht man sich nochmals um. Ein imperialer Jahrhundertwendebau mit klassizistischer Fassade. Mitten im Botschaftsviertel, wo sich internationale Diplomaten die Klinke reichen. Eine Straße weiter steht das Geburtshaus von Hugo von Hofmannsthal. Einer seiner Leitsätze war: "Der gefährlichste Gegner der Kraft ist die Schwäche." Mit einem Schmunzeln verschwindet man im Großstadttreiben.

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Markus Schindler ist geschäftsführender Gesellschafter von Pleon in Wien.

Peter Felixberger ist Geschäftsführer und Chefredakteur von changeX.

Weitere Informationen:
www.pleon.com

© changeX [16.11.2004] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Peter Felixberger

Peter Felixberger ist Publizist, Buchautor und Medienentwickler.

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