Die besten Bücher 2007
Die besten Bücher des Jahres - ausgewählt von der changeX-Jury.
Mehrere hundert Bücher haben wir in diesem Jahr wieder gesichtet und kritisch auf ihren Neuigkeitswert hin abgeklopft. Beinahe 200 davon haben wir rezensiert oder mit den Autoren Interviews und Hintergrundgespräche geführt. Jetzt ist es Zeit, die besten zu küren. Die Mitglieder der changeX-Jury haben ihre Toptitel des Jahres 2007 gewählt. Es wurden zwölf. Here are the Top Twelve 2007! / 06.12.07


Die Top Twelve 2007 - ausgewählt und bewertet von der changeX-Jury
Unsere Auswahl der besten Bücher des Jahres 2007 kennt einen klaren Gewinner: Dreimal Platz 1 und einmal Platz 3 - Wikinomics konnte in diesem Jahr kein anderer Titel das Wasser reichen. Mit klarem Abstand liegt das wegweisende Buch von Don Tapscott und Anthony D. Williams in der Wertung unserer Jurymitglieder vorne - und wird changeX-Buch des Jahres!


1.
Don Tapscott / Anthony D. Williams:
Wikinomics.
Die Revolution im Netz.

Hanser Verlag, München 2007,
324 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-446-41219-4
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2.
Elke Schlehuber / Rainer Molzahn:
Die heiligen Kühe und die Wölfe des Wandels.
Warum wir ohne kulturelle Kompetenz nicht mit Veränderungen klarkommen,

GABAL Verlag, Offenbach 2007,
418 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 978-3-89749-666-8
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3.
C. K. Prahalad:
Der Reichtum der Dritten Welt.
Armut bekämpfen, weltweiten Wohlstand fördern, Würde bewahren,

Finanzbuch Verlag, München 2006,
525 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 978-3-89879-146-5
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4.
Eric D. Beinhocker:
Die Entstehung des Wohlstands.
Wie Evolution die Wirtschaft antreibt.

Übersetzung aus dem Englischen von Nikolas Bertheau.
mi-Fachverlag, Landsberg am Lech 2007,
592 Seiten, 49.90 Euro.
ISBN 978-3-636-03086-3
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5.
Chris Anderson:
The Long Tail.
Der lange Schwanz.
Nischenprodukte statt Massenmarkt.

Das Geschäft der Zukunft,
Carl Hanser Verlag, München 2007,
287 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3-446-40990-3
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6.
Thomas L. Friedman:
Die Welt ist flach.
Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts,

Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006,
712 Seiten, 26.80 Euro,
ISBN 978-3-518-41837-6
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7.
Ulrike Reisach:
Die Amerikanisierungsfalle.
Kulturkampf in deutschen Unternehmen,

Econ Verlag, Berlin 2007,
282 Seiten, 19.95 Euro,
ISBN 978-3-430-20007-3
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8.
Joachim Bauer:
Lob der Schule.
Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern,

Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2007,
141 Seiten, 12.95 Euro,
ISBN 978-3-455-50032-5
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9.
John Naisbitt:
Mind Set!
Wie wir die Zukunft entschlüsseln,

Carl Hanser Verlag, München 2007,
337 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3-446-41000-8
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10.
(10) Anja Förster / Peter Kreuz:
Alles, außer gewöhnlich.
Provokante Ideen für Manager, Märkte, Mitarbeiter,

Econ Verlag, Berlin 2007,
286 Seiten, 14.80 Euro,
ISBN 978-3-430-20016-5
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11.
Karl Otto Hondrich:
Weniger sind mehr.
Warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für unsere Gesellschaft ist,

Campus Verlag, Frankfurt / New York 2007,
275 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 978-3-593-38270-8
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12.
Brafman - Besprechung folgt!
Brafman, Ori / Beckström, Rod A.:
Der Seestern und die Spinne.
Die beständige Stärke einer kopflosen Organisation,

Wiley-VCH, Weinheim 2007,
192 Seiten, 24.90 Euro,
ISBN 978-3-527-50345-2
(Besprechung folgt in Kürze!)


Die Jury

Die Jury
Sie haben die changeX-Bücher des Jahres ausgewählt - im Bild von links nach rechts: Anja Dilk ist Autorin und Berliner Korrespondentin für changeX. Dagmar Deckstein ist Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung und schreibt als freie Autorin für changeX. Gundula Englisch, Journalistin, Autorin und Filmemacherin, arbeitet als freie Redakteurin für changeX. Peter Felixberger ist Publizist und Koordinator bei Culture Counts. Winfried Kretschmer ist leitender Redakteur und Geschäftsführer bei changeX.

Die Wertung
Die drei besten Titel und einen Joker - das war die Maßgabe, mit der sich die changeX-Autoren an die Auswahl und Bewertung der Bücher des Jahres 2007 machten, subjektiv und jede(r) für sich. Aus ihrer Wertung ergab sich ein Ranking der changeX-Bücher des Jahres. Der Joker schließlich war für eine Wertung außer Konkurrenz reserviert, für einen Geschenktipp oder ein Buch, das man am Ende Jahres noch einmal in den Lichtkegel der Aufmerksamkeit heben wollte. Hier die Wertung unserer Stammautorenriege:




Anja Dilk: Bremsklötze in aufgeregten Zeitgeistdebatten

Anja DilkDie besten Bücher 2007 - diesmal fiel die Wahl erstaunlich leicht. Natürlich gab es einige andere, die ebenfalls Marksteine gesetzt haben. Wie der Biologe Andreas Weber, der das Gefühl zurück in das Verstehen des menschlichen Lebens holte. Doch selten waren die Zwischenrufe so vehement wie bei meinen drei Favoriten, die aufgeregten Zeitgeistdebatten einen Bremsklotz vor die Füße warfen. Oder weit in die Zukunft blickten, wie der sympathische Kanadier Don Tapscott, dem es gelang, ein Bild davon zu malen, wie das Internet menschliches Verhalten, Leben und Wirtschaften künftig verändern könnte.
 

Nr. 1: Wikinomics. Revolution im Netz - von Don Tapscott und Anthony D. Williams
Natürlich, Web 2.0 ist längst ein Grund zum Gähnen. Doch interaktive Tagebücher und Diskussionsforen, Chatrooms und Communitys für Fotoalben sind nur die Oberfläche eines Phänomens in den Tiefen des Webs, das bislang niemand so treffend und umfassend beschrieben hat wie der Kanadier Don Tapscott und sein Co-Autor Anthony D. Williams: Das Web verändert die Art, wie Menschen ihre Fähigkeiten verbinden und weiterentwickeln können. Kooperation und Offenheit werden zu den Schlüsselfertigkeiten der Zukunft und entfesseln eine gewaltige Dynamik. Eine kooperative Weltökonomie, global und transparent, vernetzt und uferlos, offen, neugierig und mutig. Wikipedia und Linux sind nur die bekanntesten Beispiele dafür. Ob man Don Tapscott zustimmt oder seine Prognosen für einen jener typischen Internethypes hält - es ist sein großes Verdienst, die Chancen aufzuzeigen, die die weltweiten Datennetze für den Wandel unserer Wirtschaft und Gesellschaft bergen.

 

Nr. 2: Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und Eltern - von Joachim Bauer
Der Mensch ist des Menschen Wolf. So einfach ist es nicht. Die Neurobiologie zeigt uns, dass wir allen Grund haben, die darwinistischen Denkschablonen gründlich zu überarbeiten. Die moderne Neurobiologie lehrt uns, dass Menschen krank werden, wenn sie sozial ausgegrenzt werden. Kooperation ist die Wurzel aller menschlichen Motivation, Kampf macht krank. Mit klaren, knappen Worten setzt der Psychotherapeut Joachim Bauer den Denkern alter Schule neue Erkenntnisse entgegen. Statt nach mehr Strenge und Disziplin zu rufen, wie der ehemalige Rektor des Internats Salem, mahnt er zum Umdenken. Weil Angst und Stress die Aufmerksamkeit und Lernfähigkeit töten. Weil Aggression kein menschlicher Grundtrieb ist, sondern eine Reaktion auf Schmerz und Ablehnung. Nur Anerkennung, Zuwendung und gelingende zwischenmenschliche Beziehungen motivieren Menschen zum Lernen, zu guter Arbeit und zur aktiven Teilnahme an der Gesellschaft. In der Schule, in der Gesellschaft, im Wirtschaftsleben.

 

Nr. 3: Weniger sind mehr. Warum der Geburtenrückgang ein Glücksfall für unsere Gesellschaft ist - von Karl Otto Hondrich
Sind Debatten in Deutschland einmal entfacht, rollen sie durchs Land wie ein unaufhaltsamer Tsunami. Kaum einer wagt, dagegenzubrüllen. Umso wohltuender, wenn es einer trotzdem tut. Wie der Soziologe Karl Otto Hondrich, der sich in seinem letzten, posthum veröffentlichten Werk den demographischen Ammenmärchen von der alternden Gesellschaft, die auf den Krückstock gestützt in ihren Untergang wankt, entgegenstemmt. Gründlich, fundiert, mit spürbarer Wut im Bauch. Seine These: Wenn unsere Gesellschaft weniger Kinder hervorbringt, dann hat das einen Sinn. Sie braucht die Kinder nicht, die nicht geboren werden. Denn die Chance des Weniger liegt im Mehr: mehr Qualität und Intensität in den Beziehungen zwischen den Menschen. Mehr Investitionen in die Kinder, mehr Liebe, mehr Vertrauen zu uns selbst. Die Gesellschaft ist ein intelligentes, sich selbst regulierendes System, das nicht der Belehrung moralischer oder wissenschaftlicher Autoritäten über den richtigen Weg bedarf. Schluss mit dem Demographiegejammer!

 

Joker: Schwestern. Streitschrift für einen neuen Feminismus - von Silvana Koch-Mehrin
Ihr Buch war die letzte große Veröffentlichung in einer Flut von Publikationen zum neuen Feminismus. Silvana Koch-Mehrin, Politikerin, Buchautorin und zweifache Mutter hat eine Streitschrift für ein neues weibliches Rollenverständnis jenseits von Gebärmutterkult und Mutti-Mythos auf den Markt geschleudert. Ein angriffslustiges Plädoyer für ein gleichberechtigtes Verhältnis von Frauen und Männern. Und ein Appell, endlich den deutschen Muttermythos zu beerdigen. Ihr Buch birgt keine Überraschungen, aber es dreht wohltuend, notwendig und treffsicher eine Debatte weiter, an der wir uns im alltäglichen Einerlei dauerhaft nicht immer wieder vorbeilavieren können: Welche Gesellschaft wollen wir? Wie soll das Verhältnis von Männern und Frauen in dieser Gesellschaft gestrickt sein? Welchen Preis wollen wir für welche Rollen zahlen - als Individuen, als Familien, als Unternehmen, als Ganzes?

Anja Dilk ist Autorin und Berliner Korrespondentin für changeX.



Dagmar Deckstein: Scheinbar Bekanntes gegen den Strich bürsten

Jahr für Jahr 70.000 neue Buchtitel allein in deutscher Sprache, selbst Vielleser wie unsereins schaffen vielleicht gerade mal 100 - Krimis eingeschlossen. Und davon dann auch noch drei beste auswählen - eine Wanderung auf sehr dünnem Eis, das! Aber ein paar Leuchttürme sind durchaus auszumachen. Zu meinen Favoriten zählen immer Autoren, die scheinbar Bekanntes von einer neuen, ungewohnten Perspektive her gegen den Strich bürsten: Armut ganz anders herum denken (Prahalad), scheinbare Managementgewissheiten auf ihre historische und kulturelle Unsinnigkeit durchflöhen (Reisach), die Zukunft mal ganz unaufgeregt und ohne Hypestimmung kommen lassen (Naisbitt).
 

Nr. 1: Der Reichtum der Dritten Welt. Armut bekämpfen, weltweiten Wohlstand fördern, Würde bewahren - von C. K. Prahalad
Noch querer denken geht nicht: Entfesselt den Kapitalismus, damit auch die Armen dieser Welt an seinen Segnungen teilhaben können, anstatt wie bisher mit Almosen abgespeist zu werden. Prahalads Plädoyer für diese Form des Respekts vor den Noch-Habenichtsen ist einfach brillant!

 

Nr. 2: Die Amerikanisierungsfalle. Kulturkampf in deutschen Unternehmen - von Ulrike Reisach
Hier wird die angebliche Überlegenheit des angelsächsischen Managementstils so klug relativiert, dass es eine einzige Lesefreude ist. Bestechend, wie die Autorin die historischen und kulturellen Unterschiede des amerikanischen und des europäischen Wirtschaftsmodells herausziseliert.

 

Nr. 3: Mind Set! Wie wir die Zukunft entschlüsseln - von John Naisbitt
Wieder ein spannendes Buch des namhaften Zukunftsforschers. Er hyperventiliert nicht wie viele andere seiner Zunft vor lauter Noch-nie-dagewesen-Umbrüchen, sondern stellt cool fest: Nun werden wir die nächsten 50 bis 100 Jahre damit verbringen, Innovationen weiterzuentwickeln und zu perfektionieren.

 

Joker: Glück - von Wilhelm Schmid
Den Joker bekommt Wilhelm Schmid für sein Glück. Man kann es ja gar nicht oft genug betonen: Glück ist nicht Bedingung, sondern Folge eines gelingenden Lebens. Also eine Frage der Haltung.

 

Dagmar Deckstein ist Redakteurin bei der Süddeutschen Zeitung und schreibt als freie Autorin für changeX.



Gundula Englisch: Botschafter von der Front des Wandels

Wow, das Bücherjahr 2007 glänzt endlich mal wieder mit Werken, von denen ich ziemlich sicher weiß, dass sie mir auch in den nächsten Jahren hilfreiche Begleiter sind. Weil sie klug und anschaulich beschreiben, wie sich Wirtschaft und Arbeitswelt gerade neu erfinden. Die Botschafter von der Front des Wandels haben spannende Nachrichten: Wir befinden uns auf direktem Weg in eine Mitmach-Ökonomie für alle, die getragen wird von offenem Wissensaustausch, gegenseitiger Hilfe, Dezentralisierung und Vielfalt. Nachdenklich macht mich allerdings, dass meine Top Drei alle aus dem angelsächsischen Sprachraum kommen. Höchste Zeit also für die heimischen Vordenker, ihre Federn zu zücken und den Wandel mitzuzeichnen.
 

Nr. 1: Wikinomics. Revolution im Netz - von Don Tapscott und Anthony D. Williams
Ein atemberaubender Blick ins Herz der Wissensökonomie. Die beiden Internet-Visionäre streifen durch eine neue Unternehmenswirklichkeit, die mit dem herkömmlichen Bild von Business nur noch wenig zu tun hat. Nach der Lektüre sollte jeder verstanden haben, was zu tun ist: Kooperation statt Konkurrenz. Offenheit statt Abgrenzung, Teilen statt Raffen. Erfolg kommt heute nicht mehr von zentraler Planung und Steuerung, sondern von grenzüberschreitender, selbstorganisierter und vielfältiger Wissensvernetzung.

 

Nr. 2: The Long Tail. Nischenprodukte statt Massenmarkt - von Chris Anderson
Kapitalismus auf den Kopf gestellt: Die großen Triebkräfte des 21. Jahrhunderts - Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung - ebnen den Weg für einen epochalen wirtschaftlichen Umbruch, von dem der gute, alte Marx nur träumen konnte. Es gibt genug Markt für alle, sagt Anderson. Dank der globalen Vernetzung und der niedrigen Markteintrittsschwellen kann heute jeder mit jedem erfolgreich ins Geschäft kommen. Schluss mit Massenmarkt und Knappheitsdenken - die Zukunft gehört der Nische und dem Überfluss.

 

Nr. 3: Der Seestern und die Spinne. Die beständige Stärke einer kopflosen Organisation - von Ori Brafman und Rod A. Beckström
Dieses Buch ist eben erst auf meinem Schreibtisch gelandet. Die Autoren erklären bestechend einfach und kurzweilig, welche Grundprinzipien hinter der Kraft von dezentralen Organisationen stehen. Wer noch nicht weiß, was eBay, die Apachen und die Anonymen Alkoholiker gemeinsam haben, sollte sich schlaumachen. Denn solche Seestern-Systeme sind für die vernetzte, komplexe und turbulente Welt von heute viel besser konstruiert als hierarchische Spinnen-Organisationen. Tierisch gut! Besprechung folgt in Kürze!

 

Joker: Mein Geschenktipp (nicht nur) zu Weihnachten: Das Lexikon des Unwissens - von Katrin Passig und Aleks Scholz
Obwohl sich die Wissensmenge weltweit alle fünf Jahre verdoppelt, gilt immer noch, was Isaac Newton weiland festgestellt hat: Was wir wissen, ist ein Tropfen. Was wir nicht wissen, ist ein Ozean. In diesem abgrundtiefen Meer des Nichtwissens loten die beiden Autoren 42 "Qualitätswissenslücken" aus, an denen sich die Forschung bis heute die Zähne ausbeißt. Spannend wie ein Krimi, herrlich süffisant geschrieben und universell verschenkbar - außer an vergrätzte Besserwisser, die zum Lachen in den Keller gehen.

 

Gundula Englisch, Journalistin, Autorin und Filmemacherin, arbeitet als freie Redakteurin für changeX.



Peter Felixberger: Bücher einer humanen Ökonomie

Auch im Jahr 2007 waren die Bestsellerlisten verstopft von Untergangspropheten und Kriegsgewinnlern. Es regierte eindeutig der Stammtisch mit Pfarrer, Bürgermeister und Großunternehmer. Was es nicht einfacher machte, die wenigen Bücher einer humanen Ökonomie, die auf gegenseitige Hilfe und Partizipation setzen, vor dem publizistischen Mainstream-Tsunami zu schützen.
 

Nr. 1: Die heiligen Kühe und die Wölfe des Wandels. Warum wir ohne kulturelle Kompetenz nicht mit Veränderungen klarkommen - von Elke Schlehuber und Rainer Molzahn
Der Mensch im Mittelpunkt ist normalerweise eine abgedroschene Phrase, mit der Berater und PR-linge ihre Corporate-Media-Broschüren vollkleistern. In diesem wirklich herausragenden Buch wird der überzeugende Beweis geführt, wie sehr sich unsere Wirtschaft und Gesellschaft davon entfernen - und man lieber gute Beziehungen zu Menschen pflegen sollte. Statt Machterhalt, Misstrauen, Kontrolle und Objektivität - nur um des Sachzwangs willen.

 

Nr. 2: Die Welt ist flach. Eine kurze Geschichte des 21. Jahrhunderts - von Thomas L. Friedman
Gegenseitige Hilfe ist ein Grundmerkmal der Globalisierung 3.0. Diesen Punkt haben in deutschen Landen bisher nur wenige verstanden. Es ist ein Verdienst von Thomas L. Friedman, uns in seinem wegweisenden Buch den Pfad in die Zukunft gewiesen zu haben.

 

Nr. 3: Wikinomics. Revolution im Netz - von Don Tapscott und Anthony D. Williams
Die Angsthasen-Pfeffernasen-Bücher dominieren zwar noch immer die Bestsellerlisten. Aber langsam verstehen immer mehr Menschen, dass eine Mitmach-Ökonomie zwar riskant, aber weniger öde als die 9-to-5-Unzufriedenheit ist.

 

Joker: Teil der Lösung - von Ulrich Peltzer
Das beste Buch allerdings, das ich in diesem Jahr gelesen habe, war ein Roman von Ulrich Peltzer. Aus vielen tausend kleinen Beobachtungen und Dialogen entsteht ein Panorama der Gegenwart, das ins Mark trifft. Man fühlt sich am Anfang allein gelassen, am Ende jedoch ist man Teil der Lösung. Glänzend!!!
Ulrich Peltzer: Teil der Lösung. Ammann Verlag, Zürich 2007, 455 Seiten, 19.90 Euro. ISBN 9783250601135

 

Peter Felixberger ist Publizist und Koordinator bei Culture Counts.



Winfried Kretschmer: Augenöffner im besten Sinne

Ja, das war ein gutes Jahr! Reich an wichtigen Büchern, die über den Tag - und übers Jahr - hinausweisen. Ich bin mir sicher, dass man von den wichtigen, den großen Titeln dieses Jahres noch länger sprechen wird. Weil sie die Perspektive gedreht und einen neuen Blickwinkel auf Bekanntes eröffnet haben. Eine Facette einer neuen Sicht der Welt erschlossen haben. Augenöffner im besten Sinne: auf Technologie, auf Armut, auf Wirtschaft, auf den Wandel dieser Welt. So darf es 2008 weitergehen!
 

Nr. 1: Wikinomics. Die Revolution im Netz - von Don Tapscott und Anthony D. Williams
Für mich die klare Nummer eins: Wer verstehen will, wie sich Wirtschaft wandelt, der kommt an dem wegweisenden Buch von Don Tapscott und Anthony D. Williams nicht vorbei. Wikinomics lenkt den Blick von Megastrukturen auf den Menschen: Das Web ist nichts anderes als ein globaler Computer, der es uns ermöglicht, uns selbst zu organisieren. Die neuen Technologien eröffnen eine Revolution der Zusammenarbeit zwischen den Menschen, die am Wirtschaftsgeschehen teilnehmen können wie nie zuvor in der Geschichte. Auf gleicher Augenhöhe und basierend auf Kooperation und gegenseitiger Hilfe. Mitmachen!, ist die Botschaft des Buches - die Technologien stehen bereit, man muss sie nur nutzen.

 

Nr. 2: Die Entstehung des Wohlstands. Wie Evolution die Wirtschaft antreibt - von Eric D. Beinhocker
Ähnliches lässt sich von diesem Buch sagen: Wer verstehen will, wie sich die Wirtschaftswissenschaften wandeln, der sollte Beinhockers gewichtiges Werk zur Hand nehmen - und sich ein gutes Stück Zeit für die Lektüre reservieren. Denn es ist keine leichte Kost, die Beinhocker serviert. Sein Anspruch ist hoch, er will nichts weniger als ein neues Verständnis von Ökonomie formulieren: Wirtschaft als komplexes, sich selbst organisierendes System, dessen zentraler Funktionsmechanismus die Evolution ist. Das ist bahnbrechend - und bietet eine Fülle an schwindelerregenden Einblicken in ein neues Verständnis von Wirtschaft.

 

Nr. 3: Alles, außer gewöhnlich. Provokante Ideen für Manager, Märkte, Mitarbeiter - von Anja Förster und Peter Kreuz
Man muss wohl etwas deftigere Töne anschlagen, wenn man Unternehmen zu Veränderungen provozieren will. Anja Förster und Peter Kreuz tun das in geradezu fulminanter Weise. Ihr Buch ist ein flammender Aufruf zum Wandel. Und ein Tritt in den Hintern aller Zauderer, Bewahrer und Leisetreter. Ihnen halten die beiden entgegen: Erfolg erwächst aus Einzigartigkeit. Nur gut sein, das ist zu wenig.

 

Joker: Das Glück der Unerreichbarkeit. Wege aus der Kommunikationsfalle - von Miriam Meckel
Einfach mal abschalten - das sollte auch für unsere allgegenwärtigen Kommunikationsgeräte gelten. Damit man wirklich abschalten kann. Sagt Miriam Meckel. Und rührt damit an ein heißes Thema unserer Zeit: Arbeit wird allgegenwärtig, Freizeit franst aus. Dieses Buch ist ein wichtiges Signal zur richtigen Zeit.

 

Winfried Kretschmer ist leitender Redakteur und Geschäftsführer bei changeX.

Und zum Schluss: der Flop des Jahres

Mit dem Scheitern ist es so eine Sache. Denn Murphy lauert überall. Diese Erfahrung machte der kleine Frankfurter Westend Verlag, der eine Sammlung von Kolumnen von Mathias Bröckers zum Thema Scheitern herausbrachte. Nur war den Verlegern entgangen, dass bei dtv kurz zuvor ein ähnliches Buch, nämlich Schöner Scheitern von Ursula Ott erschienen war. Nun sind zwei Bücher zum selben Thema wahrlich kein Beinbruch - nur wenn beide eine bis ins Detail identische Coverabbildung ziert, dann kann man das schon als einen besonderen Fall von Murphy's Law sehen. Und so gab es zur Illustration dessen, dass, wenn etwas schiefgehen kann, es auch schiefgehen wird, in diesem Jahr zwei Bücher, auf deren Cover ein krumm gehauener Nagel abgebildet ist. Schöner Scheitern geht wohl nicht.
 

© changeX [06.12.2007] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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