Nachwuchs finden - und binden

Eine 40-teilige Reportage über die Wirtschaftskanzlei Osborne Clarke. | Folge 12 |

Von Winfried Kretschmer

Das Ausbildungssystem in der Juristerei fördert eher den Einzelkämpfer als den Teamplayer. Doch zumindest einen Vorteil hat es: Einen Teil ihrer praktischen Ausbildung absolvieren die angehenden Juristen in einer Anwaltskanzlei - und für die sind die Praktika ein willkommenes Instrument, um Nachwuchs zu finden und zu binden.

"Pflichtwahlstation", das ist nicht etwa ein Widerspruch in sich, sondern die Bezeichnung für die letzte Ausbildungsstufe vor der mündlichen Prüfung im zweiten Staatsexamen. Die ist Pflicht, die Referendare können aber frei wählen, wo sie ihr Praktikum absolvieren, "Pflichtwahl" eben. Für die Kanzleien sind die vier Praxismonate ein wichtiges Instrument, um Nachwuchs zu finden und zu binden. Sich kennen lernen, bevor man einen Arbeitsvertrag schließt, ist die Devise. So stoßen bei Osborne Clarke nur rund ein Fünftel der Anwälte über eine Bewerbung zu dem Unternehmen, die Mehrzahl kommt als Referendar - und bleibt als Anwalt. So war es bei Anja Kops und Klaus Bast. Beide waren schon als Referendare dabei und wurden als frischgebackene Junganwälte übernommen.

Anstellungsvertrag vor der Prüfung.


Dass man bei der Beurteilung von Stellenanwärtern nicht auf Noten achte, klingt modern und ist leicht gesagt. Im Fall von Klaus Bast war es tatsächlich so. Der hatte seinen Anstellungsvertrag bereits in der Tasche, als er seine Abschlussnote noch gar nicht kannte - nicht kennen konnte, denn es war genau eine Woche vor seiner mündlichen Prüfung, als er seine Unterschrift unter den Arbeitsvertrag setzte. Und als seine Visitenkarte von der Druckerei kam, durfte er die Berufsbezeichnung "Anwalt" offiziell noch gar nicht führen, denn da war die Zulassungsurkunde der Anwaltskammer noch auf dem Postweg. Der 27-jährige Jurist ist ein gutes Beispiel für diese Methode der Rekrutierung junger Mitarbeiter, die auch in Branchen verbreitet ist, in denen es keine Pflichtwahl gibt, sondern nur freiwillige Praktika.

Vollzeit-Anwalt statt Aushilfe.


Klaus Bast jobbte schon während seiner Referendarausbildung ein bis zwei Tage in der Woche für die jetzigen Osborne-Anwälte und absolvierte auch seine Pflichtwahlzeit in der Kölner Kanzlei. Ihm hat gefallen, dass die Referendare schon früh Verantwortung übernehmen und eigenständig arbeiten durften. "Ich fand es sehr gut, dass ich schon eigenverantwortlich Fälle bearbeiten durfte", erinnert er sich. Diese selbstständige Arbeitsweise und das Gefühl, als Person akzeptiert zu sein, ließen in ihm den Wunsch reifen, nach seiner Ausbildung bei der Kanzlei anzufangen.
Nach einem viermonatigen Auslandspraktikum in Kanada sprach er in dem eben eröffneten Kölner Büro von Osborne Clarke vor, ob er nach dem Examen vielleicht stundenweise aushelfen könnte - und wurde sogleich für eine Vollzeitstelle verpflichtet. Weil er mit Vorgängen und Personen schon vertraut war, verlief sein Arbeitsbeginn unproblematisch - im Grunde sei es so weitergegangen, wie er es von der Referendarszeit bereits gewohnt war. Am ersten Tag bereitete er eine Klageschrift vor, und bekam nach und nach mehr Akten zur Bearbeitung auf den Tisch. Rund 20 waren es nach dem zweiten Monat. "Man muss auf die Fristen achten und die Zeit im Auge behalten, die man für die einzelne Akte aufwendet", erzählt er.

Recht auf Privatleben und eigenverantwortliches Handeln.


Ganz ähnlich lief es bei Anja Kops. Auch sie kam als Referendarin, Pflichtwahlstation. "Man fand, dass ich zum Team passen würde und hat mir ein Angebot gemacht", erinnert sie sich. Ursprünglich wollte sie Richterin werden, gab dann aber dem Osborne-Angebot den Vorzug. Dass das Unternehmen erklärtermaßen den Mitarbeitern ein Recht auf ein Privatleben zubilligt und eigenverantwortliches Handeln fördert, war ein wichtiger Beweggrund für sie. Im November, zwei Monate nach der mündlichen Prüfung hat sie angefangen und arbeitet seither bei Marc Sacré im Bereich Wettbewerbsrecht. Auch sie bekam von Anfang an eigene Fälle, hatte Kontakt zu Mandanten und begleitete ihren Teamchef zu Gesprächen. Bei anderen Kanzleien sei das nicht selbstverständlich, weiß die junge Anwältin aus dem Gespräch mit Kollegen. Bei den großen Law Firms seien "die Berufsanfänger nur die Sachbearbeiter, die zuarbeiten. Sie bereiten Gespräche vor, sind dann aber selbst nicht mit dabei."

Im Vergleich humane Arbeitszeiten.


Dort sei auch die Arbeitsbelastung deutlich höher, berichten Kops und Bast übereinstimmend. Ihre Arbeitszeiten entwickelten sich exakt gleich. In den ersten Wochen fingen sie um neun Uhr morgens an und verließen das Büro etwa um 19 Uhr, nach einigen Wochen wurde es dann schon später. Bei Klaus Bast zeigte die Uhr auch schon mal halb neun, als er nach Hause ging, bei seiner Kollegin wurde es gelegentlich 20 Uhr. "Das war aber auch das Maximum", sagt sie, "und im Vergleich zu Großkanzleien ist das sehr human." Klaus Bast bestätigt das. Auch er weiß von Kollegen, dass dort der Druck höher und die Arbeitszeiten länger sind. "Pressing" hat er in seinem Job noch nicht verspürt.
Den beiden liegt daran, dass der Beruf nicht das ganze Leben ausfüllt. "Mir ist wichtig, dass ich nicht nur das Büro und die Arbeit kenne, sondern auch ein privates Leben führen kann", betont sie. Wichtig ist ihr auch, dass das vom Unternehmen ebenso gesehen wird. Ihr Eindruck: Das Recht auf das Private wird bei Osborne Clarke als Wert erkannt - und als wichtiger Faktor gerade auch für die Qualität der Arbeit gesehen. Für Anja Kops war dies ein Grund, sich für die Kanzlei zu entscheiden. Bereut hat sie diese Entscheidung nicht.

Die nächste Folge erscheint kommenden Montag.
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Winfried Kretschmer, Journalist und Autor, arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

www.osborneclarke.de

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Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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