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Die Grenzen der Gier

Geschichten, Rechtsfälle und Urteile aus der neuen Arbeitswelt. | Folge 8 |

Von Gerd Hoor

Abzocken wollen viele Immobilienmakler, wenn es um begehrte Studentenwohnungen geht. Die Folge sind überhöhte Kaufverträge wie im wilden Manchester-Kapitalismus. Insbesondere für Ausländer. Doch die Gerichte bleiben hart, wenn es um Wucher und Ausbeutung geht.

Es gibt sie wieder - die "obdachlosen" Studenten, die - statt Vorlesungen zu besuchen - Zeitungen scannen und nach einer bezahlbaren Bleibe fahnden. Nachts streifen sie durch Kneipen, kriechen bei Freunden unter oder ergattern einen Platz im städtischen Matratzenlager. José R. wollte das seinem Kind ersparen und schaltete einen Makler ein. Er sollte eine günstige Wohnung für seinen Jungen suchen, der im kommenden Jahr in Deutschland Medizin studieren wollte. Doch der Makler machte dem Portugiesen wenig Hoffnung. Nicht nur die Miet-, sondern auch die Immobilienpreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Lediglich eine Wohnung hätte er auf Lager: Kostenpunkt 77.800 Euro.

Wucherpreis


R. betrachte die Fotos und vereinbarte mit dem Makler einen Termin. Die Wohnung gefiel ihm nicht. Ein winziges Appartement unterm Dach. Doch was sollte er tun? Weitersuchen erschien ihm sinnlos. Selbst die freundliche Dame vom Deutschen Studentenwerk machte ihm keine Hoffnung. Der Wohnungsmarkt sei dicht - vor allem für Ausländer. Sie würden bei der Wohnungssuche auf große Vorbehalte stoßen und im Vergleich zu deutschen Bewerbern noch schlechter abschneiden. Also unterzeichnete er den Kaufvertrag und schickte seinen Jungen mit ruhigem Gewissen nach Deutschland. Die Sache schien für ihn erledigt; bis ihm sein Sohn - wenige Monate später - den Immobilienindex schickte: Die Wohnung war höchstens die Hälfte wert.
R. zog einen Anwalt zu Rate und schilderte ihm den Fall. Seine Antwort: Wucher, sie müssen vor Gericht! Dann ging alles ganz schnell. Der Richter stimmte R. zu und erklärte den Kaufvertrag gemäß Paragraph 138 DGB für ungültig. "Die Überteuerung des Preises um 140 Prozent", so seine Begründung, "belegt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung - und die verwerfliche Gesinnung des Verkäufers. Die Tatbestandselemente 'Wucher' und 'Verstoße gegen die guten Sitten' werden gebilligt." (Az.: 15 U 15/02)

Gerd Hoor ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Osborne Clarke, Köln.

Mit einer Illustration von Limo Lechner.

Zur Übersicht aller erschienenen Folgen.

www.osborneclarke.de

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Autorin

Heike Littger
Littger

Heike Littger ist selbständige Journalistin und wohnt in Mountain View, Kalifornien. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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