Pionierarbeit für die Organisation von morgen

Neues Denken im Projektmanagement (Folge 2)
Von Frank Kühn, Birgitta Gregor und Christoph Kuth

Projektarbeit ist in Unternehmen heute nicht nur en vogue. Unternehmen sind mittlerweile "projektifiziert". Praktisch aber hinkt diese Form der Arbeitsorganisation den hohen Erwartungen hinterher. Unser Beitrag zeigt, wie es anders, besser gehen könnte. Die These: Projekte leisten Pionierarbeit für die Organisation der Zukunft.

Folge 2


Projekte sind Pioniere der Organisation der Zukunft


Wir haben bisher überlegt, wie wir Projekte und Projekterfolg sinnvoll planen, organisieren und managen. Damit sie die richtigen Ergebnisse zur richtigen Zeit liefern. Wie sie sich dafür durch das schwierige Projektsystem mit all seinen Stakeholdern, Ownern und Entscheidern, Kunden und Zulieferern "hindurchkämpfen" müssen. Wie sich eine neue Projektmanagementkultur, wie in zum Beispiel Scrum verankert, an den Gewohnheiten der Linienstruktur reibt. Nicht umsonst sind Buchtitel erfolgreich, die Tipps für das Überleben im Projekt geben (Tumuscheit 2001).  

Wechseln wir jetzt aus der Sicht der Projekte, die als Sonderorganisation definiert worden sind und folglich von ihrem Umfeld auch als solche behandelt werden, in eine unternehmerische Sicht.  

Da sind sie also, die Projekte: Pioniere, Motoren und Botschafter einer zukunftsfähigen Organisation, die loslassen soll von bisherigen Stabilitäten und Strukturgläubigkeit, die Mut und Experimentierfreude, aber auch Prozesskompetenz und systemische Achtsamkeit braucht.  

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Das Versicherungsunternehmen hat das Projektmanagement komplett neu eingeführt, um einen spürbaren Sprung in Dynamik und Veränderungsfähigkeit zu erreichen. Zahlreiche Führungskräfte und Projektmanager haben mit ihren Erfahrungen, Ideen und Vorstellungen aktiv mitgewirkt. Der Wandel wurde unbeabsichtigt schon auf halbem Wege erlebbar: Der CEO wollte ein Thema mit seinen Führungskräften gemeinsam erarbeiten, aber der verfügbare Sitzungsraum war zu klein. Also unterteilte er die Gruppe in zwei Sessions, wobei die zweite Session im Wesentlichen aus Beteiligten der Projektmanagemententwicklung bestand. Der Unterschied war frappierend: In der ersten Session viel Unsicherheit und Taktik. Wer traut sich, den Marker in die Hand zu nehmen und sich ans Flipchart zu stellen: "Vielleicht lieber Sie?" Und was jetzt? Priorisieren? Weiter konkretisieren? In der zweiten Session eine zügige und praktisch lautlose Klärung, dann ein substanzielles Mindmap am Flipchart. Darin schnell farblich umrissen die wesentlichen Ergebnisse. Voilà. 

Das Projektmanagement als Pionier für das Unternehmen der Zukunft: Hier üben engagierte Führungskräfte und Mitarbeiter, wie ungewohnte und komplexe Aufgaben erfolgreich angegangen werden. Die strategischen und geschäftlichen Herausforderungen sowie die Randbedingungen des Projekts (insbesondere die knappen Ressourcen) bestimmen, wie Organisation, Arbeitsweise und Miteinander sinnvoll, zweckmäßig und gemeinsam gestaltet werden, von Fall zu Fall. Daraus entstehen wirkliches Engagement, Effizienz und Erfolgserlebnis. Ergreifen Sie als Unternehmenslenker und Entscheider die Chance und profitieren mit der ganzen Organisation von der neuen Arbeitskultur, die hier keimt.


Organisation ist Veränderung, Veränderung ist Organisation


Für die zukunftsfähige Organisation wurden bereits drei Handlungsrichtungen skizziert (Haselbach/Kühn 2013). Es ging darum, erstens das Miteinander im Unternehmen und mit der Unternehmenswelt interaktiv zu gestalten, statt sich weiter in Strukturen und Hierarchien zu verschanzen; zweitens direkter und unmittelbarer zu kommunizieren und zu kooperieren, statt Kraft in Macht und Sprachspielen zu vergeuden - und drittens Anpassungsfähigkeit, Beweglichkeit, Veränderungsfreude in der Organisation zu entwickeln. Mit Menschen, die einen neuen Halt in einem starken Kern und einer verlässlichen Führungskultur finden.  

Wir gehen mit den Projekten weiter. Projekte sind für die zukunftsfähigen Organisationen: Schlüssel, Botschafter, Testfelder, Brutstätten, Bewährungsproben, Erkundungstruppen.  

Warum? In guten Projekten werden disziplinarfreie Führungskultur und punktgenaue Leistung geübt, werden bereichsübergreifende Kooperation und gemeinsamer Erfolg erlebt. In Projekten können wir neue Prinzipien vereinbaren und ausprobieren, ohne bestehende Strukturen gleich mit infrage zu stellen. Denn Projekte sind zeitlich begrenzt, und ihre Planung und Organisation sind darauf ausgerichtet, spezielle Aufgaben zu lösen, für die die Linienorganisation nicht geschaffen ist.  

Wer aus der inspirierenden Mitarbeit in einem Projekt in eine vergleichsweise starre Abteilung der Linienstruktur zurückkehrt, verlässt schnell das Unternehmen, wenn er sich das Theater dort nicht mehr antun will, und wenn er für sich eine Alternative auf dem Arbeitsmarkt sieht. Als Talent oder Leistungsträger muss sie oder er sich keine Sorgen machen. (Wenn Sie als Unternehmenslenker und Führungskraft jetzt beunruhigt sind - gut so.)  

Denken wir neu, weg von der scheinbaren Stabilität von Organisationen und den damit verbundenen, oft traumatischen Veränderungserlebnissen. Zukunftsfähige Organisationen sind ständig auf der Reise und in Expeditionen unterwegs. Die Veränderung ist allgegenwärtig, sie ist ein selbstverständlicher Teil der Organisation der Zukunft. Und jedes Projekt bedeutet schon Veränderung. Sonst wird es unglaubwürdig - das Projekt ebenso wie die Organisation und die Zukunft.  

Es gibt keine nur technischen Projekte. Wo ein Projekt nur technisch umschrieben wird, ist das schon zu kurz gesprungen. Immer sind auch Menschen mit ihren individuellen und kulturellen Hintergründen und Erfahrungen, ihren Fähigkeiten und Interessen berührt. Das gilt nicht nur für aufwendige Fusionen, die größtenteils genau an dieser Stelle scheitern. Auch die Implementierung eines neuen SAP-Moduls im Unternehmen kann sich überraschend lange hinziehen, wenn die Menschen nicht überzeugt mitgehen.  

Projekte sind mehr als nur Vollzugsorgan für besondere Aufgaben. Sie erzeugen immer auch eine weiter gehende Wirkung auf Organisation und Menschen. Das können wir verleugnen, oder wir können damit verantwortungsvoll umgehen. Das ist wie bei Konflikten: Wegschauen oder daran wachsen. Kopf in den Sand oder etwas draus machen, also managen.  

Deshalb unterstützen wir in unserer Beratung nicht nur Projekte, sondern nehmen immer auch Einfluss auf die ganze Organisation, auf ihre Kultur und Struktur. Ob wir wollen oder nicht. Das wissen wir aus der Systemtheorie, und damit müssen wir verantwortungsvoll umgehen. Umgekehrt sehen wir in Projekten wie durch ein Vergrößerungsglas, was in den Organisationen passiert, auch als Reaktion auf die Vorstöße dieser Projekte und auch infolge des genaueren Hinsehens. Was geht in der Organisation? Was kommt wie an? Was wird gut aufgenommen, wo gibt es Widerstand? Organisation macht Projekte, und Projekte machen Organisation.  

Wenn wir Projekte als die Pioniere der zukünftigen Organisation verstehen wollen, müssen die Prinzipien für Projektarbeit und die Organisation insgesamt kompatibel sein, oder zugespitzter: Sie müssen eins sein. Mit solchen "Prinzipien" sprechen wir hier grundsätzliche Regeln an, die konkreter sind als "Werte" und die das Gestalten und Verhalten in Organisationen leiten sollen (Kühn/Bodingbauer/Dolleschall 2011).  

Einige solcher Prinzipien konnten wir in Organisationen beobachten, die mit ihren Projekten die Bewegung schaffen, die sie für sich brauchen (vergleiche Haselbach/Kühn 2013):  

Sinn und Zweck vor präzisem Ziel - damit die Mitarbeiter und das Projektteam immer das Richtige tun. Das ist wichtiger und größer als formale Zielerfüllung.  

Fragen Sie Ihren Project Sponsor nicht mit methodischer Unerbittlichkeit: "Was ist die konkrete Zielsetzung?" Sondern besser: "Wann wäre das Projekt aus Ihrer Sicht ein Erfolg?" - Antwort: "Wenn wir mit dem neuen Produkt rechtzeitig in großen Stückzahlen auf den Markt kommen und unseren Marktanteil vor unseren Mitbewerbern sichern können. Das ist für uns lebenswichtig, weil das Patent für das alte Produkt zum Ende des Jahres ausläuft." Fein. Ziehen Sie dafür als Projektleiter und Projektteam alle Register Ihrer Motivation und Kompetenz.  

Beginnen vor Absichern - damit die Bewegung beginnt, wir neue Möglichkeiten für Erfahrungen schaffen, wir die Zukunft mitgestalten. Statt auf Absichern setzen Sie auf Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, damit die gemeinsame Expedition gelingt.  

Besprechen Sie mit erfahrenen und aufgeschlossenen Stakeholdern und im Projektteam: "Wo können wir schnell Schritte tun, Resultate schaffen, Erfahrungen sammeln? Wo wollen wir Neues ausprobieren, wie können wir das Terrain ausloten? Worauf wollen wir achten, damit wir den gesamten Weg gut schaffen? Wie bemerken wir schwache Signale? Wie wollen wir reflektieren und auswerten?" Schaffen Sie experimentelle Räume und Settings, in denen das Vertrauen für das Miteinander wächst, Ideen geäußert werden, vor- und quergedacht wird, Motivation, Bewegung und Mut entstehen und konkretes Handeln ausgelöst wird.  

Kommunizieren vor Konzipieren - damit wir von Anfang an gemeinsam mit den Beteiligten für die Akzeptanz und Qualität des Ergebnisses arbeiten. Auch wenn wir es noch nicht kennen und wenn es vielleicht auch nicht unsere Lieblingslösung sein wird.  

Fragen Sie Personen, die für das Gelingen wichtig sind: "Welche Ideen und Erfahrungen liegen zu dem Thema schon vor? Was sind Ihre persönlichen Erwartungen, Vorstellungen und Empfehlungen für das Vorgehen und Ergebnis des Projekts? Was muss aus Ihrer Sicht passieren, um das Thema erfolgreich zu entwickeln? Anders herum: Was müssten wir tun, um das Projekt scheitern zu lassen? Wie würden Sie Ihre Fragen und Vorstellungen gerne weiterhin einbringen? Was benötigen Sie für sich selbst? Mit wem sollten wir sonst noch sprechen?" Seien Sie zuversichtlich: Im Respekt für den anderen, für seine Erfahrungen, Ideen und Vorstellungen entsteht schrittweise ein tragfähiges und akzeptiertes Konzept. Ihre Leistung: der Dialogprozess und das Zusammenfügen der Eindrücke und Ergebnisse aus den Gesprächen. Dafür wird man Sie und das Projekt wertschätzen.  

Verstehen vor Deuten - treten Sie einen Schritt zurück, um zuzuhören, nachzuspüren, zu verstehen: Motivationen und Ideen, Erfahrungen und Kompetenzen. Es ist so viel da! Wir müssen uns nur darauf einlassen, um es in der Organisation und unseren Projekten zu nutzen.  

Wir lassen uns in unserer knappen Zeit leicht verführen, vorschnell zu deuten und Schlussfolgerungen zu ziehen: "Der Mitarbeiter ist total schwierig. … Na ja, er liefert halt nicht die passenden Konzepte. … Doch, doch, eine hohe Motivation hat er schon, ist ja sein Thema, kompetent ist er auch. … Ob der Auftrag auch wirklich klar war? … Warum er nicht nachgefragt hat? Vermutlich, weil ich so ungeduldig war. … Ist das vielleicht auch ein Problem für die anderen im Projekt? … Okay, das werde ich im Projektteam ansprechen. … und überhaupt die Wahrnehmungen der Kollegen zum Projekt einholen." Spüren Sie, wie die Leistung und Motivation im Projekt hier wachsen kann? Und achten Sie im Projektteam darauf: Was sind Fakten, was sind Deutungen? Hart formuliert: Interpretationen sind verboten! Gehen Sie den Dingen auf den Grund, um wirklich zu verstehen.  

Zeit vor Inhalt - damit wir endlich lernen, mit unseren knappen Ressourcen angemessen umzugehen. Inhalt können wir unendlich viel erzeugen. Aber wie viel Zeit haben wir? Für vier zweitägige Workshops reicht es? Dann sollten wir diese Workshops so gestalten, dass wir die richtigen Ergebnisse zu den passenden Terminen erreichen.  

Üblicherweise analysieren wir die Projektaufgaben und schätzen auf dieser Basis Aufwand und Dauer. Das führt häufig zum Konflikt, weil unsere Schätzungen selten den Erwartungen des Auftraggebers entsprechen: "So viel Zeit haben wir nicht." Versuchen Sie als Projektleiter, das bewusst nicht als Zweifel an Ihrer Schätzung zu verstehen, sondern wortwörtlich: So lange darf das Projekt nicht dauern! Sie können jetzt versuchen, mehr Mitarbeiter einzubinden, um die Arbeit in kürzerer Zeit zu schaffen, aber die Ressourcen sind halt begrenzt, und mehr Mitarbeiter verlangen außerdem zusätzlichen Führungsaufwand.  

Die Alternative: Klären Sie im Projektteam die verfügbaren Kapazitäten und Zeitfenster (die sind nämlich Realität) und füllen Sie diese mit Aufgaben. Halten Sie sich dabei an die Prioritäten, die der Auftraggeber setzt. Schätzen Sie gemeinsam mit dem Projektteam ein, was machbar ist, einschließlich aller erforderlichen Abstimm- und Kommunikationsaufwände. Die qualifizierte Rückmeldung an den Auftraggeber heißt dann: "Wir haben folgende Kapazitäten für das Projekt, und wir haben durchkalkuliert, was wir damit schaffen können. Entspricht das Ihren Prioritäten?"  

Situation vor Organisation - wir dürfen Veränderungsprojekte nicht nur nach Phasen und Meilensteinen gestalten, sondern müssen sie auch als eine Reihe von Erlebnissen verstehen und arrangieren. Wie bei jedem Prozess im Unternehmen. Ein Projekt lebt in Situationen, genauso wie die ganze Organisation. Aus jeder Situation wird ein Erlebnis und eine Erfahrung, eine gute oder eine schlechte.  

Schon die Auswahl der Projektbeteiligten erfolgt effektiver anhand von erwarteten, herausfordernden Situationen als anhand abstrakter Kompetenzprofile. Worum wird es in dem Projekt gehen? Einen pragmatischen Projektplan in einem Team von Perfektionisten aufstellen. Widersprüche im Pflichtenheft ausdiskutieren. Einen Konsens zwischen Entwicklung und Vertrieb schaffen. Den Entscheidungsprozess im Vorstand unterstützen. Mit interkulturellen Differenzen im Team umgehen. Das Projekt im Kundenzirkel und in Belegschaftsversammlungen präsentieren. Das Projekt immer wieder neuen Anforderungen anpassen. Die für die Projektmitglieder richtige Balance zwischen Freiheit und Ordnung schaffen. Fehlleistungen von Projektmitarbeitern umgehend ansprechen. Sich bei Anfeindungen des Projekts vor das Team stellen.  

Manche Situationen machen Angst. Zum Beispiel, wenn Konfrontation droht. Wie stelle ich das Projekt auf der Betriebsversammlung vor, ohne das Gesicht zu verlieren? Wie wird das Rationalisierungsprojekt den betroffenen Kollegen präsentiert?  

Solche Situationen dürfen nicht einfach "passieren", sie müssen gut gestaltet werden und regelmäßig gelingen. Daraus bezieht der Projektleiter Autorität. Dafür folgt ihm das Team. Wie werden wir also das Prozedere im Projekt, die Projektstruktur und -organisation, den fachlichen und kommunikativen Projektablauf, die regelmäßigen Projektreviews so gestalten, dass sie die entscheidenden Situationen, Interaktionen und Erlebnisse unterstützen und inspirieren? Diese Übung ist fundamental für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Organisation und ihrer Prozesse.


Die doppelte Expedition - als Projekt und als Organisation


"Das Change Management ist tot, es lebe das Change Management." Organisationsentwickler und Berater bauen professionelle Change-"Architekturen". Wichtig ist, dass solche Architekturen nicht nur systematisch, sondern auch systemisch und prozessual verstanden werden. Wie wollen wir mit der Organisation auf die Reise gehen? Wie wollen wir das in den Projekten ausprobieren und üben? Wer ist dabei, wer beobachtet uns, wem werden wir wie begegnen? Was können Etappenziele in unsicherem Gelände sein? Ein Endziel wird es für die Organisation nicht mehr geben. Deshalb müssen wir anders feiern lernen, nämlich jedes Etappenziel; sonst gibt es nichts mehr zu feiern. Das haben die meisten von uns schon gemerkt.  

Dafür müssen wir uns gegenseitig in die Augen gucken, die Herausforderung verstehen und loslegen. Wir haben bereits das Gespräch mit dem Auftraggeber beschrieben: Es geht darum, den Sinn und Zweck des Projekts zu verstehen. Ähnlich schreibt Reinhard K. Sprenger in Radikal führen (2012): Wir müssen das Problem kennen (am besten das des Kunden), das wir mit unserem Unternehmen (hier: unserem Projekt) lösen wollen; dafür sind wir da, und das sollten wirklich alle Mitarbeiter wissen, damit wir in dieselbe Richtung denken und handeln. Ähnlich machte sich Adrian W. Fröhlich (2002) dafür stark, ein "Projekt" als eine "Projektion" der Lösung in die Zukunft zu verstehen. Das ist eine starke Motivation für die Beteiligten, auf die Reise zu gehen.  

Die "Lösung" von Organisationsprojekten wird allerdings keine statische mehr sein. Zukunftsfähige Organisationen werden wir nicht auf unserer Reise. Zukunftsfähige Organisationen sind schon auf der Reise. Ab sofort und immer weiter. Wir müssen jetzt so denken und handeln, wie wir es auch künftig tun wollen. Das Ziel liegt auf dem Weg, der Weg ist das Ziel. Das ist hier kein "Spruch", es geht vielmehr um die Entwicklung einer fundamentalen Fähigkeit zukunftsfähiger Unternehmen und ihrer Projekte: das Reisen zu beherrschen. Natürlich wissen wir, dass wir hinter der nächsten Wegbiegung vielleicht eines Besseren belehrt werden. Dann passen wir uns an. Das gehört dazu.


Projekte leisten Pionierarbeit für die Organisation der Zukunft


Ein Blick über den Tellerrand auf komplexe Projekte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bestätigt, wie es gehen kann: wie Projektmanagement Pionierarbeit für eine spätere neue Organisation leisten kann. Entwicklungsprojekte bedeuten immer Wandel, bedeuten ein Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, deren Vertreter eine funktionierende Projektsteuerung und effiziente Entscheidungsprozesse gestalten müssen. Dort, wo es gut gelungen ist, greifen innovative Managementansätze. Die Projektstrukturen werden Lernfelder für die Beteiligten und Vorläufer der neuen Organisation, die nach Projektende die Arbeit und ihre Entwicklung als eine "normale" Institution weiterführt (Gregor 2012).  

Wenn die Organisation und ihre Projekte ein und denselben Prinzipien folgen, weil sie eins sind (siehe oben), gilt dies umso mehr auch für die Organisationsentwicklung, oder genauer: die Entwicklung der reisenden Organisation. Das gilt für "Zeit vor Inhalt" genauso wie für "Kommunizieren vor Konzipieren" oder "Situation vor Gestaltung". Das heißt: Mit dem Timing der Organisation und ihrer Umwelt arbeiten, Konzepte gemeinsam entstehen lassen, zusammen auf die erfolgreichen Situationen achten, Erlebnisse reflektieren. Gute Erlebnisse zum Anlass nehmen: Wie werden sie zu Kultur gemacht? Was heißt das für Organisation, Projekte und praktisches Tun? Darüber entsteht ein wertvoller und lebendiger Dialog, den das Unternehmen braucht, damit seine Ambition und Strategie Realität werden. An dem Gelingen des Dialogs, in diesen prägenden Situationen und eindrucksvollen Erlebnissen, werden wir schnell feststellen, ob unsere Projekte und die Organisation der Zukunft insgesamt gelingen.  


Quellen
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Ebel, N.: PRINCE2:2009 - für Projektmanagement mit Methode. Grundlagenwissen und Zertifizierungsvorbereitung für die PRINCE:2009-Foundation-Prüfung. Addison-Wesley, München 2011  

Engel, C.; Tamdjidi, A.; Quadejacob, N.: Ergebnisse der Projektmanagement Studie 2008. Erfolg und Scheitern im Projektmanagement. GPM/PA Consulting Group, 2008  

Fröhlich, A. W.: Mythos Projekt. Galileo, Bonn 2002  

Gloger, B.: Scrum - Produkte zuverlässig und schnell entwickeln. 3. Auflage. Hanser, München 2011  

GPM (Hrsg.): Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3). Handbuch für die Projektarbeit, Qualifizierung und Zertifizierung auf Basis der IPMA Competence Baseline Version 3.0. 4. Auflage. Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement, 2010  

Gregor, B.: "Von Amöben und Netzwerken. Aus der internationalen Entwicklungszusammenarbeit für Projektmanagement lernen". In: Kühn, F.; Wollmann, P. (Hrsg.): Interaktion als Organisationsstrategie. Integrated Consulting Group Deutschland, Berlin 2012  

Gregor, B.; Kühn, F.; Wagenhals, K.: "Wenn das Projektportfolio überläuft". In: Kunststoffe 1/2013, 16-18  

Gröger, M.: Projektmanagement. Abenteuer Wertvernichtung. MBA, München 2004  

Haselbach, D.; Kühn, F.: "Direkt, interaktiv, beweglich. Die Organisation von morgen". changeX, 27.02.2013, http://www.changex.de/Article/essay_haselbach_kuehn_organisation_von_morgen  

Hofmann, J.; Rollwagen, I.; Schneider, S.: Deutschland im Jahr 2020. Deutsche Bank Research - Research Report, Frankfurt am Main 2007  

Kühl, S.; Matthiesen, K.; Schnelle, T.: "Raus aus der Routine". In: Harvard Business Manager, 5/2005  

Kühn, F.; Bodingbauer, D.; Dolleschall, H.: "Die Organisation der Zukunft. Mit Hilfe der richtigen Prinzipien Wissen wirksam machen". In: ICG (Hrsg.): Change Management 1/2011, 18-23  

Kühn, F.; Gregor, B.: "Haben Sie den Durchblick? Management von Projektportfolios". In: ICG (Hrsg.): Change Management 3/2012, 8-11  

Kühn, F.; Kuth, C.: "Acht Thesen zum interaktiven Projektmanagement". In: Kühn, F.; Wollmann, P. (Hrsg.): Interaktion als Organisationsstrategie. Integrated Consulting Group Deutschland, Berlin 2012  

Marth, D.; Kempf, M.; Kühn, F.: "Menschen schaffen die Bewegung". Im Gespräch bei changeX, 11.10.2012, http://www.changex.de/Article/interview_integrated_consulting_group  

PMI (Hrsg.): A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK). 4. Auflage. Project Management Institute, 2010  

Schwaber, K.: Agiles Projektmanagement mit Scrum. Microsoft Press Deutschland, 2007  

Sprenger, R. K.: Radikal führen. Campus, Frankfurt am Main 2012  

Tumuscheit, K. D.: Überleben im Projekt. Orell-Füssli, Zürich 2001  

Anwendung für das Projektportfoliomanagement Harte Daten und methodische Raffinesse reichen nicht aus, um ein Projektportfolio wirkungsvoll zu steuern. Es braucht auch Erfahrung, Gefühl und Intuition, um soziale und politische Spannungsfelder zu erkennen. Das wird schnell deutlich, wenn die Planung "steht" und die Frage lautet: Wie sicher sind wir denn, dass das Portfolio "funktionieren" wird, geschätzt auf einer Skala 1 bis 10? Oder: Welche Spannungsfelder werden sichtbar, wenn wir das Projektportfolio, die Projekte oder die Rollen im Projektmanagement systemisch im Raum aufstellen? Hier entstehen wirkliche Einsichten für die Organisation, Steuerung und Führung des Projektportfolios. 

Prüfen Sie Ihr Projektportfoliomanagement hier  

Wenn Sie hier zu unbefriedigenden, enttäuschenden oder unterschiedlichen Aussagen im Expertenkreis kommen, gehen Sie der Sache auf den Grund. Gemeinsam werden Sie einige Hebel zur Optimierung finden. Wenn Sie aber grundsätzlichere Bedenken hinsichtlich Ihres Projektmanagementansatzes haben, gehen Sie einen Schritt weiter. 



changeX 06.06.2013. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Autorin

Birgitta Gregor
Gregor

Birgitta Gregor ist Senior Consultant bei der Integrated Consulting Group. Arbeitsschwerpunkte: Veränderungs-prozesse in Organisationen, Potenzialdiagnostik und Führungskräfteentwicklung, Entwicklung internationaler Projektmanagement-kompetenz, Führung und Zusammenarbeit "across cultures"

Autor

Frank Kühn
Kühn

Dr. Frank Kühn, Studium Maschinenbau mit Schwerpunkt Arbeitswissenschaft, Promotion im Bereich Ergonomie. Leitende Funktionen in Forschung und Industrie: Arbeitswirtschaft, Logistik, Organisation, Produktionsstrategien, Projektmanagement. Mitgründer Integrated Consulting Group Deutschland. Als Berater arbeitet Frank Kühn seit über 20 Jahren mit Führungskräften und Managementteams, die zukunftsfähige Organisations-, Führungs- und Kooperationskonzepte, schnellere Prozesse und wirksameres Projektmanagement realisieren wollen. Coaching umfangreicher Veränderungsprojekte und Effizienzprogramme in Handel, Industrie, Dienstleistung, Wissenschaft. Zahlreiche Publikationen, Lehrauftrag für Industrielles Projektmanagement. frank.kuehn@integratedconsulting.de

Autor

Christoph Kuth
Kuth

Christoph Kuth ist seit 2010 Associate Partner der Integrated Consulting Group Deutschland. Studium Geophysik mit Schwerpunkt Informatik. Leitende Funktionen im Bereich IT, Personal, Qualität und KVP/Lean in mehreren internationalen Unternehmen aus den Branchen Energie/Rohstoffe, Telekommunikation und Automotive. Christoph Kuth hat neben seinen Linienfunktionen seit mehr als 10 Jahren als Senior Consultant in zahlreichen internationalen Projekten Führungskräfte und Teams in den Bereichen Change Management, Projekt- und Prozessmanagement sowie in der Personal-/Organisationsentwicklung begleitet.

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