Energie und Anarchie
Patchwork-Karrieren - wie changeX-Leser leben und arbeiten.
Von Sascha Hellmann
Geradlinige Lebensläufe, das war einmal. In der individualisierten Gesellschaft von heute kann sich jeder den passenden Lebensentwurf selbst aussuchen. Brüche, Überraschungen und Durststrecken eingeschlossen. Das Leben ist ein Patchwork unterschiedlicher Phasen, riskant und abwechslungsreich. In den nächsten Monaten porträtieren wir ausgewählte changeX-Leser. Spannende Menschen mit schillernd unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer Serie von journalistischen Kurzporträts. Neue Folge 16: Brigitte Koehler in Hamburg. / 24.04.08
Brigitte Köhler
Brigitte Koehler:
"Arbeit ist Spaß und bringt inneren Reichtum. Je weniger ich weiß, was auf mich zukommt, je offener alles ist, desto größer ist nachher der Gewinn. Für mich ist die Arbeit die Kür."
Brigitte Koehler ist 49 Jahre alt. In Frankfurt geboren, wächst sie in Köln auf und macht das Abitur. Sie studiert Lehramt, um die "Kompatibilität von Familie und Geldverdienen" zu ermöglichen. Mit 19 Jahren heiratet sie, bekommt ihr erstes Kind, schließt das Studium ab und arbeitet anschließend für drei Jahre als Lehrerin. "Doch ich kam nicht mehr in Reibung", erinnert sie sich. Eine "wilde Phase" von sieben Jahren schließt sich an: Sie heiratet ihren zweiten Mann, organisiert Abrechnungen für Hebammen und arbeitet in dem Schmuckgeschäft einer Freundin. 1992 hat sie fünf Kinder, aber irgendetwas fehlt. Sie entscheidet sich, Psychologie zu studieren, "weil ich wissen wollte, wie Menschen funktionieren". Von fünf bis sieben Uhr morgens lernt sie, betreut dann ihre Kinder, arbeitet weiterhin im Schmuckgeschäft. Nach fünf Jahren schließt sie das Studium ab. "Meine Energie kommt aus der Begeisterung für die Sache", sagt sie. Mit 38 Jahren steigt sie in die Wirtschaft ein: Sie leitet die Mitarbeiterbefragung bei einem großen Versicherungsunternehmen. Dass alles so leicht geht, sieht sie in ihrer Unvoreingenommenheit begründet: "Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie die Wirtschaft tickt, dass man vor Vorständen 700 Verbeugungen machen muss." Schnell hat sie den Ruf, eine "Anarchistin" zu sein. Nach vier Jahren weiß sie nicht, was für sie im Unternehmen noch kommen soll.

Menschen mit ihren Potenzialen in Verbindung bringen.


Als sich ein Vorstandsmitglied selbständig macht, steigt sie mit ein, was jedoch als "die größte Pleite aller Zeiten" endet. 2002 macht sie sich selbständig. Mit den in dem Unternehmen erworbenen Coaching- und Trainerausbildungen bietet sie auf dem Markt, "was ich wirklich kann". Sie trennt sich von ihrem zweiten Mann und sorgt alleine für die beiden noch nicht ausgeflogenen Kinder. 2005 lernt sie einen neuen Partner kennen, mit dem sie heute zusammenlebt und noch ein Kind bekommt. Es ist das sechste. In Hamburg ist nun der Sitz von PJM apriori. Sie bietet Prozessbegleitung, Training, Coaching und bildet in Anlehnung an gestaltpsychologische und systemische Ansätze Coachs aus. "Nach unserem Menschenbild wohnen jedem Menschen natürliche Neugier und Kommunikationsfähigkeit inne. Wir wollen Menschen nicht �verändern �, sondern sie mit ihren ureigenen, persönlichen Potenzialen in Verbindung bringen." Sie arbeitet zusammen mit vier Partnern. Einen zweiten Sitz von PJM apriori gibt es in Köln. Eine Kinderfrau hilft bei der Betreuung des kleinen Kindes, eine Sekretärin in der Verwaltung. Koehler selbst ist einen Tag in der Woche im Büro, arbeitet jeden Tag drei Stunden aus dem Homeoffice und gibt an ein bis zwei Tagen pro Woche Seminare. Rückblickend war für sie das Elterngeld eine große Unterstützung, Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen. Den Übergang von Beruf und Privatleben sieht sie als "fließend".

Denken, Fühlen, Handeln in Balance.


Auf die Frage, was Arbeit ist, antwortet sie: "Arbeit ist Spaß und bringt inneren Reichtum. Je weniger ich weiß, was auf mich zukommt, je offener alles ist, desto größer ist nachher der Gewinn. Für mich ist die Arbeit die Kür." Den Weg, den sie bisher gegangen ist, durchzieht ein roter Faden: "Denken, Fühlen und Handeln in Balance bringen", sagt sie. Sie selbst sieht sich als ihren eigenen "Experimentierkasten", bei dem sie immer wieder die ganzheitliche Balance dieser drei Aspekte in ihrem Leben herzustellen versucht. Dieser Maxime liegt ein Menschenbild zugrunde, das sie durch Autonomie und Reflexionsvermögen bedingt sieht.
Auf changeX ist sie auf Internetrecherchen gestoßen und ist seit zwei Jahren Abonnentin. Sie liest immer die aktuellen Themen und Buchbesprechungen. Insbesondere die Artikel zur Hirnforschung sind für sie und ihre Arbeit interessant. "Das Schöne an changeX ist das Querdenken."
Brigitte Koehler hat ihr Potenzial über viele Stationen entwickelt, immer wieder ihre Grundprinzipien mit gegenwärtigen Bedingungen in Einklang gebracht und daraus ihr Handeln abgeleitet. Als Coach und Trainerin unterstützt sie nun andere Menschen, diese ganzheitliche Balance im Leben immer wieder zu finden.

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Brigitte Koehler
PJM apriori
Neuer Wall 41
20354 Hamburg
Tel.: 040-89009840
Fax: 040-89009877
E-Mail: koehler@pjm-apriori.de
Internet: www.pjm-apriori.de

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Sascha Hellmann
Hellmann

Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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