Jonglieren mit Zeitzonen
Europäer beraten Europäer.
| Folge 14: Sabrina Hintzen und Sabine Hückmann. |
Von Sylvia Englert
Pleon ist ein neues europäisches Beratungsunternehmen. Seine Vision ist ungewöhnlich: Die Intelligenz der einzelnen Länder und Regionen für eine gemeinsame Netzökonomie nutzen. In den nächsten Monaten begleiten wir diese einmalige Mission mit Reportagen und Essays. Aus einem Europa, in dem zusammenwächst, was zusammengehört. Heute: Sabrina Hintzen und Sabine Hückmann bauen für einen großen Kunden eine internationale PR mit einheitlichen Standards auf.
Dr. Sabine Hückmann
Dr. Sabine Hückmann,
geschäftsführende Partnerin
von Pleon Stuttgart.
Auf der "Kö", Düsseldorfs Prachtmeile, drängen sich dicht an dicht die Läden berühmter Mode-Labels. Wer sich aus dem Strom der Shopper löst und in eine der ruhigen Seitenstraßen einbiegt, der findet sich im Reich derer wieder, die das glanzvolle Business am Laufen halten - Consultingfirmen, Werbeagenturen und Banken. Hier findet sich auch das neue Domizil von Pleon Düsseldorf. "Vielen Mitarbeitern ist der Abschied von der Schanzenstraße nicht leicht gefallen, aber inzwischen haben wir die Möglichkeiten hier schätzen gelernt", lächelt Sabine Hückmann.
Hückmann, Managing Partner von Pleon Kohtes Klewes, führt zwar die Niederlassung in Stuttgart, doch sie ist mindestens einmal die Woche hier in Düsseldorf. Denn hier betreut sie zusammen mit ihrer Kollegin Sabrina Hintzen einen wichtigen Großkunden aus dem Handelsbereich: Metro. Die beiden Kolleginnen verstehen sich nicht nur gut, sie ergänzen sich auch perfekt: "Sabrina betreut die Metro Group in allen Fragen der Kommunikation in Deutschland mit einem mittlerweile über 30-köpfigen Team, ich arbeite mit MCC an einer internationalen Kommunikationsstrategie", bringt es Sabine Hückmann auf den Punkt.
Kollegen aus dem englischsprachigen Raum neigen dazu, Sabrina Hintzen und Sabine Hückmann zu verwechseln, denn "Sabine" ist im Englischen ein ungewöhnlicher Name und wird oft mit "Sabrina" übersetzt. Doch wer die beiden Frauen kennen lernt, dem passiert das Missgeschick nicht mehr. Sabine Hückmann ist klein, blond und herzlich. Sie kommt aus Franken, doch da sie schon seit zwölf Jahren in Stuttgart lebt, hat das Schwäbisch etwas auf sie abgefärbt. Sabrina Hintzen, Partnerin bei Pleon, ist dunkelhaarig, unkompliziert und direkt, ein "Ruhrpott-Kind", wie es im Buche steht.

Die Entdeckerin.


Eine von Sabrina Hintzens Stärken ist, über den Tellerrand hinauszublicken. Am liebsten schaut sie ein ganzes Stück in die Zukunft voraus - dabei kommen oft schräge Ideen und kühne Vorhersagen heraus, die sich zum Erstaunen ihrer Kollegen schon oft bewahrheitet haben. Kommunikation hat Hintzen von der Pike auf gelernt - nach ihrer Ausbildung zur Werbekauffrau erprobte sie sich in verschiedensten Funktionen der Branche. Als sie auch noch ein BWL-Studium draufsattelte, um sich kaufmännisch-unternehmerisch fit zu machen, erweiterte sie ihre Kompetenzen um Unternehmensberatung und Strategie. Inzwischen hat sie ein großes Team und einen eigenen Assistenten, den es ganz und gar nicht stört, dass der Chef eine Frau ist.
Metro betreut sie schon seit vier Jahren, und "ihren" Kunden kennt sie längst in- und auswendig. "Wenn man einen Kunden so intensiv betreut und pausenlos bei ihm im Haus ist, dann lebt man irgendwann zwei Identitäten - die des Kunden und die von Pleon", meint Sabrina Hintzen. "Es ist wichtig, dass man als Berater nicht komplett in der Kundenidentität aufgeht, denn ohne ein Stück Distanz ist man logischerweise kein guter Berater mehr." Kunden aus den Bereichen Prozesse und Dienstleistungen zu betreuen ist ihr am liebsten, zu Markenprodukten wie zum Beispiel Kosmetik findet sie nicht so leicht einen Zugang. "Kunden wie Johnson & Johnson sind etwas anderes, die verbinden den pflegenden, medizinischen und kosmetischen Aspekt. Das kann ich verstehen, das kann ich nachvollziehen", erklärt sie. "Gute Erfahrungen habe ich auch damit gemacht, Krankenhäuser, Sozialeinrichtungen und Kliniken zu betreuen, da kenne ich die Abläufe, die Zielgruppen."
Auf ihrer Fensterbank thront das Markentier von Johnson, ein kleiner Eisbär. Daneben ein paar andere Stofftiere und eine kleine Engelstatue. Auf dem Schreibtisch jede Menge Fotos: Sabrina Hintzen und ihr Mann in Südafrika mit Elefanten, in Australien beim Känguru-Füttern, beim Skifahren. Die Hintzens sind Entdecker, und sie sind sehr naturverbunden. Das fängt bei ihrem eigenen Garten an und hört bei down under noch lange nicht auf. "Haustiere habe ich bislang keine, bis auf einen virtuellen Hund", erklärt Hintzen schmunzelnd. "Fest steht schon, dass er ein Beagle sein und Woody heißen wird, auch sein Plätzchen in der Agentur hat er und den Kollegen ist er längst ein Begriff - nur angeschafft werden muss er noch ..."

Die Wissenschaftlerin.


Die Tiere, die Sabine Hückmann liebt, könnten sich nicht in ein Büro quetschen und damit rechnen, das mehr als ein paar Minuten zu überleben. Mindestens einmal im Jahr fährt die zierliche Beraterin zum Tauchen auf die Malediven, nach Ägypten oder an einen anderen Ort, wo das Wasser klar, warm und von lebendigen Riffen durchzogen ist. "Dieses Jahr hatten wir das Glück, einen Walhai zu sehen - sie können bis zu zwölf Meter lang werden. Auch Mantas, Riesenrochen, gibt es dort in der Gegend", schwärmt sie. 160 Tauchgänge stehen in ihrem Logbuch. Auch sonst steht in ihrer knappen freien Zeit Sport hoch oben auf der Prioritätenliste - seit sie sich entschlossen einige überzählige Kilos runtergehungert hat, sieht man sie in ihrer knappen Freizeit beim Skaten, Radfahren oder Rudern.
Zur PR ist sie auf Umwegen gekommen - als promovierte Chemikerin hätte sie auch in der Forschung bleiben können. Doch als sie half, einen Sonderforschungsbereich aufzubauen, stellte sie fest, dass sie noch über andere Talente verfügte, als mit Röntgenstrahlen die Struktur von Flüssigkeiten zu bestimmen. "Bei einem solchen öffentlich geförderten Projekt, wie wir es hatten, mussten wir unserer Nachweispflicht Rechnung tragen, alle Vierteljahre Reports abliefern, für Veröffentlichungen sorgen und so weiter. Ich hatte - fragen Sie mich nicht, wie - relativ schnell diesen Job an der Backe", erzählt Hückmann. "Dabei habe ich entdeckt, wie viel Spaß es mir macht, komplexe Sachverhalte zielgruppengerecht aufzubereiten." War der Text für die "Berichte der Bunsen-Gesellschaft" bestimmt, musste sie inhaltlich andere Schwerpunkte setzen als in einem Artikel für das Journal of the American Chemical Society. Nicht nur die Inhalte, sondern auch die Texte selbst kamen bei den Referees der Fachzeitschriften, die letztlich über die Veröffentlichung entscheiden, gut an. Davon ermutigt und mit dem Doktortitel in der Tasche kehrte Sabine Hückmann ihrer alten Branche den Rücken und begann ihre neue Karriere in einer auf Technologiethemen spezialisierten Agentur. Es war ihr ganz recht, dass sie nun nicht mehr den halben Tag im Labor stehen und abends ihre nach Chemikalien stinkenden Kleider vor der Tür deponieren musste.
Bei Pleon ist sie mit diesem Werdegang keineswegs allein, im Team arbeiten auch Ingenieure, Physiker, Biologen, Journalisten und Geisteswissenschaftler jedweder Couleur. Diese Vielseitigkeit ist wichtig, um passgenaue Kommunikationsstrategien entwickeln zu können. "Wir versuchen, komplexe Sachverhalte in die jeweilige Entscheider-Sprache zu übersetzen - für technologische Entscheider, kaufmännische Entscheider oder letztlich auch den Endkonsumenten", erklärt Hückmann. Mit Entscheidern und ihrer Denke hat sie durch ihre Arbeit mit großen Kunden einige Erfahrung. Als sie damals mit einem Team von vier Mitarbeitern von einer anderen Agentur zu Brodeur Kohtes Klewes wechselte, hatte sie als hochwillkommenes Mitbringsel den Teil der IBM-Geschäftsbereiche dabei, der noch nicht von der Agentur betreut wurde. Und noch heute arbeitet das Team für IBM, trotz umwälzender Veränderungen und mehrerer Agentur-Konsolidierungswellen, worauf Sabine Hückmann sehr stolz ist. Internationale Kommunikation war für sie schon damals ein vertrautes Thema - die Technologiebranche war eine der ersten, die erkannte, dass zu einer internationalen Geschäftsstrategie eine ebenso internationale Kommunikationsstrategie gehört.

Ganz schön taff.


So unterschiedlich die beiden Frauen sind - in einem ähneln sie sich: Sie gehen Konflikten nicht aus dem Weg. "Hart, aber fair", lächelt Hintzen. "Ich glaube, dass ich eine starke Hand in der Führung habe und, wenn nötig, korrektives Feedback gebe. Aber auch, dass ich ehrlich und offen mit den Menschen umgehe." Sabine Hückmann ist bekannt (aber auch ein wenig berüchtigt) dafür, dass sie über Fehler ihrer Mitarbeiter nicht einfach hinwegsieht, sondern darauf hinweist und denjenigen coacht, es besser zu machen. Umgekehrt ist sie aber auch selbst gerne bereit, Verbesserungsvorschläge anzunehmen: "Mein Ziel ist, jeden Tag ein Stück schlauer aus dem Büro zu gehen, als ich reingekommen bin."
In der teamorientierten Kultur von Pleon fühlen sich beide sehr wohl - und neugierig erleben sie mit, wie die beiden einstigen Unternehmen Brodeur Communications und ECC Kohtes Klewes sich gerade zu einer europäischen Agentur wandeln. Die Zeichen sind unübersehbar: Auf dem Flur hört man inzwischen häufig andere Sprachen, weil mal wieder Kollegen aus den Niederlanden oder England im Haus sind. Es finden internationale Telefon- und Videokonferenzen statt. Und in einem Bereich des Metro-Teams wird sogar nur noch Englisch gesprochen, weil dort kürzlich eine Kollegin aus dem Ausland, Tjessica Stegenga, angefangen hat.

Paradebeispiel für internationale PR-Strategien.


Sabrina Hintzen
Sabrina Hintzen, Partnerin
bei Pleon Kohtes Klewes
in Düsseldorf
Für die beiden Beraterinnen ist der Umgang mit anderen Ländern durch die Arbeit an der internationalen PR-Strategie für Metro Cash & Carry schon Alltag. "Frühmorgens haben wir die Mailbox schon mit Asien voll und abends wachen die Amis auf", berichtet Sabine Hückmann. "Heute Morgen habe ich eine Telefonkonferenz verpasst, weil ich gerade im Flugzeug saß. Für uns fand sie um 8:30 Uhr statt, für die Engländer um 7:30 Uhr - das fanden die bestimmt toll -, für die Japaner kurz vor Feierabend." Sie hat längst im Kopf, wie viel Uhr es gerade in Singapur, Sydney und San Francisco ist, nur bei den unterschiedlichen Sommerzeitregelungen muss sie noch passen und konsultiert lieber die Website zeitzonen.de.
In ihrem Großprojekt geht es darum, für den weltweit arbeitenden Unternehmensbereich ihres Kunden einheitliche Strukturen und Leitlinien aufzubauen, so dass er weltweit quasi mit einer Stimme spricht. Bisher war es eher ein vielstimmiger Chor, in dem jeder ein anderes Lied singt. Beim Communications Audit, bei dem Pleon den Status quo beim Kunden unter die Lupe nahm, wurde schnell klar, dass die Situation in den Niederlassungen bisher sehr unterschiedlich war. Inzwischen haben Hintzen und Hückmann ein "Communication Manual" und ein "Crisis Manual" für das gesamte Unternehmen entwickelt - innerhalb dieses Rahmens bleiben den Länderniederlassungen genügend Freiheiten für lokale Besonderheiten.
Denn das sind dank der vielen Unterschiede der Kulturen gar nicht wenige. "Wir lernen wirklich jeden Tag dazu", meint Sabine Hückmann. "Ich weiß jetzt, dass, wenn unser Netzwerkpartner in China 100 Leute zu einer Pressekonferenz einlädt, 80 kommen. Wenn eine Agentur hier in Deutschland 100 Leute zu einer Pressekonferenz einlädt, kommen 18 - wenn es gut läuft. Das hängt damit zusammen, dass Chinesen daran gewöhnt sind, etwas zu leisten und verbindlich zu sein. Sie fühlen sich geehrt, wenn sie eingeladen werden."
An den internationalen PR-Workshop im September 2004, bei dem PR-Kollegen des Kunden Metro Cash & Carry aus 26 Ländern die neuen Kommunikationsstrategien kennen gelernt haben, können sie und Sabrina Hintzen sich noch gut erinnern. "Es war anstrengend, aber auch faszinierend, die kulturelle Vielfalt zu erleben", sagt Sabine Hückmann.
Pleon Deutschland koordiniert die internationale Kommunikation in den aktiven Ländern und erfüllt die Funktion einer Leitagentur. Eine entscheidende Rolle spielt jedoch, dass die Agenturen des Pleon-Netzwerks die Länderniederlassungen vor Ort beraten und unterstützen. Denn es hätte keinen Sinn, wenn die Pleon-Berater in Düsseldorf versuchen würden, eine Pressekonferenz in der Ukraine zu organisieren.

Kulturelle Vielfalt.


Inzwischen ist die umfangreiche Aufbauarbeit zu einem großen Teil geleistet, Qualitätsstandards sind gesetzt und der Kundenkontakt ist etabliert. Jetzt ist es Zeit, im Team die Arbeit neu zu organisieren. So übernimmt beispielsweise die neue Kollegin Tjessica Stegenga Schritt für Schritt die Steuerung der Länderagenturen, während sich Sabine Hückmann verstärkt auf die Beratung des Kunden in der Zentrale konzentriert.
Für jeden, der in ein internationales Koordinierungs- und Implementierungsteam einsteigt, beginnt der gleiche Lernprozess: "Sie müssen grundsätzlich bereit sein, sich mit fremden Arbeitskulturen auseinander zu setzen", erklärt Hückmann. "Ich habe die Grunderkenntnis, kulturelle Arbeitsunterschiede zu akzeptieren, verinnerlicht, und das Team lenkt die Zusammenarbeit so, dass diese Unterschiede für den Kunden nicht hinderlich, sondern förderlich sind. Dazu muss der Kunde bereit sein, sich darauf einzulassen. Wir agieren ja als Mittler und versuchen, ihn darauf vorzubereiten, was ihn erwartet, wenn er in diesem oder jenem Land kommunizieren will."
Diese Mittlerrolle ist ein gutes Stück Arbeit. Für Sabrina Hintzen steht schon das nächste Meeting an. Und mit einem flotten "Adele" verabschiedet sich Sabine Hückmann, ein Handbuch zur Krisenkommunikation, das überarbeitet werden soll, unter dem Arm.
Das Flugzeug wartet schon.

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Sabrina Hintzen ist Partnerin bei Pleon Kohtes Klewes und arbeitet in Düsseldorf.
Dr. Sabine Hückmann ist geschäftsführende Partnerin von Pleon Stuttgart.

Sylvia Englert ist Redakteurin bei changeX und Buchautorin.

www.pleon.com

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