Der "Oscar" aus Nordrhein-Westfalen

Ein europäischer Wirtschaftspreis soll den Firmen in der Konjunkturkrise Mut machen.

Von Sylvia Englert

Gute Vorbilder für die heimische Wirtschaft erhoffen sich die Organisatoren des Wirtschaftspreises "Milestones". Auch in anderer Hinsicht setzt Nordrhein-Westfalen große Hoffnungen auf den ideellen Preis - das Bundesland versucht mit Hilfe von "Milestones" den Paradigmenwechsel weg von Subventionen hin zu anderen Formen der Wirtschaftsförderung.

Einmal im Jahr feiert Hollywood die besten Filme der letzten Saison. Jetzt zieht Deutschland nach: Als "Oscar der Wirtschaft" präsentiert das Land Nordrhein-Westfalen seinen in Kooperation mit The Boston Consulting Group und dem Handelsblatt ausgeschriebenen Preis "Milestones", mit dem es vorbildliche unternehmerische Leistungen würdigt. Dieses Jahr wird er zum zweiten Mal in ganz Europa ausgelobt. Die Sieger bekommen - wie beim Film-Oscar auch - keinen Scheck in die Hand gedrückt, sondern dürfen mit einem handlichen Kunstobjekt von dannen ziehen. War es bei der ersten Verleihung noch eine kleine Stahlskulptur, eigens geschaffen von einem Düsseldorfer Bildhauer, so wird diesmal die Krefelder Künstlerin Elke Schmees ihre Inspirationen in Wachs und Silizium umsetzen. So ästhetisch das sein mag, interessanter ist für die prämierten Unternehmen jedoch die Aufmerksamkeit: So wie der Oscar jedesmal einen wahren Sturm im Blätterwald entfacht, werden die Sieger von "Milestones" im Handelsblatt - einem der Kooperationspartner von "Milestones" - und im Fernsehen präsentiert und können ihren Namen landauf, landab in der Zeitung lesen.

Was steckt hinter Innovationen?


Was "Milestones" von anderen Wirtschaftspreisen abhebt, ist sein Nutzen. "Bisherige Preise würdigen meist nur das Resultat - zum Beispiel wird das am schnellsten wachsende Unternehmen ausgezeichnet oder das Unternehmen, das seinen Börsengang am besten geschafft hat. Bei �Milestones' ist eher die Frage, was hinter Innovationen und Wertsteigerungen steckt", meint Dr. Axel Heinemann, Partner bei The Boston Consulting Group und für die Organisation der Ausschreibung verantwortlich. "Bei �Milestones' geht es um unternehmerische Leistungen, die als Leitbilder für Firmen in Nordrhein-Westfalen dienen können." Die Fallstudien, die sich daraus ergeben, sind es, die den eigentlichen Wert des Preises darstellen: Ein Pool von Best-practice-Beispielen, die interessierten Firmen zugänglich gemacht werden. Auch im letzten Jahr war das Interesse daran groß.

Mut machen in der Krise.


Die drei Wettbewerbskategorien erwiesen sich im Nachhinein als aktueller denn je: Globalisierung, das heißt die internationale Ausweitung der Unternehmensaktivitäten; die Nutzung neuer Technologien zur Fortentwicklung des Geschäfts und Turnaround/Change Management, also die Bewältigung einer Existenz bedrohenden Krise. "Milestones", so hoffen die Veranstalter, könnte während der Konjunkturkrise als Mutmacher fungieren: Seht her, es ist zu schaffen, andere haben sich auch an den Haaren aus dem Sumpf gezogen! Darauf setzt auch Philipp J. Fleischmann, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt: "Die Reaktionen unserer Leser auf die Berichte über die letzten Preisträger haben uns gezeigt, wie wichtig gerade in der heutigen Zeit ein Preis ist, der mutige und innovative Management-Leistungen würdigt, der positive Anstöße und Anregungen gibt." Je übertragbarer diese Lösungen, desto besser: "Die Motivation, diese Kategorie zu schaffen, war auch die Frage: Gibt es Methoden, Unternehmen aus einer bedrohlichen Situation herauszuholen, die nicht den gängigen Patentrezepten entsprechen?", erklärt Dr. Axel Heinemann. "Es ist auch eine Suche nach Alternativen zu den massiven Personalentlassungen, mit denen die Firmen meist auf Krisen reagieren."

Preise statt Subventionen.


Noch eine andere Überlegung macht "Milestones" zu einem interessanten Ansatz. "Lassen Sie uns �Milestones' zum Inbegriff werden für die internationale Vernetzung des Wirtschaftsstandorts NRW und für die Neuausrichtung unserer Wirtschaftspolitik", appellierte Ernst Schwanhold, Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, beim Start der Ausschreibung. Zart ließ er damit anklingen, aus welchen Überlegungen heraus der ideelle Preis geschafften wurde: Sein Bundesland, das ohnehin von seinem Kohle-Image wegkommen möchte, suchte nach einer zeitgemäßen Form der Wirtschaftsförderung. "Subventionen funktionieren nicht mehr, besser ist, wenn man aufzeigt, wie anderswo gewirtschaftet wird", meint Dr. Axel Heinemann. "Das ist ein Paradigmenwechsel in der Art, mit Unternehmen in Nordrhein-Westfalen umzugehen."

Mehr Bewerber aus Europa.


Gespannt warten nun die Initiatoren, wie viele Bewerbungen diesmal eingehen werden - beim "Milestones 1999" waren es fast 250. "Das werden wir diesmal deutlich toppen, weil der Preis in diesem Jahr wesentlich aktiver beworben wurde", gibt sich Dr. Heinemann zuversichtlich. "Auch die Quote der Bewerber aus dem Ausland, die beim letzten Mal bei nur zehn bis zwölf Prozent lag, wird besser sein, weil der Preis in Europa inzwischen bekannter ist." Mitmachen können Unternehmen jeder Größenordnung und Branche aus allen Ländern der Europäischen Union; in jeder Preiskategorie wird ein Großunternehmen und ein mittelständisches Unternehmen prämiert. Sogar einzelne Geschäftsbereiche können sich beteiligen, denn schließlich sind in einem Konzern nicht alle Abteilungen gleich innovativ. Sobald die Einsendungen vom Boston Consulting-Team aufbereitet sind, macht sich eine Jury aus hochkarätigen Persönlichkeiten der Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur daran, aus ihnen die besten Kandidaten herauszufiltern. Noch steht die Besetzung dieser Jury nicht fest, die Einladungsphase ist voll im Gange. Die ersten Briefe gingen an diejenigen, die auch bei "Milestones 99" schon das Mittelmaß vom Herausragenden getrennt hatten: unter ihnen Dr. Helmut Maucher, Präsident des Verwaltungsrats der Nestlé SA, Dr. Hans-Olaf Henkel, der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und Professor Bernhard Korte vom Forschungsinstitut für diskrete Mathematik der Universität Bonn.
Am 16. Februar 2002 wird dann die "Oscar"-Verleihung der etwas anderen Art stattfinden: Nicht in Los Angeles, sondern in der Düsseldorfer Rheinterrasse, aber auch im Rahmen einer glanzvollen Gala. Feierlich wird NRW-Wirtschaftsminister Ernst Schwanhold zusammen mit den Partnern The Boston Consulting Group und Handelsblatt im Blitzlichtgewitter den Managern ihren zwar nicht vergoldeten, aber dafür echt siliziumhaltigen Meilenstein überreichen und dabei vielleicht insgeheim hoffen, dass der "Milestones" einmal so bekannt werden möge wie sein Gegenstück aus der Filmwelt.

Sylvia Englert, Journalistin und Buchautorin, ist Redakteurin bei changeX.

www.milestones.nrw.de

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